Das Geheimnis der Jaderinge - Tereza Vanek

  • Über die Autorin (dem Klappentext entnommen)


    Tereza Vanek wurde 1966 in Prag geboren und wuchs in München auf. Dort studierte sie Anglistik, Romanistik und Slawistik. Im Anschluss an ihr Studium erwarb sie den Doktortitel Dr. phil. Ihr Debütroman „Schwarze Seide“ erschien im Herbst 2007. Er steht am Anfang einer Reihe von Historienromanen, die durch Liebe zum Detail und historische Genauigkeit überzeugen. Die Autorin lebt und arbeitet in München.


    Inhalt


    Hamburg, 1882 – Viktoria Virchow, Tochter eines Reedereibesitzers und Verlobte eines Dandys der High Society, steht plötzlich vor dem Nichts, als sie erfährt, dass das Geld ihres Vaters verspielt, das Ansehen ihrer Familie ruiniert und ihre Verlobung gelöst ist. Als ihr Vater sich das Leben nimmt, muss Viktoria selbst für ihr Auskommen sorgen und findet eine Stelle als Gesellschafterin einer reichen alten Dame in Shanghai. Margaret Huntingdon erzählt ihr von ihrem verschwundenen Sohn Andrew und zeigt ihr einen wunderschön gravierten Ring aus Jade und zwei Schriftstücke, die jedem zum Verhängnis werden können, wenn man sie offen mit sich herumträgt. Bei ihrer Recherche stößt Viktoria auf eine Geschichte voller Liebe, überwundener Grenzen und Dramatik, die auch Einfluss auf ihr eigenes Leben nimmt…


    Meine Meinung


    Ich habe dieses Buch in einer Leserunde gelesen, die von der Autorin begleitet wurde. Eigentlich lese ich keine Romane über China, zumindest sind sie nicht direkt mein Beuteschema. Doch die Autorin selbst überredete mich auf Facebook dazu, an dieser Leserunde teilzunehmen und es hat sich wirklich gelohnt.
    Tereza Vanek erzählt in ihrem Buch von einer sehr interessanten Periode der Chinesischen Geschichte – von einem Bürgerkrieg, der durch die sogenannten „Taiping“, Chinesen, die den christlichen Glauben in China etablieren wollten, ausgelöst, und blutig niedergeschlagen wurde.
    Vor diesem historischen Hintergrund begleiten wir die Reederstochter Viktoria ins kolonialisierte China mit seinen Europäischen Vierteln, wo selbstverständlich mit Dollar bezahlt werden kann und Chinesen als Hausdiener fungieren. Später lernen wir mit Viktoria auch das echte China kennen. Wir streifen mit ihr durch Elendsviertel und Bordelle, lernen zweite und dritte Gemahlinnen von Gelehrten kennen, … Kurz: Das China des 19. Jahrhunderts erwacht im Kopf des Lesers zum Leben.
    Gekonnt wechselt Vanek nicht nur Perspektiven, sondern auch Erzählstile, und lässt so die Figuren ihrer Geschichte noch plastischer wirken. Es gibt kaum Charaktere, die flach geblieben sind, nahezu jede Person dieser Geschichte hat ein paar Ecken und Kanten und erhält dadurch Tiefe und Vielschichtigkeit.
    Spätestens ab der Mitte des Buches hätte ich mir ein Dramatis Personae gewünscht, da die handelnden Charaktere mit all ihren chinesischen Namen mir über den Kopf zu wachsen drohten.


    Fazit


    Dieses Buch hat mich sprichwörtlich an der Nase gepackt, in sich eingesogen, nach ein paar unglaublich schnell verflogenen Tagen wieder ausgespuckt und mir noch ein paar Räucherstäbchen hinterhergeworfen. Ich bin hin und weg und vergebe 10 von 10 Punkten.

