"Kyria und Reb: Bis ans Ende der Welt" von Andrea Schacht [12 - 15 Jahre]

  • Ich habe gerade gesehen, dass es ja noch gar keine Rezension zu diesem wundervollen Buch hier gibt. Freut mich, dass ich die Erste sein darf :-)


    Kurzbeschreibung
    Das Vereinigte Europa im Jahr 2125 ist eine Welt der kompletten Überwachung. Das geschieht nur zum Besten der Bürger, sagt Kyrias Mutter, eine hochrangige Politikerin des perfekt gesteuerten Systems New Europe . Doch die 17-jährige Kyria möchte endlich erfahren, wie es ist, sich frei zu fühlen. Als sie in Reb, einem jungen Rebell aus dem Untergrund, einen Verbündeten findet, fliehen die beiden auf abenteuerliche Weise aus New Europe und gelangen in ein fernes Reservat. Dort haben sich die Menschen ein bäuerliches Leben wie in längst vergangenen Zeiten bewahrt. Doch schon bald sind die Verfolger Kyria und Reb auf der Spur. Und das ist nicht die einzige Gefahr, denn alle, die sich der Macht von New Europe entziehen, werden von künstlich ausgelösten Seuchen bedroht. Auch Kyria gerät in den Verdacht, die friedliebenden Menschen des Reservats mit einer Masernepidemie zu vernichten. Zum Glück hat Kyria Freunde an ihrer Seite und einen jungen Rebellen, der ihr Herz berührt ...


    Teil 1 einer Reihe!



    Ich möchte diese Rezension ausnahmsweise recht kurz halten, denn mir hat "Kyria und Reb: Bis ans Ende der Welt" so gut gefallen, dass ich es gar nicht zerreden möchte.


    1. Pluspunkt: Die Liebesgeschichte. Sie ist weder kitschig noch schnulzig, sie ist einfach nur hinreißend! Und das liegt nicht zuletzt sicherlich auch an den Charakteren, wobei ich schon beim zweiten Punkt bin.


    2. Pluspunkt: Die Hauptcharaktere. Das Buch ist aus der Sicht der Hauptprotagonistin Kyria geschrieben, weshalb es wenig schwer fällt sich in sie hineinzuversetzen. Aber auch Reb, quasi Kyrias Gegenpart (jedenfalls am Anfang), ist einfach nur genau so, wie ich mir einen Mann vorstelle. Gutaussehend (worauf aber nicht so sehr herumgeritten wird wie in anderen Romanen ...), schlagfertig, frech, schwer zu durchschauen, aber er hat trotzdem Gefühle und zeigt diese auch, wenn auch nur selten und im passenden Moment. Er ist einfach genau die richtige Mischung aus Draufgänger und Softie, aus Halunke und Held. Phänomenal!


    3. Pluspunkt: Die Nebencharaktere. Sicher kann man von einem 381 Seiten-Roman nicht erwarten, dass jede vorkommende Figur bis ins letzte Detail beschrieben wird und schon gar nicht, wenn es der erste Band einer Reihe ist. Ich fand die Akzente, die Andrea Schacht hier gesetzt hat, genau richtig: Die Personen, die am meisten "Handlungsverantwortung" tragen, werden am besten ausgebaut und die anderen eben weniger. Nur bei der Großmutter von Hazel, Willow, habe ich nicht recht nachvollziehen können, wie das Verhältnis von ihr zu Kyria war, aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein in einem phänomenalen Buch.


    4. Pluspunkt: Die Sprache. Und hiermit meine ich nicht den Stil des Romans (siehe Minuspunkt), sondern vor allem die Sprache in den Dialogen. Herrlich! Vor allem die Gespräche, in denen Reb den Mund aufmacht, habe ich fast immer mit einem Grinsen gelesen und genossen.


    5. Pluspunkt: Die Spannung. Die Geschichte war fast durchgehend spannend, nur im Mittelteil habe ich ein wenig Reb vermisst ... Am Ende wurde es wieder richtig dramatisch und der Cliffhanger am Ende ließ mich schier verzweifeln: Wann bitte kommt der nächste Teil und wie soll ich bis dahin überleben???


    6. Pluspunkt: Die Welt. Andrea Schacht hat hier nämlich eine Welt erschaffen, in der Frauen an der Macht sind, ohne, dass es sich gleich um eine Amazonengeschichte handelt (wobei Amazonen auch vorkommen, quasi als "Polizistinnen" von New Europe, aber nur am Rande). Außerdem musste ich beim Lesen ein wenig an "Big Brother" denken und daran, wie sich unsere vernetzte Informationsgesellschaft weiterentwickeln wird und wie überwacht unser tägliches Leben in ein paar Jahren sein wird ...


    7. Pluspunkt: Die Aufmachung des Buches. Wunderschöner Schutzumschlag und wunderschönes Buch! Das Hardcover selbst ist nämlich mit dem gleichen Bild bedruckt, wie der Schutzumschlag und sieht einfach fantastisch aus.


    Einziger Minuspunkt: Ich hatte teilweise, ebenso wie andere Leser, ein Problem mit dem Schreibstil. Es kamen Wörter vor, die ich überhaupt nicht kannte und das passiert normalerweise so gut wie nie (hier mehrfach). Man stolpert einfach darüber und mal ehrlich: Wer guckt bei sowas schon im Wörterbuch nach!? Manchmal waren auch die Sätze von der Struktur her ein wenig verworren. Mit den kurzen, abgehackten Sätzen Rebs hatte ich im Gegensatz zu anderen Lesern kein Problem.


    Dieser Roman hat einfach alles, was mich glücklich macht: Spannung, sympathische Charaktere, eine völlig ohne Kitsch auskommende Liebesgeschichte, eine faszinierende Welt, Witz, Charme, ein erfrischendes und Lust-auf-mehr-machendes Ende und nicht zuletzt ist das Buch einfach wunderschön aufgemacht. Ich kann nur sagen: Wer "Kyria und Reb" nicht liest, ist selber schuld!


    Powered by Bookaddicted.de

  • Hallo Angelcurse, vielen Dank für die Rezi! :wave
    Mit diesem Buch liebäugle ich auch sehr, seit ich eine Leseprobe gelesen habe.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!

