'Dark Canopy' - Seiten 307 - 428

  • Huch, ich bin tatsächlich das erste Mal die Erste, die zu einem Abschnitt postet. Aber ich bin auch so gefesselt, dass ich sogar fast nur zu gerne vergesse, dass ich eigentlich ja lernen müsste ;-).


    Zu Anfang wieder zwei wunderschöne Zitate:


    "Etwas Falsches zu tun, ist viel weniger schlimm, als gar nichts zu tun."


    S. 327


    "Das zwischen uns, das war wie der Wind. Stürmisch, pfeifend, eisig und rau, voller Zorn, aber ebenso mild, berührend oder zärtlich flüsternd. Solange es frei war, konnte es all das sein. Wenn wir es festhalten würden, blieb uns vermutlich bloß Luft in den Händen."


    S. 369


    Seufz.


    In diesem Abschnitt habe ich sehr viele, wichtige Informationen erhalten. Informationen über die Percents, ihre Vorgeschichte, über Alex, über Graves, über Amber, über das Optimierungsprogramm. Viele davon unschön, schmerzlich, traurig, viele davon zeigen abermals, wie komplex alles ist. Auch Joy und Neél erfahren sehr viel über sich und ihre Beziehung zueinander. Joy möchte, dass Neél Anspruch auf Amber erhebt, um diese vollkommen gebrochen Person zu retten - bewundernswert.


    Das letzte Kapitel des Abschnitts habe ich als unendlich intensiv und echt empfunden, mit grandioser Tiefe. Ich glaube, in dem Moment hätte mein Lesesessel zusammenbrechen können und ich hätte nichts gemerkt ;-). Neél ist Joy's Sonne, ein starker Vergleich, vor allem wenn man bedenkt, wie essentiell die Sonne für Joy ist: "Ich wollte ihn, weil er der war, den ich in meiner Nähe brauchte." (S. 428). Hach und seufz. Wunder-, wunderschön, und das von dieser scheinbar spröden Person Joy.


    Ich finde interessant, wie wenig mich die Wechsel der Perspektive stören. Normalerweise favorisiere ich immer eine Sichtweise, aber die Wechsel sind hier so gut gewählt und selten, dass ich mich kaum ärgere, Joy verlassen zu müssen. Kendra's Verhalten irritiert mich. Was verbirgt sie?


    Da ich ja jetzt von dem Cliffhanger weiß, habe ich ein wenig Angst vor dem letzten Abschnitt. So viel, worüber ich noch lesen will, so wenige Seiten... Was passiert mit dem Rebellenclan, was mit Graves' Gruppe, die ja schon einige Drohungen erhalten? Wie wird der Chivvy und wird Neél wirklich Anpruch auf Amber erheben? Können Neél und Joy überhaupt noch irgendwie eine gemeinsame Zukunft haben? Kommt es zur Revolution, zum Kontakt mit fremden Ländern, zum Zusammenbruch von Dark Canopy? Fragen über Fragen.


    Auf in den letzen Abschnitt, der eigentlich nicht enden soll :-).

  • Tja, ich weiß gar nicht so recht, wie ich anfangen soll. Ich bin gerade mit dem Abschnitt fertig geworden, und ich bin ein bisschen aufgewühlt. :wow
    Gut, dass da allerhand Zettelchen zwischen den Seiten stecken:


    Die Percents wurden von den Menschen erschaffen, dienten, wurden in Kriegen verheizt, lediglich als "Sache" behandelt und wahrgenommen. Schließlich begehrten sie auf und siegten auf Grund ihrer anerzüchteten Eigenschaften, und sie entwickelten sich weiter. Hier wurde eine richtig durchdachte Rahmenhandlung erschrieben, die sich auf Umstände unserer Zeit bezieht (Genforschung- ich sage nur "Dolly" :wow S.316), womit ich wieder mal bei einem meiner Lieblings-Leserunden-Streitthemen wäre: Muss man wirklich alles, was wissenschaftlich und technisch möglich ist, auch tun? Aber das gehört jetzt nicht hier her.
    Zeitlich liegen wir mit diesem Buch also nach dem 3. Weltkrieg, ca. 40 Jahre nach der Machtübernahme durch die Percents. Diese Kapitel klären uns über Machthierarchien der nun Herrschenden auf, darüber wie sie gezüchtet und seit Kurzem sogar geboren werden und auch über Vermutungen, wie die Welt draußen aussieht. Die Art, wie diese Informationen untergebracht wurde ohne nur im Geringsten den Handlungsfluss und die Spannung zu unterbrechen, ist grandios und beeindruckt mich (ein :anbet der Autorin). Ich versuche nicht zu vergessen, dass es sich um ein Jugendbuch handelt und dass Hintergrunderklärungen oft auch ganz schön langweilen können, wenn man eigentlich auf etwas ganz anderes wartet. Hier ist das nicht der Fall.