    Sorry, I can't hear you over the sound of my awesomeness. :putzen

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  • Liebhabern gutgeschriebener historischer Romane ist der Name Tereza Vanek längst ein Begriff. Das Geheimnis der Jaderinge ist bereits ihr fünfter Roman in diesem Genre. Bemerkenswert dabei ist, dass sie sich keineswegs auf eine Epoche beschränkt, sondern den Leser immer wieder aufs Neue mit ihren Schauplätzen und Zeiten überrascht.


    Der vorliegende Roman spielt überwiegend im China des 19. Jahrhunderts. Viktoria, ein verwöhntes Gör aus gutem Hamburger Hause, muss nach dem Bankrott und Tod ihres Vaters allein ihren Weg durch und in das Leben finden. Dabei behindert sie immer wieder ihre Angewohnheit, stets zu sagen, was sie denkt. Als es sie nach China verschlägt, wirkt sich das besonders fatal aus, denn diese Eigenschaft steht in diametralem Gegensatz zur chinesischen Mentalität. Aber nicht nur ihre Lebensgeschichte wird erzählt, auch das Schicksal von Yazi, einer Chinesin, die während des Taiping-Aufstandes an der Seite von Hong Xiuquan, der sich für den zweite Sohn Gottes neben Jesus hielt, kämpfte. Beeindruckend ist, wie die Autorin es schafft, nicht als Europäerin auf eine chinesische Frau zu blicken, sondern wirklich aus der Sicht der Chinesin zu schreiben. Überhaupt zeichnen sich ihre Charaktere durch eine feinfühlige Darstellung aus. Sie entwickeln sich glaubhaft, jeder auf seine eigene Weise. Die Hautfiguren sind so plastisch dargestellt, dass ich jederzeit erwartete, sie gleich auf der Straße zu treffen.


    Neben einer spannenden Handlung, die sich wohltuend vom derzeit üblichen "deutsche Frau wandert in exotisches Land aus und muss dort allerlei Abenteuer bestehen, bis sie ihren Geliebten in die Arme schließen kann" abhebt, besticht der Roman vor alle durch seine Lebendigkeit. Wie mit dem Tuschepinsel entwirft die Autorin farbige Bilder, die alle Sinne ansprechen und einen tief gehenden Eindruck vom leben in China hinterlassen. Mich hat das Schicksal der Hauptfiguren emotional sehr angesprochen und am Ende konnte ich mich kaum von ihnen lösen. Ein Buch, das man nur schwer aus der Hand legen kann.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Hamburg 1880:
    Viktoria Virchow versucht ihr Leben in den Griff zu bekommen, nachdem ihr Vater wegen Bankrott Selbstmord begeht und Ihr Verlobter daraufhin die Verlobung löst. Ihr Verhältnis zu Ihrer Mutter ist bereits sehr schwierig und wird auch danach nicht besser, so grundverschieden sind die Beiden. Sie war Vaters Liebling, der ihr kurz vor seinem Bankrott einen überaus magischen und geheimnisvollen Drachenreif schenkt. Als Ihre Mutter sie mit einem langweiligen "Windbeutel" verkuppeln will, eskaliert der Streit und sie flieht von zu Hause.


    Durch Ihren schlechten Ruf findet ViKi keine Anstellung in Hamburg und nimmt daher das Angebot an, als Gesellschafterin in Shanghai zu arbeiten. Ausgerechnet bei der Mutter des Mannes, der Schuld am Bankrott Ihres Vaters hatte.
    Dort kommt sie einem Familiengeheimnis auf die Spur, das ihr ganzes Leben verändern soll.
    Erst als sie tiefer in das Herz Chinas eintaucht, Jinzi und seine Mutter Yazi kennenlernt, scheint sich das Geheimnis wie ein Puzzlespiel Stück für Stück aufzulösen.


    Sehr gelungen ist auch der Teil des Buches, in dem wir durch eine Rückblende die Geschichte von Yazi erfahren. Der blutige Taiping Austand wird sehr fesselnd, berührend, informativ und absolut glaubwürdig erzählt. Hier kommt auf keiner einzigen Seite Langeweile auf. Man liest gebannt weiter, die Seiten fliegen nur so dahin. Die 650 Seiten vergehen wie im Fluge!


