Etwas endet, etwas beginnt - Andrzej Sapkowski

  • 'Etwas endet, etwas beginnt' ist eine Anthologie mit acht Kurzgeschichten von Andrzej Sapkowski, die aus den unterschiedlichsten Bereichen der Phantastik stammen.


    Zwei von ihnen - 'Der Weg, von dem niemand zurückkehrt' und 'Etwas endet, etwas beginnt' spielen im Universum des Hexer-Zyklus.
    Die erste Episode handelt von der Druidin Visenna und dem Söldner Korin, die an einer Wegkreuzung aufeinandertreffen, gemeinsam ein bösartiges Übel ausrotten, dabei unter den scheinbar edlen auch ein paar weniger edle Motivationen offenbar werden lassen (wie zu erwarten bei Sapkowski) und die schließlich eine nicht kleine gegenseitige Anziehungskraft verspüren ... aus welcher später, viel später wohl einmal der Hexer Geralt hervorgeht. Doch das ist nicht mehr Teil dieser Geschichte.


    Die zweite, die der Anthologie auch den Namen leiht, ist eine Geralt-Geschichte, und sie allein ist den Kauf des Buches schon wert, denn nach dem Ende des Zyklus ist sie genau das, was man in der Seele braucht ...


    Daneben gibt es weitere Geschichten, die es verdienen, herausgehoben zu werden:
    'Ein Vorfall in Mischief Creek' spielt im Nordamerika des 17. Jahrhunderts und erzählt von einer Jagdgesellschaft aus Boston, die eine angeklagte Hexe in die Urwälder verfolgen ... und dort in ein sehr sehr seltsames Dorf geraten.
    'Maladie' ist Sapkowskis ganz eigene Fassung und Weiterführung der Tristan und Isolde - Geschichte, schön zu lesen, poetisch, mystisch und mit dem Sapkowski eigenen pragmatisch-dreckigen Quäntchen Humor geschrieben.


    Die übrigen Geschichten spielen mehr oder minder in der Gegenwart, mit Elementen aus Phantastik, Dystopie und Stephen-King-ähnlichem Horror. Gut geschrieben sind sie alle, ich bin nur nicht mit allen davon warm geworden. Ach ja, eine Alice-im-Wunderland-Adaption aus Sicht der Katze gibts noch, die ist einfach nur abgefahren :grin.



    Alles in allem bietet die Geschichtensammlung äußerst unterhaltsame, abwechslungsreiche und spannende Lektüre, die teilweise richtig anspruchsvoll wird und sehr breit gefächert ist.
    Meine Highlights sind ganz klar die oben genannten vier Geschichten, die am ehesten in klassische Fantasy fallen. Sapkowski ist einfach ein Großmeister unter den Fantasy-Autoren, seine Schreibe liest sich heroisch und sarkastisch-humorvoll zugleich, seine Helden strotzen vor Saft und Kraft und wirken so echt, als könnten sie jeden Moment zur Tür reinkommen.
    Für alle Fans und begeisterten Leser des Hexer-Zyklus ist die Sammlung ohnehin ein Muss, denn die beiden Stories möchte man sich nicht entgehen lassen.


    8 von 10 Punkten.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Meine Meinung: Ich habe immer noch den ersten Band um Geralt den Hexer hier in meinem SUB stehen und schon ein ganz schlechtes Gewissen dem Buch gegenüber, weil es schon so oft ganz oben auf meiner Leseliste angekommen war und ich es immer wieder zugunsten eines anderen Buches zurück gestellt hatte.
    Als mir nun „Etwas endet, etwas beginnt“ in die Hände geriet, beschloss ich dann, es gleich zu lesen, zumal es sich um eine Sammlung von Erzählungen handelt, von denen man immer mal eine „ganz schnell“ am Stück lesen kann.


    Es befinden sich acht Erzählungen in diesem Buch und alle acht sind sehr unterschiedlich. Es beginnt mit „Der Weg, von dem niemand zurückkehrt“ – sehr spannend und für mich ein kleiner Einblick in die Welt des Hexers Geralt, denn es geht um seine Mutter, die Druidin Visenna und ihren Kampf gegen einen unheimlichen Gegner und später in „Etwas endet, etwas beginnt“, begegnet man auch Geralt und das an einem besonderen Tag – eine Geschichte, die ich schmunzelnd gelesen habe und von der ich hoffe, dass die Geralt-Bücher in genau diesem Stil geschrieben sind, denn der etwas flapsige und humorvolle Stil hat mir sehr gut gefallen.


    Vor jeder Geschichte schreibt Sapkowski in einer sehr sympathischen Weise etwas über ihre Entstehung. Man versteht so den Hintergrund einiger Szenen wesentlich besser. So zum Beispiel der Anlass zu „Die Musikanten“, einer Horrorgeschichte, in der sich eine Warnung versteckt. (Zitat des Autors: „Ihr quält Tiere, weil sie machtlos sind und nicht Gleiches mit Gleichem vergelten können? Seht euch vor! Seid nicht so selbstsicher!“)


    Mir haben alle Erzählungen auf ihre Art gut gefallen, auch wenn ich mich manchmal etwas in sie einfinden musste. Oftmals wechseln Perspektiven und Szenen so schnell, hat man das Gefühl nur hastig dahingeworfene Bilder zu betrachten und bemüht sich mit der Rasanz mitzukommen, doch das macht auch den Reiz der Geschichten aus.


    Ganz besonders hat mir „Tandaradei“ gefallen – einer Horrorgeschichte, in der es um die unscheinbare Monika geht, die in einem Ferienlager eine Enttäuschung erlebt und die Auslöser einer unheimlichen Kette von Ereignissen wird.

