Das Geständnis - John Grisham

  • Seiten: 527
    Originaltitel: The Confession
    Übersetzung aus dem Amerikanischen: Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter, Imke Walsh-Araya


    Rückentext:
    Schuldig für immer?
    Ein Geständnis in letzter Sekunde steht am Anfang von John Grishams neuem großem Roman. Travis Boyette, ein rechtskräftig verurteilter Sexualstraftäter, der mehr als sein halbes Leben hinter Gittern verbracht hat, gesteht einen Mord, für den ein anderer verurteilt wurde: Donté Drumm. Dieser sitzt seit acht Jahren in der Todeszelle und soll in genau vier Tagen hingerichtet werden. Ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit beginnt.


    Autor:
    John Grisham hat 23 Romane, ein Sachbuch, einen Erzählband und ein Jugendbuch veröffentlicht. Seine Bücher wurden in 38 Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia und Mississippi.


    Meine Zusammenfassung:
    Eines Tages sitzt er in Reverend Keith Schroeders Büro: Travis Boyette, 44, ein körperliches Wrack und ein Sexualverbrecher, der gerade erst wieder auf Bewährung in eine Resozialisierungseinrichtung geschickt wurde. Und er gesteht ein Verbrechen, für das ein Anderer in 4 Tagen getötet werden soll. Zuerst ist Keith skeptisch, ein notorischer Verbrecher der praktisch nichts anderes kennt als Gefängnisse von innen, das ist nicht unbedingt eine glaubwürdige Quelle. Aber Travis hat einen Gehirntumor, leidet immer wieder unter Krampfanfällen und sieht seinem Ende entgegen. Die Angaben die er macht scheinen, soweit sie überprüfbar sind, zu stimmen. Gerade als Keith anfängt ihm zu glauben und von ihm ein schriftliches Geständnis fordert, macht Boyette einen Rückzieher. Keith versucht den Anwalt des inhaftierten Donté Drumm zu kontaktieren, wo man ihm jedoch nicht glaubt und unmissverständlich zu verstehen gibt, dass man sich so kurz vor der Hinrichtung nicht mit jedem dahergelaufenem Spinner auseinandersetzen kann, es gibt Wichtigeres zu tun.
    In der Nacht vor dem Hinrichtungstermin, meldet Boyette sich überraschend wieder bei Keith, er ist bereit mit ihm die lange Fahrt nach Texas zu machen um einen Unschuldigen zu retten. Aber Boyette steht unter Bewährung und darf den Staat Kansas eigentlich nicht verlassen. Obwohl er sich dabei sogar mitschuldig macht, willigt Revernd Schroeder ein. Nun müssen sie nicht nur Dontés leidenschaftlichen Anwalt Robbie Flak, sondern vor allem die zuständigen Behörden und Gerichte von Boyettes Aussage überzeugen. Und die Zeit bis 18 Uhr läuft unerbittlich ab.


    Meine Rezension:
    Von den Büchern die ich bisher von Grisham gelesen habe, ist dies zweifellos das Beste. Selten habe ich derart atemlos vor Spannung auf der Couch gesessen, nervös mit dem Fuß geschlenkert und Seite um Seite verschlungen um dem Ablauf dieser nervenzerreißenden Geschichte zu folgen.
    Auf sehr eindringliche wie auch emotionale Weise wird hier ein Zeugnis gegen die Todesstrafe gegeben. Was wenn das System versagt? Was wenn viele unglückliche Faktoren zusammenspielen und ein vollkommen Unschuldiger in der Todeszelle landet?


    Was ebenfalls nicht unerwähnt bleibt, sind die Begleiterscheinungen eines solchen Prozesses. Unruhen beginnen in dem kleinen Ort in Texas, die schwarze Bevölkerung rast vor Wut, weil eine rein weiße Jury einen der ihren unschuldig hinrichten lassen will. Die weiße Bevölkerung sieht nur den rechtskräftig verurteilten Mörder eines allseits beliebten 17-jährigen Mädchens, die Stimmung heizt sich von Tag zu Tag mehr auf, bis die ersten Gebäude brennen.
    Dann gibt es die Reporter, die an nichts anderes denken als ihre Einschaltquote, Politiker, die knallharte Statements gegen Gnade schon mal vorsorglich für den nächsten Wahlkampf aufzeichnen lassen, und auch solche, die sich in der Opferrolle so gut gefallen, dass sie nichts anderes mehr tun wollen.