  • Zitat

    Original von elwe
    Hallo Angelcurse, vielen Dank für die Rezi! :wave
    Mit diesem Buch liebäugle ich auch sehr, seit ich eine Leseprobe gelesen habe.


    Ich hoffe meine Rezension konnte ein wenig rüberbringen, wie toll ich das Buch finde <3 Ich habe hinterher ohne Sch... kurz überlegt, ob ich es gleich noch mal lese. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich diesen Gedanken je bei einem anderen Buch hatte ;-) Naja, aber Geschmäcker sind ja trotz allem immer noch verschieden.

  • Ich lese das Buch gerade und konnte nicht wiederstehen hier mal kurz reinzugucken. Was bin ich froh, dass dir das Buch gut gefällt. Hätte ich hier nur negatives gelesen, wäre ich bestimmt etwas geknickt.
    Bisher gefällt mir das Buch auch super. Besonders Reb mag ich. :grin

  • Ich will es auch unbedingt lesen.
    Die meisten Negativ-Kommentare, die ich gesehen habe, bezogen sich auf 'Kompliziertheit' der Handlung + Schreibstil oder darauf, dass Leute der Meinung waren, es sei zu nahe an irgendeinem anderen Buch -


    Aber mal ehrlich, es gibt auch genug Biss-Fanatiker, die meinen, mit Biss wurde das Genre erfunden und Bram Stoker habe schöde abgeschrieben :grin.
    Und was das andere angeht: Ich mag den Stil der Autorin sehr, und glaube, die Kritiken kann man getrost als Positiv-Argument annehmen: Nach dem, was sonst oft so an flachen Stories und Trivial-Stil in der Jugenbuch-Ecke sein Dasein fristet, kann es also nur besser werden.
    Ich freue mich jedenfalls drauf.


    :wave Andrea

  • Hallo an alle!


    Hier meine Rezension zu Kyria & Reb:


    Kyria & Reb – Bis ans Ende der Welt

    Autor(in): Andrea Schacht
    Verlag: INK Egmont
    Seitenzahl: 381
    Preis: 17,99 Euro
    ISBN: 978-3863960162


    Gestaltung:
    Das Cover des Buches fand ich von Anfang an wunderschön. Es zeigt einen hölzernen Steg und ein paar Häuser inmitten eines Waldes, der in türkis und grün gehalten ist. Links oben und rechts unten sieht man pinke Blüten im Vordergrund über das Cover fallen. Ich stelle mir so die Reservate vor, die im Buch vorkommen.


    Nimmt man den Schutzumschlag ab, sieht man das Cover noch einmal ohne Autorin und Titel, was bei den Büchern des INK Verlages immer der Fall ist und ich sehr schön finde.


    Story:
    Klappentext:
    „Im Jahr 2125 hat sich Europa in eine Welt der kompletten Überwachung verwandelt. In diesem perfekt gesteuerten System – New Europe – wächst Kyria behütet auf. Bis sie an ihrem 17. Geburtstag erfährt, dass sie an einer tödlichen Krankheit leidet. Jetzt zählt nur noch ein Gedanke: Flucht. In der wenigen Zeit, die ihr bleibt, will sie endlich frei sein! An einem Ort, der dem Zugriff des Systems entzogen ist. Mit ihr auf den Weg macht sich Reb, der vor nichts und niemandem Angst hat. Doch schon bald sind den beiden die Verfolger auf der Spur. Und das ist nicht die einzige Gefahr: Alle, die sich der Macht von New Europe entziehen, drohen furchtbaren Seuchen zum Opfer zu fallen …“


    Ich habe in letzter Zeit viele Dystopien gelesen und fand jede einzelne super. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass endlich auch einmal eine Dystopie von einer deutschen Autorin geschrieben wurde. Es war klar, dass ich diese haben musste.


    Der Klappentext hörte sich sehr gut und spannend an, sodass ich sofort zu lesen begonnen habe und völlig in die Geschichte eintauchte.


    Zu Beginn wird viel von Kyria und ihrem Leben als Electi (als Priviligierte) erzählt. So bekommt man einen Einblick davon, wie das Mädchen aufgewachsen ist. Schnell erfährt man auch von Kyrias Krankheit und bekommt richtig Mitleid.


    Als Kyria im Heilungshaus auf Reb trifft und erfährt, dass sie bald sterben soll, überschlagen sich die Ereignisse und beide entscheiden sich zu fliehen.


    Leider muss ich zugeben, dass ich mir für die Flucht etwas mehr Spannung gewünscht hätte. Für mich hörte sich der Klappentext so an, als wären ihnen die Verfolger schnell auf den Fersen, doch meiner Meinung nach läuft alles viel zu glatt ab und die beiden müssen nicht wirklich befürchten erwischt zu werden.


    Trotzdem fand ich die Geschichte spannend, da einige Ereignisse ganz anders sind, als sie zu Beginn scheinen und der Leser bis zum Schluss bei einigen Personen nicht wirklich weiß, auf welcher Seite sie stehen. Viele Fragen werden in diesem 1. Band aufgeworfen und die Antworten dazu gibt es erst in den Folgebänden. Ich denke, dass sich die Ereignisse darin noch zuspitzen werden und die Spannung sicher noch steigen wird. Der 1. Band diente wohl eher dazu, die Welt von Kyria & Reb zu beschreiben, so dass sich der Leser davon ein Bild machen kann, was Andrea Schacht meiner Meinung nach gut gelungen ist.


    Sehr gut gefällt mir, dass Kyria & Reb nicht sofort von Anfang an total verliebt ineinander sind und nur noch aneinander denken. Trotzdem ist es schade, dass eine Zeit lang in dem Buch Reb quasi gar keine Rolle mehr spielt und danach dann doch alles sehr schnell geht zwischen den beiden. Die Liebesgeschichte ist zwar sehr schön, hätte aber vielleicht noch etwas anders aufgebaut werden können.


    Ich würde wirklich sehr gerne wissen, wie es weitergeht mit Kyria & Reb, NuYu und den Reservaten und kann es kaum erwarten bis Band 2 erscheint.


