Jeffrey Eugenides: Die Liebeshandlung

  • Klappentext


    Der lange erwartete neue Roman vom Autor des Welterfolgs "Middlesex" - eine dramatische Dreiecksgeschichte, ein ebenso komisches wie überraschendes Buch über die Spielarten und Wege der Liebe.



    Der Autor


    Jeffrey Eugenides, geboren 1960 in Detroit/Michigan, bekam 2003 für seinen weltweit gefeierten Roman "Middlesex" den Pulitzerpreis und den "Welt"-Literaturpreis verliehen. Sein erster Roman "Die Selbstmord-Schwestern" erschien auf Englisch 1993 und wurde später von Sofia Coppola verfilmt. Außerdem veröffentlichte er den Erzählungsband "Air Mail" und "Der Spatz meiner Herrin ins tot. Große Liebesgeschichten der Weltliteratur". Er studierte an der Brown und der Stanford University und lehrt heute Creative Writing an der Princeton University in New Jersey.


    Kurzbeschreibung


    Der lang erwartete neue Roman vom Autor des Welterfolgs «Middlesex» – eine dramatische Dreiecksgeschichte, ein ebenso komisches wie überraschendes Buch über die Spielarten und Wege der Liebe. Amerika, Anfang der achtziger Jahre, ein College an der Ostküste. Madeleine Hanna, begeisterte Leserin von Roland Barthes, schreibt eine literaturwissenschaftliche Arbeit über die «Liebeshandlung» viktorianischer Romane. Während sie über den uralten Beweggründen des menschlichen Herzens brütet, bricht das wirkliche Leben in Gestalt zweier junger Männer über sie herein. Leonard Bankhead, charismatischer Einzelgänger mit scheinbar unerschöpflichem Elan, taucht Tabak kauend in einem Semiotik-Seminar auf, und schon bald verstrickt sich Madeleine in eine erotisch und intellektuell aufgeladene Beziehung. Zur selben Zeit lässt sich ihr alter Freund Mitchell Grammaticus wieder blicken, besessen von dem Gedanken, Madeleine sei für ihn bestimmt und er für sie. Wenig später, den Collegeabschluss in der Tasche, werden alle drei gezwungen, vieles in neuem Licht zu sehen. Leonard und Madeleine ziehen in die malerische Dünenlandschaft von Cape Cod; Mitchell, in Gedanken oft bei Madeleine, reist mit einem Rucksack voller Bücher über christliche Mystik bis nach Indien, stellt sich den Fragen nach dem Sinn des Lebens, der Existenz Gottes und dem, was Liebe ist. Gibt es die großen Liebesgeschichten des 19. Jahrhunderts nicht mehr, heute, in Zeiten von sexueller Freiheit, Eheverträgen, Scheidungen? Indem Jeffrey Eugenides eine totgeglaubte Tradition erneuert, meldet er sich als einer der bedeutendsten Autoren der amerikanischen Gegenwartsliteratur zurück.



    Eigene Meinung


    Nach der Lektüre der "Selbstmord-Schwestern" und "Middlesex" habe ich Jeffrey Eugenides gerne als einen meiner liebsten Gegenwartsautoren bezeichnet und mir voller Begeisterung seinen neuen Roman zugelegt. Meine Erwartungen wurden jedoch leider in Bezug auf "Die Liebeshandlung" nicht erfüllt. Nach dem ersten Viertel des Buches habe ich mir furchtbar schwer damit getan und mich acht Wochen lang förmlich durch die Handlung gequält. Eugenides Erzählstil und sprachliche Gewandtheit sind zwar meisterhaft, doch mit der Geschichte wurde ich einfach nicht warm. Die Handlung schleppt sich unter kontinuierlichen Rückblenden dahin, verliert sich in literatur- und religionswissenschaftlichen Exkursen, von denen manche mir schlichtweg zu abgehoben waren, und konnte mich beim besten Willen nicht fesseln. Ich wartete die ganze Zeit vergeblich, dass irgendetwas von Belang geschieht oder die Geschichte einen Höhepunkt erreicht. Hier und da werden Erwartungen aufgebaut, aber keine erfüllt.
    Hinzu kommt, dass die drei Hauptfiguren keinerlei Anteilnahme in mir wecken konnten. Madeleine war für mich eine amerikanische Kate Middleton ohne jegliche Tiefe, das Abziehbild eines Collegegirls von der Ostküste, Leonhard fand ich einfach nur eklig und nervtötend und Mitchell blieb für mich ein blasses Würstchen auf Selbstfindungstrip mit offensichtlich autobiografischen Zügen.
    Im Grunde erzählt Eugenides nur in epischer Breite von einer College-Dreiecksbeziehung, aus der alle Beteiligten mehr oder weniger geläutert hervorgehen. Die "Liebeshandlung" bzw. den "Marriage Plot", wie der Titel lautet, dient scheinbar nur als Rahmen für eine Menge andere Anliegen des Autors.
    Ich möchte das Buch auf keinen Fall jemandem verleiden. Es ist zumindest sprachlich erfreulich anspruchsvoll und typisch Eugenides. Mit der Story an sich muss man sich allerdings anfreunden können.