    Nun kommt auch das gerade erwähnte "andere". Was mir als Leser schon länger klar war, kann nun auch Joy nicht mehr verdrängen: Neel hat sich in Joy verliebt und sie sich auch in ihn. "Wie schön", könnte man sagen, aber ich ahne, dass es den Schmerz nur vergrößern wird, dass sie ihren Gefühlen am Ende des Abschnittes doch nachgeben. Es wird ihnen das Herz zerreißen. Und mir auch, ich ahne es schon.
    Die Intensität, mit der das Annähern und ihre Gefühle beschrieben werden ohne sie ständig benennen zu müssen, ging mir echt unter die Haut.
    Und Mulle: Die Dialoge, die du schreibst, sind der Hammer!!! :kiss


    Noch etwas aus einem Nebenstrang: Es gibt Verräter unter den Rebellen. Joy weist auch kurz darauf hin, dass Ambers und ihr Aufenthalt im Haus des Schneiders verraten worden sein muss.
    Matthial misstraut Kendra.
    Hier sind so einige Baustellen eröffnent worden.
    Die Percent-Rebellen um Graves sind auch unter Beobachtung. In welchem Wespennest haben sie da nur gestochert? Ich glaube, das werden wir in diesem Buch nicht mehr erfahren.


    So, und nun will ich noch etwas wissen:
    Aus welchem Gedicht stammt diese Textzeile:
    "Die Nacht aber hüllt sich in Schwarz wie eine Witwe und verbirgt das Lächeln hinter dem Schleier"
    Das ist von dir, Mulle, oder? Im Netz konnte ich es jedenfalls nicht finden.


    Zitat

    Original von Paulchen
    ...
    Da ich ja jetzt von dem Cliffhanger weiß, habe ich ein wenig Angst vor dem letzten Abschnitt. So viel, worüber ich noch lesen will, so wenige Seiten...
    Auf in den letzen Abschnitt, der eigentlich nicht enden soll :-).



    Wir werden uns gedulden müssen!
    Vorfreude ist auch ein schönes Gefühl, und Geduld ist eine Tugend, die oft unterschätzt wird. ;-)


    Ich habe Geduld. :grin


    Edit hat 200 gegen 40 ausgetauscht.

    - Freiheit, die den Himmel streift -

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Clare ()

  • Zitat

    Original von Paulchen




    Das letzte Kapitel des Abschnitts habe ich als unendlich intensiv und echt empfunden, mit grandioser Tiefe. Ich glaube, in dem Moment hätte mein Lesesessel zusammenbrechen können und ich hätte nichts gemerkt ;-). Neél ist Joy's Sonne, ein starker Vergleich, vor allem wenn man bedenkt, wie essentiell die Sonne für Joy ist: "Ich wollte ihn, weil er der war, den ich in meiner Nähe brauchte." (S. 428). Hach und seufz. Wunder-, wunderschön, und das von dieser scheinbar spröden Person Joy.


    Ich schmelze dahin, Paulchen.
    So schöne Worte. Dieses Kapitel hab ich glaube ich auch mit seelig-gequältem Dauergrinsen geschrieben. Der Masochist in mir war zutiefst befriedigt.



    Zitat

    Da ich ja jetzt von dem Cliffhanger weiß, habe ich ein wenig Angst vor dem letzten Abschnitt.


    Ich auch :rolleyes


    Zitat

    Fragen über Fragen.


    Die auch leider nicht alle beantwortet werden. Noch nicht.

  • Zitat

    Original von Clare
    Die Percents wurden von den Menschen erschaffen, dienten, wurden in Kriegen verheizt, lediglich als "Sache" behandelt und wahrgenommen. Schließlich begehrten sie auf und siegten auf Grund ihrer anerzüchteten Eigenschaften, und sie entwickelten sich weiter. Hier wurde eine richtig durchdachte Rahmenhandlung erschrieben, die sich auf Umstände unserer Zeit bezieht (Genforschung- ich sage nur "Dolly" :wow S.316), womit ich wieder mal bei einem meiner Lieblings-Leserunden-Streitthemen wäre: Muss man wirklich alles, was wissenschaftlich und technisch möglich ist, auch tun? Aber das gehört jetzt nicht hier her.