    Charaktere:
    Kyria gefiel mir am Anfang sehr gut. Sie hat sich nicht darum gekümmert, zu welcher Schicht die einzelnen Personen gehören, sondern sich ihre eigenen Gedanken zu den Personen und Ereignissen gemacht. Als sie dann jedoch ihre sichere Welt verlässt, wird sie, wie Reb es so schön sagt, eine richtige Electizicke. Man liest ständig „Ich kann nicht“ und „Ich will nicht“ von ihr und sie kommt einem verwöhnt und unselbstständig vor. Der Kampfgeist, den sie Anfangs zeigt, scheint irgendwie verflogen zu sein und ohne Reb wäre sie hilflos und aufgeschmissen. Erst zum Schluss des Buches kommt ihr Wesen, das sie anfangs zeigt wieder zum Vorschein und macht sie wieder sympathischer.


    Reb ist der typische Held. Etwas rau, um sich seine eigenen Gefühle nicht eingestehen zu müssen, mutig, selbstbewusst und doch hat er eine weiche Seite. Ich finde es super, dass er Kyria nicht sofort hoffnungslos verfallen ist bzw. das vorerst nicht zeigt, weil es Wichtigeres gibt. Er war mir von Anfang an sympathisch und ich wartete nur auf die Szenen, in denen er und Kyria wieder aufeinander trafen.


    Sehr gut gefielen mir auch die Nebendarsteller, wie z.B. Cam oder Hazel. Jeder hatte seine eigenen Charakterzüge und seine eigene Geschichte, die wunderbar in das große Ganze der Story gepasst hat.


    Schreibstil:
    Andrea Schacht gelingt es meiner Meinung nach sehr gut ihre Welt zu beschreiben. Eine wirklich neue Idee ist es, dass die Frauen die Herrschaft in NuYu übernehmen und die Männer nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das brachte mich als Frau natürlich etwas zum Schmunzeln ;)


    Besonders gut gefielen mir die Dialoge zwischen Kyria § Reb. Die beiden liefern sich einen Schlagabtausch nach dem anderen und bleiben sich nichts schuldig. Es gab immer wieder Gespräche, die mich zum Lachen brachten, gemäß dem Spruch „Was sich liebt, das neckt sich“ :)


    Schade fand ich, dass viele Dinge, wie z.B. die Flucht von Kyria & Reb reibungslos verlaufen. Hier hätte die Autorin durch unvorhergesehene Ereignisse noch mehr Spannung in das Buch bringen können.


    In dem 1. Band werden sehr viele Fragen aufgeworfen, von denen jedoch die meisten offen bleiben, so dass der Leser mit freudiger Erwartung auf Band 2 wartet. Dadurch bringt Andrea Schacht doch noch viel Spannung in das Buch, was mir sehr gut gefiel.


    Fazit:
    Auch wenn ich die Spannung in den einzelnen Szenen ein bisschen vermisst habe, kann ich es doch jedem empfehlen. Es ist eine wirklich gut durchdachte und schöne Geschichte mit sympathischen Charakteren, die Lust auf mehr macht. Ich hoffe, ich muss nicht allzu lange auf Band 2 warten.


    Von mir bekommt das Buch 4 Punkte von 5.


    Vielen Dank an den Egmont INK Verlag, der mir dieses tolle Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.


    Schaut doch auch mal auf meinem Blog vorbei: www.suechtignachbuechern.blogspot.com


