Zum Inhalt (Klappentext)
Lilla, auf Deutsch „Die Kleine“, begegnet nach 25 Jahren ihrer großen Jugendliebe wieder, einem Mann, der lange in Italien lebte. Bei einem Kaffee wird sie eingeladen, den inzwischen gutaussehend grauhaarigen und welterfahrenen Ex-Lover übers Wochenende in seinem Landhaus außerhalb von Reykjavik zu besuchen. Lilla hat ihn einst sehr geliebt, ein dramatisches Ereignis in ihrer Jugend hat ihr jedoch den Zugang zu ihm verschlossen und die Liebe absterben lassen.
Die bevorstehende aufwühlende Begegnung lässt sie nun zurückdenken an ihre Kindheit, eine Zeit, die sie gern als heimelig empfinden möchte. Doch je mehr sie darüber nachsinnt, desto klaffender die Lücken in ihrem harmonischen Bild von der Mutter, die eine erfolgreiche Kinderärztin war, aber „schwerhörig“, wie die Kinder treffend ihre Gefühlskälte umschreiben. Früh hat Lilla Verantwortung für sich und ihren kleinen Bruder übernehmen müssen, und wäre da nicht ihr deutsches Kindermädchen gewesen oder Halla, die Verkäuferin im Milchgeschäft, oder gar Nelli, die Säuferin, die in einem Schuppen hauste, wer weiß, was aus den Kindern geworden wäre...
Über die Autorin
Steinunn Sigurdardóttir wurde 1950 in Reykjavík geborgen. Bereits mit ihrem ersten Buch, dem Lyrikband Sífellur (übers. Beständigkeiten) gelang der Neunzehnjährigen der Durchbruch. Weitere Bücher folgten; ihr erster Roman „Der Zeitdieb“, erschienen 1986 (dt. 1997), verschaffte ihr internationale Bekanntheit und wurde 1998 in Frankreich verfilmt. Für ihren dritten Roman Herzort, 1995 erschienen (dt. 2001), erhielt Sigurdardóttir den Isländischen Literaturpreis. 2011 erschien ihr neunter Roman „Der gute Liebhaber“ im Rowohlt-Verlag.
Meine Meinung
Selten nur begegnet man einem Buch, das den Leser vom ersten Satz an zu fesseln vermag und bis zur letzten Seite nicht wieder fort lässt. Ich habe einen derartigen Schatz in Steinunn Sigurdardóttirs 2008 auf Deutsch erschienenen Roman „Sonnenscheinpferd“ gefunden. Obwohl die Lektüre nun schon einige Wochen zurück liegt, schwingt das Erzählte noch immer in mir nach. Dabei ist die Geschichte des Geschwisterpaares Lilla und Mummi, die unter der emotionalen Abwesenheit der Eltern Ragnhild und Harald leiden, gar nicht mal so neu oder besonders und schon gar nicht voll klebriger Gefühlsduselei erzählt, im Gegenteil. Der Blick der Autorin auf das Leben der Ich-Erzählerin Lilla ist nüchtern und sachlich. Es sind nicht die Worte, die die Erzählung transportieren, es ist ihre Melodie, das Zusammenspiel von Poesie und Erzähltem, die den Leser berühren und ein Entkommen nicht möglich macht. Zuweilen war es beinahe unerträglich, Lilla in ihre von Vernachlässigung geprägte Kindheit zu begleiten. Liebe und echte Zuneigung findet Lilla bei den ungewöhnlichsten Menschen, doch nur, um sie viel zu bald wieder zu verlieren.
Ein wunderschönes, trauriges Buch über die Naturgewalt der Liebe.
Edith hat ein paar fehlende Buchstaben reingestreut