Zweierlei Maß bei Autoren/Buch-Kritik??

  • @ Doc


    Unter deinen Voraussetzungen wäre Kastners Roman nicht besser oder schlechter, aber er wäre GEFÄHRLICHER!


    Um dies zu verdeutlichen:


    Kann ich Hitlers "Mein Kampf" allein als Buch bewerten oder muss ich auch berücksichtigen, was daraus geworden ist. Das Buch hat sich durch das 3. Reich nicht verändert, die Meinung darüber sehr wohl.

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Ich zäume mal das Pferd anders rum auf, vielleicht wird es dann deutlicher. Wenn Kastner bzw. sein Verlag hergehen und den Engelspapst in einer großen Marketingkampagne als Tatsachenroman vermarkten würden, Kastner Stein und Bein in Interviews und bei Harald Schmidt behaupten würde, daß seine Recherchen zu dem Buch genauer nicht hätten sein können und alles wahr ist - wäre dann der Engelspapst ein schlechterer Roman??


    Nein, das wäre er nicht. :rolleyes
    <Gebetsmühle_an> Tatsache ist, daß Dan Browns Dinger auch ohne diese Kampagne handwerklich (= literarisch) superschlechte Romane sind. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, daß die Dinger ohne diesen vorherigen Deal über die Trademark Dan Brown als Kolportageautor für Weltverschwörungen niemals gedruckt worden wäre. Und noch mehr bin ich davon überzeugt, daß die Vertragspartner vom Ausmaß des Erfolges völlig überrascht wurden -- denn sie agierten zunächst recht vorsichtig und stiegen erst richtig ein, als die Kiste lief. Das liegt vielleicht an den Themen: Dan-Brown-Romane handeln eine typisch amerikanische Verschwörungsparanoia nach der anderen ab (Meteor: Geheimdienste plus Bundesregierung; Illuminati: Freimaurer - i.e. Aufklärung & Wissenschaft; Sakrileg: RKK, Erbfeind der puritanischen Gründerväter; Diabolus: Kryptographie, Privacy ...) -- ich frage ernsthaft, was der Mann macht, wenn diese Stoffe durch sind? Schreibt er dann über Päpstin Johanna? :rolleyes
    Die ganze Kampagne mit all den verleumderischen Beteuerungen kommt als zusätzliches, nicht qualitatives, aber ethisches Problem noch obendrauf - ein literarisches Kriterium ist sie selbstverständlich nicht.


    Zitat

    Damit das nochmal klar ist, über Stil, Charakterisierung, bla bla bla, müssen wir nicht nochmal diskutieren - das ist alles klar. Ich habe nur den Eindruck, daß bei Brown anscheinend mehr in die Kritik einbezogen wird, als die Bewertung des Romans.


    <Gebetsmühle_an> Ich kann mich offenbar nicht verständlich machen ...
    Ich schrieb doch schon ein paarmal: Es ist ein zusätzlicher Kritikpunkt, den ich gegen die Trademark Dan Brown richte und den Mann, der diese Rolle spielt! Aber vor allem gegen das be######ene Establishment im Verlagswesen, dem die Qualität der Bücher ######egal ist -- Hauptsache, der Dollar rollt!!
    Ich kann das durchaus trennen, Doc. Im Falle Dan Brown kommen die beiden Faktoren allerdings auf eine besonders groteske Weise zusammen. Und das wird man wohl noch sagen dürfen! :grin
    Oder werde ich jetzt wegen Ketzerei verbrannt? :help


    Würden wir Kastner mit einem anderen weltweit erfolgreichen Autor vergleichen, sagen wir Thomas Gifford oder Scott McBain, wäre mir dabei wohler; denn Gifford und McBain war nicht von Anfang an Gegenstand einer Mordskampagne.


    Wobei man bei Autoren aus den USA immer aufpassen muß, weil sehr viele Trademarks einfach "gemacht" werden, indem man für eine Kampagne eine passende Autorenfigur "erschafft", die dann aufgebaut und herumgereicht wird, bis sie sich auf dem Markt etabliert hat. Mal funktioniert das, mal nicht. Nur wenige können sich dabei dauerhaft etablieren. Das Verfahren hat sich in der Musikbranche als Gelddruckmaschine bewährt. In der Buchbranche ist das Kosten-Erlös-Verhältnis noch wesentlich lukrativer als bei Musik, auch wenn die Gesamtzielgruppe kleiner ist.

  • @ Doc


    Ich habe das Beispiel doch nur genommen, damit du es auch verstehst! :lache


    Aber es ist auch gar nicht abwegig.


    Wer vorgibt, in seinem Roman wichtige Tatsachen aufzudecken, gibt vor, ebenfalls nicht nur zur Unterhaltung zu schreiben, sondern investigativ tätig zu sein.