    Lg
    Monika

  • Anmerkung zum Buch
    Dystopien haben sich in letzter Zeit zu einem sehr beliebten Genre entwickelt – sowohl für Autoren als auch für die Leser. Sie sprießen aus dem Boden, eine nach der anderen, und halten für uns Konsumenten die unterschiedlichsten Zukunftsvisionen bereit. Auch die deutsche Autorin Andrea Schacht hat sich mit ihrem Reihen-Auftakt Kyria & Reb – Bis ans Ende der Welt in diese Gefilde begeben und damit für uns Leser eine Welt und Charaktere erschaffen, die vor allem eins sind: anders. Hier wird sich keinen Klischees bedient, die dem Leser bereits zigmal über den Weg gelaufen sind und auch dieses leise Gefühl, etwas schon einmal irgendwo anders gelesen zu haben, blieb für mich völlig aus. Doch wer nun glaubt, dass die Autorin dafür eine wahnsinnig komplexe und mit unendlich vielen und schwer zu erfassenden Details versehene Welt erschaffen hat, der irrt. Stattdessen hat man eher den Eindruck, Andrea Schacht hätte einfach hier ein bisschen an der Zeit gedreht und dort ein wenig was zusammengeschoben, um am Ende eine Zukunftsvision zu erhalten, die nicht nur glaubhaft, sondern auch gar nicht mal so unrealistisch ist.
    Auf der einen Seite präsentiert sich uns diese Welt als Vereinigtes Europa, auch NuYu genannt, wo Fortschritt, Harmonie und Fürsorge im Zentrum der von Frauen regierten Gemeinschaft stehen, während die andere Seite, die der in Reservaten lebenden Menschen, unserer Zeit ein wenig hinterherhinkt, sich der steten Kontrolle entzieht und dafür in Kauf nimmt, auf die technischen und medizinischen Fortschritte NuYus verzichten zu müssen. Doch was sich im ersten Moment recht simpel oder, verglichen mit anderen Dystopien, vielleicht sogar auch etwas langweilig anhören mag, ist es in Wahrheit nicht, denn hinter diesem Grundgerüst steckt noch einiges mehr, als das oberflächlich betrachtete Konstrukt dieser Zukunftsvision zunächst erahnen lässt. So darf in einem solchen Buch natürlich auch die Seite nicht fehlen, die ihre weitläufigen Schatten über die so scheinbar gut strukturierte und friedliche Welt wirft. Stete Kontrolle unter dem Deckmantel der Fürsorge, gezielte Ausrottung der Unerwünschten Bürger durch Viren und Übergriffe, Ausnutzung von Macht, Schüren von Angst, Lügen und Intrigen sind es, die sich im Schutz der Schatten über die hier erschaffene Welt ziehen und das Grundgerüst zu einem runden Ganzen machen.
    Highlight dieser Geschichte sind die einzigartigen und mehr als sympathischen Charaktere, denen der Leser auf den rund 380 Seiten über den Weg läuft und die sich mit ihren spritzigen und humorvollen Dialogen zu meinen absoluten Lieblingen gemausert haben. Mit Eindimensionalität und farblosen, scheinbar nur als Spielfiguren eingesetzten Charakteren wird sich hier nicht aufgehalten, nein, dem Leser werden Protagonisten präsentiert, die sich ungeniert ihren Launen und Frotzeleien hingeben, die Ecken und Kanten haben, sich auch mal selbst auf die Schippe nehmen können und eine erfrischende Natürlichkeit an den Tag legen. So haben wir hier die junge Electi Kyria, die ein stets privilegiertes und wohl behütetes Leben geführt hat, die es gewöhnt ist, in einer Welt zu leben, in der Männer nichts zu sagen und nur eine Rolle als Spaßobjekt oder Handlanger inne haben. Doch Kyrias Leben ändert sich abrupt, als der "uncharmante Lümmel" Reb in ihr Leben tritt und unmissverständlich klar macht, dass er kein Erbarmen mit "Elitezicken" hat und er Kannnicht und Willnicht nicht gelten lässt. Für Kyria bedeutet es allerdings eine gewaltige Umstellung, sich von einem Mann etwas sagen zu lassen und dazu auch noch von einem solch ungehobelten Exemplar, was für witzige und erfrischende Wortgefechte zwischen den beiden sorgt. Doch nicht nur der Schlagabtausch zwischen den Hauptcharakteren sorgt für Schmunzler und Lacher, sondern auch Kyrias Beschreibungen ihrer Umgebung. So wird zum Beispiel der bevorstehende Ritt auf einem Pferd oder die Fahrt auf einem Zweirad mit Kindersarg nicht nur zu einem Abenteuer für unsere Helden, sondern reihen sich auch in die Liste der witzigsten Szenen dieser Geschichte ein. Bei all dem Pfeffer, den die Autorin diesem Buch gegeben hat, vergisst sie jedoch nicht auch die Charaktere mit dem nötigen Ernst zu versorgen. So haben sowohl Kyria als auch Reb neben ihren Unterschieden doch eins gemeinsam: ein Päckchen, welches nur schwer zu schultern ist und tiefe Wunden hinterlassen hat. Während Kyria bereits als Kind erfahren musste, dass sie an einem Gendefekt leidet und fortan mit der ständigen Angst lebte, ihre Krankheit könne jeden Moment ausbrechen und ihr Leben fordern, hat Reb auf der anderen Seite schon früh erfahren, was es heißt, ungewollt zu sein, verlassen und verstoßen zu werden, was ihn schlussendlich sowohl hart als auch verschlossen werden ließ. Diese Erfahrungen sind es, die den beiden eine gewisse Tiefe verleihen, sie Dinge hinterfragen und Ziele setzen lässt. Als sehr erfrischend empfand ich beim Lesen besonders die Tatsache, dass es sich hier nicht um ein Buch handelt, in dem sich Männlein und Weiblein über den Weg laufen und bereits nach Sekunden unsterblich in einander verliebt sind. Liebe auf den ersten Blick ist einfach nicht Kyrias und Rebs Ding und so findet der Leser hier auch keine sich über mehr als die Hälfte des Buches erstreckende Liebesgeschichte, sondern wirklich eine Entwicklung.
    Junora Kyria hat jedoch nicht nur die Rolle der weiblichen Hauptcharakterin inne, sondern auch die der Erzählerin. Dabei bedient sie sich einer Sprache, die modern und locker ist, in der sich hier und da das Vereinigte Europa herauskristallisiert und manchmal ein wenig abgehakt wirken kann, doch gerade dadurch wieder einen gewissen Charme und Witz verliehen bekommt, den ich nur ungern hätte missen wollen.
    Aufgeteilt ist das Buch in zwei Teile, die sich auf der einen Seite aus der Begegnung der beiden Hauptcharaktere und ihrer Flucht zusammensetzt und auf der anderen Seite durch Kyrias Aufenthalt im Reservat bei ihrer Freundin Hazel. Zum schnelleren Einfinden in die Handlung gibt auf den ersten Seiten des Buches ein kleines Namensregister, welches die wichtigsten Charaktere und ihre Funktion innerhalb der Geschichte auflistet.



    Fazit
    Die wohldosierte Mischung aus Lügen, Intrigen, Witz und herrlich erfrischenden Charakteren haben nicht nur für jede Menge Lesevergnügen gesorgt, sondern Kyria & Reb. Bis ans Ende der Welt für mich zu einem Highlight gemacht, dessen Fortsetzung ich nur schwer erwarten kann. Nicht zuletzt, weil dieser erste Band mich mit einem kleinen Cliffhanger und einigen offenen Fragen zurückgelassen hat, die meine Geduld auf eine harte Probe stellen und ich hoffe sehr, dass ich nicht, wie befürchtet, ein volles Jahr darauf warten muss zu erfahren, wie es mit Kyria & Reb weitergeht!

  • Im Jahr 2125 hat sich Europa in eine Welt der kompletten Überwachung verwandelt. In diesem perfekt gesteuerten System – New Europe- wächst Kyria behütet auf. Bis sie an ihrem 17. Geburtstag erfährt, dass sie an einer tödlichen Krankheit leidet. Jetzt zählt nur noch ein Gedanke: Flucht. In der wenigen Zeit, die ihr bleibt, will sie endlich frei sein! An einem Ort, der dem Zugriff des Systems entzogen ist. Mit ihr auf den Weg macht sich Reb, der vor nichts und niemandem Angst hat. Doch schon bald sind den beiden die Verfolger auf der Spur. Und das ist nicht die einzige Gefahr: Alle, die sich der Macht von New Europe entziehen, drohen furchtbaren Seuchen zum Opfer zu fallen …


    "Bis ans Ende der Welt" ist der Auftaktband zu einer dystopischen Reihe aus deutscher Feder. Mit Spannung und einer kleinen Portion Romantik beschreibt Andrea Schacht eine Welt, die einerseits so anders ist, als unsere, aber dennoch sehr ähnlich ist. Dieses Buch kann sich durchaus mit anderen seines Genres messen, denn "Kyria & Reb" steht ihnen in nichts nach. Zwar ist die Spannungskurve nicht immer konstant oben, wird aber durch Informationen, etc. wieder wett gemacht. Manche Ideen zu dieser Dystopie habe ich bereits in anderen Romanen zu diesem Thema gelesen, sodass ein paar Parallelen zu "Brave New World" oder auch "Cassia & Ky" gezogen werden können, dennoch hat die Autorin eine eigene Geschichte geschrieben, die diese Ideen neu erscheinen lässt und vor Kreativität nur so strotzt. Ab und an muss man schon wieder ein wenig zurückblättern, um die Komplexität dieser von Andrea Schacht erdachten Welt zu verstehen, was aber in keinster Weise störend wirkt, da man sich in dieser Dystopie durchaus wohlfühlt und dies gerne hinnimmt. Das Ende ist ein ziemlicher Cliffhanger, da es zum Einen an einer sehr spannenden Stelle endet und zum Anderen, da Kyria und Reb sich gerade angenähert haben, sodass es schwer wird, auf Band 2 zu warten.


    Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich charakterisiert worden. Sie weisen eine große Liebe zum Detail auf und machen innerhalb der Geschichte eine große Wandlung durch. Kyria, anfangs verwöhnt, wird nach und nach zu einer Frau, die anpacken kann und in ihrem Charakter eine nahezu 180° Wendung durchlebt hat. Reb, zu Beginn schweigsam und aufsässig, entwickelt sich zu einem Mann, der zu seinen Gefühlen steht. Am Ende finden sie zueinander, sodass das Ende eine gehörige Portion Romantik für den Leser bereithält.


    Sprachlich ist es größtenteils flüssig zu lesen. Da jedoch diese Welt und die Handlung eine enorme Komplexität aufweisen, gerät der Lesefluss ab und an ein wenig ins Stocken, wird aber durch die tolle Erzählkunst Andrea Schachts wieder ausgeglichen. Es ist schwer, sich diesem Buch zu entziehen, da es eine ziemliche Sogwirkung auf den Leser ausüben kann, wenn man sich auf diese Geschichte einlässt, auch wenn auf den ersten Seiten dieses Buches nicht allzu viel passiert.


    Das Cover ist einfach nur wunderschön. Die verschiedenen Blautöne und die roten Blätter haben eine ganz besondere Wirkung und lassen immer wieder neue Details ans Licht treten und sind schlichtweg ein Eyecatcher.

  • Die Geschichte spielt in der Zukunft und die Welt hat sich stark verändert. Nach einer Seuche, ausgelöst durch ein manipuliertes Mumpsvirus, ist die Menschheit stark dezimiert und die Ordnung verschoben. In der oberen Schicht regieren die Frauen. Kyria ist die Tochter einer angesehenen Ministerin und wächst behütet und überwacht auf. Allerdings weiß sie seit frühester Kindheit das sie nicht alt werden wird. Sie leidet an einem Gendeffekt, vererbt von ihrem Vater. Als sie kurz nach ihrem achtzehnten Geburtstag erfährt das sie nur noch drei Wochen zu leben hat, will sie aus der Überwachung ausbrechen. Vor drei Jahren hatte sie ein Mädchen aus den Reservaten kennengelernt. Ihre Erzählungen hörten sich für Kyria nach Freiheit an und dieses Leben will sie für ihre letzten Tage kennenlernen. Gemeinsam mit Reb, einem Verstoßenen, flieht Kyria. Auf dem Weg zu ihrer Freundin Hazel lernt Kyria nun auch die Lebensgewohnheiten und Umstände der anderen Schichten kennen.


    Meine Meinung:
    Andrea Schacht entführt uns in eine neue Welt, eine Welt, die zu Anfang nicht ganz leicht zu verstehen ist. Auch in der neuen Welt sind politischen Intrigen fest verankert und vor allem Kyria ist Ziel dieser Intrigen. Sobald man aber einmal eingelesen ist, wird die Geschichte sehr spannend.


    Kyria als eine der Hauptcharakteren ist sehr sympathisch, und das, obwohl sie manchmal die "Elitezicke" raushängen lässt. Aus der behüteten Welt ihrer Mutter geflohen, kommt sie erstaunlich gut mit den völlig anderen Verhältnissen zurecht. Sehr witzig fand ich die Reibereien mit Reb. Reb, von der eigenen Mutter verstoßen, wächst bei den Subculturas auf, einer Unterschicht der neuen Welt. Er ist ein rebellischer junger Mann, bei dem ab und an aber auch das gute Herz durchkommt. Die Liebesgeschichte, die sich zwischen den beiden anbahnt, bestimmt nicht wirklich die Geschichte, sondern ist nur nebenher spürbar. Auch das hat mir sehr gut gefallen.


    Das Ende hat mich nun leider neugierig zurückgelassen. Es werden nicht alle Fragen aufgeklärt und ich hoffe, eine Fortsetzung lässt nicht zu lange auf sich warten.

  • „Über den großen Wandbildschirm liefen im Halbdunkel schreiende Menschen. Ein Scheinwerfer schwenkte seinen grellen Strahl durch die Gasse, Blaulicht zuckte über die uniformierten Amazonen, die mit gezogenen Waffen einige zerlumpte Männer verfolgten.“ (S. 9)


    Was steckt hinter den Auseinandersetzungen zwischen den Subculturas und den jungen Männern der Civitas?


    Nach einer großen Pandemie haben in New Europe Frauen die Macht übernommen, Männer spielen nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Gesellschaft hat sich in verschiedene Schichten unterteilt: Kyria gehört zur ranghöchsten Schicht, Reb zu den Subculturas, quasi dem Abschaum der Gesellschaft.


    Diese Dystopie unterscheidet sich auf sehr positive Weise von seinen vielen Vorgängern. Zwar steht das Thema der totalen Überwachung und Kontrolle auch hier im Raum, doch das ganze spielt sich in einer Welt ab, die sich von der unsrigen sehr unterscheidet.


    Trotz dieser wirklich genialen und ansprechenden Grundidee war der Einstieg in das Buch und in die Geschichte für mich etwas holprig. Grund dafür war die Sprache, die etwa genauso holprig und eher einfach gehalten war. Über manche Formulierungen bin ich geradezu gestolpert. Ich habe trotzdem weiter gelesen und fand mich plötzlich auf Seite 100 des Buches wieder. Huch, wie war ich da so schnell hingekommen? Und wieso konnte ich nicht aufhören zu lesen?


