'Das Geheimnis der Jaderinge' - Seiten 001 - 146

  • Zitat

    Original von Suzann


    Fräulein Virchow, Viktoria, empfinde ich als ein intelligentes, verwöhntes, naives Mädchen ihrer Zeit mit einem guten Herzen und guten Charakteranlagen.


    :freude Ja, genauso wollte ich sie darstellen.


    Harimau: dass sie keinerlei Verständnis für ihre Mutter zeigt, die das Sexualleben nur als unangenehme Pflicht kennen lernte, ist natürlich nicht gerade nett von ihr. Aber meines Erachtens lässt es sich - wie Suzann meinte -durch das ziemlich kaputte Verhältnis zwischen beiden erklären, zumal Viktoria durch die Vorwürfe ihrer Mutter tief verletzt wurde. Daher schlägt sie ebenso brutal zurück.


    Das Grundproblem ist ja, dass beide Frauen es nicht schaffen, in dieser schwierigen Lage einen Weg zueinander zu finden, sondern sich gegenseitig fertig machen.


    Viele Gruesse


    Tereza

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich bin trotzdem nicht der Ansicht, dass das "verarmte" auf den Buchrücken gehört.


    Ich verstehe, warum du das meinst. Aber wie Harimau schon sagte: es ist im Text ziemlich vorhersehbar, dass da ein Unglück über ihr schwebt. Eine echte Überraschung ist es für die Leser wahrscheinlich nicht mehr, war auch nicht zwingend als solche von mir geplant. Daher dachte sich der Verlag wahrscheinlich, man könnte es auch gleich im Klappentext erwähnen. :-)


    Viele Grüße


    Tereza

  • Warum muss man ein Buch, oder auch nur dieses Buch in eine Schublade einordnen? Love and Landscape? Mir scheißegal! Tereza schafft es, mich stundenlang auf die Couch zu bannen, bis mir der Rücken weh tut, ich eiskalte Hände und Füße habe und beim Blick auf die Uhr fast einen Herzinfarkt bekomme. Ob der Stil des Buches, die Sprache und der Inhalt der Kategorie Love and Landscape entsprach, war mir dabei herzlich egal. Passen im Ernst Autoren ihre Sprache den Erfordernissen des Genres an, in das ihre Geschichte "gehört"?

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Zitat

    Original von tweedy39
    Zitat von harimau
    Noch ein Wort zu Stil und Sprache. Im Vergleich zu "Schwarze Seide", das ich erst vor wenigen Wochen gelesen habe (und jedem, der das Buch nicht kennt, unbedingt ans Herz legen möchte), empfinde ich beides als etwas schnörkeliger, weniger originell, dem erwarteten Duktus des Genres angepasst. Das trifft nicht genau meinen Geschmack, ist aber vermutlich - und sei es unterbewusst - dem (Verkaufs-)Druck von außen geschuldet. Und wenn schon - auch so ragt Tereza mit ihrem Können sprachlich immer noch meilenweit über das heraus, was uns im aktuell boomenden "Love & Landscape" Genre größtenteils geboten wird. Selbstverständlich, bin ich geneigt zu sagen. Grinsen


    Also ich finde den Schreibstil überhaupt nicht verschnörkelt. Sondern direkt und klar. Grundsätzlich magst Du recht haben, dass in diesem Genre Love & Landscape viel "flaches" angeboten wird. Ich habe in letzter Zeit allerdings etliche "nicht flache" Romane dieses Genres gelesen.


    Verschnörkelt bezog sich auf den direkten Vergleich zur Schwarzen Seide und sollte kein absolutes Urteil darstellen. Es tut mir Leid, wenn dies missverständlich herüberkam. Ebensowenig glaube ich, dass Romane aus dem L&L Genre - oder ihm aus Marketinggründen zugeordnete, wie in meinen Augen dieser - zwangsläufig inhaltlich flach und sprachlich schlecht sein müssen (Mit dieser These würde ich mir indirekt selbst ins Knie schießen :lache). Tereza beweist mit den "Jaderingen" gerade mal wieder das Gegenteil, und es gibt natürlich weitere positive Beispiele.

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Charlie
    Ich muss ehrlich sagen, dass ich diesen Roman in das Genre Love and Landscape nicht eingeordnet haette. Vielleicht weil ich die Autorin sprachlich so gut finde. Vielleicht aber auch weil ich die Geschichte so interessant finde und die Figuren mehrdimensional.


