Erschienen 2010 beim Alawi-Verlag
263 Seiten
Klappentext:
ZitatHind erzählt humorvoll und ironisch von ihrer Kindheit, von kleinen Freuden, vielen Träumereien und großem Schmerz. Zwischen Kaffee- und Kardamomduft wächst sie inmitten zahlloser Geschichten von Menschen auf, die ihr nahe stehen: denen ihrer Mutter, ihres Vaters, ihrer „Tante“ Ammusche, einem ehemaligen Sklavenkind. Und sie beschreibt. wie sich in ihrem Freundeskreis und Arbeitsumfeld die Beziehungen zwischen Männern und Frauen gestalten, wie sich Liebe, Zärtlichkeit und Sexualität ihren Weg bahnen, um die gesellschaftlichen Verbote und Tabus zu überwinden, die vor allem Frauen einschränken. Hind muss ständig um ihre Freiräume, ihren Weg zur Schriftstellerin, schließlich um ihre Unabhängigkeit als geschiedene Frau und Mutter und um ihre neue Liebe kämpfen, nicht zuletzt gegen ihre harte, verbitterte und traumatisierte Mutter.
Meinung: Neben den Lebensabschnitten von Hind (von Kindheit bis Erwachsenheit) bekommt man auch die Lebensgeschichten von den älteren weiblichen Generationen im Haus erzählt. Da ist zum einen ihre Mutter, die auf Grund ihrer frühen Heirat sehr verbittert ist und ihre Zuflucht in der Religion sucht. Vergeblich sehnt sich Hind während ihrer Kindheit nach Liebe und Fürsorge seitens ihrer Mutter Heele. Außerdem lebt noch Tante Ammusche im Haus - die Tochter von Nuweer, die als Kind aus ihrem Heimatland in Afrika entführt wurde und zunächst als Sklavin beim Großvater von Hind arbeiten musste, bis schließlich alle Sklaven von seitens des Gesetzes befreit wurden. Durch diesen Rückblick gelingt es dem Buch sehr gut, die tiefgreifenden Veränderungen aufzuzeigen, die während dieser zwei Generationen in Saudi-Arabien vor sich gingen.
Nichtdestotrotz ist das Leben der nach Freiheit drängenden Hind sehr durch die traditionelle Rolle der Frau beschränkt. Die Trennung von Männer und Frauen wird noch oft praktiziert und kontrolliert, sei es im privaten Bereich der Wohnung oder in Cafés und Restaurants. Schon als Kind darf Hind nicht mit den Nachbarsjungen spielen, sondern muss direkt von der Schule nach Hause kommen um sich dann alleine im Innenhof selbst zu unterhalten. Kommt sie zu spät, setzt es Schläge von ihrer Mutter. Auch in ihrem späteren Eheleben wird Hind nur als Teil des Harems angesehen und nicht als eigenständiges Wesen, das Bedürfnisse und Gefühle besitzt. Als sie sich als Schriftstellerin versucht und Texte in Zeitungen veröffentlichen möchte, muss sie dies immer unter einem anderen Namen tun, denn der männliche Teil ihrer Familie ist strikt gegen diese Veröffentlichungen, die nicht ihrem Bild der Frau entsprechen und sich möglicherweise negativ auf ihre eigene Stellung auswirken.
Und so muss sich Hind durch's Leben kämpfen und jede Freiheit erst durch lange Feldzüge (insbesondere gegen ihre Mutter) erobern. Auch ihre Geschwister versuchen ihren Weg zu finden, sei es durch Auswanderung oder Hinwendung zur Religion bis zu extremistischen Gedankengut.
Die Geschichte der Familie erzählt das Buch auf nur 260 Seiten in einer sehr ruhigen und flüssig lesbaren Darstellung aus Hinds Sicht. Das Glossar am Ende des Buches ist knapp gehalten, aber ich habe es in diesem Fall als angemessen empfunden und musste keine anderen Nachschlagewerke zu Rate ziehen.
Alles in allem hat mir das Buch sehr gut gefallen. Man lernt die Menschen in Saudi-Arabien näher kennen - und nicht nur solche wie die freiheitssuchende Hind, sondern beispielsweise auch Frauen, die die traditionelle Rolle der Frau verteidigen und den Schleier gar nicht ablegen möchten.
Von mir gibt's 9 Punkte und eine Leseempfehlung an alle, die sich für die Lebensweise in anderen Ländern interessieren.