'Krieg und Frieden' - Band 1, Teil 3 - Kapitel 10 - 29

  • Dieser Abschnitt hat mich ganz schön mitgerissen. Zu Beginn waren mir die erneuten Beschreibungen über Truppenbewegungen, Schlachtplanung und Lagerleben ein wenig langatmig geworden, aber ohne es zu merken, war ich doch plötzlich mitten im Geschehen.


    der Kriegsrat war ja sehr ernüchternd. Grob fahrlässig, wie die einzelnen Generäle die ihnen Unterstellten in die Schlacht führen und es vorher bei der Besprechung nur um einzelne Machtspielchen geht bzw. einige dort nur ihre Zeit abzusitzen scheinen. Diejenigen, die berechtigte Einwände haben, werden erst gar nicht richtig angehört! :wow


    was Nikolai und Andrej während der Schlacht und danach erleben ist alles andere als schön :-(
    ich frage mich, ob Andrej wieder gesund wird und ob er dann wieder nach hause geschickt wird. es scheint, als hätten seine Kriegserfahrungen seine Meinung über die Familie und das Leben geändert.


    *edit*
    für die mit der Kindle-Ausgabe ;-)
    Der Abschnitt endet damit, dass Andrej, schwer verwundet, der Fürsorge der Einwohner eines Dorfes überlassen wird.

  • Andrej wird bestimmt überleben. Ich bin gespannt, wie er sich seiner Frau gegenüber verhalten wird und ob seine veränderten Ansichten bezüglich Familie usw. auch im Alltag (also zu Hause) standhalten.



    In diesem Abschnitt hab ich mich auch öfters gefragt, was eigentlich die ganzen anderen Personen (z.B. Boris) machen. Hoffentlich erfährt man bald wieder mehr darüber.

  • ja, was aus Boris geworden ist, frag ich mich auch :gruebel ich kann mich nur daran erinnern, dass Nikolai noch einmal zu Pferd mit ihm gesprochen hat.

  • Diesen Abschnitt fand ich irgendwie nicht so prickelnd - leider kann ich aber nicht so genau sagen, warum. Ich fand's furchtbar, wie leichtfertig beschlossen wurde, so viele Menschen in den Tod zu schicken, einfach weil man davon ausgeht, dass der Sieg sicher ist :rolleyes


    Ich finde es immer wieder unglaublich, wie toll Tolstoi bestimmte Stimmung vermitteln kann. Als Andrej verletzt wurde und in den Himmel sah, konnte ich seine Gedanken und Gefühle ganz genau nachvollziehen und fand die Szene unglaublich schön :-)


    Zum Schluss musste ich noch etwas kichern, als der große Zar es nicht fertig brachte, mit seinem Pferd über den Graben zu springen und letztlich von einem General zu Fuß rüber geführt wurde :lache


    Hoffentlich geht's jetzt wieder in St. Petersburg weiter!

  • Zitat

    Original von Mooney


    Ich finde es immer wieder unglaublich, wie toll Tolstoi bestimmte Stimmung vermitteln kann. Als Andrej verletzt wurde und in den Himmel sah, konnte ich seine Gedanken und Gefühle ganz genau nachvollziehen und fand die Szene unglaublich schön :-)


    das ging mir genauso wie dir. die Szene war besonders.

  • Zitat

    Original von Mooney


    Ich finde es immer wieder unglaublich, wie toll Tolstoi bestimmte Stimmung vermitteln kann. Als Andrej verletzt wurde und in den Himmel sah, konnte ich seine Gedanken und Gefühle ganz genau nachvollziehen und fand die Szene unglaublich schön :-)


    [/quote]


    Die Szene fand ich auch besonders schön und eindrucksvoll.


    Ich denke auch, dass Andreij überleben wird, allerdings denke ich nicht, dass seine veränderten Ansichten über Familie lange anhalten werden. Nur den Krieg wird er bestimmt nicht mehr so euphorisch sehen.