    Grisham geht bei vielen Szenen sehr ins Detail, und hat dabei nicht viel Mitleid mit seinen Lesern. Dabei meine ich jetzt hauptsächlich emotional anstrengende Szenen, keine Brutalitäten.
    Ich mag auch seinen Schreibstil sehr gerne, der sich manchmal, vor allem wenn er Handlungen an Nebenschauplätzen schildert, fast so liest wie aus einem Zeitungsbericht.


    Ich bin mit diesem Buch durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen, es hat mich aufgeregt, es hat mich bewegt und es hat mich erschöpft. Aber so wünsche ich mir das auch von einem guten Buch. An der einen oder anderen Stelle merkt man doch ein bisschen den Hang zum in den USA so beliebten Pathos, aber nie so stark, dass es mich gestört hätte.


    Das Nachwort des Autors lässt mich ehrlich gesagt ein bisschen zwiegespalten zurück. Ob man jetzt unbedingt so damit prahlen muss, dass man nicht gerne recherchiert und Leser sich erst gar nicht die Mühe machen brauchen, ihn wegen eventueller Fehler anzuschreiben, da er schon auch mal Fakten bewusst manipuliert… :gruebel Naja, wenn er meint. Letzten Endes ist es für mich auch nicht so entscheidend ob jetzt wirklich jedes juristische Detail, das er in seinem Buch beschrieben hat im Staate Texas genau so praktiziert wird oder nicht. Die Gesamtaussage des Buches ist wahr und sehr realistisch, das ist es, was ich auch so an ihm schätze.
    Ach ja, das Cover finde ich übrigens wieder extrem grauenhaft. :yikes


    Fazit: Ein sehr spannendes und emotional mitreißendes Buch zu einem wichtigen und ernsten Thema. Ungeschönt und manchmal schmerzhaft realistisch. 9 von 10 Punkten für meinen bisherigen Lieblings-Grisham!

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Bitte, ich hoffe es gefällt Dir genau so gut wie mir und Du bist nicht am Ende enttäuscht. :lache
    Aber ich hab schon den Eindruck, dass Grisham mit dem Buch irgendwie neuen Schwung gefunden hat.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Von den letzten Grishams war ich eher enttäuscht. Dieser klingt endlich mal wieder lohnenswert. Danke für die gelungene Rezi, wird gekauft :-]

    :lesend
    Rachel Aaron - The Spirit Rebellion
    Patrick Rothfuss - Der Name des Windes
    Stefan Zweig - Sternstunden der Menschheit

  • Freut mich. :-) Ich muss ja sagen, "Berufung" hat mir schon auch gut gefallen, trotz einiger Schwächen. Allerdings rückblickend würde ich heute sagen, würde ich es definitiv anders einstufen. "Das Geständnis" ist auf jeden Fall um Längen besser.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ich war auch etwa 20 Jahre Grisham-müde und habe mich ebenfalls ausgerechnet bei diesem Roman entschlossen, mal wieder einen zu lesen. Genau wie Paradise bin ich sehr angetan und fand das Buch extrem fesselnd. Mit dem nächsten werde ich sicher keine 20 Jahre warten :grin