    Auch mit Ihrem fünften Roman ist es Tereza Vanek wieder gelungen, mich unweigerlich tief in Ihren Bann zu ziehen.


    Natürlich gibt es auch in diesem Roman zwei romantische Liebesgeschichten. Diese werden sehr gefühlvoll/liebevoll erzählt, jedoch nie kitschig und ohne ausufernde Sexszenen.


    Lobend erwähnen möchte ich das sehr gelungene Cover, sowie ein ausführliches Nachwort und eine geschichtliche Zeittafel rund um den Taiping Aufstand.


    Obwohl alle Erzählstränge aufgelöst und zu Ende geführt sind, freue ich mich schon heute auf die Fortsetzung des Romanes.


    Edit meint: Auch ich bin total begeistert und vergebe 10 von 10 möglichen Punkten.

    to handle yourself, use your head, to handle others, use your heart
    SUB 15
    _______________________________________________________
    :kuh:lesend

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  • Ich habe den Roman in der Leserunde genossen.


    Meine Meinung:


    Eigentlich sind es 2 Romane wunderbar miteinander verflocht. Nachdem wir die reiche verwöhnte Reeders Göre Viktoria kennenlernen die nach dem Tod ihres Vaters Arbeit in China annehmen muss lernen wir die Taiping-Kämpferin Yazi kennen.
    Gerade das 2. Buch im 1. Buch, in dem wir sehr viel über die Taipingbewegung lernen gefällt mir ausnehmend gut.
    Nachdem sich die beiden Hauptprotagonistinnen sich kennen und schätzen gelernt haben, erleben wir eine schöne Liebesromanze. Eine wahrhaft Liebende ist zu vielem fähig. Und trotzdem bleibt Viktoria bis zum Ende sie selbst und lässt keinen Fettnapfen aus.
    Eine wunderschönes Buch für das ich


    10 von 10 Punkten gebe, für ein 200 % tolles Buch-

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Titel: Das Geheimnis der Jaderinge
    Autor: Tereza Vanek
    erschienen: im Bookspot Verlag


    Tereza Vanek entführt die Leser ihres Romans „Das Geheimnis der Jaderinge“ in das ausgehende 19. Jahrhundert.
    Viktoria, die verwöhnte Tochter eines Reederei-Besitzers sieht sich jäh mit der Wirklichkeit konfrontiert als nicht nur die elterliche Firma Pleite geht, sondern ihr geliebter Vater sich infolgedessen das Leben nimmt. Mit dem finanziellen Ruin der Familie Virchow und dem Verlust der gesellschaftlichen Stellung platzen Viktorias Zukunftspläne. Anstatt ein angesehenes Leben als Frau eines Adeligen, sieht sie sich gezwungen, auf eigenen Füßen zu stehen und selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Doch in ihrer Heimatstadt Hamburg ist dies ein für sie unmögliches Unterfangen.
    Mit Hilfe ihrer ehemaligen Zofe bekommt sie schließlich eine neue Chance: Sie wird Gesellschafterin einer pflegebedürftigen älteren Dame, Mrs. Huntingdon, und so beginnt Viktoria ein neues Leben in Shanghai. Die liebenswürdige ältere Dame fasst Zutrauen zu der aufgeweckten Viktoria und so entdeckt diese Spuren eines gut gehüteten Familiengeheimnisses.


