'Das Geheimnis der Jaderinge' - Seiten 147 - 257

  • Cool, ich bin die Erste, die bis hierhin gekommen ist. :-)


    Hier ist ja ganz schön viel passiert! Viktoria musste die Huntingdons verlassen, weil Annette mit Nathan davongelaufen ist (ich glaube, von den beiden werden wir noch einmal lesen...). Schade um Margaret. Hoffentlich erfahren wir noch, wie es mit Margaret weitergeht. Aber müssten wir ja eigentlich, wo wir jetzt herausgefunden haben, mit welcher Frau ihr Sohn Andrew zusammen war... :grin (Trotz allem muss ich diese ganze Geschichte in meinem Kopf nochmal ein bisschen entwirren: Wer mit wem, wann und warum?
    Dann war Viktoria bei Lao Tengfei. Der wirkte auf mich als Charakter irgendwie ein bisschen blass. Genau wie seine erste Frau (deren Namen ich leider vergessen habe). Aber von da musste Viktoria ja auch gehen, wegen diesem kleinen Ausflug mit Chun... Chun... der dritten Gemahlin. Wo ist die denn jetzt eigentlich? Geht es ihr gut?


    Ob sich mit Jinzi (der ja jetzt irgendwie noch ziemlich zickig scheint) noch eine Liebesgeschichte anbahnt?


    Dann werde ich jetzt wohl mal weiterlesen, um diese Fragen aufzuklären. :grin


    Und, ich scheine das eventuell überlesen zu haben, aber: Warum war Emily Huntingdon auf diesem einen Ball hinter einer Glaswand? ?(

    Sorry, I can't hear you over the sound of my awesomeness. :putzen

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  • Zitat

    Original von Dori
    Und, ich scheine das eventuell überlesen zu haben, aber: Warum war Emily Huntingdon auf diesem einen Ball hinter einer Glaswand? ?(


    Weil sie so stinkt? ;-) :lache


    Nö, Dori. Ich hab das so verstanden, dass man zu Emily auf dem Ball keinen Kontakt aufbauen konnte, weil sie so distanziert, uninteressiert, geistig abwesend, etc. war, dass sie genauso hinter einer Glaswand hätte sitzen können.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Zitat

    Original von Dori
    Und, ich scheine das eventuell überlesen zu haben, aber: Warum war Emily Huntingdon auf diesem einen Ball hinter einer Glaswand? ?(


    Die Glaswand war eher symbolisch gemeint. Man bezeichnet Menschen mit Kontaktproblemem manchmal als "hinter einer Glaswand sitzend". Sie sehen die Welt und werden von ihr gesehen, können aber keine echte Beziehung zu anderen Menschen aufbauen.


    Viele Grüße


    Tereza


    P.S. Zu den anderen Charakteren kommt noch einiges. Der Mandarin und seine erste Frau spielen insgesamt keine so wichtige Rolle, vielleicht bleiben sie daher etwas blass.


    Viele Grüsse


    Tereze (die von deinem Lesetempo beeindruckt ist).

  • Zitat

    Original von Tereza


    Die Glaswand war eher symbolisch gemeint. Man bezeichnet Menschen mit Kontaktproblemem manchmal als "hinter einer Glaswand sitzend". Sie sehen die Welt und werden von ihr gesehen, können aber keine echte Beziehung zu anderen Menschen aufbauen.


    .


    Sorry, ziemlich off topic, aber ...:


    Kann sich einer von den "alten", Theater liebenden Mitlesern vielleicht erinnern?
    Es gab mal vor ewigen Zeiten eine Wahnsinns- (fand ich ...) Claus-Peymann-Inzszenierung von Torquato Tasso in Hamburg. Da sass Tasso die ganze Zeit ueber vor einer Schreibmaschine in einem Glaskolben.
    Fand ich enorm klug inszeniert.
    Finde ich immer noch (und damals war ich, glaub ich, ungefaehr zwanzig).
    (Muss zugeben, dass ich das auch schon mal benutzt habe, mit der Glaswand - immer mit Peymanns Tasso vor Augen.)
    Ich bilde mir ein, spaeter gelesen zu haben, Peymann habe Tasso mit Asperger's Autism dargestellt. Mir hat das damals sehr eingeleuchtet.


