'Krieg und Frieden' - Band 2, Teil 3 - Kapitel 01 - 13

  • Na, das ging jetzt aber schnell mit Andrej. Und schwupps ist er Abteilungsleiter der Legislativ=Kommission und arbeitet an den Personenrechten. Mal sehen, ob er die Sache beschleunigen kann.


    Bei Speranskij musste ich kurz an ein Vampier denken. Ich bin gespannt, inwieweit er noch in der Geschichte vorkommen wird. Er scheint ein Guter zu sein.

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers

  • In Kapitel VII hält Pierre eine Rede vor den Mitgliedern der Freimaurer. Da stecken einige gut gemeinte Punkte drinnen, wie z.B. 'ohne Gewalt' die Dinge zu ändern.


    Ich habe schon sehr oft darüber nachgedacht, ob es möglich ist, Dinge ohne Gewalt zu ändern. Im ersten Moment denke ich, der Unterschied liegt darin, dass sich mit Gewalt die Dinge schneller ändern lassen als ohne Gewalt.


    Jetzt sitze ich hier schon wieder minutenlang und denke nach über Krieg, und die Art der Kriege. Und was es bringt. Je mehr ich darüber nachdenke, umso komplizierter wird es. Schade, dass die Wissenschaft noch keine Lösung gefunden hat. Oder ich weiß nicht, dass es sie gibt. Manchmal denke ich, ich will Geschichte und Politik etc. studieren, nur um eine Lösung in dem riesigen Problem zu finden. Und dann denke ich wieder an Naturkatastrophen, die vielleicht kommen werden oder 'Lösungen verschieben nur die Probleme'... Seufz. Wenn da mal nicht gute Laune aufkommt.



    Kapitel VIII:

    Pierre lebt wieder mit seiner Frau zusammen. Da hat er aber schnell nachgegeben. :lache Na dann, auf ein Neues!

    Sasaornifee :eiskristall

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    "Ich habe nicht mehr Ambitionen zum Fliegen als ein verdammter Strandlöper!" - Die Insel der Tausend Leuchttürme - Walter Moers

  • Ja, schon erstaunlich, dass sogar die Möglichkeit einer Heirat von Napoleon mit einer Schwester Alexanders da ist. Aber so ist Politik nun mal, was man ja auch manchmal z.B. bei Koalitionsverhandlungen sieht. Erst Krieg, dann Frieden (usw.).


    Das Problem der Kriege ist wirklich schwierig. Ich denke, der Mensch ist nunmal egoistisch, und solange das so ist, was ja auch ständig "Mini-Kriege" im Kleinen verursacht, wird es auch im großen Maßstab immer Kriege geben. Wenn eine Regierung sich gedrängt fühlt, etwas zu tun, und es ohne Gewalt nicht zu gehen scheint, sagt man sich eben: 'Keine Gewalt ist auch keine Lösung'. Aber sorry, ich möchte nicht noch mehr schlechte Laune verbreiten.


    "In dem Salon der Gräfin Besuchowa empfangen zu werden galt als eine Art von urkundlichem Beleg dafür, dass man ein Mann von Geist sei."


    Steht dieser Salon noch? Ich glaube, ich muss auch mal versuchen, dort empfangen zu werden, auch wenn meine Chancen da schlecht stehen. Ebenfalls eher nicht dort empfangen wird wohl die Natascha Münchhausowa:


    " 'Nun, siehst du wohl? So möchte ich niederkauern, siehst du wohl, so, und die Hände unter den Knien zusammenlegen, fest, so fest wie möglich, ganz eng und straff, und dann möchte ich losfliegen. Sieh mal: so!'

    'Hör auf! Du wirst noch fallen!' " :--)

  • " 'Nun, siehst du wohl? So möchte ich niederkauern, siehst du wohl, so, und die Hände unter den Knien zusammenlegen, fest, so fest wie möglich, ganz eng und straff, und dann möchte ich losfliegen. Sieh mal: so!'

    'Hör auf! Du wirst noch fallen!' " :--)

    Die Stelle finde ich merkwürdig. Ich kann damit nichts anfangen.

    Zum einen, weil ich nicht weiß, was sie da eignetlich sagt und zum anderen geht es mir in etwa so, so wie du dir nicht vorstellen kannst, wie Dennisow tanzt.


    Ich bin hier jetzt auch durch.


    Also, ich habe schon etwas geschrieben hier, aber so richtig klar ausdrücken kann ich mich nicht. Deshalb habe ich es wieder gelöscht. Ich kann nur so viel sagen: Ich fange an, Andrej und Peter zu vergleichen. Das ist mir ab einem gewissen Punkt erst deutlich geworden, dass ich das vielleicht mal machen sollte.

    Zitat

    [...]ein rechter Maurer müsse ein eifriger Mitarbeiter am Staatswesen sein[...]

    Mir kam der Gedanke, dass Tolstoi da eine 'Botschaft' hineingesteckt hat zwischen den unterschiedlichen Wegen Andrejs und Peters. Bzw. dass man da mal darüber nachdenken sollte. Aber ich erkenne sie noch nicht. Die kann man wahrscheinlich erst am Ende der Geschichte sehen.


    Ich finde interessant, wie Peter manchmal richtig unsympatisch beschrieben wird. Also, ich glaube, er soll bei den Lesern keine Sympatiepunkte gewinnen, habe ich manchmal den Eindruck. Geistig oder interllektuell kommt er positiv rüber. Aber wenn sein Verhalten beschrieben wird, denke ich manchmal, ...naja...

    Sasaornifee :eiskristall

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  • Natascha ist hier wahrscheinlich einfach ein bisschen übermütig und drückt ihren Drang nach Freiheit und Natur aus. Sie scheint überaus poetisch veranlagt zu sein.


    Ja, bei Andrei und Pierre muss man wohl bis zum Ende warten. Das Zitat zur Mitarbeit am Staatswesen ist interessant, aber Tolstoi zeigt in diesem Abschnitt ja auch Andreis Desillusionierung in Bezug auf Speranski und seinen Zirkel und dass Andrei ihnen nicht mehr zutraut, etwas wirklich Positives zu bewirken.


    Pierre kommt mir eigentlich schon ziemlich sympathisch vor, aber es ist ja oft so, dass man mit Protagonisten Sympathie empfindet, auch wenn man sie im wirklichen Leben nicht so sehr mögen würde. Tolstoi schrieb einmal zu seinen Sewastopoler Erzählungen:

    "Der Held meiner Erzählung aber, den ich mit der ganzen Kraft meiner Seele liebe, [...] ist - die Wahrheit."


    Ich denke, er möchte verschiedene Menschentypen darstellen und die Menschen mit ihren Stärken und Schwächen, ohne Beschönigung oder Übertreibung, so wie er sie an den Menschen in seiner Umgebung beobachtet hat.



    Interessant finde ich im nächsten Abschnitt, dass nebenbei erwähnt wird, dass Andrei (so wie ich es verstehe) anscheinend auch mal Freimaurer war oder es sogar offiziell noch ist, aber offensichtlich nicht mehr aktiv:


    " 'Ich muss mit dir [Pierre] sprechen, notwendig sprechen', sagte Fürst Andrei. Du kennst unsere Frauenhandschuhe.' (Er meinte die Handschuhe, die bei den Freimaurern dem neu aufgenommenen Bruder übergeben wurden, damit er sie der ihm geliebten Frau einhändige.)"

    (als es um Andreis Heiratsüberlegungen geht)

  • Ich finde interessant, wie Peter manchmal richtig unsympatisch beschrieben wird. Also, ich glaube, er soll bei den Lesern keine Sympatiepunkte gewinnen, habe ich manchmal den Eindruck. Geistig oder interllektuell kommt er positiv rüber. Aber wenn sein Verhalten beschrieben wird, denke ich manchmal, ...naja...



    Ich denke, er möchte verschiedene Menschentypen darstellen und die Menschen mit ihren Stärken und Schwächen, ohne Beschönigung oder Übertreibung, so wie er sie an den Menschen in seiner Umgebung beobachtet hat.



    Ich mag das Buch auch deshalb so sehr, weil die Charaktere wie aus dem Leben gegriffen scheinen. Alle Menschen haben Schwächen. Keiner ist frei davon. Die einen sind uns sympathisch, vielleicht weil wir ihre Schwäche oder ihr Handeln in bestimmten Situationen nachvollziehen können oder weil wir uns wünschten, wie sie in einer bestimmten Situation zu handeln. Andere mögen wir nicht, aus was für Gründen auch immer.


    Da der Roman sehr dick ist, begleiten wir die Hauptcharaktere einen großen Abschnitt ihres Lebens. Dazu kommt dieser furchtbare Krieg, der Menschen notgedrungen verändert. Bei manchen treten angesichts des Grauens und der Ohnmacht die besten Eigenschaften hervor, bei anderen die schlechtesten. Diesen Wandel darzustellen, denke ich, liegt Tolstoi besonders am Herzen. Wir erleben ihn vor allen anderen bei Pierre, aber auch bei André, Natascha, Marja und Nikolai.