  • Mein Kommentar:
    Diesen Kriminalroman kann man nicht einfach lesen und dann weglegen, nein, so wie wir es von John Grisham gewöhnt sind, rüttelt es auf und man muss sich die Frage stel-len, sollten Todesurteile überhaupt erlaubt sein. Aber nicht nur das diese Frage im Raum steht, John Grisham hat für seinen Schauplatz den Bundesstaat Texas ausge-sucht und das natürlich nicht umsonst, denn gerade in diesem Bundesstaat werden die meisten Urteile vollstreckt. Seit 1976 hat der Bundessaat Texas insgesamt 400 Hinrich-tungen vollstrecken lassen (Stand 2007). Texas ist nicht umsonst der mit Abstand füh-rende Bundesstaat mit den meisten Vollstreckungen, vor allem bei Afroamerikanern wird dafür gesorgt, dass die Betroffenen zum Tode verurteilt werden, indem man in der Jury Menschen sitzen lässt, die überwiegend rassistisch eingestellt sind. Aber nicht genug: Was sehr erschreckend ist, dass vor allem im Bundesstaat Texas die Befürworter fun-damentalistische Christen sind, genau jene, die sich gerne auf die Bibel berufen und dabei das Neue Testament gerne außer Acht lassen, obwohl schon in den zehn Gebo-ten geschrieben steht: Du sollst nicht töten. Das scheint für diese Christen nicht zu gel-ten. Einer davon war George W. Bush. „George W. Bush hatte als Gouverneur von Te-xas Begnadigungssuche fast durchgehend abgelehnt. Nach seiner Wiederwahl zum Präsidenten nominierte er zwei Bundesrichter, die die Todesstrafe befürworten: John Roberts und Samuel Alito. Roberts wollte die Möglichkeiten, in Todesstrafenfällen an den Obersten Gerichtshof zu appellieren, einschränken. Alito ersetzte eine Vorgängerin, deren Stimme früher gelegentlich den Ausschlag gegen Todesstrafen gab. Liberale Ju-risten fürchten daher Mehrheitsentscheidungen des Gerichts für von ihm zu entschei-dende Hinrichtungen in den nächsten Jahrzehnten. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Todesstrafe#Vereinigte_Staaten).
    Natürlich kann man einwenden, dass wir dieses Problem in der BRD nicht haben und ich sage: zum Glück, aber bei bestimmten Verbrechen gibt es genug Deutsche, die das Todesurteil gerne einfordern, ohne zu berücksichtigen, dass es Fehlurteile auch in unserer Justiz geben kann und auch immer wieder gibt.
    John Grisham gelingt es eindrucksvoll aufzuzeigen, wie viel ein Menschenleben in Texas wert ist (nämlich nichts), er zeigt, wie die Maschinerie der Gerichte arbeiten, ja, er führt sie vor, denn obwohl das Oberste Gericht informiert ist, dass es um den Beweis geht, dass sie den Falschen verurteilt haben, lassen sie dieses Gesuch wegen zehn Minuten (man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Z E H N Minuten) zu spät kommen, diese Möglichkeit platzen. Dieser Roman zeigt aber auch, was für ein Auf-wand begangen wird, um eine Hinrichtung durchführen zu können und da scheint jedes Mittel recht zu sein, kein Geld wird gescheut, um die Gegner auszuschalten.
    Dieser Kriminalroman ist ein Plädoyer gegen die Todesstrafe und all jene, die nach der Einführung einer Todesstrafe in der BRD brüllen, sollten zuerst diesen Roman lesen (und natürlich auch alle anderen).

  • Die ersten Romane von John Grisham habe ich mit Begeisterung gelesen und noch heute in guter Erinnerung. Dann folgten einige schwächere Romane dieses Autors, weshalb ich schon lange keines seiner Bücher mehr gelesen hatte. Erst der Erfolg des Justizthrillers „Das Geständnis“ machte mich wieder auf diesen Autor aufmerksam und neugierig, und der Klappentext versprach ein hochgradig spannendes Leseerlebnis.


    Donté Drumm, Afroamerikaner aus Texas, steht kurz vor seiner Hinrichtung. Er wurde der Ermordung der siebzehnjährigen Nicole Yarber, einer Mitschülerin, bezichtigt, für schuldig befunden, obwohl deren Leichnam nie gefunden wurde, und zum Tode verurteilt. Vier Tage vor seiner Hinrichtung wird Reverend Keith Schroeder in seinem Büro von dem gebrechlich wirkenden Travis Boyette besucht. Der mehrfach verurteilte Sexualstraftäter Travis Boyette erklärt ihm, als Sterbenskranker sein Gewissen erleichtern zu wollen, und gesteht dem Reverend Vergewaltigung und Ermordung von Nicole Yarber. Reverend Schroeder steht vor der Gewissensfrage, wie er mit dem Geständnis umgeht, und sucht Wege, wie er die Hinrichtung von Donté Drumm verhindern kann – ein nervenaufreibender Wettlauf mit der Zeit beginnt…