    Die Antwort ist ganz einfach: Trotz der etwas gewöhnungsbedürftigen Sprache weiß die Geschichte in den Bann zu ziehen. Dies liegt vor allem an den Wortwechseln zwischen Kyria und Reb, die sich ungeschickt, manchmal trotzig und dann wieder liebevoll bekabbeln.


    Aber nicht nur das Geplänkel zwischen den beiden hat es in sich. Auch die Story an sich fesselt den Leser an die Seiten. Mich hat vor allem fasziniert, dass Andrea Schacht die Welt nicht in schwarz-weiß gezeichnet hat. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass es nicht nur die Bösen und die Guten gibt, sondern der Leser genauso wie Kyria abwarten und mehr herausfinden muss, bevor er urteilen kann.


    Das Ende des Buches hat mich ganz zufrieden zurückgelassen. Ich hänge nicht mitten in der Luft, möchte aber dennoch u n b e d i n g t wissen, wie die Geschichte weitergeht. Die Autorin schreibt gerade an einer Fortsetzung.


    Mein Fazit: Eine spannende, neuartige Dystopie, die ihren Charme durch eine etwas holprige, unausgereifte Sprache nicht sofort versprüht, dann aber den Leser umso mehr fesselt und in den Bann zieht. Ich vergebe 8 von 10 Sternen.

  • Über diese Reihe schleich ich zur Zeit herum. Liegt ja jetzt wieder in den Läden aus. Ist nicht gerade ein weiterer Teil neu erschienen? Nach deiner Rezi werd ich die Reihe mal in Angriff nehmen. :wave


    [quote]Original von Angelcurse
    Einziger Minuspunkt: Ich hatte teilweise, ebenso wie andere Leser, ein Problem mit dem Schreibstil. Es kamen Wörter vor, die ich überhaupt nicht kannte und das passiert normalerweise so gut wie nie (hier mehrfach). Man stolpert einfach darüber und mal ehrlich: Wer guckt bei sowas schon im Wörterbuch nach!? Manchmal waren auch die Sätze von der Struktur her ein wenig verworren. Mit den kurzen, abgehackten Sätzen Rebs hatte ich im Gegensatz zu anderen Lesern kein Problem.
    [quote]


    Hättest du da eventuell ein Beispiel? Ich kann mir das grad nicht so gut vorstellen.


    [quote]Original von Angelcurse


    Ich habe hinterher ohne Sch... kurz überlegt, ob ich es gleich noch mal lese. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich diesen Gedanken je bei einem anderen Buch hatte Naja, aber Geschmäcker sind ja trotz allem immer noch verschieden. [quote]


    :grin Das Gefühl hatte ich vor gar nicht so langer Zeit; da war es das Buch die Verratenen von Ursula Poznanski. Ich grübel immer noch über eine passende Rezi.

    Man muß noch Chaos in sich haben um einen tanzenden Stern gebären zu können - frei nach Nietzsche
    Werd verrückt sooft du willst aber werd nicht ohnmächtig - frei nach Jane Austen - Mansfield Park

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von WaterPixie ()

  • Mittlerweile gehören Dystopien zu meinen absoluten Lieblingsgenres, daher musste ich natürlich auch "Kyria & Reb - Bis ans Ende der Welt" lesen und wurde wirklich gut unterhalten.


    Für mich gab es in dem Buch nur einen kleinen Kritikpunkt. Ich konnte mir die Welt in der Kyria & Reb leben nicht so wirklich vorstellen. Zumindest was New Europe anbelangt. Irgendwie war da der Wurm drin, sodass es mir verdammt schwer fiel, alles vor meinem inneren Auge entstehen zu lassen. Dagegen hatte ich keinerlei Schwierigkeiten mir ihre Reise bzw. Flucht auszumalen. Auch das Reservat konnte ich förmlich vor mir sehen und es war wirklich sehenswert.


    Auch die beiden Hauptprotagonisten Kyria und Reb haben mir wirklich gut gefallen. Auch wenn ihre Verhaltensweise nicht immer so ganz nachvollziehbar oder verständlich war. Sie haben dennoch dieses gewisse Etwas.


    Besonders die Entwicklung, die Kyria gemacht hat, fand ich sehr gelungen und auch glaubhaft. Reb dagegen empfand ich als einen kleinen, aber liebenswerten Chaoten, der sein volles Potenzial noch nicht ganz entfaltet hat. Am meisten haben mir die Dialoge der Beiden zugesagt und mich oft zum Schmunzeln gebracht.


    Das Ende lässt die Neugierde auf den Folgeband enorm steigen und man verspürt dieses Kribbeln in den Finger, weil man am liebsten sofort erfahren möchte, wie es weiter gehen wird.


    Fazit:


    Eine Dystopie, die definitiv Lust auf die Folgenbände macht. Kyria & Reb haben mich ausgesprochen gut unterhalten.


    Die Fortsetzung "Kyria & Reb - Die Rückkehr" ist bereits erschienen.

    Und manchmal ist ein Buch die Welt für mich!


    Mein Blog



    :lesend Laini Taylor - Daughter of Smoke and Bone - Zwischen den Welten



    Langzeitprojekte:
    Margaret George - Maria Stuart LR

  • “Bis ans Ende der Welt” ist der spannende Auftakt der Dilogie rund um die Protagonisten Kyria und Reb.


    Wir bekommen die Geschichte aus der Sicht von Kyria erzählt. Da sie in eine vollkommen neue Welt eintauchen muss, ist die Wahl der Perspektive auf jeden Fall angebracht. Dinge, die für andere vollkommen alltäglich und modern sind, sind für sie Relikte aus längst vergangenen Zeiten. Auch mit ihren Gefühlen hält sie sich zunächst sehr bedeckt, weswegen ein direkter Einblick durch die Erzählweise oft positiv für den Leser ist.


    Obwohl wir uns über 100 Jahre in der Zukunft befinden, war die vorherrschende Technologie für mich gar nicht so weit entwickelt, wie sie oft dargestellt wird. Einige technische Fortschritte bzw. Verbesserungen im Vergleich zu heute gibt es, aber diese sind nicht so abgehoben, dass man sie sich als Leser nicht mehr vorstellen kann. Ich habe das als sehr angenehm empfunden, weil ich manchmal Schwierigkeiten habe, mir abstrakte Maschinen und dergleichen vorzustellen.