    „Das Geheimnis der Jaderinge“ ist ein quicklebendiges Buch und der Autorin gelingt es, dem Leser ein realistisches und lebensnahes China im 19. Jahrhundert vor Augen zu führen.
    Dank der hervorragenden Recherche erhält der Leser zahlreiche Informationen quasi nebenbei geliefert. Besonders gefesselt hat mich der Teil des Buches, indem der Taiping-Aufstand eine zentrale Rolle spielt.
    Der Leser begegnet im Buch den unterschiedlichsten Charakteren.
    Zunächst natürlich die verwöhnte und trotzige Viktoria, die jedoch offen genug ist, ein Leben in einer ihr völlig fremden Welt zu wagen. Dewei, ihr Ziehsohn, der schon als Kind lernt, Verantwortung zu tragen. Mrs. Huntingdon, die trotz schwerer Krankheit nicht aufgibt. Yazi, eine Kämpferin während des Taiping-Aufstandes, eine mutige Frau. Jinzi, der störrische Artist, um nur ein paar Figuren herauszugreifen.
    Ein buntes Bild faszinierender Persönlichkeiten, die den Roman lesenswert und spannend machen.
    Sehr gut gefallen hat mir das ausführliche Nachwort sowie die Zeittafel am Ende des Buches.
    Lohnend ist auch ein Besuch auf der Homepage der Autorin, dort kann man einiges zur Entstehungsgeschichte erfahren sowie Bilder ihrer Recherchereise ansehen.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • "Das Geheimnis der Jaderinge" ist eine tolle Möglichkeit, mehr über das ferne China, seine Kultur und seine Geschichte zu lernen. Ich hatte zuvor keine Ahnung von diesem faszinierenden Land, aber durch dieses Buch wurde mein Interesse geweckt.


    Das Buch ist in drei Teile untergliedert, wobei der erste und der dritte aus der Sicht von Viktoria geschildert sind und der zweite erzählt die Geschichte von Yazi. Eine tolle Idee, das aufregende Leben dieser tollen Frau ausführlich zu beschreiben. Selbst die Sprache verändert sich und passt sich an, je nach Protagonistin.
    Ein wenig schade fand ich, dass man mitten in der Handlung rausgerissen und in eine andere transportiert wird. Ich hatte mich gerade an Viktoria gewöhnt, habe angefangen sie zu mögen und zu verstehen, als es plötzlich zu Yazi wechselte. Vielleicht hätte der Mittelteil an den Anfang gehört - mir persönlich hätte das etwas besser gefallen.


    Loben muss ich einfach auch hier nochmal Terezas Fähigkeit, die Wandlung von Viktoria zu zeigen. Es ist unglaublich, wie die Autorin es schafft, die eindeutige und klare Veränderung des deutschen Mädchens aus reichem Haus zu der abenteuerlustigen Viktoria, die sich in China zuhause fühlt. Das tolle dabei ist, dass die Protagonistin dabei aber niemals eine 180° Wendung erfährt, sondern eine Beständigkeit in ihrem Wesen bleibt.


    Insgesamt war "Das Geheimnis der Jaderinge" eine tolle Lektüre, die ich gern gelesen habe und durch die ich viel Neues gelernt habe. :anbet

  • In diesem schönen Buch wird das Schicksal der Hamburgerin Viktoria, die in China ihr Auskommen und Glück sucht, gekonnt mit dem Leben der chinesischen Taiping-Kriegerin Yazi verbunden. Dabei gehen die beiden Stränge wunderbar ineinander über. Für mich hat es die Autorin geschafft, in den beiden so unterschiedlichen Kulturen viele – vor allem menschliche - Gemeinsamkeiten darzustellen und so ein eindeutiges Plädoyer für Toleranz und Mitmenschlichkeit zu halten.


    Neben viel Abenteuer und Liebe kommt auch die chinesische Kultur und vor allem ihre Geschichte nicht zu kurz. Dabei habe ich viel Neues über ein immer noch unbekanntes Land erfahren. Dies aber nicht in lehrhaftem Ton, sondern immer eingebettet in eine unterhaltsame Erzählung, in der sehr, sehr viel passiert. Trotz des Umfangs liest sich das Buch ausgesprochen zügig, was vor allem am wirklich kurzweiligen Schreibstil liegt. Dazu kommt die Geschichte, die immer wieder mit Überraschungen aufwartet und genau die richtige Mischung aus Action und Entspannung beinhaltet.


