KLAPPENTEXT:
Wann ist denn nur alles so kompliziert geworden?
Luise und Flo sind ein Paar und beschließen, endlich erwachsen zu werden. Sie suchen eine Wohnung, ziehen zusammen, schaffen sich ein gemeinsames Bett an und tanzen zu Manfred Krug durch ihre neuen Zimmer. Doch nach kurzer Zeit stehen sie im Flur nebeneinander wie zwei an der Raststätte vergessene Kinder. Luise hat das Gefühl, nur Erwachsen zu spielen. Irgendwie ist dieses Leben falsch. Als ob jemand plötzlich alles verwandelt hätte, die Regeln geändert für das Leben, ab dreißig oder so. Thirdlife Crisis: Darf man die zahllosen Möglichkeiten des Lebens einfach ignorieren und wie ungebetene Gäste vor der Tür stehen lassen? Wie kann man der Liebe vertrauen, wenn man nicht mal sich selbst vertraut? Wie konnte die Zeit nur so schnell vergehen? Und was fangen wir mit den nächsten zwei Dritteln des Lebens an?
So berührend wie lustig, ernsthaft und schlau erzählt Sarah Kuttner von der Sehnsucht und der Angst, ein eigenes, richtiges, erwachsenes Leben zu haben.
ZUM AUTOR:
(Quelle: Fischerverlage)
Sarah Kuttner wurde 1979 in Berlin geboren und arbeitet als Moderatorin. Sie wurde mit ihren Sendungen ›Sarah Kuttner – Die Show‹ (VIVA) und ›Kuttner.‹ (MTV) bekannt und arbeitete mehrfach für die ARD. Zuletzt war sie dort mit ›Kuttners Kleinanzeigen‹ und ›Ausflug mit Kuttner‹ zu sehen. Ihre Kolumnen für die Süddeutsche Zeitung und den Musikexpress wurden im Fischer Taschenbuch Verlag veröffentlicht. ›Mängelexemplar‹ (2009) war ihr erster Roman und stand wochenlang auf der Bestsellerliste. Sarah Kuttner lebt in Berlin.
EIGENE MEINUNG:
Ich stelle zwei Tassen Tee auf den Tisch, dann kommt Sarah rein, erzählt mir die Geschichte von Luise und Flo und geht wieder. Es war ein netter Nachmittag … Ach nein, so war es gar nicht. Ich habe gar nicht mit ihr geplaudert. Ich habe ihr Buch gelesen. Aber es kam mir so vor als wäre es anders gewesen …
Luise ist jetzt über dreißig und der Meinung, dass sie ihr Leben nun endlich ihren Altersgenossen/Innen anpassen sollte. Dazu gehört: fester Job (hat sie. Eine eigene Schneiderei, die gut besucht ist. Vornehmlich von netten alten Herren, die sich Anzüge schneidern lassen. Sichert ihren Lebensunterhalt, macht ein bisschen Spaß), eine feste Beziehung (sie und Flo sind schon seit längerem zusammen, passen auch gut zueinander, denn sie haben „exakt die gleiche Alltagsgeschwindigkeit“ (S.15)) und eine eigene Wohnung. An letzterem hapert es noch, aber sie und Flo werden das nun ändern und nach langer Suche werden sie auch endlich fündig, ohne all zu viele Kompromisse eingehen zu müssen.
Damit müsste Luises Anfang-Dreißiger-Leben ja nun perfekt sein. Doch irgendwie fehlt was. Dabei handelt es sich noch nicht mal um etwas materielles. Irgendwas in Luise fehlt. Sie brennt nicht. Sie brennt nicht danach noch mehr anzustreben, ihr Leben noch mehr auszuschmücken. Weder ihr Schauspieltalent, noch die Aussicht darauf eine eigene Modekollektion entwerfen zu können, kann ein Feuer in ihr entfachen. Durch dieses mangelnde Brennen wird sie immer unzufriedener, was sich natürlich auch auf ihre Beziehung zu Flo auswirkt, dem das irgendwann zu viel wird. Er trennt sich von Luise, die zurück bleibt in einer leeren Wohnung, einem leeren Bett und einem leeren Herzen.
Ich bin immer wieder überrascht, wie ernst Sarah Kuttner, die im Fernsehen eher albern ist, doch mit manchen Themen umgehen kann. So ist es auch in „Wachstumsschmerz“. Auf ganz klare und gewichtige Weise nimmt sie Luises Probleme, die sehr realistisch sind, ernst und kann ihren Lesern diese Probleme und die dazugehörigen Gefühle auch sehr gut vermitteln.
Sarah Kuttners Sprache ist modern, flott und könnte auch als Plauderton beschrieben werden. Sie bedient sich einiger neumodischer Wortkreationen wie „okaye“, was bei anderen Autoren vielleicht aufgesetzt wirkt, bei ihr aber authentisch ist. Dennoch plätschert die Handlung an vielen Stellen so vor sich hin.Ähnlich wie Luises Leben. Ein Stilmittel, das sicher sehr gut passt, mich aber leider nicht so begeistert hat.
Kuttner erzählt in nicht allzu langen Kapiteln aus Lusies Sicht, wobei sie immer wieder Kapitel mit der Überschrift „Memo“ einwirft. Diese sind an an Flo gerichtet. Luise denkt oft an ihn und schüttet ihm in diesen kleinen Notizen ihr Herz aus. Etwas, dass sie vielleicht schon vorher hätte tun sollen, anstatt darauf zu warten, dass irgendetwas passiert.
Was ich an Kuttner am meisten liebe, ist ihr Humor. Den überträgt sie in der Geschichte auf Luise, aber noch mehr auf ihre Schwester Jana, die zu vielen Dingen einen sarkastischen Kommentar abgibt, und über sehr viel Ironie verfügt. Sie studiert Psychologie, was die Autorin wiederum sehr gut in die Geschichte eingebunden hat, indem sie Jana viele Probleme psychisch analysieren lässt. Eigentlich sehr interessant, manchmal wird aber auch einfach ein bisschen zu viel herum geredet.
FAZIT:
Srah Kuttners „Wachstumsschmerz“ ist ein Liebeskummerroman, der Gefühle sehr gut herüber transportiert. Viele Leserinnen werden sich in der Protagonistin Luise wieder finden und ihre Gefühle, nicht vorhandenen Sehnsüchte und Gewissensbisse teilen können. Mich hat dieser Roman leider nicht so überzeugt wie sein Vorgänger „Mängelexemplar“, was sicher daran liegt, dass mir dieses Thema einfach nicht so zusagt. Dennoch kann ich das Buch all denen empfehlen, die sich den liebevollen Notizen Luises und ihrem Kummer hingeben können.