Spiegelkind - Alina Bronsky (ab 11 Jahren)

  • Inhalt:


    Julis Eltern haben sich vor einigen Monaten getrennt. Abwechselnd versorgen sie nun jeder eine Woche lang die fünfzehnjährige Juli und ihre beiden Geschwister. Als Juli eines Tages in einer Mutter-Woche stattdessen ihren Vater und eine völlig verwüstete Wohnung vorfindet, wird ihr klar, dass etwas nicht stimmen kann.


    „Ich lag unter meiner Decke und grübelte und hatte noch keine Ahnung, dass in dieser Nacht, in dieser Sekunde, in der ich nach Hause gekommen war und an Mamas Stelle Papa entdeckte, dass genau dann meine Welt begann sich auf den Kopf zu stellen. Es war nur eine leise Ahnung, dass mein Leben bis jetzt vielleicht gar nicht mein richtiges Leben gewesen war. Die Vorstellung machte mir Angst. Ich zog mir eine Decke über den Kopf, einen Vorhang über jene meiner Gedanken, die mich verstörten.“ (S. 19)


    Und dann passiert das unvorstellbare: Durch ihren Vater erfährt Juli, dass ihre Mutter eine Phee ist. Das Wort kennt Juli bisher nur als Schimpfwort oder als Bezeichnung von grausamen, verabscheuungswürdigen Wesen in Kinderbüchern. Und nun soll ihre Mutter eine Phee sein? Gemeinsam mit ihrer neuen Freundin Ksü versucht Juli mehr über die Pheen und damit auch über den Verbleib ihrer Mutter zu erfahren.


    Meine Meinung:


    Bekannt wurde die Autorin Alina Bronsky mit ihrem Jugendroman „Scherbenpark“. Als ich den Klappentext von „Spiegelkind“ gelesen habe, war ich zunächst überrascht. Ich hatte nicht damit gerechnet, von Frau Bronsky ein Jugendbuch zu lesen, das grob unter das Genre „Fantasy“ zu fallen scheint.


    Um all den Zweiflern an diesem Buch und dem Genrewechsel der Autorin direkt den Wind aus den Segeln zu nehmen: Ein Bronksy bleibt ein Bronsky, auch wenn die Geschichte mal fantastisch, mal fast märchenhaft wirkt.


    Denn neben dem Fantasy-Anteil weist dieses Buch immer noch einen gesellschaftskritischen Teil auf. Es wirkt sogar fast dystopisch:
    Die Welt, in der diese Geschichte spielt, ist mit der unseren nicht unbedingt zu vergleichen: Die Bevölkerung unterteilt sich in Freaks und Normale, wobei lange Zeit nicht klar ist, was überhaupt den Unterschied ausmacht. Alle Normalen sind mit Armbändern ausgestattet, auf denen sämtliche ihrer Daten gespeichert sind.
    Die Leute bleiben unter sich, haben kaum Kontakt zu anderen, geschweige denn, dass sich wahre Freundschaften bilden. Dieses Szenario bietet eine interessante Basis für den Rest der Geschichte.


    Der Schreibstil ist genauso gut, wie man es von Frau Bronsky gewohnt ist, zwar etwas weniger hart, aber immer noch mitreißend und fesselnd.


    Die Geschichte lebt für mich aber vor allem durch Ksü, die im Laufe der Geschichte Julis einzige Freundin wird. Ksü lässt sich in kein Schema stecken: sie sieht zwar aus wie ein Freak, kann sich aber benehmen wie eine Normale. Außerdem ist sie die beste Freundin, die man sich nur wünschen kann.


    Zum Ende hin wurde die Geschichte für meinen Geschmack etwas zu märchenhaft. Ich bin nun mal so gar keine Märchentante. Außerdem bleibt man mit einem ganz schönen Cliffhanger vor dem zugeklappten Buch sitzen, denn dies ist der erste Teil der Spiegel-Trilogie. Ich werde also mit Sicherheit den zweiten Band lesen, denn ich möchte unbedingt wissen, wie es mit Juli, Ksü und Ivan (Ksüs Bruder) weiter geht.


    Da mich das Buch gut unterhalten und der Genremix mich sehr fasziniert hat, vergebe ich 8 von 10 Sternen. Wenn jemand eine fantastische und gleichzeitig gesellschaftskritische Geschichte lesen möchte, die über lange Zeit ihre Geheimnisse verbirgt und den Leser dadurch neugierig über die Seiten fliegen lässt, sollte zu „Spiegelkind“ greifen.