    Ich meinerseits bestehe auch keinesfalls auf diese Einordnung. Als ich sie ins Spiel brachte, hatte ich vor Augen, wie der Verlag den Roman mMn auf dem Markt zu positionieren versucht. Als Anzeichen dafür werte ich das Cover (Segelschiff!) und den Backcovertext, in dem eine gewisse Charlotte Lyne ;-) den Roman als "echte Entdeckung im immer dichteren Gedränge der Auswanderersagas" bezeichnet. Mir gefallen wie dir Sprache, Geschichte und Figurenentwicklung, ob nun für sich betrachtet oder im Vergleich zu anderen Romanen. Wenn ich hier kritisiere, geschieht dies auf sehr hohem Niveau. Ich nehme es mir heraus, weil Tereza und der Roman es verdient haben, dass man sich so detailliert mit ihnen auseinandersetzt. :-)


    Zitat

    Ich habe die Geschichte mit so vielen Aha-Erlebnissen, so viel Staunen und so viel Faszination gelesen wie jeden anderen von Terezas Romanen, und bin einfach nur beeindruckt von der Breite ihrer thematischen Palette. Tereza laesst sich auf die Figuren - und damit auf ihre Hintergruende, in China wie in Frankreich oder Boehmen - tief ein, je laenger man liesst, desto mehr Fuehlung nimmt man mit der Figur auf, und das lese ich gern, das macht mir beim Lesen grosses Vergnuegen


    Das unterschreibe ich dir Wort für Wort. :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Suzann
    Warum muss man ein Buch, oder auch nur dieses Buch in eine Schublade einordnen? Love and Landscape? Mir scheißegal!


    Es ist dir scheißegal? :yikes Das darf es nicht nur, das sollte es auch sein. Als Leser will ich ein gutes Buch, der Rest interessiert mich nicht, aber die meisten Verlage haben eben nicht den einzelnen Leser, sondern ganze Zielgruppen im Visier. Wenn sie diese nicht mit einem erprobten Rezept, also aus einer bestimmten Schublade bedienen können, werden sie schnell zögerlich und neigen aus Furcht vor einem Flop zu Ablehnungen. Aus diesem Grund liegt z.B. mein bisher definitiv bestes Manuskript seit neun Monaten bewegungslos in einer Schublade, aus diesem Grund ist Steffis mit riesigem Engagement ein halbes Jahr lang betriebenes Projekt krachend gegen die Wand gefahren. Ich bin sicher, dass viele Autoren ein bitteres Lied davon singen könnten. Umso glücklicher bin ich darüber, dass es Tereza gelungen ist, einen Verlag für die "Jaderinge" zu finden. Natürlich ist das Buch gut und allemal eine Veröffentlichung wert, wovon wir uns gerade überzeugen dürfen. Trotzdem dürfte es aus Verlagssicht nicht unbedingt per se als massenkompatibel angesehen worden sein. Wie Charlie weiter oben richtig schrieb, gehört der Roman inhaltlich nicht zu den "typischen" L&L Büchern. Er besitzt nicht nur eine sehr hohe Qualität, er verlangt dem Leser auch einiges ab, wie zum Beispiel eine eben nicht aalglatte, makellose Protagonistin oder das Einlassen auf das richtige, handfeste, derbe China mit zum Teil schonungslos realistischen Darstellungen, während die fremden Länder / Handlungsorte sonst oft nur als exotische Kulisse für Küsse im tropischen Mondschein herhalten. Wenn der Verlag es dennoch auf dieser Schiene anbietet, vermute ich ganz klar Verkaufstaktik dahinter. Ich würde es Tereza und den Jaderingen von Herzen wünschen, dass sie aufgeht. Letztenendes zählt für uns als Leser eben wirklich nur, dass der Roman den Weg zu uns findet.


    Zitat

    Passen im Ernst Autoren ihre Sprache den Erfordernissen des Genres an, in das ihre Geschichte "gehört"?