    Doch, eigentlich schon.
    Ich hab da viel mit mir gestritten: Wäre es in Europa tatsächlich so einfach, einer ziemlich menschenähnlichen Kreatur sämtliche Rechte abzusprechen? Ich will das ungern glauben - vielleicht weil ich gegen sowas demonstrieren gehen würde.
    Aber andererseits: Wenn ich die Wahl hätte: Diese Wesen - denen es lt. Propaganda egal ist - gehen in die nuklear verseuchten Zonen - oder mein Sohn? Hm ...
    Letztlich habe ich mir überlegt, dass der Mensch vermutlich wieder zum reinen Egoisten zusammenschrumpft, wenn nur die Bedrohung groß genug ist.


    Zitat

    Ich versuche nicht zu vergessen, dass es sich um ein Jugendbuch handelt und dass Hintergrunderklärungen oft auch ganz schön langweilen können, wenn man eigentlich auf etwas ganz anderes wartet. Hier ist das nicht der Fall.


    Das ist schön und genau darum habe ich diese Informationen auch häppchenweise übers ganze Buch verteilt, damit sie nach Möglichkeit erst dann kommen, wenn man es wissen will.
    Wir haben kurzzeitig mit der Idee gespielt, die Welt und die Percents vor dem Roman in einem Vorwort vorzustellen, aber ich glaube, das ist zu dem Zeitpunkt noch uninteressant und geht darum gar nicht erst ins Gedächtnis des Lesers.



    Ich werde knallrot!


    Zitat

    So, und nun will ich noch etwas wissen:Aus welchem Gedicht stammt diese Textzeile:"Die Nacht aber hüllt sich in Schwarz wie eine Witwe und verbirgt das Lächeln hinter dem Schleier"Das ist von dir, Mulle, oder? Im Netz konnte ich es jedenfalls nicht finden.


    Ja, das ist von mir.
    Es besteht aus dieser einen Zeile. Aber das bleibt unter uns :grin
    Inspiration dazu (und damit zu der ganzen Szene) war ein Facebookeintrag meiner Kollegin Katharina Seck, der da lautete: "Hallo Nacht. Wie schwarz du bist."
    In solche Kleinigkeiten kann ich ich reinsteigern.

  • Diesen Abschnitt habe ich "kommentarmäßig" erst mal übersprungen und gestern gleich weiter gelesen. Nur mal kurz auf diese Seite geschaut, Paulchens post gesehen und gedacht - ja! Jawohl! Genau! Richtig!


    Ich kann alles voll unterschreiben, danke für die schöne Zusammenfassung auch meiner Eindrücke, Paulchen :knuddel1! Und ganz besonders für diese Sätze:



    Zitat

    Original von PaulchenDas letzte Kapitel des Abschnitts habe ich als unendlich intensiv und echt empfunden, mit grandioser Tiefe. Ich glaube, in dem Moment hätte mein Lesesessel zusammenbrechen können und ich hätte nichts gemerkt Augenzwinkern . Neél ist Joy's Sonne, ein starker Vergleich, vor allem wenn man bedenkt, wie essentiell die Sonne für Joy ist: "Ich wollte ihn, weil er der war, den ich in meiner Nähe brauchte." (S. 428). Hach und seufz. Wunder-, wunderschön, und das von dieser scheinbar spröden Person Joy.


    Gleich zu Beginn des Abschnitts schon gab es die die von mir zuvor ersehnten Erläuterungen zu Geschichte und Herkunft der Percents incl. des "Orientierungsprogrammes".



    Toll fand ich auch die Szene, in welcher Alex Joy beizubringen versucht, wie man sich im Dunklen orientieren kann. Geht das wirklich, mit Klicklauten, Schnalzechos etc. Hindernisse erkennen zu können? Es gibt unglaublich viele Einzelheiten und geniale Ideen zu entdecken, die diese Geschichte so rund und intensiv gestalten, man kann gar nicht jedes wunderbare Detail erwähnen und kommentieren.



    Edit:

    Zitat

    Original von Clare
    Die Intensität, mit der das Annähern und ihre Gefühle beschrieben werden ohne sie ständig benennen zu müssen, ging mir echt unter die Haut.Und Mulle: Die Dialoge, die du schreibst, sind der Hammer!!


    :write :write :write Ja, ja, ja...., Clare, super formuliert :anbet!!!


    Das kann man nicht oft und laut genug sagen! Musst du gar nicht in Spoiler setzen, Mulle ;-).