  • KLAPPENTEXT:
    Im Leben der 15jährigen Juli ist alles geregelt. Auffallen ist gefährlich, wer der Norm nicht entspricht, wird verfolgt. Doch dann verschwindet Julis Mutter plötzlich spurlos und der Vater zittert vor Angst. Nach und nach kommt Juli hinter das Geheimnis ihrer Familie: Ihre Mutter ist eine der wenigen Pheen, die wegen ihrer besonderen Fähigkeiten in der Gesellschaft der totalen Normalität gefürchtet und verachtet werden. Gehört auch Juli bald zu den Ausgestoßenen? Zusammen mit ihrer neuen Freundin Ksü und deren Bruder Ivan macht sie sich auf eine gefährliche Suche - nach der verschwundenen Mutter, der verbotenen Welt der Pheen und der Wahrheit über sich selbst.


    ZUR AUTORIN:
    (Quelle: Arena)
    Alina Bronsky, Jahrgang 1978, war Medizinstudentin, Werbetexterin und Redakteurin bei einer Tageszeitung, bis sie eines Tages ein Manuskript an drei Verlage schickte und auf Anhieb die Zusage bekam. Ihr Debüt »Scherbenpark« gehörte zu den meist beachteten Debüts des Jahres 2008 und wurde für diverse Preise nominiert, darunter den Deutschen Jugendliteraturpreis. Ihr zweiter Roman »Die schärfsten Gerichte der tatarischen Küche« stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Die Rechte an Bronskys Romanen wurden in über zehn Länder verkauft, sie erscheinen unter anderem in den USA und Italien.


