Hallo zusammen!
Bin auch wieder dabei - wenn auch staubedingt ein wenig später... Hätte ehrlich nicht gedacht, dass ich heute überhaupt noch mal zu Hause ankomme...
Leserundenvorschlag ab 01. April 2012 "Mord unter den Linden" mit Autor
-
-
In welche Phase fällt - im Hinblick auf das Sozialistengesetz - die Romanhandlung? Und was glaubt ihr, welche Stimmung damals in der Bevölkerung vorherrschte?
-
Zitat
Original von Tim Pieper
Ok, hier eine kurze Definition.Sozialistengesetz – Das S. wurde am 19. Oktober 1878 vom Reichstag verabschiedet. Es sollte Bismarck dazu dienen, die als gemeingefährlich eingestufte Sozialdemokratie zu zerschlagen. Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), sozialistische Vereine, Versammlungen und Druckschriften wurden verboten.
Am 25. Januar 1890 scheiterte Bismarck mit seinem Versuch, das Sozialistengesetz im Reichstag ein fünftes Mal zu verlängern. Es wurde entschieden, dass die Wirksamkeit des Sozialistengesetzes am 30. September 1890 auslaufen sollte.
Soweit bin ich im Buch auch schon.
Das Gesetz läuft unter anderem deshalb aus, weil es nichts gebracht hat bzw. weil verbotene Dinge viel interessanter sind als erlaubte. Der ZUwachs bei den Sozialisten war trotz Verbot enorm. -
Hallo LeseBär Super, dass du es noch geschafft hast.
-
Zitat
gemeingefährlich eingestufte Sozialdemokratie
heftig, wenn man sich das heute vorstellt
-
Zitat
Original von Tim Pieper
In welche Phase fällt - im Hinblick auf das Sozialistengesetz - die Romanhandlung? Und was glaubt ihr, welche Stimmung damals in der Bevölkerung vorherrschte?
Im Prinzip der Beginn der Zeit des Umbruchs - daß die Menschen vielleicht die Sozis eben nicht mehr als gemeingefährlich ansahen. Sich ihren Ansichten eher näherten. Und eben auch wie erwähnt, der Reiz des Verbotenem. -
Super, Kissy. Du bist eine wirklich aufmerksame Leserin.
-
Johanna
Ja, genau. Auf jeden Fall war es eine Zeit des Umbruchs.Die Romanhandlung fällt in die Zeit zwischen den 25. Januar 1890 (Entscheidung über die Nichtverlängerung des S.) und den 30. September 1890 (Auslaufen der Wirksamkeit des S.).
In den politischen Lagern herrschte ganz allgemein folgende Stimmung vor:
Die konservativen Kräfte um Bismarck hatten die Wirksamkeit des Sozialistengesetzes ohnehin verlängern wollen und waren über die Ablehnung ihres Antrages verärgert. Außerdem fürchteten sie, dass die Arbeiterbewegung durch die Aufhebung des Sozialistengesetzes zu mächtig werden und sich nicht mehr kontrollieren lassen würde.Viele der bürgerlichen Abgeordneten hatten der Verlängerung nicht zugestimmt, weil sie der Meinung waren, dass das Sozialistengesetz kein geeignetes Instrument zur Unterdrückung der Arbeiterbewegung sei. (Zur Info: beim Erlass des Sozialistengesetzes besaß die SAP 437 158 Wahlstimmen, 42 politische Blätter, 50000 Gewerkschaftsmitglieder; beim Erlöschen 1 427 298 Wahlstimmen, 60 politische Blätter und 200 000 Gewerkschaftsmitglieder.) Die bürgerlichen Abgeordneten waren nach wie vor Gegner der Sozialdemokratie, aber erhofften sich von der Aufhebung des Sozialistengesetzes nun einen Rückgang der Wählerstimmen frei nach dem Motto: Was erlaubt ist, ist nicht mehr so interessant. Trotzdem konnten sie natürlich nicht voraussehen, ob ihr Kalkül aufgehen und was nach dem 30.9.1890 geschehen würde. Auch sie fürchteten sich vor einer Zunahme des politischen Einflusses der SAP.
Die Arbeiter und ihre Angehörigen hingegen hatten die jahrelangen Entbehrungen und Unterdrückungen durch die Machthaber weder vergessen, noch verziehen. Ihnen waren die langen Haftstrafen, die Ausweisungen und die Bespitzelungen noch sehr gegenwärtig. Viele von den Arbeitern dürstete es nach Rache, viele von ihnen wollten es den einstigen Peinigern endlich heimzahlen. Und die Aufhebung des Sozialistengesetzes bot ihnen endlich einen größeren Handlungsspielraum.
Aus diesem Spannungsfeld erklärt sich auch die Revolutionsfurcht, die in Teilen der Bevölkerung vorherrschte. In den gehobenen Kreisen wurde ohnehin kein Unterschied zwischen Anarchisten, Sozialisten und Gewerkschaftern gemacht. Für sie waren alle Proletarier potentielle Unruhestifter, die auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken würden.
-
Zitat
Original von Johanna
heftig, wenn man sich das heute vorstellt
Hihi, das wärs
ZitatOriginal von Tim Pieper
In welche Phase fällt - im Hinblick auf das Sozialistengesetz - die Romanhandlung? Und was glaubt ihr, welche Stimmung damals in der Bevölkerung vorherrschte?Da auf meinem Buch ein schöner goldener Aufkleber klebt, auf dem "Berlin 1890" drauf steht, ist deine Frage nicht schwer zu beantworten Das Sozialistengesetz ist kurz vor dem Auslaufen.