    Ich will gar nicht viel von den einzelnen Geschichten verraten nur so viel, dass jede anders ist und jede absolut lesenswert. Mir hat dieser Band nun so richtig Lust auf den Hexer-Zyklus gemacht und ich freue mich darauf, mehr aus der Feder dieses Autors zu lesen.

  • Aufgrund der beiden sehr positiven Rezis - herzlichen Dank dafür - führt wohl offensichtlich kein Weg an diesem Buch vorbei.


    Liebe Eska,
    du bist die Verursacherin für die Schwindsucht in meiner Geldbörse. :rofl :rofl

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Die acht sehr unterschiedlichen Kurzgeschichten die in diesem Band versammelt sind, wurden mit meist recht ausführlichen Vorworten von Andrzej Sapkowski versehen, die interessante zusätzliche Informationen zu Entstehung, Vorbildern und Recherchen enthalten.


    „Der Weg, von dem niemand zurückkehrt“
    Eine schöne Fantasy-Erzählung die für sich selbst gesehen schon gefällt, aber natürlich im größeren Zusammenhang mit dem Wissen, dass man hier die Eltern des Hexers Geralt und ihr erstes Aufeinandertreffen beobachtet, noch viel mehr Bedeutung gewinnt.


    „Die Musikanten“
    Wenn die geballte Wut von etwas uns trifft, sobald Tiere unsäglich gequält werden…
    Die Idee dahinter gefällt mir ja recht gut und auch die Stimmung ist an einigen Stellen durchaus gruslig, von dem was den armen Tieren widerfährt wollen wir gar nicht erst anfangen. Alles in allem ist mir dann aber doch zu viel offen geblieben und so war das Ende eher unbefriedigend.


    „Tandaradei!“
    Graue Maus fährt aufs Land um in einer Gemeinschaft Urlaub zu machen mit der sie eigentlich gar nichts zu tun haben will.
    Was hab ich mit dem armen Ding mitgelitten. Man konnte förmlich spüren, dass da was faul war. Hier blieb zwar auch manches noch offen und unerklärt, aber in dem Maß kann ich damit leben und das Ende hat mir gut gefallen. :-]


    „Im Bombentrichter“
    Das war nicht ganz einfacher Stoff. Die Geschichte spielt in einem Polen das von kriegerischen Konflikten zerrissen ist und dessen Menschen von Tschernobyl stark gezeichnet sind. Vom Schreibstil her hat sie mir mit am besten von allen Geschichten gefallen, weil Andrzej Sapkowskis Humor hier so richtig gut und beißend zur Geltung gekommen ist. Andererseits gab es Formulierungen, da hat man nur noch geschluckt („Wir sind alle neugierig, was sie zur Welt bringen wird. Sehr neugierig.“).
    Der Verlag hat ja zu einigen Stellen Fußnoten zum besseren Verständnis eingefügt, sonst wäre man, als der polnischen Geschichte nicht mächtiger Leser, ja völlig aufgeschmissen gewesen. Für meinen Geschmack hätten es aber gerne noch ein paar Anmerkungen mehr sein dürfen. Auf jeden Fall hat der Autor sich, wie im Vorwort schon erwähnt, viel Mühe gegeben möglichst desillusioniert zu schreiben.


    „Etwas endet, etwas beginnt“
    Die namensgebende Geschichte ist die einzige, in der der Hexer Geralt eine Rolle spielt. Und dann ist dem Vorwort des Autors zu entnehmen, dass es sich hier eigentlich mehr um eine Spielerei bzw. einen Scherz handelt. Diese Geschichte ist also nicht Kanon und steht nicht in Verbindung mit dem Zyklus. Mehr so eine Art, alternatives Universum. Eigentlich schade. Aber wenn es so weit gekommen wäre mit Geralt und Yennefer… dann wäre es vermutlich GENAU SO abgelaufen. :lache Auf jeden Fall sehr unterhaltsam und man trifft viele alte Bekannte wieder.


    „Der goldene Nachmittag“
    Alice im Wunderland erzählt von einem der dabei war: Chester, der Grinsekater.
    Wirklich gelungene Adaption des Stoffes. Mir hat besonders gefallen, wie dabei die Realität und Charles Lutwidge Dodgsons bis heute etwas undurchsichtiges Verhältnis zur kleinen Alice Liddell eingearbeitet wurde. Und natürlich Andrzej Sapkowskis große Liebe zu den Katzen. :katze


    „Ein Vorfall in Mischief Creek“
    1693, Massachusetts-Bucht: Eine Gruppe von Puritanern verfolgt eine verurteilte Hexe, die aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Dabei stoßen sie im Wald auf schwedische Holzfäller und wenig später auf ein Dorf.
    Die Geschichte hat mich sofort in ihren Bann gezogen. Sie ist so eine Mischung aus typisch amerikanischem Schauermärchen und historischem Roman. Spannend und gut erzählt.


    „Maladie“
    Das Ende um die „Tristan und Isolde“-Legende mit Fokus auf die Figuren Branwen und Morholt. Ich bin froh, dass ich davor die Zusammenfassung der Legende bei Wikipedia gelesen habe, denn sonst hätte ich doch viele Zusammenhänge nicht begriffen. Die Figuren sind sehr menschlich und vor allem Morholt fand ich sympathisch. Tristan eher weniger. :lache



    Fazit: Ein schöner Sammelband mit sehr unterschiedlichen Kurzgeschichten von denen sicher nicht alle jedem gefallen können, aber alle mit Sapkowskis unverwechselbarem Stil und Humor gewürzt.
    Von mir gibt’s 8 von 10 Punkten.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda