Titel: Inside Polizei
Autor: Stefan Schubert
Verlag: Riva
Erschienen: Februar 2012
Seitenzahl: 234
ISBN-10: 3868831916
ISBN-13: 978-3868831917
Preis: 19.99 EUR
Stefan Schubert wurde 1970 geboren und war zunächst bei der Bundespolizei und dann bei der Landespolizei von Nordrhein-Westfalen. In seinem ersten Buch „Gewalt ist eine Lösung“ schrieb er über sein achtjähriges Doppelleben als Hooligan und Polizist.
Was gibt es nun zu diesem Buch zu sagen?
Ohne Frage hatte ich mehr, viel mehr, von diesem Buch von Stefan Schubert erwartet. Es sollte die Beschreibung der „unbekannten Seite des Polizeialltags“ sein – aber das was dort beschrieben wurde, das ist dürfte der Öffentlichkeit mehr oder weniger schon bekannt gewesen sein. Schubert hat kein „Enthüllungsbuch“ geschrieben, vielmehr hat er Sachen die bereits bekannt waren zusammengetragen und daraus dieses Buch gemacht.
Leider ist nicht klar ersichtlich, was denn nun eigene Erfahrungen und was Fremderfahrungen sind. Das alles geschrieben in einer Sprache, die leicht hölzern daher kommt.
Sicher ist es nicht uninteressant was Schubert hier in seinem Buch schreibt. Und er macht deutlich, dass die Polizei immer wieder für die Fehler der Politik einstehen muss, für die Fehlentscheidungen der Politik und Polizeiführung Kopf und Kragen riskieren muss und das diese Fehlentscheidungen zumeist nicht öffentlich diskutiert werden.
Sehr gut gelungen aber ist Schubert folgendes: Er macht den Leserinnen und Leser mehr als deutlich, dass die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in erster Linie eben Menschen sind, sie sind nicht die anonymen Uniformträger, die stets zu funktionieren haben, korrekt, emotionslos und verhältnismäßig. Und Schubert gelingt in diesem Zuge auch, die falsche Heroisierung von Polizeibeamten deutlich zu machen. Die Polizei ist ein Teil dieser Gesellschaft, sie steht also nicht außerhalb dieser Gesellschaft. Der gesetzliche Auftrag der Polizei ist klar umrissen und die Polizei ist wie jeder andere auch an Recht und Gesetz gebunden, Polizisten sind nicht „Vorgesetze“ der Bürgerinnen und Bürger und diese nicht Untertanen der Polizei. Die Polizei als das typische Beispiel der Eingriffsverwaltung, wobei übersehen wird, das beispielsweise Steuerfahndung und Zoll über weit mehr Kompetenzen verfügen als die Polizei.
Sehr interessant die Meinung von Schubert über das Thema „Frauen bei der Polizei“. Hier argumentiert er sehr differenziert und macht deutlich, dass durch falsch verstandene Gleichmacherei den Frauen ein Bärendienst erwiesen wurde. So ist Schubert der Ansicht, dass nicht alle Dienstbereiche der Polizei für Frauen geeignet sind. Auch die Bundeswehr ist mit Frauen in ihren Reihen nicht unbedingt glücklich. Aber damit eben auch Frauen eingestellt werden können, werden halt die Anforderungen in den Eignungstest, jetzt im Hinblick auf die körperliche Belastbarkeit, abgesenkt. So erwägt man beispielsweise, Frauen auch den Zutritt zu den KSK-Einheiten zu ermöglichen.
Schubert geht auch mit dem unsäglichen Korpsgeist der Polizei hart ins Gericht, wobei gerade dieses Verhalten, diese Hinwendung zum Korpsgeist durchaus verständlich ist, jetzt aus der Sicht der Polizeibeamtinnen und –beamten gesehen. Es ist ein Selbstschutz, ein Selbstschutz zum einen gegen teilweise unsachliche Angriffe aus der Öffentlichkeit, hier insbesondere von den sensationsgeilen Medien, es ist aber auch ein Schutz der „normalen“ Beamtinnen und Beamten gegen die Schuldzuweisungen von der politischen und der administrativen Führung. Verantwortlich ist letztendlich immer, ginge es nach dem Willen der Führung, der rangniederste Beamte.
Sehr dumm ist dieser Satz auf dem Buchrücken:
„Kein anderes Buch kam der dunklen Seite des Polizeialltags je so nahe.“
Reißerisch und ausgesprochen dumm.
Statt hier für Verständnis für das Handeln der Beamten vor Ort zu werben, wird von Verlagsseite so getan, als bewegten sich die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ausschließlich in einem rechtsfreien Raum.
Trotz aller Kritik ein durchaus lesenswertes Buch, ein Buch das vielleicht dafür sorgen könnte, dass man die Polizeibeamtin und den Polizeibeamten eben auch als Menschen wahrnimmt und das man den „normalen“ Polizisten eben nicht für die Fehler der Führung verantwortlich macht.
Die Polizei darf nicht „Staat im Staate“ sein, sie ist notwendig und wichtig, aber das ist eben auch jeder Bezirksschornsteinfegermeister – die Polizei ist da zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, ihre Aufgabe aber ist es nicht Fehler der Politik auszubügeln oder seelsorgerisch tätig zu werden.
Stefan Schubert hätte ohne Frage aus diesem Thema mehr herausholen können. Schade, dass er das versäumt hat.