  • Ebenso wie parallel von den beiden Heiratsplänen erzählt wird, erfährt man von den Kriegserlebnissen von Andrej und Nikolai. Beide haben eindringliche Erfahrungen. Es klingt schon fast übersinnlich, wie sie ihre Umgebung wahrnehmen, vor allem bei Andrej, irgendwie nihilistisch oder buddhistisch (ich kenn mich da nicht so aus).

    "Wie still, wie ruhig und feierlich, ganz anders, als das Rufen und Schreien im Kampf. Warum habe ich nicht früher diesen hohen Himmel gesehen, und wie bin ich glücklich, daß ich ihn endlich erkannt habe! Ja, alles ist leerer Trug außer diesem unendlichen Himmel, nichts, nichts gibt es außer ihm! Nichts außer Ruhe und Stille! O, Gott sei Dank! . . .«"


    Ich bin gespannt, ob die beiden mal aufeinandertreffen.

  • Wenn ich die Stelle recht entsinne, meinte ich, daß Tolstoi da beschreiben wollte, wie Andrej stirbt und wie er das erlebt.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")


  • Ebenso wie parallel von den beiden Heiratsplänen erzählt wird, erfährt man von den Kriegserlebnissen von Andrej und Nikolai. Beide haben eindringliche Erfahrungen. Es klingt schon fast übersinnlich, wie sie ihre Umgebung wahrnehmen, vor allem bei Andrej, irgendwie nihilistisch oder buddhistisch (ich kenn mich da nicht so aus).

    "Wie still, wie ruhig und feierlich, ganz anders, als das Rufen und Schreien im Kampf. Warum habe ich nicht früher diesen hohen Himmel gesehen, und wie bin ich glücklich, daß ich ihn endlich erkannt habe! Ja, alles ist leerer Trug außer diesem unendlichen Himmel, nichts, nichts gibt es außer ihm! Nichts außer Ruhe und Stille! O, Gott sei Dank! . . .«


    Schön beschrieben ist, wie Andrej danach alles nichtig erscheint. Napoleon, sein Held, ist ganz nah bei ihm, nimmt ihn wahr, spricht ihn später sogar an. Aber Andrej denkt nun anders. Er denkt an die Nichtigkeit menschlicher Größe, des Lebens und die noch größere Nichtigkeit des Todes.


    Und wieder als Kontrastprogramm zeitgleich einen nun in den Kaiser verliebten Rostow, der sich nur wünscht, von jenem Anerkennung auf dem Sterbebett zu erlangen. Also im Prinzip das, was Andrej gerade mit Napoleon erlebt, es aber verschmäht.


  • Andrej und Nikolai.

    . . .

    Ich bin gespannt, ob die beiden mal aufeinandertreffen.

    Aber die beiden trafen doch schon bei Boris aufeinander und stritten sich. :/


    Was ich an der Stelle nicht verstand war, warum Rostow sich danach gleich mit Andrej duellieren wollte. Aber die Gedankengänge von Rostow sind mir ohnehin etwas zu abgehoben und pathetisch. Und dann traut er sich noch nicht einmal, seinem ollen Zaren über den Graben zu helfen, nur um den Zaren nicht in die peinliche Situation zu versetzten, Hilfe annehmen zu müssen. :brabbel


    Und das schlimmste ist eigentlich, dass sich viele dieser Verhaltensweisen auch im heutigen Büroalltag wiederfinden lassen. ^^

  • Und dann traut er sich noch nicht einmal, seinem ollen Zaren über den Graben zu helfen, nur um den Zaren nicht in die peinliche Situation zu versetzten, Hilfe annehmen zu müssen.

    Ich bin nicht sicher, ob wir heutigen "eingefleischten Republikaner" das nachempfinden können, zumal Russland eine Autokratie war.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe noch nicht einmal das erste Kapitel in diesem Abschnitt beendet und schon habe ich das dringende Bedürfnis, hier zu schreiben.