    Und wie Tereza die Glaswand verwendet, leuchtet mir auch ein.


    Charlie

  • Also auf diesen Seiten ist ja wirklich unglaublich viel passiert. Keine Spur von Langeweile oder Vorhersehbarkeit bisher. :-)


    Ich muss Dori zustimmen, Lao Tengfei wirkt wirklich ein bisschen blass und man erfährt kaum etwas über ihn. Auch bei dem deutschen Gesandten Max bin ich mir nicht sicher, wie ich ihn einschätzen soll, weil er etwas zu kurz kommt. Falls er im weiteren Verlauf der Geschichte keine Rolle mehr spielt, ist das aber auch nicht weiter schlimm. ;-)


    Wirklich erstaunt war ich über die Offenbarung, dass Jinzi der Sohn von Andrew Huntingdon ist. Damit hätte ich nicht gerechnet.
    Margaret ist ja ganz schön berechnend vorgegangen, als sie Viktoria zu Lao Tengfei geschickt hat. Da fragt sich nur: War es Absicht, weil sie mehr weiß als wir bisher ahnen, oder nur eine Hoffnung der guten Margaret, ihren geliebten Andrew doch noch wiederzufinden?


    Ich bin gespannt, wie sich die Geschichte in dieser Hinsicht entwickelt und auch, wohin es Viktoria als nächstes verschlägt und wie lange sie dieses Mal ihre Anstellung behalten kann. :grin

  • Ich bin zwar erst mit Victoria in Peking angekommen, trotzdem haben sich bereits viele Fragen angehäuft, die ich lieber gleich stelle, bevor ich sie vergesse.


    - Wie realistisch ist es, als europäische Frau für einen Chinesen als Lehrerin zu wirken? Ist das nur erfunden oder gibst vergleichbare Beispiele?


    - In einer Sänfte zu reisen stelle ich mir furchtbar vor. Gabs damals keine andere Möglichkeit von Shanghai nach Peking zu kommen? Eine enorm weite Stecke übrigens!


    - Wurden auch den Landfrauen die Füße gebunden?


    Ansonsten frage ich mich, woher Victoria auf einemal die vielen Kleider hat und ob sie nicht etwas zu versessen auf Alkohol ist :gruebel.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich habe jetzt erst Kapitel 7+8 in diesem Abschnitt gelesen, poste aber schon einmal meine Eindrücke, da ich nicht weiß, ob ich unter der Woche viel zum Lesen komme.


    Ich merke, dass ich beim Lesen ständig an Viktoria reibe. Das ich an ihr einige Kritikpunkte habe, bedeutet nicht, dass mir das Buch nicht gefällt. Ich will damit auch nicht sagen, du hättest etwas anders schreiben sollen, sondern einfach nur meine Gedanken äußern.


    Mir ist aufgefallen, dass das Korsett ein Motiv ist, dass ihren Gemütszustand wiederspiegelt.
    Konnte in ihrem Elternhaus ganz am Anfang des Buches das Korsett nicht eng genug geschnürt sein, lockert sie es schon beim Stelldichein mit Anton.
    In Shangai verzichtet sie ganz darauf, nur zu dem Ball legt sie es an. Im Waisenhaus spürt sie den Druck desselbigen, obwohl sie keines trägt. Es zeigt ein Stück weit, wie sehr sie sich aus ihren inneren Zwängen befreien kann bzw. eben nicht. Das Motiv kommt immer wieder.


    Die Missionarinnen verursachen bei mir eine Art :uebel. Ich finde es ganz schrecklich überheblich, jemanden anderem seine Kultur überstülpen wollen bzw. über anderen gegenüber erhaben zu zeigen. Klasse, dass Vi Ki ihrem Gefühl folgt und Dawei wieder mitnimmt.


    Nathan finde ich spannend. Über ihn wurde ich gerne mehr erfahren. Er lebt nicht nur in einem Land, er setzt sich auseinander. Das imponiert mir.