  • Zitat

    Original von Mulle


    Doch, eigentlich schon.
    Ich hab da viel mit mir gestritten: Wäre es in Europa tatsächlich so einfach, einer ziemlich menschenähnlichen Kreatur sämtliche Rechte abzusprechen? Ich will das ungern glauben - vielleicht weil ich gegen sowas demonstrieren gehen würde.
    Aber andererseits: Wenn ich die Wahl hätte: Diese Wesen - denen es lt. Propaganda egal ist - gehen in die nuklear verseuchten Zonen - oder mein Sohn? Hm ...
    Letztlich habe ich mir überlegt, dass der Mensch vermutlich wieder zum reinen Egoisten zusammenschrumpft, wenn nur die Bedrohung groß genug ist.


    Das mit dem menschlichen Egoismus stimmt schon, aber ich persönlich finde, dass man sich dagegen wehren muss, auch wenn man nicht immer gegen die eigene Unzulänglichkeit siegen kann. Jede Veränderung unserer Welt durch die Umsetzung von Forschung hat Folgen, positive oder auch negative. Manches kann man nicht mal überblicken.
    Aber hier geht es um dein Buch.
    Die Percents wurden gentechnisch entwickelt, aber ein Großteil Mensch ist in ihrem Code. Dass sie irgendwann ein Bewusstsein und Individualität entwickeln könnten und vielleicht gegen eine Behandlung als Sache aufbegehren würde, hätten sich ihre Schöpfer denken können. Ich kann nicht so etwas intelligentes, kollektiv denkendes erschaffen und dann annehmen, ich hätte die komplette Kontrolle über mein "Produkt".



    Zitat

    So, und nun will ich noch etwas wissen:Aus welchem Gedicht stammt diese Textzeile:"Die Nacht aber hüllt sich in Schwarz wie eine Witwe und verbirgt das Lächeln hinter dem Schleier"Das ist von dir, Mulle, oder? Im Netz konnte ich es jedenfalls nicht finden.


    Ja, das ist von mir.
    Es besteht aus dieser einen Zeile. Aber das bleibt unter uns :grin
    ...[/quote]


    Ich werde schweigen! :grin

  • Zitat

    Original von Lumos
    ...
    Toll fand ich auch die Szene, in welcher Alex Joy beizubringen versucht, wie man sich im Dunklen orientieren kann. Geht das wirklich, mit Klicklauten, Schnalzechos etc. Hindernisse erkennen zu können?
    ...


    Das hat mich auch beeindruckt. Ich muss sagen, dass ich Alex überhaupt nicht mag, muss ich auch nicht. :grin
    Aber diese Orientierung durch Laute finde ich total interessant. Ich habe es sofort beim Lesen ausprobiert, aber wie es scheint habe ich den für mich perfekten Laut noch nicht gefunden. :wow

  • Zitat

    Original von Lumos


    Toll fand ich auch die Szene, in welcher Alex Joy beizubringen versucht, wie man sich im Dunklen orientieren kann. Geht das wirklich, mit Klicklauten, Schnalzechos etc. Hindernisse erkennen zu können?


    Ja! Und das ist wirklich der Wahnsinn.
    Ich habe mit einer Frau telefoniert, die im Alltag so lebt und sogar *Fahrrad fährt*. Zuerst hatte ich darüber was im Fernsehen gesehen - aber ich konnte es nicht glauben und hab bei der Produktionsfirma der Sendung rückgefragt, dadurch kam der Kontakt zustande.
    Ihr könnt mal "menschliche Echoortung" googeln.
    Angeblich können Sehende das tatsächlich lernen, aber ich hab mich bei den Versuchen leider auch nicht besonders geschickt angestellt.

  • Zitat

    Original von Mulle


    Ja! Und das ist wirklich der Wahnsinn.
    Ich habe mit einer Frau telefoniert, die im Alltag so lebt und sogar *Fahrrad fährt*. Zuerst hatte ich darüber was im Fernsehen gesehen - aber ich konnte es nicht glauben und hab bei der Produktionsfirma der Sendung rückgefragt, dadurch kam der Kontakt zustande.
    Ihr könnt mal "menschliche Echoortung" googeln.
    Angeblich können Sehende das tatsächlich lernen, aber ich hab mich bei den Versuchen leider auch nicht besonders geschickt angestellt.