    Aus "Krieg und Frieden" übersetzt von Werner Bergengruen:

    Zitat

    "Vorsichtiger, vorsichtiger, geht es denn nicht vorsichtiger?" sagte der Kaiser, der offenbar viel schwerer litt als der sterbende Soldat, und ritt weiter.

    Rostow sah Tränen in den Augen des Kaisers und hörte ihn im Weiterreiten zu Czartoryski sagen:

    "Was für eine furchtbare Sache ist der Krieg, was für eine furchtbare Sache! Quelle terrible chose que la guerre!"

    Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass ich da ein auf und ab an Gedanken und Gefühlen habe, wenn ich die zitierte Stelle lese. In was für einem Zwiespalt muss der Kaiser stecken.

    Diese Stelle geht mir schon sehr nahe. Und es macht mich auch gleichzeitig wütend, wie machtlos man einfach nur ist.

    Der Kaiser ist mächtig.

    Der Kaiser ist ohnmächtig.

    Der Kaiser ist nur beschrenkt mächtig.

    Der Kaiser ist nur da mächtig, wo die Ohnmacht aufhört.

    Der Kaiser ist der Ohnmacht mächtig ausgeliefert.

    Der Kaiser ist ein Mensch.


    Und Rostow kommt mir auch sehr sonderbar vor. Wenn ich seine Gedanken zum Kaiser lese, kommt es mir so vor, als wäre der Kaiser für ihn ein Gott. Als ob er etwas göttliches oder vielleicht etwas übernatürliches in ihm sieht. Ich fasse es so auf, dass Rostow mit dem Krieg überfordert ist. Aber gleichzeitig würde Rostow auch sein Leben für ihn hingeben. Und das ohne Ziel. Wie eine Art Märtyrertod. So ohne nachzudenken, so unreflektiert.


    So viel zu meinen ersten Gedanken in diesem Abschnitt.

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers

  • Ich gestehe, dass ich immer noch öfter nicht weiß, mit wem ich es zu tun habe, bzw. die Charaktere verwechsele, bei den Szenen in Russland sehe ich langsam klarer, aber die Kriegsszenen ... Aber, es macht mir gar nichts, denn gerade bei den Kriegsszenen schaue ich auf andere Dinge, und stelle immer wieder fest, was für ein Durcheinander da doch herrscht, und manchmal muss ich sogar schmunzeln.


    Aber zunächst (wie immer bespreche ich den kompletten Teil in einem, geht es nach Russland, was gut ist, denn eine kleine Erholung vom Kriegsgeschehen tut not.


    Peter ist nun reich - und gefragt, alle wollen teilhaben. Und auf einmal hat er sogar eine Braut bzw. Ehefrau ...


    Fürst Wassil ist ganz schön umtriebig.


    "Maria war so hässlich, dass nicht einer von ihnen auf die Idee kommen konnte, sie als Rivalin anzusehen" - die Arme, sie scheint ja sehr nett zu sein, wird aber nur auf ihr Äußeres reduziert. Und der junge Mann, der sie heiraten soll, verliebt sich auch direkt in ihre Gesellschafterin. Und so wird Maria zweifach betrogen, und ist doch noch weiter lieb. Ich hoffe mal, sie findet noch ihr Glück.


    Ihr Vater überlässt ihr die Entscheidung, ob sie heiraten will. Der Alte scheint mir ein nicht einfacher Mensch zu sein ...


    Auf dem Kriegsschauplatz erleben wir die Schlacht bei Austerlitz mit, die sog. Drei-Kaiser-Schlacht, da passt es wenigstens mal, dass der Zar ständig Kaiser genannt wird, was mich regelmäßig verwirrt.


    Interessant, wie Tolstoi über den Zaren schreibt und die Liebe seiner Soldaten für ihn - das geht schon ins Kitschige. Rostow hätte die Chance gehabt, sich ihm zu nähern, nutzt es aber nicht.


    Gelungen fand ich den Ritt Rostows entlang der Front, wo wir verschiedene Momentaufnahmen erlebten.


    Andree wird gefangengenommen, bin mal gespannt, wie sich das weiter entwickelt.