    Terza Vanek erzählt nicht nur von den Sonnenseiten des Lebens in China, auch die Schattenseiten werden ganz offen geschildert. Genauso differenziert sind auch ihre Personen, alle – selbst Nebenpersonen – sind sehr liebevoll detailliert gezeichnet mit ihren Stärken, aber auch mit ihren Schwächen. Wie oft wollte ich Protagonistin Victoria schütteln und anpflaumen, endlich mal mit ihrem Kichern aufzuhören und ihren Kopf einzuschalten, doch gerade ihre Dickköpfigkeit macht sie ehrlich und glaubwürdig. Das Buch beginnt zwar konventionell, doch dann verläuft die Entwicklung ganz anders als von üblichen Auswandererbüchern gewöhnt. Toll, dass die Autorin hier keine ausgetretenen Pfade folgt, sondern uns auf eine ganz andere, besondere Reise mitnimmt!


    Persönlich empfand ich es als sehr schönes Buch, aber hat es mich emotional zu wenig angesprochen. An sich wäre alles dagewesen, was ich für ein gelungenes Werk brauche, doch der Funke konnte leider nicht überspringen. So bleibt es ein Buch, an das ich mich gerne, aber ohne große Begeisterungsstürme erinnere.


    Noch ein Wort zur Ausstattung: Für den Preis ein schönes, dickes Hardcover mit Lesebändchen, das ist auf alle Fälle ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Allerdings hätte ich mich über Kartenmaterial sehr gefreut! Dafür gibt’s aber ein Nachwort mit Erläuterungen zu den historischen Ereignissen.


    Fazit: Schönes Buch, das ich gerne weiterempfehle. Allerdings wollte bei mir der emotionale Funke nicht überspringen, obwohl die dafür notwendigen Inhalte da gewesen wären.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich habe das Buch hier über die Büchereulen entdeckt und war begeistert. Eine ausführliche Würdigung folgt.


    Das Erbsenzählkommando hat übrigens eine Erbse gefunden:


    Nur für den Fall, dass man das für eine weitere Auflage korrigieren möchte.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


    * * * * *

    Tereza Vanek: Das Geheimnis der Jaderinge – Roman, München 2012, Bookspot-Verlag, ISBN 978-3-937357-53-9, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, 648 Seiten, Format: 22 x 14,8 x 4,6 cm, EUR 16,95.


    Hamburg 1880: Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn die sachlich-nüchterne Amalia Virchow die Reederei geleitet hätte. Sie hätte den nötigen Kaufmannsgeist gehabt – im Gegensatz zu ihrem Gatten, der Firma und Familie mit seiner Leidenschaft für Kunst und schöne Frauen ruinierte. Doch damals führten Frauen keine solchen Unternehmen, und so stehen die Virchows nun vor den Trümmern ihrer Existenz. Der Vater nimmt sich das Leben, Mutter Amalia und Tochter Viktoria, 21, stehen mittelos da. Geld weg, Haus weg, guter Ruf weg – und Viktorias Verlobter Anton von Scharpenberg macht sich auch noch vom Acker. Er hätte Viktorias Geld gebraucht. Jetzt, da sie keines mehr hat, will er sie auch nicht mehr heiraten.


    Und nun? Bei der Verwandtschaft unterzukriechen und an irgendeinen reichen alten Knacker verschachert zu werden, kommt für Viktoria nicht in Frage. Lieber geht sie arbeiten. Doch außer Fremdsprachen hat sie nie etwas gelernt. Wählerisch kann sie nicht sein, und so folgt sie dem Rat eines ehemaligen Angestellten ihres Vaters und bewirbt sich als Gesellschafterin einer gelähmten alten Dame – in Shanghai.


    Viktoria mag eine verwöhnte und exzentrische junge Frau sein, doch hat sie vom Vater die Weltoffenheit und von der Mutter einen gesunden Pragmatismus geerbt. Das hilft ihr, in der fremden und exotischen Kultur Chinas zurechtzukommen. Margaret Huntingdon, der sie Gesellschaft leisten soll, erweist sich als eine sympathische alte Dame, die an der Seite ihres Mannes ein abenteuerliches Leben geführt hat. Der Rest der Familie ist ziemlich steif und abweisend. Und das Verhalten der einheimischen Bediensteten kann Viktoria noch gar nicht einschätzen.