    Bei mir bleibt ein ziemlich durchwachsener Eindruck zurück, weshalb ich nur 5 Punkte geben kann.


    edit: Tippfehler

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Alice Thierry ()

  • Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. Auch wenn deine Meinung zu diesem Buch eher durchwachsen ist, liebe Alice Thierry, werde ich wohl trotzdem dieses Buch sicher irgendwann lesen. Jeffrey Eugenides ist ein Autor den ich sehr schätze. Glücklicherweise interessiert mich die Covergestaltung so gut wie gar nicht; Cover haben keinerlei Einfluss auf meine Kaufentscheidung. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Lieber Voltaire, Du solltest dieses Buch unbedingt lesen, besonders, wenn Du die anderen Bücher von Eugenides kennst und magst. "Die Liebeshandlung" spaltet die Leser offenbar stark, den Reaktionen bei Amazon nach zu schließen.
    Eugenides schlägt hier irgendwie eine andere Richtung ein. Mir selbst ist es schwer gefallen, konkret zu benennen, weshalb mich das Buch enttäuscht hat. Ich kann es letztlich nur an der Story, nicht einmal an deren Aufbereitung - denn auch der Aufbau ist stimmig und geschickt konstruiert - festmachen.


    "Middlesex" und "Die Selbstmord-Schwestern" waren einfach geniale Würfe und die Erwartungshaltung dementsprechend hoch. Wenn man zu diesen Werken Abstand nimmt und mit einer anderen Einstellung an den neuen Roman herangeht, ist vielleicht auch der Eindruck ein anderer.
    Ich bin schon darauf gespannt, wie Du und andere Eulen darüber denken. :wave

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  • Hallo Alice Thierry,


    danke für die Rezension.


    Zitat

    "Middlesex" und "Die Selbstmord-Schwestern" waren einfach geniale Würfe und die Erwartungshaltung dementsprechend hoch. Wenn man zu diesen Werken Abstand nimmt und mit einer anderen Einstellung an den neuen Roman herangeht, ist vielleicht auch der Eindruck ein anderer.


    Bedeutet Deine Aussage im Umkehrschluss, dass derjenige, der mit "Middelsex" nur bedingt etwas anfangen konnte, es mit dem neuen Roman versuchen sollte?
    "Middelsex" war Eugenides großer Wurf, mir aber zu langatmig, zu ausschweifend, manchmal zu detailverliebt und oftmals hätte ich mir eine Straffung der Handlung gewünscht. Als ich die letzte Seite zuschlug, war ich in der Tat froh, endlich diesen hochgelobten Roman durchgestanden zu haben.

  • Hallo Salonlöwin,


    ich will es mal so sagen: Wer "Middlesex" nicht mochte, wird zumindest nicht voller Begeisterung an "Die Liebeshandlung" gehen. Wenn Du "Middlesex" als ausschweifend und zu detailverliebt wahrgenommen hast, wirst Du diese Versatzstücke allerdings auch in "Die Liebeshandlung" wiederfinden. Das ist einfach der Stil des Autors.
    Mit diesem neuen Buch ging es mir jedenfalls wie Dir mit "Middlesex": Ich war froh, als ich endlich die letzte Seite zuschlagen konnte.


    Persönlich haben mir "Die Selbstmord-Schwestern" tatsächlich besser gefallen als "Middlesex". "Middlesex" hatte definitiv seine Längen, konnte mich jedoch trotzdem in seinen Bann ziehen.
    Für mich liegt Eugenides Stärke in der Sprache und der Begabung, gewisse ungewöhnliche Themen aufzugreifen.
    Auch "Die Liebeshandlung" erzählt keine 08/15 Geschichte, die an jeder Ecke vorhersehbar ist, für meinen Geschmack allerdings reichlich zäh daherkommt und die Idee, einen klassischen marriage plot ins Amerika des 20. Jahrhunderts zu verlegen, verschenkt.


    Wenn Du gute Zähne und viel Muße hast, probier' es mit dem Buch. :-)

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  • Hallo Alice Thierry,


    ich belasse "Die Liebeshandlung" vorerst auf der Wunschliste.


    Zitat

    Für mich liegt Eugenides Stärke in der Sprache und der Begabung, gewisse ungewöhnliche Themen aufzugreifen.