    Das ist kaum zu glauben. Von Fledermäusen oder Delphinen erwartet man so was, aber von blinden Menschen? Ist das Gehör wirklich in der Lage so fein zu hören, selbst wenn man auf den Sehsinn verzichten muss? Aber es gibt ja so viel mehr unter der Sonne, als sich die Ottonormaleule Suzann vorstellen kann. Man denke nur an die mathematischen Fähigkeiten von Autisten und so will ich es Alex nicht absprechen, dass sie genetisch in der Lage ist, sich so zu orientieren, aber dass Joy diese Technik eine echte Hilfe sein kann, dürfte die gleiche genetische Dispostition und jahrelange Übung erfordern.
    Was mir positiv auffiel ist, dass sich das Training nicht auf Kampf- oder Lauftraining beschränkt, sondern auch diese Dinge miteinfließen, genauso wie die Orientierung im Gefängnis etc.


    Die eindringlichen Dialoge und das geschickte, absolut unauffällige Platzieren der Hintergrundinfos fordern dem aufmerksamen Leser wirklich allerhöchsten Respekt ab. Auch wie sich so langsam alles erklärt, die Handlungsweisen und Motive der einzelnen Protagonisten klarer werden ist faszinierend. Ich frage mich beim Lesen, wie Mulle das schafft, mit so vielen "Bällen in der Luft zu jonglieren" und am Ende hin, einen nach den anderen kontrolliert abzulegen, ohne dass ihr der eine oder andere abhaut. Schließlich ist es eine sehr umfangreiche Geschichte und sie muss unzählige Details im Auge behalten. Wie macht man so etwas, Mulle? Schreibst du dir Zettelchen?

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Suzann, nur für dich: (und alle anderen, die die menschliche Echoortung interessant finden und/ oder nicht recht glauben, dass es erlernbar ist)
    Klick mich!
    Weiter unten steht, dass jeder Mensch es mit entsprechender Anleitung und Übung lernen kann, und Sama (die mir als Infoquelle diente) hat es ihrem sehenden Partner auch in wenigen Wochen beigebracht. Sie sagt, er ist nicht so gut wie sie, aber er ist gut genug, um im Wald beim Joggen nicht vor Bäume zu laufen ...
    Der Mann ist allerdings auch Musiker und hat demnach sicher ein gutes Gehör.
    Sie sagte allerdings, dass jeder, der es eine Woche lang täglich trainiert, schon nicht mehr vor Wände laufen wird.


    Die Schwierigkeit ist, dass man das unterschiedliche Echo zwar wahrnimmt, aber die Klänge unterscheiden sich nur so gering voneinander, dass man bewusst nicht glaubt, eine Unterscheidung wahrzunehmen. Man muss sich also sehr auf Empfindungen verlassen, die man allenfalls als Ahnung registriert oder für Einbildung hält.
    Da Joy durch ihren "Lebensstil" sicher intuitiver ist als wir heutzutage (und weil Romanfiguren alles schneller lernen als wir :grin) habe ich ihr ziemlich flott ein Erfolgserlebnis verschafft.


    Grundsätzlich ist es schon beeindruckend, was Menschen unter der richtigen Anleitung lernen können. Neulich hab ich im TV gesehen, dass *jeder* in kurzer Zeit lernen kann, eine Wurzel aus einer hohen Zahl zu ziehen. Das wiederum glaub ich ja nicht :gruebel


    Zu den Bällen in der Luft ... tja, ich würde gerne etwas Schlaues antworten, aber ich habe das beim Schreiben irgendwie nie so empfunden. :grin
    Die ganze Geschichte ist ziemlich intuitiv entstanden; was bei mir bedeutet, dass ich oft genug morgens noch nicht weiß, wovon die nächsten 10 Seiten handeln werden. Ich hatte ein grobes Exposé (3 Normseiten) und einen Anfang sowie den Plan, dass meine Figuren sich entwickeln - mal schauen, wohin. Vieles ergab sich von selbst. Nicht geplant sondern beobachtet.
    Dazu kommt, dass meine Lektorin wahnsinnig aufmerksam war und den ein oder anderen verirrten Ball aufgefangen und zu mir zurückgespielt hat. Da wurde jeder Halbsatz, ach, jedes WORT, das nicht 100% stimmig erschien, infrage gestellt.
    Die hat da wirklich grandiose Arbeit geleistet!


    Für den zweiten Teil gibt es nun schon ein paar Planungen mehr, da ich ja weiß,was noch zu Ende gesponnen werden muss; aber grundsätzlich schreibe ich am liebsten "blind ins Blaue", mit dem Vertrauen, dass ich schon nicht vor einer Wand enden werde. :lache


    Jetzt schau, wie schön das wieder zusammenpasst!