    Schneller als vermutet hat sie jemanden, der ihr die chinesische Sprache und Kultur näherbringen kann: der Waisenjunge Dewei, dem sie das Leben rettet, begleitet sie fortan als eine Art Adoptivsohn.


    Aus Unkenntnis der Sachlage rührt Viktoria bei den Huntingdons an ein Familiengeheimnis: Andrew, Margaret ältester Sohn, ist vor zwei Jahrzehnten hier in China spurlos verschwunden. Alles, was seiner Mutter von ihm geblieben ist, ist ein Jadering und ein paar chinesische Schriftstücke.


    Den Huntingdons ist es gar nicht recht, dass Viktoria sich für Andrews Schicksal interessiert. Das regt Mutter Margaret nur unnötig auf. Und so nutzen sie den erstbesten Vorwand, um Viktoria zu entlassen. Doch statt nach Deutschland zurückzukehren, lässt sich die junge Frau auf ein weiteres China-Abenteuer ein: Sie verdingt sich als Gouvernante für die Kinder eines chinesischen Richters – in Peking. Ihren Adoptivsohn Dewei nimmt sie natürlich mit.


    Die Reise nach Peking ist lang und strapaziös. Und das Leben dort ist noch fremdartiger als in Shanghai. Lange hält es Viktoria auch im Haushalt des Richters nicht aus. Als sie sich spontan für dessen dritte Ehefrau, die gebildete und belesene Chuntian einsetzt, verliert sie auch diese Stelle. Wieder steht sie auf der Straße. Hilfe findet sie bei Chuntians Mutter, der Akrobatin Yazi. Chuntians Bruder Jinzi, ebenfalls Akrobat, ist von dem europäischen Gast und derem chinesischen Adoptivsohn wenig begeistert. Das riecht für ihn alles nach Ärger und Problemen.



    Doch was für Viktoria das eigentlich Interessante ist: Yazi kannte Andrew Huntingdon und fragt sich aus gutem und wichtigem Grund seit zwanzig Jahren, was aus ihm geworden ist.

    Also machen sich Viktoria und ihr Adoptivsohn Dewei, Yazi und ihr Sohn Jinzi auf den Weg zu den Huntingdons nach Shanghai.


    Auf dieser langen Reise kommen Viktoria und Jinzi einander zaghaft näher. Sie schmieden Zukunftspläne und ahnen nicht, in welcher Gefahr sie sich befinden ...


    Was für ein Buch! Man denkt, man bekommt eine gängige „Love and Landscape“-Geschichte mit ein paar Krimi-Elementen darin und wird von einem handfesten historischen Roman überrascht.


    „China geht nicht“, haben manche Verlage zu Tereza Vanek gesagt. Wie: China geht nicht? Warum das denn? Der Bookspot-Verlag hat das zum Glück anders gesehen. Und DAS GEHEIMNIS DER JADERINGE zeigt ja, dass man über dieses Land, seine Geschichte und seine Kultur überaus packende, hochinteressante Geschichten erzählen kann!


    Das aufregende Leben der Taiping-Kriegerin Yazi, das auf 270 Seiten im Mittelteil des Buchs geschildert wird, ist fast noch mitreißender als das Viktorias Wandlung vom weltfremden Wohlstandzicklein zur höchst eigenständigen erwachsenen Frau. Ohne Info-Dumping zu betreiben, gibt uns Tereza Vanek einen Einblick in ein Kapitel der Geschichte, von dem die wenigsten von uns je etwas gehört haben dürften. Oder war jemandem der Taiping-Aufstand ein Begriff? Besonders zimperlich darf man beim Lesen allerdings nicht sein. Krieg ist widerwärtig und brutal, und die Autorin beschönigt nichts. Oder nicht viel.