  • Ich gestehe, dass ich immer noch öfter nicht weiß, mit wem ich es zu tun habe, bzw. die Charaktere verwechsele, bei den Szenen in Russland sehe ich langsam klarer, aber die Kriegsszenen ... Aber, es macht mir gar nichts, denn gerade bei den Kriegsszenen schaue ich auf andere Dinge, und stelle immer wieder fest, was für ein Durcheinander da doch herrscht, und manchmal muss ich sogar schmunzeln.

    Ein wenig geht es mir auch so, dass ich durcheinander komme mit den Namen. Nur Andrej und Rostow erkenne ich sofort. Aber der Rest der Figuren ist einfach nur blass. Die Namen kommen mir dann zwar bekannt vor, aber ich weiß einfach nicht mehr, in welchem Zusammenhang und was für Personen sie so sind. Dies betrifft aber nur das Geschehen außerhalb von Russland. In der russichen Gesellschaft komme ich sehr gut klar.


    Und dass der kriegerische Teil so schwer zu lesen ist und als so konfus auf mich wirkt, frustriert mich langsam nicht mehr. Vielleicht war es auch wirklich so. Ein Durcheinander im Krieg.

    Ich merke auch, wie schwierig es wohl war, dass so viele Truppen ordentlich miteinander kommunizieren konnten. Einmal kam mir die Überlegung, warum sie nicht anfangen, Rauchzeigen etc. zu geben. :D Für mich ist es irgendwie kein Wunder, das Napoleon hier erst einmal gesiegt hat.


    Weil du meinst, du musstest sogar schmunzeln: Die Stelle, als die russischen Soldaten (der Teil mit Andrej) abgehauen sind, als sie merkten, dass die Franzosen schon zu nahe waren, und die Befehlshabenden schrien, dass sie wieder zurück kommen sollten, das finde ich zum Schmunzeln.

    Außerdem hat es mir möglicherweise gezeigt, wer den Krieg will und wer nicht.


    Interessant, wie Tolstoi über den Zaren schreibt und die Liebe seiner Soldaten für ihn - das geht schon ins Kitschige. Rostow hätte die Chance gehabt, sich ihm zu nähern, nutzt es aber nicht.

    Ja, diese Liebe zum Kaiser finde ich schon sonderbar. Aber ich selbst kann das wahrscheinlich nur schwer nachvollziehen. Ich habe noch nie wirklich eine berühmte Person derart 'angebetet' in meiner Jugendzeit.

    Immer wenn Rostow so verliebt über den Kaiser dachte, habe ich mir überlegt, um das besser nachzuvollziehen, der Kaiser könnte auch beispielsweise ein Popsänger oder so sein. Und Rostow ist annähernd versessen, sich ihm zu zeigen und alles für ihn zu tun. Aber er will auch Anerkennung vom Kaiser. :gruebel . Er bekommt/bekam anscheinend nie genug von anderswo?

    Das Rostow sich dem Kaiser nicht genähert hatte, war doch darauf begründet, dass Rostow dem Kaiser in einer frohen Stunde begegnen will, als eine Art Held. Also nicht in einer Niederlage. Das würde ja ansonsten einen schlechten Eindruck beim Kaiser hinterlassen.

    Andree wird gefangengenommen, bin mal gespannt, wie sich das weiter entwickelt.

    Ja, ich auch.

    Sasaornifee :eiskristall

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  • Ergänzung zu Andrej, als er verwundet auf dem Boden liegt und in den Himmel schaut:

    Für mich kam es so vor, als würde da sein nahender Tod beschrieben. In der Religion glaubt man doch, dass man nach dem Tod in den Himmel kommt. Und in dem Moment hat er vielleicht erkannt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als sein Leben so zu leben, dass man in den Himmel kommt. Es kommt mir auch wie eine Nahtod-Erfahrung vor. Selbst für den Kaiser hat sich Andrej nicht interessiert, als der Kaiser vor ihm stand.

    Sasaornifee :eiskristall

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