    Den Erfordernissen auf jeden Fall, wie das Wort schon verrät. Vi-Ki kann in Dialogen natürlich nicht reden wie eine Figur von Bukowsky oder Charlotte Roche, sondern muss sich einer zeit- und standesgemäßen Sprache bedienen. Dementsprechend werden sich auch die beschreibenden Passagen im Allgemeinen nicht allzu weit von diesem Duktus entfernen. Innerhalb dieser vorgegebenen Bedingungen bleibt allerdings sehr viel Spielraum. Das kann in salbungsvolles Geschwafel ausarten, oder wie hier eine kräftige, schöne Sprache hervorbringen. Auch wenn Ausdruck und Vokabular nicht immer meinen Geschmack treffen, verkenne ich doch nicht, wie gut Tereza auch in diesem Roman wieder schreibt. :-)

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Manche Verlage bringen die Autoren dazu, wenn sie bisher in der Schublade historischer Romab steckten und nun eine halbe Lade weiter L&L schreiben ihre Identität zu wechseln, siehe das ebenso in der Qualität hervorragende Buch von "Isabell Beto". Ich finde diese Schubladeritis ziemlich dämlich, bin mir aber bewußt, dass auf mich wie auf die meisten Eulen die Regeln und Erkenntnisse über den deutschen Durchschnittsleser nicht anwendbar sind.

  • Hier ist schon soviel meiner Gedanken zu diesem Abschnitt geschrieben worden, dass mir gar nicht mehr viel dazu einfällt. :gruebel


    Ich mag Victoria! Dass sie sich Anton am Alsterufer hingibt ist für mich nur konsequent. Sie wäre unglaubwürdig, würde sie ansonsten auf Konventionen pfeifen und sich bei diesem Schritt dann zieren. Und außerdem - sie ist jung, sie ist verliebt, sie ist reich, die ganze Welt steht ihr offen - da denkt wohl keine an eventuelle Folgen und Mamas Benimmregeln. Denkt mal an eure Jugend! Von daher würde ich sie auch überhaupt nicht als naiv bezeichnen, eher als unerfahren und jugendlich-leichtsinnig. Ich finde, bei ihr ist die Kombination verwöhntes Töchterchen aus gutem Hause und glaubhaftem Eigensinn sehr gut gelungen - ich nehme ihr das so einfach ab.


    Den großen Streit mit ihrer Mutter fand ich sehr schade. Endlich öffnet sich ihre Mutter und dann kann Victoria diese Offenheit nicht mehr annehmen. Aber Gründe dafür wurden ja schon genannt, außerdem befinden sich beide in großer emotionaler Anspannung - da sagt man schon mal was, was einem hinterher vielleicht leidtut. Ich hoffe nur, dass die beiden im Laufe des Buches wieder zueinander finden, sich zumindest wieder annähern und am Leben der anderen teilnehmen.


    Gerade die Entwicklung der Mutter hat mir sehr gut gefallen. Zeigt sie doch, dass mehr in dem Buch steckt, als anfangs befürchtet. Ich hatte das gleiche Problem wie viele hier: Es sah sehr nach üblichem, klischeebehaftetem Historienroman (die Genreunterteilung Love & Landscape kannte ich bisher nicht - wieder was gelernt!) aus.


    Nochmal zurück zu Victoria: In Asien lehnt sie sich manchmal sehr weit aus dem Fenster (damit meine ich nicht nur die Rettung Daweins sondern auch ihr Verhalten beim Ball oder ihre Ausflüge ins wahre Shanghai). Mich wundert, dass Robert ihr das (momentan) noch durchgehen lässt. Aber da steckt noch zu viel "hohe Tochter" in ihr drin, als dass sie sich zügeln könnte (wobei mir gerade der Ball gut gefallen hat, zeigt es doch wunderbar das ganz andere Leben einer Angestellten). Und für uns als Leser wäre es anders sowieso zu langweilig, also ist es schon gut, wie es ist.


    Im Hinblick auf diese Entwicklung fehlt mir auch ein Stück, beowulf hat das ja schon angesprochen. Nachdem die Zeit in Hamburg recht lang war, war mir der Übergang nach China (ihre Zeit in der günstigen Absteige und die Schifffahrt) etwas abrupt. Gerade für die Entwicklung Victorias hätte ich ihre unmittelbaren Gedanken und Gefühle gerne gelesen.


    Zum Buchrücken: Ich kann beowulf schon verstehen. Der Buchrücken (und noch vielmehr die Kurzbeschreibung ihm Anfangsthread der LR) verraten mehr, als ich eigentlich wissen wollte. Leider oft der Fall.


