Ralf Rothmann: Flieh, mein Freund!

  • Klappentext:


    Ich liebe Frauen, schon allein ihren Anblick; jede hat etwas Zauberhaftes, wirklich jede. Ich könnte stundenlang dasitzen und ihnen zusehen. Beim Nägellackieren zum Beispiel, oder wenn sie eine Bohrmaschine reparieren. Solange es Frauen gibt, möchte ich nicht sterben. Aber mein Problem ist, dass ich total schüchtern bin. Wie ein Reh…


    Meine Meinung:


    Dieser Roman ist gut geschrieben, konnte mich allerdings nicht so mitreißen wie „Milch und Kohle“ vom gleichen Autor. Ich könnte mir vorstellen, dass 18- bis 25-jährige Leser sich hier am ehesten wieder finden. Für mich waren die Gedankengänge des gerade der Pubertät entwachsenen Ich-Erzählers ein Stück zu weit von meiner eigenen Welt entfernt.


    Die Waldfee

  • Louis Blaul, genannt Lolly, schmeißt das Abitur und weigert sich standhaft in die Werbeagentur einzutreten. Seine Motto ist: „Man soll die Sachen machen, die die Eltern nicht verstehen“. Auf der einen Seite ist da der schwer übergewichtige Vater, genannt „Big Daddy“ und die durchgeknallte Mutter Mary. Die Mutter saß sechs Jahre in einem Schweizer Gefängnis weil sie Drogen aus Mexiko geschmuggelt hatte. Sie ist alles, nur keine Mutter im herkömmlichen Sinne, sie ist eine Frau, die nichts ausgelassen hat und die sich nur sporadisch um ihren Sohn kümmert, wenn man flüchtige Begegnungen überhaupt als kümmern bezeichnen kann.


    Aber irgendwann kommen sie sich dann ganz nahe, näher als sich Mutter und Sohn normalerweise kommen, es ist der Augenblick als Lolly von seiner Liebe zu Vanina erzählt, dem Mädchen mit dem sagenhaften Hinterteil eines Pferdes. Lolly merkt zum erstenmal, dass er überhaupt eine Mutter hat, und irgendwann ist sie dann ein wenig mehr als seine Mutter. Nun weiß er auch, dass er in einem Schlafsack nach der großen Brokdorf-Demonstration gezeugt wurde.


    Ralf Rothmann ist ein Vollbluterzähler und er braucht sich hinter keinem deutschen Schriftsteller zu verstecken. Man meint als Leser zu spüren, dass ihm das pure Erzählen ganz einfach Freude zu machen scheint. Mit „Flieh, mein Freund“ hat er ein echtes „Vollblutbuch“ abgeliefert. 277 Seiten echte Erzählkunst. Interessant war auch, wie sich Lolly einmal sehr negativ über Berlin und ein anderes Mal auch sehr negativ Mexiko äußert. Könnte es sein, dass da nicht die Hauptperson des Buches sondern vielmehr der Autor gesprochen hat?


    Der kräftig, zupackende Schreibstil des Autors wird das gesamte Buch hin durchgehalten. Dafür gebührt ihm ein echtes und aufrichtiges Kompliment. Ganz unpathetisch dann auch die Schilderung als Lolly seine Beziehung mit Vanina aufs Spiel setzt und mit deren Freundin Marja die Kissen zerwühlt. Und dann am Ende kommt alles so, wie es eben wohl immer so kommt.


    Ach ja, ich habe diese Buch in gebundender Form beim Zweitausendeins-Versand (gibt da Geschäft von denen in Hamburg, Colonaden) für 3,99 EUR erstanden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.