    Shen Akeu, die Teehausbesitzerin, macht mich ebenfalls neugierig. Ihr Leben würde mich auch brennend interessieren. Ich kenne mich im China des 19. Jahrhunderts gar nicht aus, ich kann mir vorstellen, dass es unüblich war, dass eine Frau ein Geschäftsfrau war. Schon gar nicht, dass eine ehemalige Prostituierte. Gibt es für Shen Akeu ein Vorbild?


    Viktoria handelt kurzsichtig und wenn sie etwas durchsetzt, dann wirkt das auf mich eher trotzig als aus innerer Überzeugung. Für die Beweggründe ihrer Mitmenschen interessiert sie sich wenig, sie nimmt es hin, dass Anette und Nathan sich lieben und deckt sie auch. Aber sie überdenkt weder die Konsequenzen, die es für sie haben könnte, noch handelt sie aus Freundschaft.
    Sie lässt es geschehen, dass andere die Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Zuerst der Vater, dann Magda und Richard, jetzt Margaret und auf der Reise ist es Dawei. Und wieder fügt sie sich und wird Lehrerin im Hause eines Mandarin in Peking.
    Mir ist durchaus klar, dass Frauen zu dieser Zeit nicht die Möglichkeiten hatten wie wir heute. Aber ein wenig mehr Neugierde und Offenheit und Empathie war bestimmt drin. Im Moment kann ich sie nicht so ganz ernst nehmen. Sie kommt mir vor wie ein großes Kind, das alleine nicht lebensfähig wäre. Sie kann das Korsett ihrer Erziehung noch ablegen. In der Unterkunft auf der Reise zeigt sie den Frauen ihre Zuneigung, indem sie ihnen Geschenke macht, das gleiche Verhalten, das sie auch Magda gegenüber an den Tag gelegt hat.
    In dem Gespräch mit Max von Brandt und später mit Lao Tengfai zeigt sie sich eher gelangweilt, denn interessiert- außer an dem Marmorkuchen. :-) Da hätte ich sie am liebsten Mal geschüttelt und hätte ihr zugerufen: "Jetzt hör mal auf zu kichern und pass mal gut auf, mit wem du es hier zu tun hast!"


    Viktoria bietet viel Reibungsfläche. Und das ist reizvoll. Ich bin gespannt, wer oder was es schafft, Viktorias Einstellung zu ändern, denn dass das geschieht, davon bin ich überzeugt. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und bin im Buch angekommen. :wave

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    In dem Gespräch mit Max von Brandt und später mit Lao Tengfai zeigt sie sich eher gelangweilt, denn interessiert- außer an dem Marmorkuchen. :-) Da hätte ich sie am liebsten Mal geschüttelt und hätte ihr zugerufen: "Jetzt hör mal auf zu kichern und pass mal gut auf, mit wem du es hier zu tun hast!"


    Ich sehe das im Ganzen nicht so streng wie du, Regenfisch. Vi Ki ist ja auch noch jung und wie langweilig wäre eine Buch, wenn die Heldin zu vernünftig wäre :grin
    In dem Fall Max von Brandt muss ich dir aber recht geben. Ich fand es auch etwas seltsam, dass sie sich gar nicht für Handelspolitik zu interessieren scheint, dabei wollte sie vor gut einem Jahr noch Papas Reederei übernehmen ...
    Vermutlich fand ich es etwas schade, dass das Thema Politik hier so rasch abgewürgt wurde, denn das hätte mich brennend interessiert. (Wobei mir auch klar ist, dass es einen Großteil der L&L-Leser eben nicht interessiert und daher straff am Zügel gehalten werden muss.) Aber wer weiß, was noch kommt.


    Ich fand Viki nur an einer Stelle massiv selbstsüchtig: Ans Chuntian nach dem Treffen mit ihrer Mutter vollkommen fertig ist und sie kaum einen Gedanken mehr daran verschwendet, sondern nur ans Feiern und an Kuchen denkt. Das fand ich etwas komisch, da die beiden zuvor als Freundinnen bezeichnet wurden. An der Stelle fand ich sie wieder wirklich oberflächlich und gleichgültig gegenüber der Chinesin, nur auf ihre eigenen Interessen bedacht.