    EIGENE MEINUNG:
    „Spiegelkind“ habe ich gesehen und war, ohne einen Satz darin gelesen, schon sehr begeistert von dem Buch, denn der Buchumschlag ist so schön. Und nun, wo ich das Buch beendet habe, weiß ich, dass er, obwohl er „nur“ eine Art Wald aus bunten, schillernden Farben darstellt, der von einem silbrigem Netz durchzogen ist, genau das darstellt, was im Buch geschieht...
    Schon von der ersten Seit an hat mich Julis Geschichte so in ihren Bann gezogen, dass ich das Buch am liebsten in einem durch gelesen hätte. Alina Bronsky kreiert eine Welt, die auf den ersten Blick „normal“ bzw. unsrer Welt entspricht. Bei näherem Hinsehen bemerken wir, dass es tatsächlich Parallelen, aber auch einige Unterschiede gibt. „Normal“ wird in Julis Welt groß geschrieben. Doch was bedeutet „normal“ überhaupt? Für Juli bedeutet das: Brav zur Schule gehen, eine gute Ausbildung machen, nicht auffallen, sich der Masse anpassen. Obwohl ihre Mutter das nie so befürwortet hat, geht sie, wie von ihrem Vater gewünscht, ihrer Schulpflicht nach und besucht die örtliche Schule: das Lyzeum. Dort sind alle schwarz gekleidet. Mädchen tragen in der Regel einen Rock, Jungs Hosen.
    Ein wenig hat mich diese Art der Kleidung an Momos „graue Männer“ („Momo“ von Michael Ende) erinnert. Diese grauen Männer halten die Gesellschaft dazu an Zeit zu sparen und vor lauter Zeit sparen, vergessen die Menschen im Jetzt wirklich zu leben. So ähnlich geht es auch den Menschen in Julis Welt. Sie versuchen sich so ordentlich an die Norm anzupassen und an Gesetze zu halten, dass sie keinen Blick mehr für das außergewöhnliche haben. Auch nicht für Dinge, die nicht dem Alltag entsprechen, nicht der Norm entsprechen, die aber trotzdem jede Menge Spaß machen können. Das betrifft auch Menschen, die nicht den Kriterien der „Normalität“ entsprechen. Aber ist es nicht gerade die Vielfalt der Menschen, die Farbe ins Leben bringt?
    Auch Juli ist es gewohnt nach den Normen und Vorstellungen der Gesellschaft zu leben und so fällt ihr gar nicht auf, dass gerade in ihrer Familie viele Dinge nicht der „Normalität“ entsprechen. Anstand, Ordnung und Wissen werden (scheinbar) groß geschrieben. Allerdings wird das Wissen mit dem die Bürger ausgestattet werden schon in der Schule, aber auch von Julis Vater, strengstens kontrolliert. Erst als ihre Mutter scheinbar spurlos verschwindet und ihr Vater versucht diese Tatsache einfach unter den Tisch zu kehren, beginnt Juli Fragen zu stellen und deckt die Machenschaften und tückischen Geschäfte auf, die nicht nur mit Wissen, sondern auch anderen Lebensformen, getrieben werden.
    Ich muss sagen, Protagonistin Juli war mir anfangs nicht so ganz sympathisch. Ein wenig naiv, dabei aber dickköpfig und auch ein bisschen von sich selbst überzeugt, konnte ich mich erst im Laufe des Buches für sie erwärmen. Aufgrund der Erfahrungen die sie durchlebt, ändert sie sich allerdings zu einem deutlich sympathischeren Mädchen. Von Anfang an mochte ich ihre Geschwister. Kassie, die weniger mit dem ruhigen Wesen der Pheen, als viel mehr mit Kobolden gemein hat und immer genau weiß was sie will, und der stille und sensible Jaro haben so eine geheimnisvolle Aura, wie die Geschichte selbst.
    In der Schule lernt Juli die verrückt aussehende Ksü kennen, die ein Freak zu sein scheint. Freaks sind eine Gruppe, die von der Gesellschaft ausgeschlossen wird und vor der sich Juli eigentlich in Acht zu nehmen hat. Freaks sind bunt, dreckig und machen was sie wollen. Juli versucht Abstand von Ksü zu halten, doch niemand kann sich dem Charme und Mut des Mädchens mit der Schlangentätowierung entziehen und dank ihr lernt Juli nicht nur etwas über andere Menschen, sondern auch über ihre Wurzeln und vor allem über sich selbst. Sie lernt, dass vieles nicht so ist, wie es scheint und dass es wichtig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden.
    Alina Bronsky hat eine tolle Schreibe, die bildlich und fesselnd ist. Schon von ihrem Debütroman „Scherbenpark“ war ich sehr begeistert, obwohl der noch ein anderes Thema behandelt und daher auch mit Worten anderer Art ausgestattet ist. Anfangs dachte ich mich erwartet eine Dystopie, wie es zur Zeit viele auf dem Büchermarkt gibt. Doch „Spiegelkind“ ist nicht wie andere Dystopien. Autorin Alina Bronsky kritisiert in ihrer Geschichte zwar eine Gesellschaft die möchte, dass alle Menschen unter Kontrolle sind und einer bestimmten Norm entsprechen, was eben dieser Gesellschaft den bitteren Beigeschmack des Nationalsozialismus gibt. Sie mischt dies aber gekonnt mit Elementen aus Fantasyabenteuern und verpasst dem Ganzen noch einen Hauch märchenhaftes, was der Geschichte eine besonders zauberhafte Note gibt. Ein böser Cliffhanger, der mindestens so viele Geheimnisse hinterlässt, wie Juli und Ksü zuvor aufgedeckt haben, verspricht uns spannende Folgebände, in denen wir hoffentlich noch mehr über Pheen, Inspiros und besondere Fähigkeiten erfahren.


    FAZIT:
    „Spiegelkind“ ist ein Jugendbuch, das so viel beinhaltet, das den Leser in seinen Bann zieht: Dystopische Gesellschaft, märchenhaftes Ambiente und die Frage nach richtig oder falsch machen Alina Bronskys neusten Geniestreich zu einem spannenden und sehr fesselnden Roman.

  • „Was ist sie? Krank?“
    „Schlimmer, Juli. Viel schlimmer. Stell dich doch nicht so dumm. Sie ist…“
    „Was ist sie?“ Ich brüllte fast. Mein Vater schloss die Augen. Erst dann ging es ihm, wenn auch sehr mühsam, über die Lippen.
    „Deine Mutter, Juli, ist eine Phee.“
    Inhalt:
    Im Leben der 15-jährigen Juli ist alles geregelt. Auffallen ist gefährlich, wer der Norm nicht entspricht, wird verfolgt. Doch dann verschwindet Julis Mutter plötzlich spurlos und der Vater zittert vor Angst. Nach und nach kommt Juli hinter das Geheimnis ihrer Familie: Ihre Mutter ist eine der wenigen Pheen, die wegen ihrer besonderen Fähigkeiten in der Gesellschaft der totalen Normalität gefürchtet und verachtet werden. Gehört auch Juli bald zu den Ausgestoßenen? Zusammen mit ihrer neuen Freundin Ksü und deren Bruder Ivan macht sie sich auf eine gefährliche Suche – nach der verschwundenen Mutter, der verbotenen Welt und der Wahrheit über sich selbst.


