Ich beschäftige mich im Moment mit dem Komponisten Giuseppe Verdi. Beide Kinder aus seiner ersten Ehe starben im Kindesalter. Dann verlor er auch noch seine Frau kurz nach dem Tod seines Sohnes. Er trauerte bestimmt nicht anders, als dies heute ein Mensch in einer solchen Situation tun würde. Seine komische Oper, die er ausgerechnet in dieser Zeit der Trauer komponieren musste, viel dann auch prompt beim Publikum durch. Verdi beschloss, nie wieder zu komponieren. Dies zeigt doch, wie tief ihn diese Schicksalsschläge trafen. Erst zwei Jahre später feierte er mit Nabucco einen seiner größten Erfolge.
Ich denke, es ist eher der Umgang der Gesellschaft mit der Kindersterblichkeit. Früher war sie Normalität, gehörte sie zum Leben. Dabei brauchen wir gar nicht so weit zurückzugehen. Fragt in Euren eigenen Familien nach. Diphtherie und Scharlach waren die Killer im Kindesalter meiner Eltern. Und ja, meine Familie war auch betroffen.
Wenn heute ein Kind stirbt, wissen viele überhaupt nicht, wie sie mit den Eltern umgehen sollen. Die meisten schauen weg. Es ist wie ein Makel. Bei Bewerbungen wird den betroffenen Eltern sogar geraten, ihr totes Kind nicht zu erwähnen, weil man sie dann nicht mehr für belastbar hält. Ich würde behaupten, das Gegenteil ist nicht selten der Fall. Denn jene gingen an den Rand der Belastbarkeit und wuchsen über sich hinaus.