    Ansonsten möchte ich auch nochmal das gute Preis-/Leistungsverhältnis loben (auch wenn das für die Autorin eher ein Nachteil ist). Nur eine Karte fehlt mir noch zum absoluten Glück, aber alles kann man halt wirklich nicht haben.


    Jetzt ist es doch sehr lang geworden, von daher wende ich mich lieber meinem Haushalt zu, bevor ich noch was zur Genreeinteilung schreibe.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Nur eine Karte fehlt mir noch zum absoluten Glück, aber alles kann man halt wirklich nicht haben.


    http://www.earnshaw.com/shanghai-ed-india/tales/t-map.htm


    Das passt zwar zeitlich nicht 100%-ig, doch ist es die beste Darstellung der internationalen Siedlung im 19. Jahrhundert, die ich finden konnte.


    Eigentlich hätte eine Karte in das Buch hinein kommen sollen, aber aus organisatorischen Gründen ging es im allerletzten Moment schief.


    In dem bereits geplanten Nachfolger ist dann sicher eine drin.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Wir haben erst den 11. und ich habe schon das Gefühl, hinterherzuhinken. Ihr seid so schnell und ich bin jetzt erst mit dem Abschnitt fertig.


    Ich finde es bisher richtig, richtig schön im Buch :-)
    Ich fühle mich echt wohl und kann Viktoria in allem was sie tut, gut nachvollziehen, auch wenn sie immer noch etwas naiv, unbedacht und oft auch trotz ihrer lieben Art oberflächlich und überheblich (Anette gegenüber) wirkt.
    Aber wie sollte sie auch anders! Sie wurde halt 21 Jahre lang nach Strich und Faden verwöhnt, gleichzeitig aber auch (z.B. in finanzieller Hinsicht) so richtig dumm gehalten. Wie wenig sie den Ernst ihrer Lage begriffen hat, zeigt sich schon daran, dass sie sich eher mit ihren Romanheldinnen vergleicht als z.B. mit ihrer ehemaligen Kammerdienerin Magda.


    Ich mag die Figuren! Irgendjemand meinte, sie wären etwas klischeehaft, aber ich würde sie eher "typisch" nennen (z.B. die verständnisvolle alte Dame mit der abenteuerlichen Vergangenheit). Das ist aber ganz und gar nicht negativ gemeint, sondern erleichtert mir das Vorstellen. Man fühlt sich einfach schneller heimisch, bekommt schneller ein Bild vor Augen.
    Emily tut mir sehr leid. Sie scheint nicht freiwillig in China zu sein und so wortkarg wie ihr Mann ist, hat er sie offenbar auch kein Stück auf das Leben dort vorbereitet.


    Die Darstellung von Shanghai überrascht mich. Ich hatte nicht gewusst, dass es dort ein europäisches Viertel gab - andererseits ist das wohl selbstverständlich. Wenn Menschen damals auswanderten lag ihnen - absolut verständlicherweise - oft wenig daran, das Ursprüngliche des Landes zu bewahren.
    Was für eine Szene, als Viki durch das Tor in das chinesische Armenviertel fährt!


    Was das Genre betrifft: Für mich ist eine Auswanderersaga mit Romanze im 19./20. Jahrhundert: Love & Landscape. Ich nehme die Bezeichnung aber auch in keiner Weise als Qualitätsmerkmal, was daran liegen mag, dass ich es nur selten und ganz handverlesen lese.
    Ich wüsste nicht, dass die als eher flach gelten - ich hab bisher zumindest noch keinen flachen gelesen.


    Zur Sprache des Romans: Da ist mir die einzige kleine Korinthe aufgefallen: Es finden sich ein paar Umschreibungen, die sich immer wieder wiederholen. Z.B. ist mir aufgefallen, dass Viktoria innerhalb von fünf Seiten dreimal (und auch sonst ziemlich häufig) die Hände zu Fäusten ballt. Es wird auch viel gekichert, und noch etwas anderes ist mir aufge- und wieder ent-fallen. Das finde ich etwas überdosiert, dadurch bekommen diese Sätze etwas Phrasenhaftes.