    Man kommt sehr gut in die Geschichte hinein und wird direkt gepackt, denn von Langeweile kann man am Anfang wirklich nicht sprechen. Die Flucht wird sehr dynamisch dargestellt, was zum Weiterlesen verleitet. Nach der Hälfte erleidet die Spannungskurve allerdings einen kleinen Einbruch bzw. manche Handlungen gingen für mich einfach zu glatt über die Bühne, deswegen hier mein einziger Minikritikpunkt. Aber gerade das Ende ist dann wieder sehr packend und der Schluss ein einziger gemeiner Cliffhanger. Man braucht Band zwei einfach sofort.


    Die Charaktere von Kyria und Reb haben mir sehr gut gefallen. Besonders wenn die beiden aufeinander getroffen sind, hat die Atmosphäre sofort geknistert, obwohl sie eigentlich wie Feuer und Eis sind. Sie können nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander. Keine der typischen Lovestorys und somit etwas Besonderes. Wie schon erwähnt, macht Kyria eine große Wandlung durch. Vom behüteten Mädchen aus der oberen Gesellschaft, muss sie lernen, sich mit wenig zufrieden zu geben. Dabei verliert sie aber zu keinem Zeitpunkt ihr Wesen und bleibt sie selbst. Reb hat mich durch seine wilde und störrische Art überzeugen können und beweist (gerade zum Schluss hin), dass doch mehr in ihm steckt, als man zu Beginn vermutet hat.


    Für mich auf jeden Fall eine sehr gute Jugend-Dystopie, die ich uneingeschränkt empfehlen kann. Ich persönlich freue mich schon sehr auf den zweiten Band, denn natürlich will man wissen, was das Schicksal für Kyria und Reb noch parat hält.


    9 Eulenpunkte

  • Mir hat das Buch sehr gut gefallen.


    Von Anfang an hat es mich gepackt und auch nicht wieder losgelassen. Der Schreibstil, die Charaktere und die Umgebung waren überraschend angenehm.


    Die Lovestory fiel geringer aus, als ich befürchtet hatte und die Handlung spannender.
    Kyrias Wandlung von einer verwöhnten Tussi zu einer angepassten Tussi fand ich überzeugend.


    Die einzigen zwei Male, wo ich entnervt aufgestöhnt habe war, als der Ausspruch "Heiliger Steve Jobs!" kam und als sie von einem Alice-Schwarzer-Platz redeten (von da an hatte ich immer, wenn ich von der 'Großen Mutter' las, ihr Gesicht vor Augen :rolleyes). Aber allzu lange habe ich mich nicht daran gestört.


    Ich konnte mir die Stadt, die Reiseroute und auch die Reservate gut vorstellen. Besonders das Reservat hat mir gefallen. Alles auf dem technischen stand von 1975, langsam und simpel.



    Das Ende kam abrupt, darum muss ich jetzt erstmal weiterlesen gehen. :wave




    Angenehm unaufgeregte, unverkrampfte dennoch spannende 'Dystopie', die mich in ihren Bann gezogen hat.


    10 Punkte

    Viele Grüße
    Inks



    bokmal.gif


    Aktuell: Mai Thi Nguyen-Kim - Komisch, alles chemisch! | Salman Rushdie - Die satanischen Verse

    SuB: 48

  • Endlich bin ich dazu gekommen dieses Buch zu lesen und ich muss sagen, ich schmunzel immer noch über einen zweiteiler ganz am Ende des Buches :lache



    Das Wort ups war einfach nur köstlich :lache
    (übringend eine von insgesamt zwei !)
    Die Geschichte selber ist in leichten Worten beschrieben und das Buch war innerhalb eines Tages ausgelesen. Bin mal gespannt wies es weiter geht. Jedenfalls erinnert mich die Story an Cassia und Ky.

    Man muß noch Chaos in sich haben um einen tanzenden Stern gebären zu können - frei nach Nietzsche
    Werd verrückt sooft du willst aber werd nicht ohnmächtig - frei nach Jane Austen - Mansfield Park

  • Kyria, Tochter einer angesehenen Ministerin, wird auf ihrer eigenen Geburtstagsfeier von Hornissen angegriffen. Im Krankenhaus erfährt sie, dass sie aufgrund ihrer tötlichen Krankheit, die durch die Hornissen freigesetzt wurde, nur noch 3 Wochen zu leben hat. Und Kyria ist sich sicher: diese 3 Wochen will sie nicht überwacht und verhätschelt werden. Wie gut, dass sie dem Rebellen Reb begegnet, der sie aus dem Überwachungsstaat rausschaffen kann. Doch kann die gut behütete Tochter überhaupt in der wirklichen Welt überleben?


    "Kyria & Reb – Bis ans Ende der Welt" war mein erster Jugendroman von Andrea Schacht. Die Autorin habe ich bisher eher mit historischen Büchern in Verbindung gebracht, jedoch hat mir ihr Ausflug in das Jugendgenre gut gefallen.


    Die Geschichte wird von der 18-jährigen Kyria selbst erzählt. Die junge Frau hat mich von Seite 1 überrascht. Ich hatte mit einem für Dystopien üblichen gehorsamen Mädchen gerechnet, das das herrschende System nicht in Frage stellt. Kyria hingegen zweifelt von Beginn an die Staatsform an, in der sie lebt. Sie erkennt, dass sie belogen wird und das geht ihr gehörig gegen den Strich. Das fand ich erfrischend anders und hat mich sofort für die Figur eingenommen.


    Ihr Begegnung mit Reb und ihre Flucht verlief in meinen Augen etwas zu glatt. Ich hätte mir hier mehr Widerstände gewünscht. Auf der anderen Seite bot Andrea Schacht mir somit die Chance zu erkennen, dass nicht jedes Überwachungssystem direkt mit Verfolgung und Morden arbeitet. Das war mal was anderes.


    Auch Reb, der das rebellische Gegenstück zu Kyria darstellt, hat sich direkt in mein Herz geschlichen. Der junge Subcultura ist zwar frech, unerzogen, aber eben nicht so typisch Macho, wie es in vielen Dystopien der Fall ist. Auch damit hebt sich die Autorin von anderen Werken ab. Zudem weiß Reb genau, wann er sich anpassen muss und wann er seine Meinung kundtun kann. Dadurch wirkt er echter und menschlicher. Toll!