  • Zitat

    Original von Mulle
    ...
    Zu den Bällen in der Luft ... tja, ich würde gerne etwas Schlaues antworten, aber ich habe das beim Schreiben irgendwie nie so empfunden. :grin
    Die ganze Geschichte ist ziemlich intuitiv entstanden; was bei mir bedeutet, dass ich oft genug morgens noch nicht weiß, wovon die nächsten 10 Seiten handeln werden.


    Für den zweiten Teil gibt es nun schon ein paar Planungen mehr, da ich ja weiß,was noch zu Ende gesponnen werden muss; aber grundsätzlich schreibe ich am liebsten "blind ins Blaue", mit dem Vertrauen, dass ich schon nicht vor einer Wand enden werde. :lache


    Jetzt schau, wie schön das wieder zusammenpasst!


    Mulle, diese Art zu schreiben passt irgendwie zu die. Und wenn dann solche Bücher dabei entstehen, dann kann ich nur sagen: Mach mal weiter so!!!

  • Zitat

    Original von Mulle


    Ja! Und das ist wirklich der Wahnsinn.
    Ich habe mit einer Frau telefoniert, die im Alltag so lebt und sogar *Fahrrad fährt*. Zuerst hatte ich darüber was im Fernsehen gesehen - aber ich konnte es nicht glauben und hab bei der Produktionsfirma der Sendung rückgefragt, dadurch kam der Kontakt zustande.
    Ihr könnt mal "menschliche Echoortung" googeln.
    Angeblich können Sehende das tatsächlich lernen, aber ich hab mich bei den Versuchen leider auch nicht besonders geschickt angestellt.


    Das finde ich total faszinierend. Ich habe mich beim Lesen gefragt ob das tatsächlich möglich ist. Ich konnte mir das einfach nicht vorstellen. Werde bei Gelegenheit mal googeln. :-)

  • Hm, ich muss sagen, mit diesem Abschnitt werde ich noch nicht ganz so richtig, wirklich warm. Zeitweise sind mir alle Figuren - Neél, Graves, Alex, Amber - sympathischer, als Joy. Nichts für ungut, liebe Mulle, aber ich frage mich stellenweise wirklich, was zum Henker der liebe Neél an dieser widerspenstigen, kleinen, bockigen Göre findet?!
    Nein, im Ernst, ich traue Joy mit ihrer Art immer noch nicht ganz über den Weg - letzten Endes kommt sie wieder vom Regen in die Traufe. Ich kann verstehen, dass sie Amber unbedingt in Sicherheit bringen und wissen will, aber um den Preis des eigenen Seelenfriedens? Und wie es nach dem Chivy weitergehen wird, was vielleicht wird, wenn der Plan schief läuft, darüber denkt sie nicht wirklich nach...
    Überhaupt, was machen beide im Verlauf der Geschichte, liebe Mulle? Zusammen sein, geht offensichtlich unter diesen Gesichtspunkten nicht und Getrenntsein wird sie auch beide Herz und Seelen kosten, nur, mit dem Kopf an sich alleine lässt sich so ruhig und gut leider auch nicht leben. Aber das wird ja (noch) nicht besprochen. :gruebel
    Das ist quasi die Ruhe vor dem Sturm, ich merke es schon, der letzte Abschnitt wird mich hier vom Sofa räumen, fürchte ich...


    Bei der Lobhudelei zum Schreibstil kann ich mich nur rundweg anschließen - ich finde auch, dass die in manchen Bereichen doch recht schlichte und geradeaus gerichtete Schreibweise wunderbar passt. Es muss nicht immer alles blumig, euphemistisch oder himmelhochjauchzend sein. Es kann genausogut ehrlich, trocken und ohne viel Worte sein - und dabei trotzdem anrührend und spannungsgeladen sein!
    Das ist eine Sache am Buch, die mir ausgesprochen gut gefällt und wegen der ich mir mit Sicherheit überlegen werde, noch in ein anderes Deiner Bücher hinein zu schauen.


    Wäre Joy nicht so störrisch, hätte ich noch einen ganz anderen Lösungsvorschlag gehabt, aber der steht wohl nicht zur Debatte:

  • Zitat

    Original von Blackie
    Hm, ich muss sagen, mit diesem Abschnitt werde ich noch nicht ganz so richtig, wirklich warm. Zeitweise sind mir alle Figuren - Neél, Graves, Alex, Amber - sympathischer, als Joy. Nichts für ungut, liebe Mulle, aber ich frage mich stellenweise wirklich, was zum Henker der liebe Neél an dieser widerspenstigen, kleinen, bockigen Göre findet?!