    Den Bogen vom Magareth über den Mandarin, dessen dritte Frau bis hin zu Yazi und Jinzi fand ich etwas zufallslastig ... Was mir aber erst beim anschließenden Überdenken aufgefallen ist - beim Lesen war ich gefesselt!
    Ich habe nicht ganz verstanden, wie es kam, dass Chuntian in der Vergangenheit offenbar Kontakt zu ihrem Bruder haben konnte (sie erkannte ihn offenbar gleich) aber seit zwanzig Jahren nicht zu ihrer Mutter. Vielleicht habe ich da auch eine Erklärung übersehen (wurd spät gestern).


    Jinzi entspricht natürlich gleich der Art von Mann, die mir gefällt :grin Doch, die etwas scheue und dabei überhebliche Art macht neugierig, trotz der Tatsache, dass er noch bei Mutti wohnt. Stört mich gar nicht, dass Max von Brandt in Korea weilt ... soll er da mal schön bleiben ;-)
    (Mal davon ab hat Viki auf den Bällen, die sie besucht hat, sicherlich noch andere Europäer kennengelernt, die ihr in ihrer Lage helfen könnten, aber ich sage mir, dass ihr bewusst ist, wie gut sie bei Yazi und Junzi aufgehoben ist. ;-))


    Ich habe übrigens schon mal auf die nächste Seite gelinst: Dass nun Yazis Geschichte erzählt wird, freut mich sehr; einen Blick aus chinesischer Perspektive halte ich für extrem spannend. Da freu ich mich drauf.

  • Liebe Tereza, ich poste so wenig, weil ich gerade jede freie Minute lesen MUSS: Ich bin entzückt, an der Angel, sowas von angetan ... Bin mittlerweile schon im dritten Abschnitt, werde mich aber heute Abend noch in diesem äußern.

    Ship me somewhere's east of Suez,
    where the best is like the worst,
    where there aren't no ten commandments
    an' a man can raise a thirst


    Kipling

  • Liebe Leute,


    so, jetzt versuche ich mal, eure Fragen in einem Aufwasch zu beantworten.


    Zum Sprachunterricht von Chinesen: könnt ihr euch an den Film "Der letzte Kaiser" erinnern? Da hat eben dieser Kaiser einen englischen Hauslehrer. Seine Frau erzählt in der Hochzeitsnacht etwas von einer Mrs. Wasweißich, die ihr den Quickstep beibrachte. Das hatte ich im Kopf, als ich aus Vicki eine Gouvernante machen wollte. Aber der Film spielt eben schon so um 1920.


    Zu Vickis Zeit dürfte eine europäische Hauslehrerin für Töchter eine ziemliche Ausnahme gewesen sein. Söhne wohlhabender Chinesen hingegen bekamen bereits Sprachunterricht und wurden in Ausnahmefällen sogar nach USA zum Studieren geschickt (diese Praxis begann Kaiserin Cixi aber in dem Moment zu missfallen, da sie nicht nur ein Ingenieursdiplom sondern auch demokratische Ideen heim ins Kaiserreich brachten :grin). Was Töchter betrifft, so habe ich nur einen Fall im Kopf: es wird in einer Biographie der Kaiserin Cixi erwähnt, dass sie so um 1900 eine Hofdame namens Derling hatte, die fließend englisch und französisch sprach, da sie bei Missionarinnen zur Schule gegangen war. Schätzt man diese Hofdame mal so auf Anfang 20 (wie alt sie um 1900 genau war, konnte ich nicht heraus finden, aber ein Kind kann sie nicht mehr gewesen sein.), dann hätte sie durchaus Vickis Schülerin gewesen sein können. Daher schien mir die Idee von einem Mandarin, der eine Hauslehrerin für Frauen und Töchter sucht, nicht völlig unmöglich.


