Verlag: Diogenes, 2012
Gebundene Ausgabe: 656 Seiten
Originaltitel: Leielui
Aus dem Italienischen von Maja Pflug
Kurzbeschreibung:
Wahre Liebe gibt es nicht. Nur Beziehungen, die ein wenig Sicherheit geben – so sieht es Clare. Oder Affären – so Daniel. Bei einem Autounfall begegnen sich die beiden zum ersten Mal. Denkbar unromantisch. Doch derart nüchtern beginnen nur die ganz großen Liebesgeschichten.
Daniel hat eine halbe Flasche Wodka intus und fährt viel zu schnell. In der Peripherie von Mailand kommt es zum Crash – und zur ersten Begegnung mit Clare. Clare ist Amerikanerin und liiert mit einem Anwalt, der ihr die nötige Sicherheit gibt. Daniel ist Schriftsteller und Vater zweier halbwüchsiger Kinder. Die Literatur ödet ihn nur noch an, genauso wie die Frauen. Mit dem Unfall beginnt zwischen Clare und Daniel ein Wechselspiel von Anziehung und Abstoßung, von geschenkten und verpassten Momenten. Mailand, Ligurien, die Provence und Kanada sind nur die äußeren Stationen einer Suche nach Echtheit und Ehrlichkeit – in einer Liebe, die eigentlich kaum möglich scheint.
Über den Autor:
Andrea De Carlo, geboren 1952 in Mailand, lebte nach einem Literaturstudium längere Zeit in den USA und in Australien. Er war Fotograf, Maler und Rockmusiker, bevor ihm 1981 mit seinem ersten Roman, ›Creamtrain‹, der Durchbruch gelang – sein Mentor damals: Italo Calvino. Acht Jahre später legte er den Roman ›Zwei von zwei‹ vor, der zum Kultbuch einer ganzen Generation wurde. Andrea De Carlo lebt in Mailand und in Ligurien.
Mein Eindruck:
Andrea De Carlo ist ein italienischer Schriftsteller mit einem umfangreichen Werk, das in Deutschland bei Diogenes erscheint. Zu seinen bekanntesten Büchern gehört „Zwei von Zwei“.
Ich habe ihn allerdings jetzt erst mit diesem vorliegenden Roman entdeckt.
„Sie und Er“ ist ein relativ anspruchsvoller Liebesroman mit leicht schrägen Hauptfiguren, die nicht auf Anhieb sympathisch wirken, aber vielleicht gerade deswegen interessant werden.
Er ist ein arroganter, erfolgreicher Schriftsteller in Lebens- und Schaffenskrise, Sie ist voller Zweifel im Leben und steckt in einer lauwarmen Beziehung zu einem Rechtsanwalt fest.
Als Sie und Er (Clare und Daniel) sich bei einem Autounfall kennen lernen, beginnt eine keineswegs einfache Beziehung, die von Mailand und Ligurien sogar nach Südfrankreich um am Schluss nach Kanada führt.
Claire und Daniel werden als Figuren ansprechend aufgebaut, wenn auch am Ende bei ihnen doch nicht wirklich eine realistische Tiefenschärfe entsteht, um ihre Emotionen bis in die Tiefe auszuloten.
Zu den gelungenen Ansätzen gehört die Darstellung Daniels als Schriftsteller im Zwiespalt. Wie er bei einer Podiumsdiskussion mit 2 anderen Schriftstellern konträre und kritische Ansichten zur Literatur äußert, war ganz spannend.
Der Roman ist dialoglastig und hat da seine Stärken. Ihre Gespräche erinnern mich an den Gedankenaustausch der Figuren eines Daniel Glattauer-Romans.
Eine Liebesbeziehung ohne Kitsch zu zeigen, ist schwer. Alex Capus gelang es in Leon & Louise, Nataša Dragnic in Jeden Tag, jede Stunde.
Sie und Er geht auch in diese Richtung. Ab und Zu gibt es aber dann doch Passagen, die leicht übertrieben oder zu künstlich wirken. Besonders die Schlußszenen könnten aus Hollywood stammen.
Andrea De Carlo hat einige Details einer Liebesbeziehung deutlich herausgearbeitet und überzeugte mit messerscharfen Dialogszenen. Das hebt das Buch aus dem Mittelmaß gängiger Liebesromane heraus.