Titel: Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend
Autor: Andreas Altmann
Verlag: Piper
Erschienen: August 2011
Seitenzahl: 254
ISBN-10: 349205398X
ISBN-13: 978-3492053983
Preis: 19.99 EUR
Andreas Altmann hat in seinem Leben schon unzähligen Berufe ausgeübt. Er war Privatchauffeur, Anlageberater, Buchclubvertreter, Parkwächter, er fuhr Taxi und war sogar auch Schauspieler. Bekannt aber wurde durch seine Reisereportagen - unter anderem wurde er auch mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet.
In diesem Buch beschreibt Andreas Altmann nun seine Kindheit und Jugend. Sein Vater, der offensichtlich als psychisches Wrack aus dem Krieg zurückkommt, ist ein sadistischer Tyrann, seine Mutter ihr Leben lang schwach und ohne jegliches Rückgrat. Nach außen hin sind die Altmanns die brave katholische Familie, innerhalb der Familie aber herrschen Gewalt, Lieblosigkeit und das Diktat des Vaters. Die Familie lebt im Walllfahrtsort Altötting, der Vater erfolgreicher Devotionalien-Händler, der das Geschäft gegen seinen Willen vom Vater hatte übernehmen müssen.
Aber es ist nicht nur die Gewalt des Vaters der sich Andreas Altmann täglich ausgesetzt sieht, es sind auch die körperlichen und seelischen Misshandlungen durch Lehrer und frömmelnde Pfarrer - denen nichts weniger am Herzen lag als das Wohl der ihnen anvertrauten Kinder.
Der Vater nutzt seine Kinder, Andreas Altmann hatte noch zwei Brüder und eine Schwester, schamlos aus. Sie waren billige Hilfskräfte, denen immer neue Arbeiten aufgebürdet wurden. Es gab kein Lob - nur Schläge und verbales Niedermachen waren an der Tagesordnung. Andreas Altmann hielt sich sehr schnell für einen totalen Versager. Von seinem Vater hat er offensichtlich nicht ein liebes Wort oder auch nur ein Lob gehört. Es ist fast schon ein Wunder, dass aus diesem Jungen letztendlich "doch noch etwas geworden ist" - wenn auch der Weg dahin gnadenlos hart und voller Hindernisse war.
Andreas Altmann erzählt schnörkellos, er beschreibt die Dinge so wie sie waren - direkt und schonungslos offen. Man merkt aus jedem Satz seine Verzweiflung, seine Trauer und auch seine Wut. Es ist sich auch nur allzusehr seiner Ohnmacht bewusst - wer würde ihm in dieser katholischen Musterstadt auch nur ein Wort glauben? Niemand! Er ist auf sich allein gestellt - den Attacken des Vaters total hilflos ausgeliefert.
Es ist nicht umbedingt ein schockierendes Buch - es ist ein Buch welches den Leser eher traurig und betroffen macht - weiß die Vielzahl der Leser doch, dass Andreas Altmann nicht etwas Außergewöhnliches erzählt; erzählt er doch nur das, was unzähligen Kinder ebenso oder ähnlich widerfahren ist.
Aber am Ende wird aus dem hilflosen Opfer ein freier Mensch. Wie sagt Andreas Altmann doch selbst: "Ich kann Opfer nicht ausstehen. Ich war selbst zu lange eins."
Ein sehr lesenswertes Buch - ein Buch das auch die deutsche Wirklichkeit in den Fünfzigern und Sechzigern des vorigen Jahrhunderts beschreibt. Deutschland das Land der Saubermänner und der "anständigen" Soldaten - es ist aber wohl ein Deutschland voller verlogener Ansichten und Handlungen. Dieses Buch kann uneingeschränkt empfohlen werden.