    Das alles ist vor folgendem politischen Hintergrund zu sehen: China betrieb unter der Qing-Dynastie mehrere Jahrhunderte lang eine Politik der Abschottung. Die Gründe dafür darzulegen, würde jetzt zu weit führen, aber es erwies sich längerfristig als unklug, da die Chinesen so den Anschluss an die moderne Welt verpassten. Als England Handelsbeziehungen vorschlug, erhielt es eine hochnäsige Abfuhr. Das liessen die Briten sich nicht bieten und sie erkämpften sich den Weg nach China mit Gewalt. Es war eine schwere Demütigung für die uralte Kultur, nun militärisch total unterlegen zu sein, da die Briten wesentlich bessere Waffen hatten. Den nächsten Dämpfer erhielt die Kaiserdynastie durch den Taiping-Aufstand, den sie ohne Hilfe der westlichen Mächte nicht hätten niederschlagen können. Da wurde auch der konservativen Cixi klar, dass sich was ändern musste.
    Die Devise lautete: "Mit Barbaren gegen Barbaren". Sprich: von den Westlern lernen, um ihnen die Stirn bieten zu können. Aus diesem Grunde gab es Sprachunterricht, Auslandsstudium und Waffeneinkauf. Man wollte sich gerade mit Deutschland gut stellen, denn das war (noch) nicht als aggressive Kolonialmacht aufgetreten. Diese Rechnung ging aber nicht auf. Man sagt heute, dass dieser Modernisierungsversuch daran scheiterte, dass er eben nur sehr oberflächlich ausfallen sollte. Die gesellschaftlichen Strukturen sollten nicht wirklich geändert werden, doch sobald sich das Land geöffnet hatte, kamen auch moderne Ideen herein gestürmt (wie letztendlich der Kommunismus).


    Ja, auch bei Bauersfrauen wurden zu der Zeit die Füße eingebunden. Die wenigen Mädchen, bei denen das aus irgendeinem Grund nicht geschah, galten als bedauernswert, da häßlich. Es gab aber ethnische Minderheiten, die das Füßeeinbinden nicht praktizierten. Dazu kommt im nächsten Teil noch mehr.


    So, ich glaube, das war's. Noch eine Hilfestellung für den nächsten Teil, da Dori ein paar Probleme mit den Namen hatte:


    http://taipingrebellion.com/players.htm


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Mulle
    Ich habe nicht ganz verstanden, wie es kam, dass Chuntian in der Vergangenheit offenbar Kontakt zu ihrem Bruder haben konnte (sie erkannte ihn offenbar gleich) aber seit zwanzig Jahren nicht zu ihrer Mutter. Vielleicht habe ich da auch eine Erklärung übersehen (wurd spät gestern).


    Chuntian erhält von ihrer Mutter eine genaue Beschreibung der Stelle, wo sie immer mit Jinzi auftritt. Als sie da mit Vicki hinkommt, ist nur der Bruder da (denn Mama ist krank, das wird ja erklärt). Sie erkennen einander bzw. erahnen, wen sie vor sich haben, weil sie an diesem Ort ja verabredet waren. :-)


    Was nun Vicki betrifft, so kümmert sie sich auf dem Heimweg ja durchaus um Chuntian. Dann will Chuntian nicht mit auf das Fest, sondern sich allein ausruhen. Vicki kann schlecht auch absagen, das hätte komisch gewirkt. Und warum soll sie sich den Kopf über ein Problem zerbrechen, das sie noch nicht wirklich kennt? Sie erwartet, am nächsten Tag mehr zu erfahren. So extrem egoistisch fand ich das nun auch nicht. ;-)


    Viele Grüße


    Tereza

  • Dieser Abschnitt hat mir sehr gut gefallen. Klasse gleich zu Anfang die Szene in der Missionarsschule. Beispielhaft wird hier das Überlegenheitsgefühl des Westens in all seiner Arroganz demonstriert. Sehr schön!


    Die heimliche Romanze zwischen Nathan und Anette fliegt erwartungsgemäß auf - und Viktoria zahlt ebenso erwartungsgemäß den Preis dafür. Wen wundert's? Die Kleinen sind immer die Dummen, und welchen Beweis brauchte es noch, dass Vi-Ki jetzt zu den Kleinen gehört?


