Kristof Kryszinski ist Privatdetektiv, und, wie sich das für einen ordentlichen Privatdetektiv gehört, abgehalftert, trinkfreudig und ziemlich pleite. So einer muss natürlich jeden Job nehmen, den er kriegen kann, und so landet er schließlich, als Hausmeister getarnt, im Problemstadtteil von Mühlheim an der Ruhr. Die Wohnungsgesellschaft hat ihn beauftragt, eine Serie von Wohnungseinbrüchen in diesem Hochhausviertel aufzuklären. Eine Aufgabe nach Maß, schließlich ist Kryszinski selbst in diesem Milieu groß geworden und weiß deshalb nicht nur, wie seine Bewohner ticken, sondern weiß auch, wie man auftreten muss, um die Begegnungen mit ihnen und ihren etwas rauhen Sitten unbeschadet zu überstehen.
Während er also tropfende Wasserhähne repariert und Laub fegt, versucht er dieser Sache auf den Grund zu gehen. Seinen Weg kreuzen dabei immer wieder die neunjährigen Zwillinge Üffes und Sien, die schlimmsten Rabauken der Gegend, die auch sehr schnell in den Verdacht geraten, hinter den Einbrüchen zu stecken.
Aber natürlich ist alles ganz anders, und langsam kristallisiert sich heraus, dass da noch ein ganz anderes Verbrechen dahintersteckt.
Ich gebe zu, der Plot ist nicht frei von Logikfehlern, ziemlich gewagt und driftet gegen Ende ins Bondige ab. Die durchaus durchklingende Sozialkritik mag berechtigt sein, verliert aber durch die nahezu verschwörungstheoretischen Eskalationen an Relevanz. Und auch der Held klingt sehr nach Klischee, da war doch was, 1939, in Los Angeles.
Aber trotzdem war dieses Buch eine Entdeckung. Das mag zum einen an dem überaus sympathischen Helden liegen. Denn der ist zwar voller Fehler und Macken, aber gleichzeitig auf sehr unaufdringliche Weise ein guter Mensch. Und da aus seiner Perspektive die Geschichte erzählt wird, bekommt auch das auf den ersten Blick abstoßende Milieu so manche liebenswerte Seite, ohne ins Sozialromantische abzurutschen. Denn natürlich terrorisieren die Zwillinge das Viertel, sind aber eben doch einfach Kinder. Natürlich ist ihre Mutter absolut unfähig, Kinder großzuziehen, aber wo soll sie das auch gelernt haben.
Das alles wirkte einfach stimmig, eine gelungene Milieubeschreibung in einer Mischung aus ungeschönter Darstellung der Zustände und Sympathie für die Abgehängten.
Auch sie Sprache ist erfrischend, ironisch, schwarzhumorig, detailreich. Durch das gelegentliche, aber vollkommen unaufdringliche Einflechten von Worten aus dem Pottslang entsteht auch sprachlich eine authentische Ruhrpottatmosphäre. So hat meine Omma geredet!
Kurz: originelle, witzige, aber kaum oberflächliche Krimiunterhaltung.
Rotzig & Rotzig ist bereits der neunte Fall von Kristof Kryszinski, für mich aber mein erster. Und ich muss nicht betonen, dass ich sofort angefangen habe, mir die acht Vorgängerbände zusammenzusammeln.