    Das ist aber auch das einzige, was ich sagen kann und fällt mir vermutlich nur deshalb auf, weil ich auch dazu neige, und es bei mir leider nie wahrnehme ...
    Bis auf diese kleinen Wiederholungen empfinde ich den Schreibstil als sehr angenehm und süffig; das Verhältnis von Innenleben der Figur/ Beschreibungen und Dialogen ist sehr gut geraten, sodass es keinen Moment langweilig wird oder sich zieht. Die Eigensprache aller Figuren passt. Was will man mehr?
    Weiterlesen. :grin

  • Zitat

    Original von Mulle
    Zur Sprache des Romans: Da ist mir die einzige kleine Korinthe aufgefallen: Es finden sich ein paar Umschreibungen, die sich immer wieder wiederholen. Z.B. ist mir aufgefallen, dass Viktoria innerhalb von fünf Seiten dreimal (und auch sonst ziemlich häufig) die Hände zu Fäusten ballt. Es wird auch viel gekichert, und noch etwas anderes ist mir aufge- und wieder ent-fallen. Das finde ich etwas überdosiert, dadurch bekommen diese Sätze etwas Phrasenhaftes.


    Ertappt. :yikes


    Ich versuche, das beim Korrekturlesen immer zu reduzieren, aber offenbar nicht genug.


    Tereza

  • Zitat


    Super! Herzlichen Dank dafür! Wirkt ganz schön groß! Hast du zufällig auch eine von Gesamt-Shanghai um diese Zeit!



    Zitat

    Original von beowulf
    Ich finde diese Schubladeritis ziemlich dämlich, bin mir aber bewußt, dass auf mich wie auf die meisten Eulen die Regeln und Erkenntnisse über den deutschen Durchschnittsleser nicht anwendbar sind.


    Zwar verstehe ich, dass Verlage Bücher in eine bestimmte Schublade packen wollen, damit sie von Lesern eher wahrgenommen werden. Allerdings verstehe ich nicht, warum man ein Buch in eine nicht passende Schublade packt. Ist es für die Verlage wirklich ein Vorteil, ein Buch "falsch" zu etikettieren? Wenn dann ein Leser ganz andere Erwartungen hat und enttäuscht wird und derjenige, dem das Buch gefallen könnte, es aufgrund der Aufmachung gar nicht erst in Erwägung zieht, dann geht der Schuß doch noch hinten los, oder?


    Ich kann aber auch harimaus Überlegungen nachvollziehen und zustimmen: Lieber irgendeine Schublade als gar kein Buch. Leider gibt es nach wie vor kein Genre namens: Mischung oder Genreübergreifend :-(.


    Zur Sprache wollte ich auch was sagen: Für mich passt sie und ich finde sie sehr angenehm und flüssig zu lesen. Ehrlich gesagt, als ich den doch dickeren Schmöker sah war ich erstmal nicht so begeistert, aber es liest sich echt weg wie nichts!

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Mulle
    Wie wenig sie den Ernst ihrer Lage begriffen hat, zeigt sich schon daran, dass sie sich eher mit ihren Romanheldinnen vergleicht als z.B. mit ihrer ehemaligen Kammerdienerin Magda.


    :licht Gut beobachtet! Danke für den Hinweis.



    Zitat

    Es wird auch viel gekichert, und noch etwas anderes ist mir aufge- und wieder ent-fallen.


    Möglicherweise die hoch-, gerade- und zurückgezogenen Schultern? ;-) Kenne ich von mir selbst nur allzu gut, diese ungewollten Häufungen.


    Zitat

    ... das Verhältnis von Innenleben der Figur/ Beschreibungen und Dialogen ist sehr gut geraten, sodass es keinen Moment langweilig wird oder sich zieht. Die Eigensprache aller Figuren passt.


    Finde ich auch. :-)

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Lese-rina
    Zwar verstehe ich, dass Verlage Bücher in eine bestimmte Schublade packen wollen, damit sie von Lesern eher wahrgenommen werden. Allerdings verstehe ich nicht, warum man ein Buch in eine nicht passende Schublade packt. Ist es für die Verlage wirklich ein Vorteil, ein Buch "falsch" zu etikettieren? Wenn dann ein Leser ganz andere Erwartungen hat und enttäuscht wird und derjenige, dem das Buch gefallen könnte, es aufgrund der Aufmachung gar nicht erst in Erwägung zieht, dann geht der Schuß doch noch hinten los, oder?