In der Zeit wurden viele Vereine gegründet, Massenorganisation. Ich denke, viele vom "normalen Volk" haben sich auch politisch engagieren wollen.
-
Zitat
Original von Tim Pieper
Hallo LeseBär Super, dass du es noch geschafft hast.Find ich auch!
ZitatOriginal von Tim Pieper
In welche Phase fällt - im Hinblick auf das Sozialistengesetz - die Romanhandlung? Und was glaubt ihr, welche Stimmung damals in der Bevölkerung vorherrschte?Vermutlich in einer Phase, in der sich die Bevölkerung immer mehr mit den Sozialisten auseinandersetzt (auseinandersetzen muss?), da sich die Sozialistenbewegung immer mehr verbreitet. Die Stimmung dürfte zweigeteilt sein: Auf der einen Seite diejenigen, die stets an bekannten Strukturen festhalten, also konservativ eingestellt sind (wie z.B. Grabow) und andererseits die aufgeklärten Personen, die fortschrittlicher denken (wie Sanftleben).
-
Zitat
Original von Tim Pieper
In den gehobenen Kreisen wurde ohnehin kein Unterschied zwischen Anarchisten, Sozialisten und Gewerkschaftern gemacht. Für sie waren alle Proletarier potentielle Unruhestifter, die auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken würden.Und dieses Nichtwissen, das hier kein Unterschied gemacht wird, das ist das Problem...
-
Irgendwann zu der Zeit wurde doch auch die SPD gegründet, oder?
-
-
-
Zitat
Original von JaneDoe
Irgendwann zu der Zeit wurde doch auch die SPD gegründet, oder?Ist die nicht aus der SAP hervorgegangen?
-
Zitat
Original von Tim Pieper
In den gehobenen Kreisen wurde ohnehin kein Unterschied zwischen Anarchisten, Sozialisten und Gewerkschaftern gemacht. Für sie waren alle Proletarier potentielle Unruhestifter, die auch vor Gewalttaten nicht zurückschrecken würden.Dieses verschrobene Denken der sogenannten besseren Schicht hat sich ja leider noch einige Jahre gehalten.
Deutlich sieht man das ja 1912 - als immer noch so sehr auf die Unterscheidung der verschiedenen Klassen geachtet wurde.
(Beispiel Titanic - da kenn ich mich wenigstens aus)
Die 1. Klasse hat die Menschen der 3. Klasse auch noch zu der Zeit über einen Kamm geschert und sie als "ihnen nicht ebenbürtige Subjekte" wahrgenommen.Zu der Zeit war also auich noch immer dieses Denken vorherschend.
ich glaub geändert hat sich das wohl erst so ganz langsam nach 1918, nach Beednigung des 1. Weltkrieges.
-
Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang die Position der SAP, die Gewalt strikt ablehnte und ihre mühsam erarbeitete Reputation als gefährdet ansah. Ich habe für euch ein Zitat, eine Verlautbarung der Partei vom 13. April zum „Kampftag der Arbeiterbewegung“, zum 1. Mai, herausgesucht, die lautet:
„Ein allgemeines Ruhen lässt sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen unmöglich bewirken. Die Feinde der Arbeiter werden jetzt alles aufbieten, um den Arbeitern die Früchte des Sieges (…) zu entreißen und sie setzen große Hoffnungen auf den 1. Mai. Der Beschluss der allgemeinen Arbeitsruhe ist nicht durchführbar, ein großer Aufmarsch ist nicht notwendig. Wo immer man eine Arbeitsruhe am 1. Mai ohne Konflikt erwirken kann, da möge es geschehen.“
(Zur Info: Auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationalen 1889 wurde zum Gedenken an die Opfer des Haymarket Riot, einer blutig endenden Arbeiterversammlung, der 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufen. Am 1. Mai 1890 wurde zum ersten Mal dieser „Protest- und Gedenktag“ mit Massenstreiks und Massendemonstrationen in der ganzen Welt begangen. Quelle: Wiki)
Was lest ihr aus der Verlautbarung heraus?
-
Will jemand einen Interpretationsversuch wagen?
-
Zitat
Original von Tim Pieper
„Ein allgemeines Ruhen lässt sich unter den gegenwärtigen Verhältnissen unmöglich bewirken. Die Feinde der Arbeiter werden jetzt alles aufbieten, um den Arbeitern die Früchte des Sieges (…) zu entreißen und sie setzen große Hoffnungen auf den 1. Mai. Der Beschluss der allgemeinen Arbeitsruhe ist nicht durchführbar, ein großer Aufmarsch ist nicht notwendig. Wo immer man eine Arbeitsruhe am 1. Mai ohne Konflikt erwirken kann, da möge es geschehen.“Was lest ihr aus der Verlautbarung heraus?
Dass die Sozialisten ihre Ziele konfliktfrei erreichen möchten vielleicht? Vermutlich sind sie sich bewusst, dass eine Revolte oder zu auflehnendes Vorgehen bei der oberen Schicht eher das Gegenteil vom Gewollten bewirkt und die Unterdrückung nachher noch größer ist als vorher...
-
Das trifft es scvhon ziemlich gut, Lesebär!