    Buch:
    Das erste was mich ein wenig stutzig gemacht hat, war das Wort Phee. Bisher kannte ich nur Feen und das sind eigentlich immer zauberhafte und magische Wesen, meist sehr beliebt und geachtet. Nicht so bei den Pheen in diesem Buch. Hier ist eine Phee ein böses, schmutziges und grausames Wesen, was keinerlei Rechte besitzt. In dem Buch gibt es drei Arten von "Menschen": Die Pheen (schmutzige grausame Wesen ohne Rechte), die Freaks (die nur hinter den Pheen her sind, aber sich nicht mit ihnen paaren dürfen) und die Normalen. Erst dachte ich, die Geschichte spielt im Hier und Jetzt, aber nach kurzer Zeit stellte ich fest, dass die Geschichte mehr in der Zukunft spielt. Jeder (normale) hat eine Nummer in der das ganze Leben eingespeichert ist. Ich war vom Leben der Normalen ziemlich erschrocken, weil jeder auch sich selbst gestellt ist, niemand hilfsbereit ist und es Freunde eigentlich gar nicht gibt.


    Schreibweise:
    Ich finde das Buch sehr flüssig geschrieben. Es ist leicht zu lesen und ist in kurze Kapitel unterteilt, was ich besonders gerne mag.


    Fazit:
    Mir gefällt das Buch sehr gut. Es ist eine ganz neue Art von "Phee" und eine neue Geschichte. Es gab kurz Stellen, wo die Spannung eher wenig vorhanden war, aber ich konnte es selten aus der Hand legen. Das Ende war sehr schnell da und ich war ziemlich überrumpelt vom Ende selbst. Deshalb freue ich mich auf Band zwei (von drei) den ich mir auf jeden Fall besorgen werde.

  • Der Inhalt:


    In Julies Leben ist alles geregelt. Dann dann verschwindet eines Tages plötzlich ihre Mutter und ihr Vater versucht dies herunter zuspielen. Plötzlich steht das Leben der 15-jährigen Kopf und sie merkt zum ersten mal das auffallen gefährlich ist, wenn man nicht der Norm entspricht. Julie macht sich gemeinsam mit ihrer neuen Freundin Ksü und ihrem Bruder auf die Suche nach ihrer Mutter und stößt sehr bald auf ein Geheimnis. Ihre Mutter ist eine der wenigen Pheen, die wegen ihrer besonderen Fähigkeiten in der Gesellschaft der totalen Normalität gefürchtet und verachtet werden. Wird sie ihre Mutter noch rechtzeitig finden, bevor sie selbst zu den Ausgestoßenen gilt?


    Meine Meinung:


    Die 15-jährige Julie ist ein ganz normales Mädchen. Sie geht auf eine angesehene Privatschule, dem Lyzeum und ihre Eltern wechseln sich wöchentlich mit der Erziehung, seid ihrer Scheidung ab. Doch dann verschwindet plötzlich ihre Mutter und Julie erkennt das ihr Vater mehr weiß als er zugeben will.


    Spiegelkind ist der Auftakt einer Dystopie aus der Feder von Alina Bronsky. Das Buch spielt in einer Welt voller Überwachung und Kontrolle. Alles was auch nur minimal von der Norm abweicht, wird bestraft oder ausgeschlossen. So auch die Pheen, übernatürliche Wesen mit besonderen Fähigkeiten die in der Gesellschaft gefürchtet werden. Die Welt, die die Autorin geschaffen hat wirkte zwar real, allerdings fehlten mir diverse Details. Zum Beispiel in welchen Jahr sie spielt oder warum die Gesellschaft so geworden ist. Auch fehlten mir eindeutig Hintergrundinformationen über die Pheen. Man erfährt zwar, dass sie von der Gesellschaft als gefährlich angesehen werden und keine Rechte haben, aber mich hätte interessiert warum das so ist und was die Pheen so böses getan haben. Immer wieder werden während des Lesens Fragen aufgeworfen, die unbeantwortet bleiben und für mich sind das eindeutig zu viele unbeantwortete.