    Das sprichwörtliche Glück im Unglück bleibt ihr immerhin treu - statt ratzifatzi in der Gosse zu landen, vermittelt Margaret ihr eine akzeptable Anstellung in Peking. Und jetzt wird es richtig spannend. Erstmalig verlässt Vi-Ki den Dunstkreis westlichen Einflusses und lernt das reine China kennen, erst auf der Reise, dann im Haus des Mandarin. Dass der Herr und seine ersten beiden Frauen eher blass und etwas schablonenhaft bleiben, hat mich nicht gestört. Ich fand es sogar konsequent, da auch Vi-Ki sie mehr als Archetypen denn als Individuen wahrzunehmen scheint. Sie lernt in dieser Zeit einiges, sie empört sich über manche Zustände und verurteilt - von oben herab, wie alle Europäer - was sie nicht versteht. Sehr menschlich, und da sie nur ihrer gelernten Perspektive treu bleibt, auch kein Vorwurf an sie. Durch ihre Augen entdeckt auch der Leser viel Neues an China, und nicht wenige werden mit ihr urteilen und verdammen. ;-) Nicht, dass es am China dieser Zeit nichts zu kritisieren gäbe, es ist nur eine Frage des eigenen moralischen Standpunktes und der Selbstgerechtigkeit, wie dies geschieht.


    Obwohl Vi-Ki langsam in die chinesische Kultur eintaucht, bleibt sie doch vorerst tief den westlichen Werten verbunden und klammert sich - schön symbolisiert durch den feschen von Brandt und seine Kuchen - an ihre Herkunft. Kein Wunder, findet sie doch nur dort die Sicherheit des Altbekannten, während ihr tägliches Leben von ihr kaum verständlichen Ritualen und Hierarchien geprägt ist. Eine ziemlich schwierige Situation für sie, finde ich, nur stabilisiert durch ihre beginnende Freundschaft zu Chuntian. Sehr schnell wiederholen sich nun - in ähnlicher Form zumindest - die Ereignisse von Schanghai: Sie hilft der einzigen Freundin in einer Herzensangelegenheit, die Sache wird enttarnt und Vi-Ki fällt in die Ungnade des Dienstherren. Herzlich willkommen im richtigen Leben, Viktoria, möchte man ihr zurufen. Diesmal fällt sie härter, aber immerhin noch deutlich weicher als ihre Komplizin Chuntian. Was sie allerdings nicht hindert, vor allem ihr eigenes Unglück zu beklagen. Um dies vollkommen zu machen, werden Dewei und sie überfallen, kommen dabei fast ums Leben, und enden in Shen Akeus Bordell. Hier schließen sich einige Kreise, hat sie doch die alternde Halbweltdame bereits in Schanghai gesehen - und bei ihr den chinesischen Beau Jinzi, der auch hier wieder ihre Wege kreuzt. Das Wiedersehen von Vi-Ki und Jinzi hat mich ehrlich gesagt recht kalt gelassen. Ich ahne, was kommen wird, aber ich spüre es nicht wirklich. Macht nichts, meine Konzentration liegt ohnehin auf Yazi und dem Jadering. ;-) Da deutet sich ein sehr spannender Lebensbericht an.


    Zu Regenfischs Frage bezüglich Shen Akeu: Ich halte es für absolut realistisch, dass auch damals in China eine Frau in diesem speziellen Gewerbe als Unternehmerin fungiert. Wer besäße mehr Kompetenz, ein solches Etablissement zu führen, als eine gefeierte Konkubine nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn? Frauen hier mit den üblichen Argumenten aus dem Geschäft zu halten, wäre zu offensichtlich widersinnig.


    Über Shen Akeu würde ich übrigens gern noch mehr lesen, persönliches über ihr Leben und ihren Charakter erfahren. Eine ganz spannende Figur, in meinen Augen. Ich hab's ja bekanntlich mit den gebrochenen, abgründigen, moralisch bedenklichen Außenseitern. :grin


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Jetzt, wo ich harimaus Text lese, fällt mir noch eine Stelle ein, die mich ziemlich bewegt hat:


    Chuntian wird von ihrem Mann für den geheimen Ausflug bestraft und natürlich neigt man dazu, erst mal mit Viki auf den bösen Madarin zu schimpfen und ihm die Pest an den Hals zu wünschen. Im späteren Verlauf fand sich für mich aber auch wieder Anreiz, das mal zu überdenken. Lao Tengfai hatte vermutlich gar keine Wahl, oder?
    Wenn er die üblichen Regeln bricht, bzw. brechen lässt, ohne darauf zu reagieren, wird er vermutlich nicht mehr ernst genommen und das könnte (vermute ich) sein ganzes Umfeld bis hin zu der politischen Lage ins Wanken bringen und ins Chaos stürzen.
    *spekulier*


    Ich mag das sehr, dass Viki hier zwar ganz klar wertet (finde ich auch logisch) das Buch selbst dies aber nicht tut. Es bleibt immer irgendwo zu erkennen, dass Vikis Unterteilung in die Lieben und die Blöden, nicht so absolut ist, wie sie es gerne hätte.
    Das finde ich ganz toll und geschickt gelöst.

  • Zitat

    Original von Mulle
    Lao Tengfai hatte vermutlich gar keine Wahl, oder?
    Wenn er die üblichen Regeln bricht, bzw. brechen lässt, ohne darauf zu reagieren, wird er vermutlich nicht mehr ernst genommen und das könnte (vermute ich) sein ganzes Umfeld bis hin zu der politischen Lage ins Wanken bringen und ins Chaos stürzen.
    *spekulier*


    Da bin ich ganz bei dir, Mulle. Er würde sowohl im Haus wie in der Gesellschaft sein Standing verlieren und sich damit geradezu zur Lachnummer degradieren.


    Zitat

    Ich mag das sehr, dass Viki hier zwar ganz klar wertet (finde ich auch logisch) das Buch selbst dies aber nicht tut. Es bleibt immer irgendwo zu erkennen, dass Vikis Unterteilung in die Lieben und die Blöden, nicht so absolut ist, wie sie es gerne hätte.
    Das finde ich ganz toll und geschickt gelöst.


    Volle Zustimmung, das hat Tereza sehr gut gemacht. :anbet

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von harimau
    ...
    Über Shen Akeu würde ich übrigens gern noch mehr lesen, persönliches über ihr Leben und ihren Charakter erfahren. Eine ganz spannende Figur, in meinen Augen. Ich hab's ja bekanntlich mit den gebrochenen, abgründigen, moralisch bedenklichen Außenseitern. :grin


    LG harimau :wave


    Mit der Figur Shen Akeu habe ich keine Probleme, da ich sozusagen Hintergrundwissen über die "Szene" habe. :grin Wer kennt "Die Geisha" von Arthur Golden? Darin geht es um das Schicksal eines Mädchens, das in die Prostitution gezwungen wird. Es spielt zwar in einer späteren Zeit, aber ich kann mir vorstellen, dass die Mechanismen zu Shen Akeus Zeiten ähnlich waren.


    Edit hilft mir bei der Rechtschreibung.

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Suzann ()

  • Zitat

    Original von Suzann


    Mit der Figur Shen Akeu habe ich keine Probleme, da ich sozusagen Hintergrundwissen über die "Szene" habe. :grin Wer kennt "Die Geisha" von Arthur Golden? Darin geht es um das Schicksal eines Mädchens, das in die Prostitution gezwungen wird. Es spielt zwar in einer späteren Zeit, aber ich kann mir vorstellen, dass die Mechanismen zu Shen Akeus Zeiten ähnlich waren.


    Mir ist auch der Film "Die Geisha" eingefallen, als ich über Shen Akeu gelesen habe.

  • Zitat

    Original von Suzann
    Wer kennt "Die Geisha" von Arthur Golden? Darin geht es um das Schicksal eines Mädchens, das in die Prostitution gezwungen wird. Es spielt zwar in einer späteren Zeit, aber ich kann mir vorstellen, dass die Mechanismen zu Shen Akeus Zeiten ähnlich waren.


    Die Mechanismen waren früher sogar in Eurpa ähnlich - wenigstens zur Blütezeit der Kurtisanen. Auch in Europa sollen Bordelle häufig im Besitz von Frauen gewesen sein, die früher selbst aktiv im Gewerbe waren.


    Viele Grüße


    Tereza