Pamela Menzel: Das Haus in der Normandie

  • Nina hat genug. Nach einem Streit mit ihrem Freund Mark, wo es mal wieder um die Familienplanung ging, hat sie kurzer Hand ihre Sachen gepackt, drei Wochen Urlaub genommen und ist Richtung Normandie verschwunden. Mitten in der Hochsaison. Das sie nicht ihr geliebtes Haus bekommt, sondern ein teureres Exemplar nimmt sie billigend in Kauf. Doch statt Ruhe zum Nachdenken erwarten die junge Frau und ihren Hund mysteriöse Dinge. Ein Mann der täglich ums Grundstück schleicht, beängstigende Geräusche im Haus, das Gefühl, dass sie Beobachtet wird und dazu noch ein völlig verängstigter Hund. Als sie kurz darauf alte vergrabene Briefe aus dem zweiten Weltkrieg findet, setzt sich das Puzzle nach und nach zusammen. Nina setzt alles daran das dunkle Geheimnis aufzudecken. (Eigene Angaben)


    ===Sarahs Meinung===
    Pamela Menzel ist eine Autorin, die mich mit ihrem ersten Roman „Gehe ich zu meiner Beerdigung“ gänzlich überzeugt hat. Dementsprechend bin ich mir bewusst, zu welchen Höchstleistungen die Autorin bereit ist. Vom Liebesgenre hat sie nun auf die unheimliche Seite gewechselt, und auch damit meinen eigentlichen Geschmack getroffen.


    Die eigentliche Idee hat mich sofort begeistert und bietet ein gruseliges Material, welches nur richtig ausgebaut werden muss. Das Grundthema, die Liebe zwischen einem Deutschen und einer Französin im zweiten Weltkrieg bietet in vielerlei Hinsicht ausreichend Stoff für eine Geschichte. Leider ist die Umsetzung dieses Mal nicht so geglückt, wie ich es von Pamela Menzel gewohnt bin.


    Es beginnt schon mit dem Einstieg. Sieht man einmal von einigen kleinen Tipp-Fehlern ab, die auch bei renommierten Verlagen und Autoren vorkommen, kommt die Geschichte anfänglich nicht in richtig in Fahrt. Die ersten Seiten, wo der Leser die Hintergründe für den Urlaub und somit die Protagonistin Nina kennenlernen, lassen noch großes hoffen. Anschaulich, ausdrucksstark und logisch lässt sie die Figur in die Handlung einfließen. Ich hatte das Gefühl sie zu verstehen und sogar ein Stück weit zu kennen. Doch danach begeht die Autorin den schweren Fehler und verliert sich in langatmigen Beschreiben. Ganze vier Seiten wird das Urlaubs-Domizil beschrieben. Auf der einen Seite ist der Gedanke nicht zu verachten. So weiß der Leser später genau, wo er sich befindet, kann Situationen besser nachvollziehen und wird bei spannungsgeladenen Stellen nicht mit neuen Beschreibungen gestört. Auf der anderen Seite werden so viele Informationen preisgegeben, dass ich für meinen Teil auch nach dem zweiten Lesen nur die Hälfte behalten konnte. Jeder Raum wird mit wichtigen und unwichtigen Details geschildert. Weniger wäre hier besser gewesen.


    Das Grundstück maß in der Breite gute 100 Meter, in der Tiefe musste es mindestens das Doppelte sein und mittendrin thronte das Haus. (Zitat. S. 14)


    Diese langatmigen Beschreibungen werden im Laufe des Buches leider nicht weniger. In Situationen, wo Pamela Menzel versucht Panik hervorzurufen, gelingt es ihr durch die Langatmigkeit in den einzelnen Sätzen nur minimal. Ich konnte erahnen, worauf sie hinaus wollte, jedoch wurde dies nicht im Geringsten umgesetzt. Dazu kommt, dass sie durch unlogische Gedankengänge Spannung verliert. Ein gutes Beispiel ist die Situation als Nina mit ihrem Hund im Garten ist, der Hund sich zu Tode ängstigt und auch Nina sich unwohl in ihrer Haut fühlt. Sie rennt panisch nach Hause und verbarrikadiert sich im Inneren, um wenige Minuten später alles herunterzuspielen und mit ihrem Hund für einen Spaziergang nach draußen zu gehen. Erst dachte ich, dass ich was überlesen habe, aber wenig später heißt es