    Auch den Charakteren fehlte es eindeutig an Tiefgang und sie wirkten auf mich eher platt und unwirklich. Während ich die Handlungen von Julie, Ksü und Ivan noch teilweise nachvollziehen konnte, hatte ich bei ihrem Vater und ihrer Großmutter starke Zweifel an ihren Handlungen und Absichten.
    Auch der Schreibstil des Buches hat einen negativen Beigeschmack bei mir hinterlassen. Es war zwar locker und flüssig zu lesen, allerdings wird es in der ersten Hälfte in der Vergangenheit erzählt und wechselt dann plötzlich in die Gegenwart. Hier hätte ich mir eine einheitliche Erzähl-form sehr gewünscht.


    Trotz der gerade aufgeführten Mängel finde ich das die Geschichte durchaus Potenzial hat, dies allerdings nicht richtig ausgereizt oder ausgearbeitet wurde. Der Mix aus Dystopie und Fantasy hat mir auch sehr gut gefallen, allerdings fehlte hier eindeutige die notwendige Tiefe um die Geschichte zu einem Highlight zu machen. Auch war es mir von vorn herein nicht ersichtlich das es sich hierbei um eine Trilogie handelt und ich bin mir gerade nicht so sicher ob ich mir die anderen zwei Bände kaufen werde.


    Mein Fazit:


    Spiegelkind hat eindeutig Potential, das aber nicht ausgereizt wurde. Deswegen dominiert es mit einer platten Story, Charaktere die oberflächliche wirken und am Ende mehr offenen Fragen als beantwortenden. Auch der Punkt das es sich hierbei um einen Auftakt einer Dystopischen Reihe handelt war von Beginn an nicht ersichtlich und ich bezweifle das ich mich, nachdem ich diesen Auftakt gelesen habe, dazu aufraffen kann mir die Folgebände zu kaufen.

  • Normalität ist der Alltag und das oberste Gebot. Man darf weder durch sein Äußeres, noch durch sein Verhalten auffallen, denn das tun sonst nur die Freaks. Und die sind der Bodensatz der Gesellschaft, denn nur die Normalen haben alle Rechte. Sie tragen ein kleines Metallarmband, mit dem sie sich ausweisen oder bezahlen können. Auch Juli hat so ein Armband. Ihr Vater hat einen guten Job und ihre Mutter ist meistens für sich und malt am liebsten ihre Quadren.


    Doch eines Tages kommt Juli früher nach Hause und findet die Wohnung verwüstet vor. Von ihrer Mutter Laura gibt es keine Spur und ihr Vater und die Polizei zeigen keinerlei Bemühen, ihre Mutter aufzufinden. Juli ist völlig aufgewühlt und weiss nicht, was sie nun machen soll. Obendrein wird sie auch noch im Lyceum für eine neue Mitschülerin, die so wie sie aussieht eigentlich nur ein Freak sein kann, zu einer Patenschaft zwangsverpflichtet. Aus anfänglicher Abneigung wird aber schnell Freundschaft und Juli staunt nicht schlecht, welche Freiheiten Ksü alle geniesst. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach ihrer Mutter und entdecken dabei, dass diese ihre Kinder nicht freiwillig verlassen hat, sondern in allerletzter Sekunde flüchten konnte. Denn Laura ist eine Phee mit besonderen Fähigkeiten ohne nennenswerte Rechte unter den Normalen. Man wollte sie verschwinden lassen, doch in letzter Sekunde konnte sie sich retten. Doch wo steckt sie jetzt? Und was bedeutet das alles für Juli und ihre beiden Geschwister? Haben auch sie jetzt magische Fähigkeiten?


    Alina Bronskys im Arena Verlag erschienene Roman "Spiegelkind" ist der Auftakt eines fantastischen Mehrteilers. Die Geschichte ist nicht nur ausgesprochen spannend, sondern kann auch mit sympathischen Charakteren aufwarten. Insbesondere die Protagonistin Juli, die dem Leser durch die Erzählung in der ersten Person aus ihrer Sicht besonders nahegebracht wird, hat es einem sehr schnell angetan und zieht mich hinein in eine wundervoll kreierte Geschichte.