    Ein Personenverzeichnis wäre nicht schlecht gewesen. Wer mit der chinesischen Sprache normalerweise nichts zu tun hat, kann sich nämlich nicht vorstellen, wie man die Namen ausspricht. Und dann sitzt man irgendwann vor diversen Buchstabenkolonnen, die alle mit Xi oder Ji anfangen und für den Laien ziemlich gleich aussehen. Immer zurückblättern und nach den Kerlen suchen will man ja auch nicht, wenn’s in der Geschichte gerade so richtig rund geht. Aber das sind Kleinigkeiten. Alles in allem bietet DAS GEHEIMNIS DER JADERINGE ungemein spannende Unterhaltung, die einem so ganz nebenbei eine Fülle faszinierender Informationen unterjubelt. So lernt man gerne dazu!


    Gerüchte besagen, dass es einen Folgeband geben soll mit alten Bekannten aus diesem Band und mit neuen Figuren. Klingt gut. Ich wäre auf jeden Fall als Leserin dabei.


    Die Autorin
    Tereza Vanek wurde 1966 in Prag geboren und wuchs in München auf. Dort studierte sie Anglistik, Romanistik und Slawistik. Im Anschluss an ihr Studium erwarb sie den Doktortitel Dr. phil. Die Autorin lebt und arbeitet in München. Auf ihrer Homepage http://www.tereza-vanek.de kann man unter anderem Details zur Entstehungsgeschichte des Romans nachlesen und Fotos von ihrer Recherchereise sehen.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • :wow Was soll ich nach so einer Rezi von Vandam noch schreiben?


    Ich habe das Buch auch gerade ausgelesen und bin schlichtweg begeistert.
    Die Figuren waren allesamt so detailiert beschrieben und hatten eine hohe Anziehungskraft.
    Manchmal hätte ich Viktoria schütteln mögen, wäre sie nicht ständig in irgedwelche brenzligen Situationen gekommen.


    Ich mochte die Geschichte in der Geschichte um Yazi die sich als tapfer mutig und klug herausgestellt hat.


    Aber auch Viktorias Geschichte ist eine für sich und wenn es einen Folgeband gibt, bin ich sicher dabei.

  • Ich schließe mich den Freudentänzen an!!! :freude :freude :freude

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Zunächst einmal gefällt mir die wunderschöne Aufmachung des Buches.
    Wenn es in mir unbekannte Länder geht, fällt es mir leichter, mich dort zurecht zu finden, wenn die Reise in Deutschland beginnt, ich sozusagen abgeholt werde, wie das hier der Fall ist, und ich das völlig Fremde und teilweise auch Unbegreifliche mit der Hauptperson gemeinsam entdecken kann. Zum Glück ist diese keine makellose Heldin, dennoch immer sympathisch genug, um sich mit ihr identifizieren zu können.
    Die Handlung ist geschickt komponiert, es gibt glaubhafte Wendungen, die mich trotzdem völlig überrascht haben, weil die Geschichte so spannend ist, dass man zwischendrin gar nicht zum Nachdenken kommt. Ich lerne gern beim Lesen, und hier lerne ich jede Menge. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal von der Taiping-Zeit gehört zu haben, die immerhin 20 Millionen Menschen das Leben gekostet hat.
    Eigentlich beinhaltet der Roman (ohne störende Ansatzstellen) zwei Geschichten in einer, wobei auch die „Geschichte in der Geschichte“ ein perfekt geschliffenes Kleinod ist.
    Die Auflösung des Geheimnisses der Jaderinge ist ein Extra-Sahnetupfer und zeigt einmal mehr die Weigerung der Autorin, ihre Figuren in schwarze und weiße aufzuteilen, was heißt, es wird nicht nur alles aufgeklärt, sondern es geschieht in für mich völlig unerwarteter und dadurch umso glaubhafterer Weise.
    Den Vergleich mit Pearl S. Buck auf dem Klappentext finde ich absolut zutreffend. Ich habe sie vor vielen Jahren sehr gern gelesen und wurde durch dieses Buch wieder an diese Leseepoche in meinem Leben erinnert.
    Mich hat dieses Buch restlos begeistert und mitgerissen und ich wünsche ihm Berge von Lesern!!!