    Aber um auf deine Frage zurück zu kommen:


    Der Hype hat nichts mit der Qualität des Romans zu tun. Dennoch kann der Hype zum Gegenstand der Kritik werden, wenn man sich fragt, warum ein bestimmtes Buch einen solchen Erfolg hat, obwohl es sich rein literarisch gegenüber anderen Büchern nicht abhebt.


    Soll heißen: Es gibt unterschiedliche Gründe, warum ein Buch Erfolg haben kann. Die müssen nicht zwangsläufig mit dem Buch zu tun haben.

  • Hi Doc,


    als ich Illuminati las, war ich noch jünger als jetzt. Da hat er mir recht gut gefallen, weil er eben schnelle Handlungsabläufe hat, was man ja auch als spannend bezeichnen könnte.


    Im Laufe der Jahre habe ich jedoch meine Anprüche entwickelt - und ich schaue immer ganz genau, WIE ein Autor schreibt.


    ich habe mich damals mit Dan Brown nie befasst, fand aber das Buch bei genauerer Überprüfung grottenschlecht.


    Vom Schreibstil her auf Rumpelstilzchen-Niveau, und wenn es auf Spannung aufgebaut ist, dann nura us Fehler und bewussten Verdrehungen.


    Das ist meine Buchkritik. Ich finde es einfach scheiße, verstanden? ;-)


    Dann zu Dan Brown.


    Dan Brown ist einfach das Paradebeispiel eines geldzerfressenen Autors.


    Solche Exemplare sind verantwortlich, dass der Autorenstand den Bach runtergeht.


    Dieser sprang auf den Trend der "Verschwörungstheorie" auf, sagt dauerernd, von seiner Mission ähnlich besessen wie Bush, dass er genau recherchiert und seine Geschichten großteils der Wahrheit entsprechen.


    Das sind solche Autoren, die nicht wegen der Message schreiben, sondern wegen des Geldes.


    Und solche sind immer ganz vorne in den Bestsellerlisten, mit mehreren Büchern.


    Das ist eine schreckliche Misere, eine Tragödie für die Bücherbranche, aber anscheinend ist es den meisten egal.


    Aber mittlerweile ist es eh zu spät.


    Den Leuten ist es offensichtlich völlig egal, verarscht zu werden. Seichte Unterhaltung genügt, die Kritikfähigkeit der Menschen auszulöschen.


    Es genügt ein Name, dass die Menschen automatisch zu den Läden strömen.


    Die Menschen lassen sich gerne belügen.


    Orwell ist schon da. Und die Konzerne lachen sich über die dummen Leser ins Fäustchen.


    Ein leicht depressiver
    Historikus

  • Zitat

    Original von Iris
    Ich bin der felsenfesten Überzeugung, daß die Dinger ohne diesen vorherigen Deal über die Trademark Dan Brown als Kolportageautor für Weltverschwörungen niemals gedruckt worden wäre.


    Oooh...da lehnst Du Dich glaube ich ein bischen zu weit raus. Es gibt jede Menge Schund, der Monat für Monat die Auslagen füllt und gekauft wird - und das ganz ohne Hype.


    Zitat


    Und noch mehr bin ich davon überzeugt, daß die Vertragspartner vom Ausmaß des Erfolges völlig überrascht wurden -- denn sie agierten zunächst recht vorsichtig und stiegen erst richtig ein, als die Kiste lief.


    Aber das ist doch genau das, was Dyke über den Erfolg von Illuminati schon weiter oben geschrieben hat. Der Durchbruch kam erst, als die Leser das Ding durch Mund zu Mund Propaganda weiter empfohlen haben. Und gerade das hast Du doch bei Dykes Posting schlichtweg verneint. Oder versteh' ich da was total falsch??


    Zitat


    ...ein literarisches Kriterium ist sie selbstverständlich nicht.


    Siehste. Darauf wollte ich hinaus.


    Zitat

    Würden wir Kastner mit einem anderen weltweit erfolgreichen Autor vergleichen, sagen wir Thomas Gifford oder Scott McBain, wäre mir dabei wohler; denn Gifford und McBain war nicht von Anfang an Gegenstand einer Mordskampagne.


    Wobei McBain m. E. nach grottenschlecht schreibt und noch dazu den Leser langweilt. Da hilft der schönste Plot nicht. Lasst uns also Kastner mit McBain vergleichen, kein Problem. :-)


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Reden wir über Romane bzw. nachvollziehbare Kritik an solchen oder über Politik?


    Wie willst du das trennen? Jedes kulturelle Produkt hat eine Wirkung. Diese Wirkung ist ein integres, unabtrennbares Element des Werkes.