    Juli fühlt sich als Teil der normalen Welt bis zu dem Zeitpunkt des Verschwindens ihrer Mutter. Fortan bricht eine Welt für sie zusammen und sie findet sich in einem furchtbaren Chaos wieder. War alles, woran sie bisher geglaubt hatte, gelogen? Sie fühlt sich, als würde sie gerade erst die Welt begreifen, so lange hat sie unter dem geschützten Kokon gelebt, den ihre Mutter für sie geschaffen hat. Doch ihr Erwachen bringt auch Gefahren mit sich, denn ihre Unwissenheit lässt sie Schritte machen, denen besser eine reife Überlegung vorangegangen wäre. Ihr einziger Halt sind die unglaubliche Ksü mit dem Schlangentattoo und ihr attraktiver und zurückhaltender Bruder Ivan. Vor allem Ksü ist mir dabei immer mehr mit ihrer fröhlichen und leichten Art ans Herz gewachsen und hat sich durch ihr Verhalten, das keinesfalls selbstverständlich ist, nach und nach meine Hochachtung verdient. Trotz allem, was ihr bereits widerfahren ist und auch noch aufgrund ihrer Andersartigkeit von ihren Mitmenschen widerfährt, ist sie stets hilfsbereit und eine gute Freundin für Juli. Dieser fällt es schwer aus dem langjährigen, oberflächlichen Denken und Handeln der Normalen auszubrechen, aber zum Glück, scheint sie das Herz auf dem rechten Fleck zu haben.


    "Spiegelkind" ist eine gelungene Kombination aus Jugendfantasybuch und Dystopie. Zu gerne hätte ich noch mehr über ihre Geschwister oder Ksü und Ivan erfahren, aber ich hoffe, dass die Autorin mir meinen Wunsch mit dem noch in diesem Monat erscheinenen Folgeband "Spiegelriss" erfüllt. Letztendlich beschäftigt mich natürlich auch die eine große Frage, die sich urplötzlich und unerwartet am Ende des Buches stellt und ich hoffe sehr, auch darüber bald mehr erfahren zu dürfen. Gut gefallen in diesem Roman hat mir auch, dass die Protagonistin hier mal nicht die toughe und unerschrockene Heldin ist, die nur Augen für ihren Angebeteten hat, sondern eine eher verängstigte 15-jährige ist, die plötzlich aus ihren Träumen gerissen wird und nun mit der nackten Realität klarkommen muss. Versteht mich nicht falsch, ich mag auch die andere Sorte Charakter, aber das hätte einfach nicht zu Juli gepasst und ich finde es schön, dass die Autorin hier so stimmige Charaktere geschaffen hat, die sich durchgehend treu bleiben. "Spiegelkind" konnte mich durchgehend fesseln und verdient mit seiner gut durchdachten Kompositon eine klare Leseempfehlung von mir.

    Es wäre gut Bücher kaufen, wenn man die Zeit, sie zu lesen, mitkaufen könnte, aber man verwechselt meistens den Ankauf der Bücher mit dem Aneignen ihres Inhalts.
    Arthur Schopenhauer (1788-1860)


    :lesend

  • Von Alina Bronskys ersten beiden Romanen war ich sehr angetan, dieses ist ihr 3.Roman, diesmal für Jugendliche. Die Sprache und der Ton der Erzählerin in diesem Jugendroman ist nicht von sarkastischer Eleganz geprägt wie in "Die schärftsen Gerichte der tartarischen Küche", sondern neutral erzählend, gut verständlich, doch nicht ohne Witz.
    Ein Mädchen erzählt aus der Ich-Perspektive vom Verschwinden seiner Mutter, vom merkwürdigen Verhalten ihres Vaters und der Polizei, von der Angst, ausgegrenzt zu werden in ihrer Schule, einem Elite-Lyzeum. Immer mehr seltsame kleine Begebenheiten machen schon recht früh klar: hier stimmt etwas nicht. Das macht es spannend, der Roman ist gut aufgebaut, bis auf einen kleinen handwerklichen Fehler innerhalb einer Vater-Tochter-Szene, der mich etwas irritierte. Dass das Geschehen zunehmend mehr fantastische Züge bekommt und auch in Richtung Science-Fiktion tendiert, hat mich gewundert. Alina Bronskys frühere Romane beeinhalten knallharte Sozialkritik, die in ihrem zweiten Roman (Die schärfsten Gerichte...) dank ironisch-sarkastischer Zuspitzung zum Lachen reizt, das einem dann aber im Halse steckenbleibt, wobei die Handlung aber nie ins Fantastische ausweicht.
    Die Hauptfiguren in "Spiegelkind" waren mir sympathisch, besonders die freundschaft zwischen Juli und Ksü hat es mir angetan. Die Handlung ist bewegt und der Roman spannend genug, um nicht aufhören zu können, ich war sehr angetan. Doch etwa in der Mitte des Romanes wird den Lesern ein Bär aufgebunden, die Glaubwürdigkeit leidet dadurch, ich empfand dies als Wechsel ins Märchenhafte zu schlicht und empfand dies als Wechsel zu einem Kinerbuch. Zwar habe ich das Buch zu Ende gelesen, und mir gefiel es insgesamt dennoch gut, doch letztendlich blieb es nette Unterhaltung, da eine realitätsnahe Auseinandersetzung mit der schwerwiegenden Frage, wie Jugendliche und Erwachsene sich verhalten und sich retten können in einer Welt, in der Diskriminierung, Kontrolle und Machtmissbrauch das Programm der Regierung und ihrer Institutionen zu sein scheint, nicht stattfindet. Denn an entscheidenden Punkten der Auseinandersetzung wird die Flucht ins Fantastische angetreten.


