KLAPPENTEXT:
Zwei stadtmüde Aussteiger (die von einem Bed & Breakfest in der Auvergne träumen), ein schießwütiger alter Bauer, acht Charolais Kühe und ein aufgewecktes kleines Mädchen. Könnte das der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein?
ZUM AUTOR:
(Quelle: Thiele Verlag)
Gérard Georges, selbst im ländlichen Montbrison im Department Loire aufgewachsen, war Rundfunkjournalist und arbeitete an der Universität und als Direktor einer Schule, bevor er sich entschloss nur noch zu schreiben. Die Liebe zum Land (mit all seinen Vor- und Nachteilen) hat den Autor von mehr als zwanzig Büchern nie verlassen. Was der vorliegende Roman aufs Schönste beweist.
EIGENE MEINUNG:
Ferdinand, 71 Jahr alt, lebt gemeinsam mit seinen acht Kühen, seiner Hündin Gamine, Hühnern und Hasen auf seinem Bauernhof in der Auvergne. Damit ist er eigentlich ganz zufrieden. Aufgewachsen ist er in einer Großfamilie, in der es nichts wichtigeres gab als der Hof und die Landwirtschaft. Damals war sein Leben erfüllt von Arbeit und der Aufgabe, seiner Mutter und seinem älteren Bruder alles recht zu machen. Doch auch damit war er eigentlich recht zufrieden. Doch manchmal merkt man ja erst durch Veränderungen, was einem wirklich fehlt.
Als Ferdinand die englische Familie Kelly zum ersten Mal sieht, ist er ihnen gegenüber sehr skeptisch. So wie allem Neuen und Unbekannten, denn Ferdinand hat nun mal schon seit Jahren jeden Tag den gleichen Tagesablauf. Routine und Gleichmaß sind ihm sehr wichtig. Doch die Kellys nehmen darauf keine Rücksicht und gehen sofort auf ihn zu, als wäre er ein alter Bekannter. Die hübsche Madame hat er ja gern in seiner Nähe, aber der Mann spricht ja noch nicht mal richtig seine Sprache. Ein wenig spöttisch nennt er sie für sich „Die Roastbeefs“. Doch dann lernt er ihre 8-jährige Tochter Peggy kennen, die ihn „Indianer“ nennt und sein Herz im Sturm erobert.
Ferdinand ist ein etwas verschrobener alter Mann, dem man die vielen Jahre der Einsamkeit deutlich anmerkt. Er kann sich nur schlecht auf Neues einstellen und ist unerfahren im Umgang mit Anderen. Vor allem mit so einen Wildfang, wie der kleinen Peggy, hatte er noch nie etwas zu tun. Dadurch ist er etwas ungeübt, nimmt aber schnell die Rolle eines netten Großvaters ein. Das ist etwas besonderes für Peggy, die zwar in der Schule viele gleichaltrige Freunde hat, aber keinen Opa. Und auch für Ferdinand, dem das Herz aufgeht, wenn Peggy ganz vorsichtig die alte Noiresse melkt und ihn mit ihren roten Wangen anstrahlt. Durch sie denkt er immer weniger an die Zeit zurück, in der er Kriegsdienst ableisten musste, und viel an den Groll, den er gegen die Mutter hegt. Nach und nach beginnt er seine Vergangenheit zu verarbeiten.
Obwohl Pat Kelly, die nicht nur charmant, sondern auch sehr taff und selbstbewusst ist, und auch ihr Mann John, der etwas verrückte Banker, sehr nette und sympathische Charaktere sind, ist mir doch niemand so sehr ans Herz gewachsen wie der gute Ferdinand, der auf seine alten Tage sogar noch ein paar Worte Englisch lernt. Er ist einfach herzensgut und entdeckt nach und nach, welcher weiche Kern doch hinter seiner rauen Fassade steckt. Dies wird ausgelöst durch den Sonnenschein der Geschichte: die kleine Peggy, die das Herz auf der Zunge trägt und auch mich mit ihrer offen Art und Liebe zu den Tieren um den Finger gewickelt hat. Sie löst bei Ferdinand Großvatergefühle aus, wie er sie nie zuvor gekannt hat, obwohl eine seiner Schwestern auch Kinder hat, ihm eigene aber leider verwehrt blieben.
Die Tatsache, dass Ferdinand so liebevoll mit der kleinen Peggy umgeht, selbst aber leider nie Kinder gehabt hat, hat mich einerseits ein wenig traurig gemacht, anderseits war es aber auch wunderschön zu lesen, wie die Kleine der „Roastbeefs“ den alten Grummel aus seinem Schneckenhaus gelockt hat. Oftmals hat Ferdinands Sicht der Dinge ein Schmunzeln bei mir ausgelöst und der frische Wind, den nicht nur Peggy, sondern auch Pat und John in Ferdinands Leben bringen, war aus dem Buch heraus spürbar.
Gérard Georges Schreibe ist so lebendig, so kraftvoll und farbenfroh, dass er mich damit von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Er zaubert Bilder und Gefühle, die den Leser bewegen und sehr viel Freude bereiten. Ich habe „Eines Morgens auf dem Land“ so gern gelesen, dass ich es kaum erwarten kann, weitere Bücher von Gérard Georges in die Hand zu bekommen.
„Eines Morgens auf dem Land“ steckt so voller Herzlichkeit, dass mir jede Seite, jedes Wort, wirklich ganz nah gegangen sind. Ich habe mit gelacht, mit geweint und mit gehofft und bin nun ganz traurig, dass ich schon wieder aus dem Leben Ferdinands und seiner liebenswerten Nachbarn verschwinden muss.
FAZIT:
„Eines Morgens auf dem Land“ ist ein ganz besonderes Buch mit ganz besonderen Charakteren. Ein Buch, dass seinen Lesern das Herz öffnet und ganz viel Sonne hinein bringt. Lesen!! Lesen!! Lesen!!