Donna Daley-Clarke: Lazy eye
Pocket Books 2006. 256 Seiten
ISBN-13: 978-1416522515. 9,99€
Verlagstext
At nineteen, Geoffhurst is getting along just fine - he's got his own flat away from his family, his eight jars to divide his dole cheque (one for each day; one for saving), his standing order at Madame Wong's Chinese Restaurant. Then a reporter from the local newspaper offers to pay him to tell his story - the story of what happened eight years ago, when something happened that even with his lazy eye he couldn't help but stare right in the face. In the long, hot, legendary summer of '76, Geoffhurst's life was full of superheroes. But sometimes even superheroes meet their match, and that year the storms that cracked the skies spelt more than just the end of summer; they spelt the end of Geoffhurst's childhood.
Die Autorin
Donna Daley-Clarke was born in London, where she still lives. Her parents are from Montserrat. Her novel Lazy Eye was published on 4 July 2005 by Scribner. Her next novel is set in Montserrat in 1966.
Inhalt
Als Geoffhurst Johnson nach Hause kommt, hockt vor seinem Appartment eine Frau, die kaum über zwanzig sein kann, so alt wie er selbst. Sie stellt sich als Journalistin vor und bietet dem jungen Mann Geld für ein Interview. Geoffhurst wußte bis zu dieser Begegnung noch nicht, dass sein Vater unerwartet aus dem Gefängnis in Dartmoor entlassen werden soll. Daley-Clarkes Roman spielt im London der 60er und 70er. Geoffhursts Familie stammt vermutlich von den westindischen Inseln. Die Großmutter konnte noch traditionelle Heil- und Zaubertränke brauen, Geoffhursts Vater träumte eine Weile von einer Karriere als Berufsfussballer und der Junge selbst wurde nach Geoff Hurst getauft, dem legendären Torschützen bei der Weltmeisterschaft von 1966. Der Roman, für den Donna Daley-Clarke 2006 mit dem Commonwealth Writers' First Novel Award ausgezeichnet wurde, erzählt drei Einzelgeschichten, die sich am Ende zum Gesamtbild zusammenfügen. Im ersten Teil erinnert Geoffhurst sich an den Jahrhundertsommer 1976, den heißesten Sommer seit 200 Jahren, als das Wasser langsam knapp wurde. Geoffhurst wird Lazy Eye genannt, Schieler. Er kann seinem Gegenüber nicht in die Augen sehen und muss sich deshalb als unehrlich verdächtigen lassen. Der Junge selbst geht sehr phantasievoll mit seinem schiefen Blick um. Frösche und Kaninchen empfinden ihren Rundumblick ja auch nicht als Nachteil. Geoffhurst sieht mit seinem besonderen Auge mit sprudelnder Phantasie Dschungelszenen vor dem Fenster und Geier, die im Klassenzimmer kreisen. Als Leser ahnt man, dass der Traum von der Fußballkarriere des Vaters bald ausgeträumt sein könnte.
"I liked to practise for when I got a game, though I hardly ever did, because to say I played marbles was like saying Dad or Pele played football, and I bet they had trouble finding mates for a kick around at break time. I wouldn't have played me either. It was the price I paid for being a master player and owner of an indestructible double marble with a blue twist that, on summer days, blended into the sky when I flicked it from the drain cover next to the headmaster's windows and sent it spinning through the air, bending past the boys' toilet to land near the school gates where the girls skipped." (S. 29)
Im zweiten Teil erzählt Geoffhursts Tante Harriet, die mit ihrer Zwillingsschwester Hindy wie ein Lebewesen von den Eltern "Indyanarriet" gerufen wird. Harriet ist die Verbindung zwischen der traditionell lebenden Großmutter, deren Hexenkünste sie lernt, und der Gegenwart in England. Schon Harriets Mutter wünschte sich für ihre Tochter gute Schulnoten und einen sicheren Job, während Tante Dolores als Brückenkopf zur Heimatinsel den Verwandten Zuhause noch immer Geld schickt. In diesem Kapitel nimmt Harriet sehr bewusst ihre schwarze Identität und Hautfarbe wahr. Sie wird später Geoffhurst erklären, dass Familien wie sie zu besonders sind, um sich für Quizshows bewerben zu können. Harriet ist berufstätig, sie erzieht allein ein Kind und lebt noch vollkommen im Glauben an die Macht der Liebes- und Schutzelixiere ihrer Vorfahren. Deshalb fühlt sie auch sofort instinktiv das Ereignis, das die Familie zerstört. Jeder Tag in Harriets Leben wird im Text von der Wettervorhersage eingeleitet. Im dritten Teil macht sich Geoffhurst mit dem Bus auf den Weg nach Dartmoor, um seinen Vater Sonny abzuholen, zu dem er seit 10 Jahren keinen Kontakt mehr hatte.
Fazit
Lazy Eye entfaltet seine Wirkung durch Ungesagtes und Angedeutetes, durch Ereignisse, die die Autorin erst allmählich aufbaut. Nah an das Lebensgefühl schwarzer Einwanderer führt sie ihre Leser auf sehr sinnliche Weise und entfaltet dabei beinahe unmerklich Geoffhursts Anderssein aus seiner Sicht. Die Bezugspunkte zum englischen Alltag der 60er Jahre sind Lesern außerhalb Englands vermutlich nicht alle vertraut. Stärker noch als Geoffhursts Innensicht als Zwanzigjähriger konnte mich das zweite Kapitel aus Harriets Sicht für die Lebenswelt der Johnsons erwärmen. Wie ein Mann im Rückblick auf seine Kindheit zuerst einen Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und der Reaktion anderer erkennt und schließlich die Gemeinsamkeiten zwischen Vater und Sohn wahrnimmt, zeigt Daley-Clarke in einer Sprache, in die ich beim Lesen gern abgetaucht bin.
9 von 10 Punkten