    Siehst du das denn hier so?
    Ich verstehe unter Love&Landscape eine historische Geschichte in einer bestimmten Zeit spielend (18., 19., 20. Jahrhundert) in dem ein Mensch auswandert oder ein fremdes Land bereist, Abenteuer erlebt und dort neben dem Land auch seine Liebe kennenlernt.


    Da passt dieses Buch meiner Meinung nach vollkommen rein. (Auf die Romantik will ich doch stark hoffen ;-))


    Ich habe überhaupt nichts gegen das schubladisieren: Dadurch finde ich exakt, was ich suche: Einen Auswandererroman mit viel Gewicht auf der romantischen Ebene (wenn mir danach ist) oder eben einen Auswandererroman, in dem der Fokus auf der Historie liegt und Romantik vielleicht am Rande mal erwähnt wird.
    Schublade bedeutet doch nichts Schlechtes, und hier scheint sie mir ganz gut zu passen. ich hatte in jedem Fall dadurch meine Erwartungen ans Buch und die werden - offenbar - gerade erfüllt. :-]

  • Zitat

    Original von Lese-rina


    Super! Herzlichen Dank dafür! Wirkt ganz schön groß! Hast du zufällig auch eine von Gesamt-Shanghai um diese Zeit!


    Das ist Gesamt-Shanghai. Der weiße Kreis ist die Chinesenstadt, und die eingezeichneten Straßen gehören zur internationalen Siedlung. Ich habe auch eine einzige Karte gefunden, auf den die Chinesenstadt genauer aufgezeichnet war, aber die war chinesisch und ist online meines Wissens nicht verfügbar.


    LG


    Tereza

  • Zitat

    Original von harimau


    Möglicherweise die hoch-, gerade- und zurückgezogenen Schultern? ;-) Kenne ich von mir selbst nur allzu gut, diese ungewollten Häufungen.


    Ihr habt ja recht. :cry
    Nur finde ich, dass der Spielraum bei der Beschreibung von Körpersprache zum Ausdruck von bestimmten Empfindungen wie etwa Wut eher beschränkt ist. Da wird mit den Augen gefunkelt, mit den Füßen gestampft, die Hände werden zu Fäusten geballt etc. So unterschiedlich verhalten sich Menschen da meines Erachtens nicht, daher finde ich es schwer, etwas wirklich neues zu finden bzw. Wiederholungen zu vermeiden. Aber vielleicht liegt es auch an mir.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Mulle
    Ich verstehe unter Love&Landscape eine historische Geschichte in einer bestimmten Zeit spielend (18., 19., 20. Jahrhundert) in dem ein Mensch auswandert oder ein fremdes Land bereist, Abenteuer erlebt und dort neben dem Land auch seine Liebe kennenlernt.


    So sehe ich das eigentlich auch und deshalb hatte ich nie ein Problem mit der Zuordnung zu dem Genre. Aber mal etwas zur Entstehungsgeschichte des Romans. Ich hatte durch meine Agentin mitbekommen, dass es ein zunehmendes Interesse an historischen Romanen gäbe, die im 19. Jahrhundert vor exotischer Kulisse spielen. Damals nannte man das noch ganz banal Kolonialroman. Ich freute mich, dass im historischen Bereich endlich auch andere Epochen als verkäuflich galten und nicht nur das so häufig bemühte Hochmittelalter, und beschloss, es nun auch mit so einer Geschichte zu versuchen. Als Schauplatz wählte ich China, da ich es schon einigermaßen kannte und es mich lange interessiert hatte. Voller Elan machte ich mich ans Schreiben. Die Lektorin meines Großverlages (ich will jetzt mal keine Namen nennen) war von den ersten 100 Seiten auch sehr angetan. Der etwas schwierige Charakter Viktorias störte sie nicht, auch die Beschreibung Chinas gefiel ihr, denn sie war selbst Asienfan. Mit dem Vertrag hielt man mich aber sehr lange hin, fast ein halbes Jahr hing ich in der Luft. Dann hatte die Lektorin plötzlich den Verlag gewechselt und ihre Chefin teilte mir mit, dass "China nicht läuft". Das ist ein Problem, dass Harimau und Steffi bekannt sein dürfte. :wave


    Die Suche nach einem anderen Verlag fiel schwierig aus. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass der Text bis auf Weiteres in der Schublade bleiben müsste, als der Bookspot-Verlag zusagte. Ich bin jetzt sehr froh, dass es so ausging, denn die Zusammenarbeit verlief klasse.