    Als Jugendbuch kann ich es trotzdem empfehlen, denn auf jeden Fall ist es eine unterhaltsame und spannende Lektüre mit rasantem Tempo, märchenhaften Elementen, aber auch brisanter Gesellschaftskritik im Fantasygewand, in der Freundschaft und das Zusammenhalten in Mobbing- und Kontroll-Situationen eine große Rolle spielen. Ob Jugendliche den Sprung ins Märchenhafte allerdings an jedem Punkt mitmachen, kommt sicher ganz darauf an, wie diejenige/derjenige zu Märchen und Märchenhaftem steht.


    Nachtrag: Da ich inzwischen den zweiten Band gelesen habe, erscheint mir das, was ich hier kritisiert habe, in einem anderen Licht. Die märchenhaften Elemente werden tragend und erhalten eine tiefere Bedeutung, die ich so nicht erwartet hätte. Als
    Einheit gesehen würde ich Spiegelkind und Spiegelriss mit 10 Punkten bewerten.

  • Ich muss gestehen: Ich bin allgemein kein Fan von Dystopien. Da “Spiegelkind” jedoch sehr gut klang, wollte ich dem Buch unbedingt eine Chance geben, doch leider war dies ein Fehler, denn ich hatte große Mühe, mich auf die Geschichte einlassen zu können.


    Leider konnten mich weder die Handlung, noch die Charaktere packen, sehr schade, denn ich habe gehofft, dass ich mich zumindest halbwegs mit dem Buch anfreunden könnte. “Spiegelkind” ist an sich nicht schlecht, nur leider gab es keine einzige Sache, bzw. kein einziger Charakter, der mich wirklich an sich binden konnte. Die Geschichte ist stellenweise zu rasant für mich und konnte mich leider nicht unterhalten. Wäre sie ein wenig ruhiger gewesen und hätte sich die Autorin etwas mehr den Charakteren gewidmet, wäre ich vielleicht ein bisschen offener für die Geschichte gewesen.


    Die Gesellschaft, in der Juli lebt, ist an sich ganz interessant, nur leider wurden auch hier die vielen Möglichkeiten nicht so genutzt, wie man es eventuell im Vorfeld erhoffen konnte. Die Geschichte wirkt unglaublich blass, was ich sehr schade finde, denn das hat die Handlung an sich eigentlich nicht verdient. Es ist mir klar, dass ein Auftakt einer Reihe, bzw. Trilogie oftmals schwach ist, da viel erklärt werden muss, aber dies war mir dann doch eine Spur zu viel. Das Verschwinden der Mutter ist an sich ein gutes Element, allerdings nicht unbedingt das Gelbe vom Ei. Auch da wurden die gegebenen Möglichkeiten einfach nicht genutzt.


    Selbst der an sich recht gute Schreibstil konnte mich mit dem Buch nicht versöhnen. Da ich noch weitere ungelesene Bücher von Alina Bronsky besitze, möchte ich die Autorin jedoch noch nicht komplett abschreiben. Ich hoffe, dass mich “Scherbenpark” besser unterhalten kann.


    Auf Seite 149 war für mich Schluss, denn ich habe selten so sehr mit einem Buch gekämpft. Schade, aber manchmal soll es einfach nicht sein. “Spiegelkind” ist der Auftakt der Spiegel-Trilogie.


    :lesend