    Genau deswegen bleibe ich bei Eugenides auch neugierig udn schaue mir seine Neuveröffentlichungen an.

  • "Middlesex" hatte für mich immer irgendwie etwas "John-Irving-mässiges" - und da John Irving einer meiner erklärten Lieblingsautoren ist, war ich natürlich auch von diesem Buch und auch von diesem Autor durchaus sehr angetan. :wave

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  • Titel: Die Liebeshandlung
    OT: The Marriage Plot
    Autor: Jeffrey Eugenides
    Übersetzt aus dem Englischen von: Uli Aumüller und Grete Osterwald
    Verlag: Rowohlt
    Erschienen als TB: Dezember 2012
    Seitenzahl: 621
    ISBN-10: 3499258501
    ISBN-13: 978-3499258503
    Preis: 9.99 EUR


    Dieser großartige Roman von Jeffrey Eugenides spielt 1983. Die Hauptpersonen sind Madeleine, die eine literaturwissenschaftliche Arbeit über die „Liebeshandlungen im viktorianischen Zeitalter“ schreibt, Leonhard, er studiert Biologie, ist ein Einzelgänger, dabei aber sehr charismatisch und lernt Madeleine in einem Semiotik-Seminar kennen. Und dann ist da auch noch Mitchell, der auf der Suche nach der religiösen Erleuchtung ist, und der überlegt eventuell Hochschullehrer für theologische Themen zu werden.


    Mitchell fährt nach dem Collegeabschluss mit einem Freund nach Griechenland. Dort trennen sie sich und Mitchell fährt allein nach Indien, genauer gesagt nach Kalkutta weiter. Dort arbeitet er eine Zeitlang in der Hilfsorganisation der Mutter Theresa mit. Währenddessen führen Madeleine und Leonhard eine nicht unbedingt alltägliche Beziehung. Denn die Beziehung der beiden wird durch Leonhards manisch-depressive Erkrankung unglaublich auf die Probe gestellt. Madeleine versucht ihm zu helfen wo sie kann – doch offenbar sind auch ihr Grenzen gesetzt.


    Und dann treffen die drei bei einer Party wieder aufeinander und alles nimmt einen nicht unbedingt erwarteten Lauf. Ihre Lebenswege haben sich anders entwickelt als sie es sich einmal ausgemalt hatten. Immer auf der Suche nach dem Sinn von allem, schreiben alle drei unbewusst an einer großen und beeindruckenden Liebesgeschichte.


    Mit diesem Buch beweist Eugenides erneut, dass er zu den besten amerikanischen zeitgenössischen Autoren zählt. Er ist ein Autor der wirklich erzählen kann, der nicht verklausuliert, sondern die Dinge beim Namen nennt und seinen Figuren Tiefe und Charakter gibt. Diese drei völlig unterschiedlichen Charaktere nehmen den Leser mit auf eine aufregende literarische Reise. Ein großartiger Erzähler schreibt über das Leben, über das was Unbeteiligte eventuell als banal bezeichnen, dass aber für die Betroffenen das Lebens als solches bedeutet. Dieser Roman lebt in erster Linie von seiner emotionalen Tiefe. Ein Roman der Menschen an die eigenen Abgründe trägt und sie hinunter schauen lässt und ihnen die Wahl überlässt ins Leben oder ins Nichts zu springen.


    Dieser Roman bietet beste Unterhaltung auf einem sehr hohen Niveau. Ein Roman der vielleicht auch ein weiteres mal zur Hand genommen und gelesen wird.


    9 Eulenpunkte für eine Sternstunde der zeitgenössischen Literatur.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich war zunächst in Zweifel, ob ich mir diesen Roman zu Gemüte führen soll, da mich "Middlesex" mit seiner ausufernden Art beim reread heuer vor allem genervt hat. Doch "Die Liebeshandlung" erwies sich als Glücksgriff.


    Auf immerhin 620 Seiten verfolgt man das Leben von Madeleine, Leonard und Mitchell und hat dabei das Gefühl, die drei intensiv kennenzulernen. Mit weit ausholenden Rückblenden nimmt man Anteil am Alltag der drei und verfolgt gespannt, ob die manisch-depressive Erkrankung Leonard schlußendlich die Beziehung zu Madeleine zerstören wird und ob dann Mitchell der lachende Dritte ist.


    Doch es ist weit mehr als ein in den 80ern angesiedelter Beziehungsroman, Eugenides greift so manches Thema auf und läßt es in diesen wohlstrukturierten, klug konstruierten Roman einfließen.


    Ich habe "Die Liebeshandlung" jedenfalls gerne gelesen, es ist kein Jahreshighlight, aber doch ein Roman, bei dem ich mir in einigen Jahren ein erneutes Entdecken vorstellen kann.