    Es kam mir vor wie ein Déjà-vu. Erst vor wenigen Stunden stand ich exakt an der gleichen Stelle, schwer atmend und zitternd vor lauter Panik an die Haustür gelehnt. (Zitat S. 28)


    Damit war für mich klar, dass ich nichts überlesen hatte und sie tatsächlich vorher panische Angst hatte, um dann wenig später erneut voller Panik ins Haus zu laufen. Mich verwirrte diese Logik so stark, dass ich sogar meinen Mann fragte, wie er beim ersten Mal reagiert hätte, und selbst ein gestandener Mann wäre nicht binnen weniger Minuten wieder nach draußen gegangen. Und das ist nur ein Beispiel, wo ich die Handlungsweise der Protagonistin nicht nachvollziehen konnte. Zum Beispiel findet sie ein altes Kästchen bevor sie erneut vor Beklommenheit fürchtet. Trotz großer Neugier öffnet sie das Kästchen nicht sofort. In einer anderen Situation beobachte sie einen Mann, der ihr Haus schon mehrfach belauert hat. Statt ihn anzusprechen drängt sie sich vorbei zum Haus. Durch solche naiven und unlogischen Situationen war mir die Protagonistin schon nach rund 40 Seiten gänzlich unsympathisch.


    Mit dem Öffnen der Kiste löst sich dann auch schon das Geheimnis. Wer auch nur im Ansatz denken kann, weiß nun wie die Geschichte verlaufen wird. Damit ist sämtlicher Schrecken verschwunden. Zumal die Briefe dem Buch eher einen Hauch von Drama oder historischen Keim beinhalten. Zwar gibt sich die Autorin wirklich Mühe mit kleinen Überraschungen und bedrohenden und schauerlichen Situationen ein Gefühl von Grusel hervorzurufen, aber dies gelingt ihr nur minimal. Dementsprechend dümpelt die Geschichte mit geringen Höhepunkten und Spannungsanstiegen vor sich hin, bis das erwartete Ende auch eintrifft. Zwar ist die Idee mysteriös, aber die von der Autorin angekündigte „Gruselgänsehaut beim Lesen“ fehlt. Und zu einem guten Mystery-Buch gehört eben auch eine gewisse Spannung. Da reicht es nicht eine alte Liebesgeschichte, einen unheimlichen Mann, Geräusche und ähnliches heranzuziehen.


    Auch wenn ich die Autorin persönlich mag, bin ich der Meinung, dass sie in der Praxis eher für romantische Werke geeignet ist. Obwohl mich ihre Idee komplett fasziniert hat, merke man doch im mittleren Teil, als es um die verbotene Liebesgeschichte ging, dass hier ihre Stärke liegt.


    Im Großen und Ganzen konnte mich das Werk leider überhaupt nicht überzeugen. Der Gruselfaktor war fast gleich null. In Kombination durch den langatmigen Stil, der unsympathischen Protagonistin und dem vorhersehbaren Schluss, gehörte dieses Buch leider mit zu den schlechtesten Gruselromanen seit Jahren. Das genaue Gegenteil zu ihrer ersten Lektüre, und kein Vergleich zu den Mystery-Werken von King, Sinclaire oder den Mystery Werken, wie Ghostwhisperer, Medium oder gar Akte X.


    Bevor nun jemand denkt, ich wüsste nicht, zwischen Mystery und Horror unterscheiden. Der Unterschied liegt in der Regel darin, dass bei Mystery die Personen und ihre Emotionen mehr im Vordergrund stehen, während beim Horror mehr auf Gruselfaktor gesetzt wird. Ein gutes Beispiel dafür ist „Das Bild“ von King. Als bekannter Horror-Autor wird dieses Werk jedoch gerne als Mystery-Buch gehandelt.

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