    Vielleicht liegt es auch daran, dass wir ein klein wenig auf Joy eifersüchtig sind und den Kerl gerne selber hätten :lache
    Aber im Ernst: Joy ist herzerfrischend unperfekt, auch wenn hier an anderer Stelle schon gesagt wurde, sie sei so eine typisch mutige, aufsässige Heldin-Person. Ich finde es so menschlich, dass sie selber nicht so richtig weiß, was sie überhaupt will im Widerstreit mit dem, was sie meint tun zu müssen. Da spielt Schuld eine große Rolle.


    Zitat

    Wäre Joy nicht so störrisch, hätte ich noch einen ganz anderen Lösungsvorschlag gehabt, aber der steht wohl nicht zur Debatte:


    Ihre Schuldgefühle bzw. ihre Opferbereitshaft für Amber, geht mir ein wenig weit. Ihr Verzicht auf Neels lindert wahrscheinlich ihre Gewissensbisse, aber sie kauft sich frei auf Neels Kosten. Vielleicht war es der einzige Weg, was aber nicht heißt, dass man ihn dann auch gehen muss.


    Graves hätte nicht Anspruch auf Joy erheben können, aber ich glaube, die Begründung kommt erst im nächsten Abschnitt.
    Und du hast Alex ganz vergessen...

  • Zitat

    Original von Blackie
    Hm, ich muss sagen, mit diesem Abschnitt werde ich noch nicht ganz so richtig, wirklich warm. Zeitweise sind mir alle Figuren - Neél, Graves, Alex, Amber - sympathischer, als Joy.


    Weißt du, ich finde gar nicht, dass Figuren immer jedem sympathisch sein müssen. Ich schreibe mein Personal so, wie es es als stimmig, konsequent und real empfinde, auch wenn die Lesersympathie dabei auf der Strecke bleibt. Das mache ich ziemlich bewusst, da wir als Leser ja alle keine leeren Blätter sind und ganz unterschiedlich auf Menschen und auch Figuren reagieren.
    Von daher finde ich es überhaupt nicht schlimm, dass du Joy nicht magst: Sie ist nicht als Everybodys Darling konzipiert, also muss es zwangsweise Leser geben, die mit ihr nicht können.


    Zitat

    Nichts für ungut, liebe Mulle, aber ich frage mich stellenweise wirklich, was zum Henker der liebe Neél an dieser widerspenstigen, kleinen, bockigen Göre findet?!


    Jetzt kommt das Aber! :grin
    Der liebe Neél? Der sie herumgeschubst, bedroht, geschlagen und fast im Schnee erstickt hätte?
    Natürlich kann sie das nicht einfach vergessen und ihm lieblich lächelnd vertrauen - außer sie bekäme ein Stockholm Syndrom, aber darauf wollte ich verzichten; das finde ich weniger romantisch.
    Ich empfinde das gar nicht als stur. Ich sehe sie als verletzt und darum misstrauisch.


    Zitat

    Nein, im Ernst, ich traue Joy mit ihrer Art immer noch nicht ganz über den Weg - letzten Endes kommt sie wieder vom Regen in die Traufe. Ich kann verstehen, dass sie Amber unbedingt in Sicherheit bringen und wissen will, aber um den Preis des eigenen Seelenfriedens?


    Das ist auch interessant, denn genau darum gehts. Jemanden zu haben, in den man verliebt ist - den man vielleicht sogar liebt - ist zweifelsohne schön.
    Aber reicht das für den Seelenfrieden?


    Amber wird seit Monaten missbraucht und es ist kein Ende in Sicht, und das nur, weil Joy das Risiko eingehen wollte, zum Schneider zu gehen, statt woanders hin.
    Ich bin seit 11 Jahren glücklich verheiratet und ich stelle mal die Behauptung in den Raum: Kein Partner kann dich so glücklich machen, dass du in einer solchen Gewissheit Seelenfrieden finden kannst.
    Verlieben/ Liebe ist schön - aber nicht alles.
    Und Joy weiß, dass sie mit dieser Gewissheit ohnehin nicht friedlich leben könnte.


    Zitat

    Überhaupt, was machen beide im Verlauf der Geschichte, liebe Mulle? Zusammen sein, geht offensichtlich unter diesen Gesichtspunkten nicht und Getrenntsein wird sie auch beide Herz und Seelen kosten, nur, mit dem Kopf an sich alleine lässt sich so ruhig und gut leider auch nicht leben. Aber das wird ja (noch) nicht besprochen. :gruebel


    Das verrate ich natürlich noch nicht ;-)
    Nur mal so ein Gedanke: Es gibt viele Lieben, die aus irgendeinem Grund nicht sein können. Das tut den Menschen weh, ist eine harte Prüfung - aber es bringt sie nicht um und muss sie nicht mal zwangsweise das Glück kosten.