    Wie gewohnt, ergreift John Grisham mit seinem Justizthriller „Das Geständnis“ Partei und zeigt sich als klarer Gegner des amerikanischen Systems der Todesstrafe. Zu diesem Zweck fokussiert er seinen Thriller nicht allein auf die zeitliche Spanne, den wahren Täter juristisch wirksam zu eröffnen, und so eine Hinrichtung zu verhindern, sondern beleuchtet das Umfeld von Donté Drumm einschließlich Justiz, Medien und politischer Verantwortungsträger und deren Verquickungen. So wird „Das Geständnis“ zum Krimi und Gesellschaftsroman, in dem der Autor sein zentrales Anliegen mit Themen wie Rassendiskriminierung, Medienhysterie, Bürokratie und Korruption verknüpft. Dies geht etwas zu Lasten der Spannung des Romans, der rasant startet und zunächst atemberaubend spannend ist, bis hin zu einem massiven Spannungsabfall in der Mitte des Buches, den ich ohne näher auf den Inhalt einzugehen, leider nicht erläutern kann. Des Weiteren geht dies auch zu Lasten der Ausgestaltung der Charaktere, die nahezu ausschließlich Schwarz - Weiß gezeichnet sind. Trotz dieser Schwächen in Aufbau und Erzählung des Romans ist „Das Geständnis“ auch in spannungsärmeren Sequenzen durchaus interessant und kurzweilig zu lesen.
    Der Autor hat einen uramerikanischen Roman geschaffen, was sich in Setting und Charakteren der Geschichte klar zeigt, bedient sich dabei aber leider vieler Klischees. Grishams Sprache ist gewohnt klar, sachlich, aber auch schlicht, Dialoge dominieren den Erzählstil und so kommt die Botschaft des Autors als sachliches, nachdenklich machendes Plädoyer gegen die Todesstrafe beim Leser an. Weiß man allerdings, dass Grisham seine Botschaft in Variation immer wieder verpackt und sendet, kann sein Plädoyer leicht als Predigt empfunden werden.


    Seltsam für Grishams klaren Sendungswillen mutet an, dass er sich im Anhang für etwaige Fehler damit entschuldigt, dass er nicht gern recherchiert


    Auch wenn „Das Geständnis“ wegen seiner Schwächen an die ersten Justizthriller von John Grisham wie „Die Firma, „Die Akte“ und die „Jury“ nicht herankommt, fand ich das Buch doch so gut, dass ich mir vorstellen kann, auch seinen nächsten Roman zu lesen.


    7 von 10 Punkten

  • Ich hab auch über mehrere Jahre keinen Grisham mehr gelesen, aber jetzt wird sich das wieder ändern.


    "Das Geständnis" war packend von vorne bis hinten. Verstörend, unbegreiflich und absolut mitleiderregend. Die Geschichte gab es schon, keine Frage. Aber anfangs weiß man ja doch nicht worauf sie hinausläuft. Ich dachte erst, dass



    Aber auch mit der Variante der Geschichte kann ich sehr gut leben.


    Krass ist halt die Einstellung manchen Staaten zur Todesstrafe, die immernoch vorherrschende Rassentrennung und Vorurteile. Hat mich sehr verwundert.


    Von mir gibt es 10 Punkte.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Im Grunde genommen erzählt es die übliche Geschichte: Kurz vor der Vollstreckung der Todesstrafe gibt es plötzlich Hoffnung, die Unschuld des Inhaftierten beweisen zu können. So weit, so gut. Dank Grishams untrüglichem Talent fiebert man bei „Das Geständnis“ allerdings von Anfang an mit und verspürt denselben Groll gegen das fehlerhafte Justizsystem, wie die Protagonisten der Geschichte. Egal, ob bei Keith oder Robbie, mal bleibt die ganze Zeit über am Ball und hofft, dass sich doch noch alles zum Guten wendet.

  • Meiner Ansicht nach ist dies ein typischer Grisham. Wie üblich kann man von Anfang an schnell mit der Handlung Fuß fassen. Obendrein gibt es so gut wie keine langatmigen oder zähen Stellen.
    Es ist für mich der gelungenste Grisham der letzten Jahre.