    Aber das Hauptproblem bei der Vermittlung dieses Romans dürfte der Schauplatz gewesen sein. Ich glaube, dass ich so eine Geschichte dúrchaus bei einem Publikumsverlag unter gebracht hätte, wenn sie in Indien (das läuft komischerweise) oder gar in dem momentan total angesagten Lateinamerika spielen würde.


    Es soll noch eine andere Vorgabe bei L&L geben, gegen die ich bei diesem Roman verstoße. Das wurde bei der Leserunde zu Isabel Betos Buch mal kurz angesprochen, aber wie Charlie richtig meinte, gehört das nicht hierher (und würde auch schon zu viel über den Inhalt des Buches verraten). Ich bin zudem selbst nie mit dieser Vorgabe konfrontiert worden, auch bei einem anderen L&L, an dem ich gerade sitze, nicht. Wer aber neugierig ist und es genauer wissen will, kann mir eine PN schicken. :wave


    Liebe Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von harimau


    :licht Gut beobachtet! Danke für den Hinweis.


    Und jetzt eine ich mal schnell meiner Romanheldin zu Hilfe. :freundschaft


    Gesellschafterin, Gouvernante oder Lehrerin an einer Schule für höhere Töchter waren damals eigentlich die einzigen standesgemäßen Jobs für verarmte Damen. Von denen hätte sich keine so schnell auf eine Stufe mit einem Dienstmädchen gestellt, es dürfte für die Erhaltung ihres Selbstwertgefühls sogar sehr wichtig gewesen sein, da einen Unterschied zu sehen. In der Tat erfoderten diese Tätigkeiten auch eine gewisse Bildung (in eher unpraktischen Bereichen) und keine körperliche Arbeit. Die - oft nicht gerade erfreuliche - Situation dieser Frauen wird in Romanen der Bronte-Schwestern recht realistisch beschrieben. Von daher liegt Viktoria garnicht falsch, wenn sie ihre Lage mit diesen Büchern vergleicht.


    Parallelen zum Dasein der Dienstmädchen gab es natürlich genug. Beide waren ziemlich rechtlos ihren Arbeitgebern ausgeliefert. Wurden sie ohne gutes Zeugnis entlassen, blieb ihnen oft nur der Weg in die Prostitution. Diesen Aspekt aber blenden auch die Brontes aus. Es wäre meines Erachtens ziemlich anachronistisch gewesen, Viktoria derartige Erkenntnisse haben zu lassen.


    Viele Grüsse


    Tereza

  • Tereza, was du über die Entstehung des Romans erzählst, ist sehr spannend. Wenn auch mal wieder echt merkwürdig zu hören,wie die Buchwelt so tickt, was "geht" und was "nicht geht" - und wie rasend schnell sich das ändern kann.
    Ich ahne, auf welche Genre-Vorgabe du anspielst. Erinnere mich gut. :trippel



    Viktorias Vergleich mit den Buchfiguren hab ich dann wohl einfach falsch interpretiert.
    Ich hatte da tatsächlich angenommen, dass mehr Identifikation mit der weiter unten liegenden Gesellschaft stattfinden könnte; einfach aus der Tatsache heraus, dass Viki - sollte sie ihre Arbeit als Gesellschafterin in China verlieren - wohl auch nur noch eine Anstellung als Dienstmädchen wie Magda bleibt, wenn sie nicht auf den Straßen von Shanghai enden will.
    Aber der Gedanke an eine Stude niedriger scheint ihr völlig fern.


    Jetzt, da du sagst, es wäre ein Anachronismus, würde sie so denken, kann ich mir das vorstellen; aber ansonsten wäre ich im Leben nicht drauf gekommen, dass ihre Gedanken nicht mal in diese Richtung gehen.
    Aber gut, sie scheint auch nicht ansatzweise zu befürchten, entlassen zu werden, selbst nicht dann, als sie Robert und Emily schwer verärgert.
    Warum fürchte ich, dass sie sich noch umsehen wird? (Ach ja, Klappentext.)