    Ich bin sehr gespannt, wie Du, Sasaornifee, Pierres Charakter am Ende des Buches berurteilen wirst. :-]

  • Hm, stimmt. Jeder hat ja eigentlich so seine Macken. Mir fällt es viellleicht etwas schwer, Pierre im Gesamtpaket zu betrachten, sodass seine Macken nicht mehr so ins Gewicht fallen. :gruebel

    Sasaornifee :eiskristall

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  • Stimmt, Andrei hat sich bisher schon mindestens zweimal verändert. Pierre bewertet seine eigene bisherige Veränderung in seiner Naivität viel zu hoch, aber auch er ist nicht mehr derselbe wie am Anfang.

    Und dass der Krieg das Beste oder das Schlechteste im Menschen hervorbringen kann, da würde ich auch zustimmen.

    Eine schöne Idee, wie Andrej mit der Eiche verglichen wird. Ich hoffe, Andrej hat jetzt seine Trauer überwunden und lebt wieder.

    Ja, das Zitat finde ich auch schön:


    "Die alte Eiche, ganz verwandelt, breitete sich jetzt mit ihrem saftigen, dunkelgrünen Laub wie ein Zelt aus und schwelgte, kaum ein Blatt rührend, in den Strahlen der Abendsonne. Weder krumm gewachsene Finger, noch Narben, noch altes Misstrauen und Leid, nichts derartiges war mehr zu sehen."

    Bei Speranskij musste ich kurz an ein Vampier denken. Ich bin gespannt, inwieweit er noch in der Geschichte vorkommen wird. Er scheint ein Guter zu sein.

    Speranski kommt mir auch recht positiv vor. Recht humorvoll, wenn auch sehr überheblich, ist dieses Einverständnis zwischen ihm und Andrei:


    "Speranski (…) brachte dem Fürsten Andrei gegenüber jene feine Art der Schmeichelei zur Anwendung, die mit Selbstbewusstsein verbunden ist und darin besteht, stillschweigend anzuerkennen, dass der andere, neben einem selbst, der einzige Mensch sei, der die Fähigkeit besitze, die ganze Dummheit aller übrigen Menschen und die Verständigkeit und Tiefe der Gedanken, die man selbst ausspricht, zu begreifen."  :brain lol!

  • "Speranski (…) brachte dem Fürsten Andrei gegenüber jene feine Art der Schmeichelei zur Anwendung, die mit Selbstbewusstsein verbunden ist und darin besteht, stillschweigend anzuerkennen, dass der andere, neben einem selbst, der einzige Mensch sei, der die Fähigkeit besitze, die ganze Dummheit aller übrigen Menschen und die Verständigkeit und Tiefe der Gedanken, die man selbst ausspricht, zu begreifen." :brain lol!

    :rofl

    Sasaornifee :eiskristall

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  • Ja, immer wieder findet man wirklich sehr humorvolle Stellen, wie auch hier:


    "An jenem ersten Abend (...) erzählte Speranski, als von der Kommission für Gesetzgebung die Rede war, (...) diese Kommission bestehe schon hundertfünfzig Jahrelang, habe bereits Millionen gekostet und nichts geleistet, als dass Rosenkampf alle Kapitel einer vergleichenden Zusammenstellung von Gesetzen mit Etiketten beklebt habe. 'Das ist die ganze Leistung, für die das Reich Millionen gezahlt hat! (...) Deshalb ist es für Männer wie Sie, Fürst, jetzt geradezu eine Sünde, sich vom Staatsdienst fernzuhalten.'

    Fürst Andrei erwiderte, dass hierzu eine juristische Bildung erforderlich sei, die er nicht besitze.

    [Speranski:] 'Aber die besitzt ja niemand; also haben Sie keinen Grund.' " :)


    Später im Buch wird sich herausstellen, dass Graf Ilja Rostow sich hier mit seiner Gastfreundschaft etwas sehr Gutes getan hat:


    "Rostows lebten in Petersburg ebenso gastfrei wie in Moskau (...). Von den männlichen Gästen wurden einige im Rostowschen Haus in Petersburg sehr bald Hausfreunde; erstens Boris, ferner Pierre, den der alte Graf zuerst auf der Straße getroffen und mit sich nach Hause geschleppt hatte, und drittens Berg, der ganze Tage bei Rostows zubrachte"


    Überhaupt wundert mich auch in Abschnitt 4 seine Gastfreundschaft:


    "aber doch waren das gewaltige Haus und die Nebengebäude noch immer ebenso voll mit allerlei Leuten, und am Tisch saßen auch jetzt noch mehr als zwanzig Personen. Es waren dies teils Leute, die zum Haus gehörten (...), teils solche, bei denen es wenigstens dem Graf und der Gräfin absolut notwendig schien, sie im Haus wohnen zu lassen. Dazu gehörten der Musiker Dümmler mit seiner Frau, der Tanzlehrer Vogel mit seiner Familie, ein altes Fräulein Bjelowa, und noch viele andere: die Lehrer Petjas, zwei ehemalige Gouvernanten der Töchter, und manche Leute, die es einfach für angenehmer oder für vorteilhafter hielten, bei dem Grafen zu leben als in einer eigenen Wohnung."

  • "aber doch waren das gewaltige Haus und die Nebengebäude noch immer ebenso voll mit allerlei Leuten, und am Tisch saßen auch jetzt noch mehr als zwanzig Personen. Es waren dies teils Leute, die zum Haus gehörten (...), teils solche, bei denen es wenigstens dem Graf und der Gräfin absolut notwendig schien, sie im Haus wohnen zu lassen. Dazu gehörten der Musiker Dümmler mit seiner Frau, der Tanzlehrer Vogel mit seiner Familie, ein altes Fräulein Bjelowa, und noch viele andere: die Lehrer Petjas, zwei ehemalige Gouvernanten der Töchter, und manche Leute, die es einfach für angenehmer oder für vorteilhafter hielten, bei dem Grafen zu leben als in einer eigenen Wohnung."

    Ganz schön viel los. Aber da gab es ja noch kein Fernsehen, Kino, Freizeitpark, Disko und was weiß ich, was man alles machen kann, um unter Leute zu kommen oder sich unterhalten zu lassen. Wenn man seinen Spaß unter Leuten haben wollte, musste man wohl fleißig einlanden. Das ist so mein Gedanke dazu. Hm, Theater gab es allerdings schon. :gruebel . Möglicherweise musste man dafür aber weit fahren. Allerdings müssen ja auch die Gäste von woher kommen.

    Sasaornifee :eiskristall

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  • Stimmt eigentlich. Graf Rostows Finanzsituation ist zwar sehr bedenklich, aber heute fällt es uns natürlich auch nicht einfacher als damals, Abstriche beim Unterhaltungsprogramm zu machen, um Geld zu sparen.

    Die Gäste kommen natürlich gerne, wenn es Kost und Logis frei gibt...

    Schön, dass er so gastfreundlich ist, auch wenn er es anscheinend übertreibt. :fleischspiess

    Bei Speranskij musste ich kurz an ein Vampier denken. Ich bin gespannt, inwieweit er noch in der Geschichte vorkommen wird. Er scheint ein Guter zu sein.

    Speranski wird schon ungewöhnlich beschrieben:


    "An (…) alledem merkte [Andrei], dass jetzt, im Jahre 1809, hier in Petersburg gewissermaßen eine gewaltige soziale Schlacht vorbereitet wurde, deren Oberkommandierender eine ihm unbekannte, geheimnisvolle, aber genial erscheinende Persönlichkeit war: Speranski."

    "Bei niemandem in den Gesellschaftskreisen, in denen Fürst Andrei lebte, hatte er so ruhige, selbstbewusste und dabei doch unbeholfene, anmutlose Bewegungen gesehen; bei niemandem einen so festen und zugleich weichen Blick der halbgeschlossenen und etwas feuchten Augen, ein so konsequent festgehaltenes, bedeutungsloses Lächeln, eine so feine, gleichmäßige, leise Stimme, und vor allem bei niemandem eine so zarte, weiße Farbe des Gesichts und namentlich auch der etwas breiten, ungewöhnlich fleischigen, zarten Hände. (…)

    Speranski ließ seine Augen nicht von einem zum andern laufen, wie man das beim Eintritt in eine große Gesellschaft oft unwillkürlich tut, und beeilte sich nicht, zu reden. Er sprach leise, offenbar in der sicheren Überzeugung, dass man ihm zuhören werde, und blickte nur denjenigen an, mit dem er sprach. (…)

    Als Kotschubei ihm den Fürsten Andrei vorstellte, ließ Speranski langsam seine Augen zu diesem hinübergleiten und betrachtete ihn schweigend mit demselben Lächeln." ?(


    Bei Wikipedia heißt es dazu:

    "Leo Tolstoi gibt eine offenbar authentische Beschreibung der Person Speranskis"