    Die Story an sich hätte ich mir an manchen Stellen tiefer gewünscht. Über das herrschende System, wie es dazu kam und wie es ist, ein Teil davon zu sein, erfährt man als Leser zwar im Laufe des Romans so einiges, aber in meinen Augen nicht genug. Auch die Entwicklung von Kyria hätte gern genauer beschrieben werden dürfen. Es gibt einen größeren Zeitsprung, in dem sie eine für mich deutliche Entwicklung durchläuft, die aber dann als gegeben hinzunehmen ist. Schade!


    Der Schluss lässt genug Anknüpfungspunkte für den zweiten Teil und ich bin neugierig, wie es mit den beiden Flüchtlingen weitergeht.


    Der Stil von Andrea Schacht ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ihre Erzählweise ist ruhig, für Kyria angemessen und besticht auch durch den Blick fürs Wesentliche. Gefühlsausbrüche kommen überraschend wenige vor, was mich aber kaum gestört hat.


    Fazit: ein toller Jugendroman, der durch seine ruhigen Klänge zu begeistern weiß. Ich kann ihn, trotz der Abstriche, empfehlen.

  • Im Jahr 2125 ist Europa, nun New Europe, NuYu genannt, matriarchalisch geprägt. Kyria, deren Mutter einen hohen Ministerposten einnimmt, ist eine Gendefekte und hat an ihrem 18. Geburtstag schon länger gelebt, als zu erwarten war. Leider verläuft ihr Geburtstag nicht gut, erst erfährt sie, dass sie als Novizin im Tempel aufgenommen werden soll, nicht gerade das, was sie von ihrem weiteren Leben erhoffte, dann wird sie von einer Hornisse gestochen und landet im Heilungshaus. Dort lernt sie Reb kennen, einen Jungen, der ohne Identität im Untergrund lebt – und damit beginnt für Kyria ein Abenteuer, von dem sie nicht erwartet, es zu überleben …


    Ich war sehr auf den Roman gespannt, denn ich bin ein Fan der Autorin, vor allem ihrer in Köln spielenden, historischen Romane. Ziemlich schnell allerdings trat Ernüchterung ein. Der Roman wollte mich so gar nicht packen, ich hatte sehr oft das Gefühl Altbekanntes zu lesen, ich konnte mich nicht so recht mit den Charakteren und auch nicht mit der Welt, die die Autorin entwickelt hat, anfreunden.


    Erzählt wird distanziert und recht emotionslos, und das, obwohl die Autorin Kyria selbst in Ich-Form erzählen lässt. Ein Mädchen, todkrank, aus ihrer gewohnten Welt gerissen, das schnell nicht mehr weiß, wer Freund und wer Feind ist, sollte mehr Emotionen haben – und die möchte ich als Leser auch gerne miterleben können. Mit Reb zankt sie sich ständig, Kyria ist zickig, er ist frech, das soll wohl auflockern und für Humor sorgen, wird aber nach einer gewissen Zeit nervig. Insgesamt sind die Charaktere nicht sehr tiefgehend gezeichnet.


    Ich persönlich finde matriarchalische Gesellschaften interessant. Die Gesellschaft NuYus wurde aus einem bestimmten Grund so aufgebaut, tatsächlich ist sie aber nicht besser als die frühere, die abgelöst und verbessert werden sollte. Interessanterweise lässt Andrea Schacht die Katastrophe, die die Welt verändert, nicht in einer zukünftigen Welt passieren, sondern 1975, wodurch NuYu eher eine Parallelwelt zu unserer ist. Die Gesellschaft der 1970er Jahre bleibt in sogenannten Reservaten bestehen, hier hat sich nichts weiterentwickelt, das empfand ich nicht sehr realistisch, auch die Gesellschaftsform wurde nicht geändert, hier ist die Rollenverteilung altbekannt – und auch bei den Ausgestoßenen, zu denen Reb zählt, ist die Rollenverteilung klar: Frauen kochen und putzen. Ich finde, hier verschenkt Andrea Schacht allerhand, vor allem die Chance, eine Welt zu zeigen, in der Gleichberechtigung herrscht, in der jeder das sein kann, was er möchte (oder zumindest eine Gesellschaft auf dem Weg dorthin).


    Die Geschichte wirkt auf mich recht oberflächlich, hin und wieder auch nicht ganz logisch, z. B., wenn Reb zwar in das Heilungshaus geschafft, dort aber nicht behandelt wird. Dann wieder wirkt sie sehr bemüht jugendlich. Leider ist die Geschichte nicht sehr spannend. Teilweise plätschert sie so dahin, gegen Ende immer mehr, zwischendurch geschehen Dinge zu plötzlich, viele „Überraschungen“ kann der Leser schon vorab ahnen, lediglich die Frage nach dem Warum finde ich interessant. Leider erfährt man in diesem Band nur relativ wenig darüber. Es handelt sich hier um einen Zweiteiler, d. h., Antworten bekommt man erst im Abschlussband. Und tatsächlich hat es die Autorin geschafft, mich auf die Auflösung neugierig zu machen und so werde ich die Fortsetzung vielleicht noch lesen. Ich hoffe auch, dass im zweiten Band einige Dinge, die hier nur angerissen werden, wie die Religion oder die Wagenrennen, überhaupt die Welt, in der Kyria groß geworden ist, etwas ausführlicher dargestellt werden. Im Moment habe ich das Gefühl, als hätte man die Geschichte auch gut in nur einem Band erzählen können.


    Wie gesagt, bin ich Fan der Autorin, doch mit diesem Jugendroman hat sie mich enttäuscht. Ich hatte den Eindruck als wolle Andrea Schacht unbedingt auf der Dystopie-Welle mitschwimmen und als habe sie aus allen möglichen Versatzstücken dieses Genres eine Geschichte zusammengesetzt, die auf mich nicht als etwas Neues, Besonderes wirkt, ich hatte vielmehr während des Lesens sehr oft einen Déjà-vu-Gefühl.


    Ich vergebe knappe 6 von 10 Punkten. Ganz große Dystopie-Fans können einen Blick wagen, wirklich empfehlen kann ich den Roman leider nicht.