    Zitat

    Wäre Joy nicht so störrisch, hätte ich noch einen ganz anderen Lösungsvorschlag gehabt, aber der steht wohl nicht zur Debatte:


    Das wäre äußerst schwierig:


    Und was würde mit Alex passieren? Neèl hat ihr sein Wort gegeben und Alex hätte als Blinde allein überhaupt keine Chancen.

  • Zitat

    Original von Mulle


    Jetzt kommt das Aber! :grin
    Der liebe Neél? Der sie herumgeschubst, bedroht, geschlagen und fast im Schnee erstickt hätte?
    Natürlich kann sie das nicht einfach vergessen und ihm lieblich lächelnd vertrauen - außer sie bekäme ein Stockholm Syndrom, aber darauf wollte ich verzichten; das finde ich weniger romantisch.
    Ich empfinde das gar nicht als stur. Ich sehe sie als verletzt und darum misstrauisch.


    Darüber hab ich eben, als ich mit dem Hund war, nochmal nachgedacht.
    Ich glaube nämlich, dass es weibliche Figuren im Gegensatz zu den Männern immer sehr viel schwerer bei den Leserinnen haben, zumindest ist das meine Beobachtung. :gruebel


    Und da fiel mir ein, dass es mir in einer Leserunde hier neulich sehr ähnlich ging: Ich hatte wenig Verständnis für die Fehler der weiblichen Hauptfigur, hab der männlichen Hauptfigur aber nahezu "alles durchgehen lassen".
    Und wie hier war der Kerl auch recht zickig und war an den Problemen mindestens ebenso schuldig wie die Sie.


    Erklärung ist vielleicht die Perspektive, bzw. eben die Nicht-Perspektive: Neél hat keine eigene Perspektive, der Blick in seinen Kopf bleibt verwehrt.
    Vermutlich neigt man daher eher dazu, ihm seine Taten zu verzeihehen und gutes in ihn hineinzuinterpretieren - es könnte ja eine *wahnsinnig gute Erklärung* für sein Verhalten geben.

  • Also, von hinten: am Ende dieses Abschnitts saß ich auch mit einem breiten Grinsen da!
    Dass die beiden sich mögen, war ja schon lange (für uns) zu erkennen und nun muss Joy es sich auch endlich eingestehen.


    Was ich von der Sache mit Amber halten soll, darüber muss ich wohl erstmal ne Nacht schlafen. So richtig glücklich macht mich das noch nicht, wirklich nicht.
    Und Neél stimmt der Sache auch noch zu...


    Das kann ja alles gar nicht gutgehen.


    Die Episoden mit Matthial zwischendrin haben mich teilweise richtig gestört, ich wollte immer nur wissen, wie es mit Neél und Joy weitergeht :grin
    Aber irgendwann wird das, was da außerhalb der Stadt geschieht, sicher auch noch seine Bedeutung haben. Trotzem war ich immer froh, wenn es wieder mit unserm Traumpaar *ironie* weiterging!


    Spannend fand ich die Ausführungen, wie es zu den Percents kam. So ähnlich hatte ich mir das gedacht und ich finde es nicht sooo weit hergeholt.


    Alex tut mir leid - nicht genug, dass sie blind ist, da entscheidet sich ihre Sicherheit Neél doch glatt für die "Göre" Joy. Kein Wunder, dass sie so unfreundlich auf diese reagiert. Wobei ich finde, sie benimmt sich da ja noch ziemlich anständig und hat sich recht gut im Griff!

  • "Ich hatte vergessen, wie weisser Stoff auf Wasser reagiert, und ebenso hatte ich vergessen, wie Männer auf durchscheinende Brustwarzen reagieren. Mein Körper reagierte auch dementsprechend..." :anbet Zitat Seite 413


    Wie kommt Mulle bloss auf solch grandiose literarische Sätze... Ich persönlich finde dieser Satz geht unter die Haut und löst in uns Lesern Begeisterung aus! :chen


    Nun müssen die Gedanken aber wieder auf das Chivvy gerichtet werden und unverzüglich das harte Training aufgenommen werden! :peitsch


  • Wahnsinn! Ein sehr interessanter Beitrag. Verblüffend, was es alles unter der Sonne gibt, von dem man noch nie etwas gehört hat.... Danke für den Link, Mulle.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."