Klappentext:
Die junge Straßenkünstlerin Oree ist blind, doch es ist ihr gegeben, Magie zu sehen. Daher ist auch sie es, die in einer Seitenstraße Elysiums die Leiche einer Göttin entdeckt. Dabei sind Götter doch unsterblich! Bevor sie sich versieht, steckt Oree mitten in einer Verschwörung von schrecklichem Ausmaß – einem Komplott mit keinem geringeren Ziel, als die Gemeinschaft der Götter zu stürzen. Und ausgerechnet Oree ist der Schlüssel zum Erfolg der Verschwörer …
Meine Meinung:
'Die Gefährtin des Lichts' ist der zweite Band aus der Hunderttausend Königreiche - Trilogie, wie schon Teil 1 in sich abgeschlossen und mit einer neuen, eigenständigen Protagonistin, jedoch auf die Ereignisse aus dem ersten Teil aufbauend.
Die Straßenkünstlerin Oree erzählt aus der ICH-Perspektive. Sie ist blind, kann jedoch Objekte, die von Magie erfüllt sind, sehen. Ihre Bilder haben geheimnisvolle magische Eigenschaften, doch das hält sie geheim. Der Befreiungsschlag von Nahadoth, dem Gott der Finsternis, der sich am Ende des ersten Bandes mit Hilfe seiner sterblichen Geliebten und nun-Göttin Yeine seiner Ketten entledigte, führte in Orees Heimatdorf zu Ereignissen, infolge derer ihr Vater starb. Danach ging sie in die große Hauptstadt des Landes, wo sie seither lebt. In dieser Stadt wimmelt es seit der Befreiung Nahadoths von Götterkindern, das sind die ebenfalls unsterblichen Nachkommen der Großen Drei.
Oree findet einen Mann im Müllcontainer, der jedesmal, wenn er stirbt, am nächsten Morgen wieder aufersteht, der kein Wort mit ihr spricht, aber den sie bei sich aufnimmt und schließlich 'Sonnenschein' nennt. Wer Band 1 gelesen hat, weiß sofort, um wen es sich handelt: Itempas, Nahadoths Bruder und Kerkermeister, der Gott des Lichts, der als Sterblicher Sühne tun soll für seine Verbrechen.
Die Ereignisse kommen ins Rollen, als Oree in einer dunklen Gasse die Leiche eines - eigentlich unsterblichen - Gottkindes findet, von agressiven Itempas-Priestern verhört und unter Druck gesetzt wird und damit einen Angriff von Sonnenschein auf diese Priester provoziert ... was sie beide zu Gejagten macht.
Doch schnell stellt sich heraus, dass die Itempas-Priester die Geringste ihrer Sorgen sind ...
Die Autorin hat einen sehr besonderen und eigenständigen Erzählstil, den ich im ersten Band zu Beginn noch gewöhnungsbedürftig fand, der mich hier aber vollkommen gefesselt und fasziniert hat. Ihre Art des Erzählens läßt die Welt auf eine Art Kammerspiel schrumpfen, man ist sehr nah an den Figuren, an ihren Gefühlen und ihrem Denken, während die größeren Schauplätze davor zurückschrumpfen. Alle Interaktion geschieht stets nur zwischen kleinen Gruppen, es gibt keine epischen Schlachten oder überhaupt Monumental-Szenerien. Götter besuchen Menschen, wie bei einem Nachbarschaftsklatsch und diskutieren Fragen von epischer Größe mal eben am Küchentisch.
Dafür gelingt die Personenzeichnung umso feiner, man leidet und fiebert umso intensiver mit den Figuren, und sie kann durchaus gnadenlos sein: Auch vor dem Tod liebgewonnener Charaktere schreckt sie nicht zurück.
Diese Eigenschaft hasse und liebe ich zugleich bei Autoren: G.R. Martin ist auch einer davon - und auch bei N.K.Jemisin fiebert man umso stärker, weil man bald begreift, dass nicht zwingend alles gut enden muss.
Die Handlung hält einige wirklich gute Wendungen bereit, ein paar überraschende Enthüllungen und eine sehr gut durchdachte Hintergrundgeschichte, die Stück für Stück gelüftet wird und plötzlich den Ereignissen im Nachhinein einen tieferen Sinn gibt.
Mich hat dieses Buch sehr begeistert, und ich empfehle es sehr gern weiter, vor allem an diejenigen, die mal etwas abseits der ausgetretenen Mainstream-Pfade suchen, das aber trotzdem meisterlich gut geschrieben ist. Jedoch erhöht es das Lesevergnügen, wenn man zuvor den ersten Band gelesen hat.
1. Die Erbin der Welt
2. Die Gefährtin des Lichts
3. Die Rivalin der Götter
9/10 Punkten.