    Nehmen wir doch mal Maxim Billers Roman Esra, der auf Betreiben von Billers Ex-Freundin/Frau aus dem Verkehr gezogen wurde, weil die Dame sich in Negative überzeichnet, aber deutlich erkennbar porträtiert sah. Wenn das tatsächlich so ist, halte ich es für charakterlich mies, sich derart an seiner Ex zu revanchieren, indem man sie in aller Öffentlichkeit bloßstellt. Das wäre in meinen Augen zutiefst verwerflich! Und so blöd ist kein Schriftsteller, daß er ernsthaft glaubte, das sei bestenfalls unbewußt geschehen!
    Die Sache ist nicht ganz klar, aber den Aufschrei der Literaturwelt ("Zensur!") habe ich nicht völlig nachvollziehen können. Billers Ex-Partnerin ist keine öffentliche Person und niemand hat das Recht, sie gegen ihren Willen zu einer solchen zu machen -- auch nicht "versehentlich"! So ist die Rechtslage.


    Martin Walsers Tod eines Kritikers ist nicht nur ein literarisch leider mäßiger Roman, sondern auch eine kleinliche Abrechnung mit Marcel Reich-Ranicky, da kann er beteuern, was er will. Und dann lief die ganze Sache auch noch dermaßen unkoscher ab (Vorankündigung eines Skandals, Auftauchen der Druckdaten im Internet usw.)! Eine üble Geschichte, von der Walser sich so schnell nicht erholt. Was immer man über MRR denken mag: Ich kann mich des Verdachts einer üblen Marketingfinte nicht erwehren -- und ungeschickt war das Ganze obendrein!


    Diese Dinge spielen selbstverstündlich in die Kritik des Werkes hinain, weil man Werk und Autor einfach nicht völlig trennen kann; schließlich ist das Werk die Schöpfung des Autors, widerspiegelt (zumindest schemenhaft) seine Weltanschauung.

  • :wow ... nach Durchlesen dieses kompletten Threads ... :wow


    Erinnere mich bitte irgendjemand daran, dass ich mir in Zukunft eher die Finger abhacke, als mich in solchen Hype-Threads noch jemals wieder zu Wort zu melden.


    Danke
    Baumbart

  • Zitat

    Original von Baumbart
    :wow ... nach Durchlesen dieses kompletten Threads ... :wow


    Erinnere mich bitte irgendjemand daran, dass ich mir in Zukunft eher die Finger abhacke, als mich in solchen Hype-Threads noch jemals wieder zu Wort zu melden.


    Danke
    Baumbart


    Und .... ab die Hand! :lache

  • Zitat

    Erinnere mich bitte irgendjemand daran, dass ich mir in Zukunft eher die Finger abhacke, als mich in solchen Hype-Threads noch jemals wieder zu Wort zu melden.


    Wieder einmal völlig unnötig ...


    Warum müssen eigentlich immer die gleichen darüber schreiben, was sie über den Thread denken, ohne sich auf das Thema zu beziehen? ;-)


    Einfach nicht reinschauen - das habe ich auch schon gelernt.


    Zitat

    Und .... ab die Hand!


    Bravo! :lache


    Gruß

  • @ Doc @ Iris


    Ist euch beiden schon einmal der Gedanke gekommen, dass ihr hier auf keinen grünen Zweig kommt? Oder glaubt ihr, ihr hättet euch nur noch nicht richtig ausgedrückt, aber im nächsten Posting brächtet ihr endlich das überzeugende Argument?


    Man kommt nicht aus dem Hamsterrad, indem man schneller läuft. Nur anhalten hilft.


    Wiedersehen in einem andere Thread!

  • Zitat

    Original von Rabarat
    @ Doc @ Iris


    Ist euch beiden schon einmal der Gedanke gekommen, dass ihr hier auf keinen grünen Zweig kommt? Oder glaubt ihr, ihr hättet euch nur noch nicht richtig ausgedrückt, aber im nächsten Posting brächtet ihr endlich das überzeugende Argument?


    Wir müssen nicht unbedingt auf einen grünen Zweig kommen, ein Ast der uns beide trägt würde schon reichen. :-)


    Ich sehe das Topic und die vielen interessanten Beiträge dazu übrigens nicht als Hamsterrad. Manche Infos sind durchaus erhellend und tragen zumindest zu meinem besseren Verständnis der Thematik und der Diskutierenden bei. Was will man mehr?


    Gruss,


    Doc

  • Zitat

    Original von Historikus
    Ein weiterer Aspekt ist der Begriff spannende Unterhaltung.
    Dieser wird immer mehr mit "das muss richtig sein" in Verbindung gebracht.
    Wer kann mir diesen psychologischen Effekt erklären?


    Ich kann mir das nicht mal selbst erklären, geschweige denn anderen. Mir ist das unverständlich, wie man in einen Roman mehr hineininterpretiert (oder herausinterpretiert), als unterhaltenden Zeitvertreib. Falls ein Thema wirklich so interessant ist, daß man sachlich fundierte Infos haben möchte, muss man sich eh anderweitig schlaumachen...nicht in einem Roman.


    ABER das ist ein anderes Thema und wäre vielleicht ein eigenes Topic wert.


    Gruss,


    Doc