KLAPPENTEXT:
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Faith DiNapoli wünscht sich nichts sehnlicher als Normalität, doch genau die bleibt ihr und ihren drei Geschwistern in der kanadischen Provinz verwehrt. Als ihre Mutter eines Tages auch noch beschließt, nicht mehr in die Kirche zu gehen, glaubt Faith, ihre Familie vorm Verderben retten zu müssen. Dabei kommt der kleinen Musterkatholikin nicht nur der schöne Nachbarsjunge in die Quere – und sie wird von der Heiligen zur Sünderin.
Ein kluger Roman über Liebe, Familie und die Frage, wie man ganz nebenbei die Zehn Gebote bricht.
ZUR AUTORIN:
(Quelle: Aufbau Verlag)
Lisa Gabriele, Autorin, Journalistin und Fernsehproduzentin, wurde in Belle River, Kanada, geboren. Nach Stationen in Buenos Aires, New York und Washington lebt sie heute in Toronto. Sie schreibt u. a. für The New York Times Magazine und The Washington Post. Ihr zweiter Roman „Der Goldfisch meiner Schwester“ erschien 2010 bei Aufbau Taschenbuch.
EIGENE MEINUNG:
„Die Sünden meiner Mutter“ ist ein wundervoller Roman, der mich mehr als begeistert hat und definitiv zu meinen Highlight Büchern zählt. Dabei ist es gar nicht so einfach die Grandiosität und Vielfalt des Buches in eine Rezension zu packen und zu vermitteln wie dringend dieser Roman gelesen werden sollte!!
Im Vordergrund des Buches steht Faith DiNapoli, Zweitgeborene der damals noch viel zu jungen Nancy DiNapoli und ihrem Ehemann, dessen italienischem Charme die junge Frau einfach nicht widerstehen konnte. Faith quält sich mit den typischen Tücken, die man auf psychologischer Ebene den mittleren Kindern, auch Sandwich-Kinder genannt, zuschreibt: Sie hat immer ein bisschen das Gefühl zu wenig Aufmerksamkeit zu bekommen und weiß gar nicht so recht wer sie ist und wo ihr Platz in der Welt ist.
Als Faith noch ein kleines Kind war, war alles einfacher. Damals war ihre Mutter noch treue Kirchgängerin und so beseelt von ihrem Glauben, dass sie ihren Kindern biblische Namen geben wollte, oder zumindest welche, die mit ihrem Katholizismus zu tun haben. Das daraus nichts geworden ist, dafür kann auch Nancy nichts, aber irgendwie hat sie sich halt immer mit dem lieben Gott arangiert. Bis zu Faith´ Kommunion, an der einfach alles aus dem Ruder zu laufen scheint: Es ist so kalt, dass Faith ihren hässlichen Wintermantel tragen muss, weshalb ihr wunderhübsches Kleid kaum zu sehen ist, dann vergisst sie ihre Ballerinas zu Hause, weswegen sie in Stiefelchen zur Kirche gehen muss und dann bekommt ihre Mutter auch noch so starke Brechanfälle, dass sie nicht zur Kirche fahren können. Faith scheint es, als würde ihre Familie sich gegen Gott wehren. Und als ihre Mutter dann auch noch für einige Tage in eine Klinik verschwindet und danach gar nicht mehr zur Kirche geht, ist sich Faith sicher: Ihre Mutter ist eine Sünderin und sie alle müssen das nun ausgleichen, indem sie so gläubig und gut wie möglich leben. Zu diesem Zeitpunkt weiß Faith noch nicht, dass ihre Mutter später einmal zu ihr sagen wird: „Faith, du hast in deinen jungen Jahren bereits alle 10 Gebote gebrochen. Bis auf Ehebruch.“
Die Beziehung zwischen Faith und ihrer Mutter steht in Lisa Gabrieles wunderbarem Roman im Vordergrund und ist auf viele x-beliebige Mutter-Tochter-Verhältnisse übertragbar. Denn vieles was die Mutter tut, nimmt die Tochter, bewusst oder unbewusst in ihr Leben mit auf. Viele Verhaltensweisen werden nachgeahmt, viele Dinge werden getan, um Aufmerksamkeit zu erlangen oder um der Person, die man bewundert nachzueifern.
Faith Handlungen sind eine Mischung aus Allem. Ohne, dass es ihr bewusst ist, aber unter Einfluss des Tagebuchs ihrer Mutter, das sie heimlich liest, versucht sie sich selbst zu finden. Dabei gerät sie nicht selten in Schwierigkeiten. Denn sich selbst finden heißt vor allem eine eigene Identität aufbauen. Mit all den Höhen und Tiefen die man während dieses Lernprozesses durcharbeiten muss.
Während Faith sich auf Identitätssuche befindet, muss sich Nancy mit der Frage auseinander setzen, ob sie eine gute Mutter ist. Während ihr Mann sich auf einer Bohrinsel befindet, um Geld zu verdienen, steht sie allein vor den Aufgaben der Erziehung und muss nebenbei noch dafür sorgen, dass sie anständig über die Runden kommen. Sie versucht immer ihr Bestes zu geben, doch ob das Beste auch immer das Richtige ist?
„Die Sünden meiner Mutter“ ist ein sehr komplexer Roman, der sich in seiner eigenen Manier mit dem Thema Erwachsen werden und Identitätssuche beschäftigt. Ungewollte Schwangerschaft, Sex, Drogen, Homosexualität und vieles mehr, werden hier auf amüsante und nicht immer ganz ernste Art und Weise dargestellt und behandelt. Dabei werden diese Dinge keinesfalls herunter gespielt, sondern eher in der vielfältigen Fasson präsentiert, in der sie auch in der Realität, im sogenannten „wahren Leben“, auftreten können.
Lisa Gabrieles Schreibe ist nicht nur sehr faszinierend, sondern auch sehr authentisch. Dadurch werden ihre Figuren so lebendig und wirklich, dass man diesen die ihnen eigenen Charakterzüge ohne Probleme abnimmt. Dabei sind sie, obwohl sich einige dieser Charaktere eigentlich ähnlich sein müssten, so facettenreich, dass dies dem Buch eine tolle Vielfalt vermittelt. Die Schreibe der Autorin ist nicht nur fesselnd, sondern auch sehr bildlich, und hat mich förmlich in die Geschichte gerissen, so dass ich fast auch noch begonnen hätte mit italienischem Akzent zu reden.
FAZIT:
Lisa Gabriele ist mit „Die Sünden meiner Mutter“ ein sündhaft gutes und sehr besonderes Buch gelungen, dass sich eigentlich nur mit den Worten: ABSOLUT LESENSWERT beschreiben lässt. Wie schön, dass ihr Roman „Der Goldfisch meiner Mutter“ sich schon auf meinem SuB befindet, denn Autoren, die so komplex, dabei witzig, ergreifend und klug schreiben können, sollten unbedingt gelesen werden.