KLAPPENTEXT:
„Auf meinem Stuhl sitzen Anwälte, Ganoven, Nutten, Makler, Promis und Normalos – Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten also. Aber wenn die Nadel erst mal in der Haut steckt, sind sie alle gleich. Und sie fangen an, ihre Geschichten zu erzählen. Okay, sie machen auch noch ganz andere Sachen … Fakt ist: Als Tätowierer bist du Psychologe, Heilpraktiker, Krankenschwester, Maschinenbauer und Künstler in einem.“
ZUM AUTOR:
Daniel Krause, 1969 in Berlin geboren. Er arbeitet nicht nur als Tätowierer in seinem Tattoo-Studio, sondern auch als Tattoo-Experte im Sat.1 Frühstücksfernsehen. Außerdem ist er in der Reality Soap „Berlin Tag & Nacht“ zu sehen.
EIGENE MEINUNG:
Wer hätte gedacht, dass eines der weisesten, berührendsten und authentischsten Bücher die ich jemals lesen werde bzw. gelesen habe, ausgerechnet das eines Tätowierers aus Berlin ist ?! Und dann auch noch eines, das von seinem Leben, seiner Berufung und seinen Tattoos erzählt. Wer hier auf Voyeurismus und außergewöhnliche Geschichten aus dem Leben verkorkster Menschen hofft, die diese ihrem Tätowierer in einer Stunde der völligen seelischen Nacktheit und körperlichen Ausgesetztheit erzählt haben, den muss ich leider enttäuschen. Doch wer ein bisschen was fürs Leben mitnehmen möchte, ein bisschen verrückt ist, aber weiß was er will oder noch auf der Suche danach ist und auch mal ein Späßchen versteht, der ist hier genau richtig.
Da ich selbst eine relativ große Tätowierung habe, weiß ich genau, wie leider immer noch viele Menschen damit umgehen. Man wird mit Vorurteilen und schiefen Blicken konfrontiert. Tattoos sind halt doch für einige noch „assi“. Alltägliche Begebenheiten, mit denen sich auch Daniel Krause auseinandersetzen muss.In seinem Buch „Tattoo Krause“ sorgt er für Aufklärung. Er spricht mir aus der Seele, wenn er erzählt, dass Tattoos als Kunstwerke gesehen sollten, dass sie ein Ausdruck der Seele sind und manchmal mehr über einen Menschen aussagen, als der Mensch jemals selbst über sich sagen würde.
In der DDR aufgewachsen, eingeengt zwischen Konventionen, Normen und Regeln, rebelliert auch Daniel Krause gegen das System. Er will anders sein. Er will frei sein. Das drückt er zunächst in der Musik aus (seine Band „die Schmutzels“ hat sogar einige Auftritte) und seinen Klamotten aus. Als er zum ersten Mal in Amerika ist, wird ihm erst bewusst wie wichtig Freiheit und Individualismus sind und „was für eine Strafe das Leben in der DDR war.“ (S.34)
Um auf eigenen Beinen zu stehen, muss er Geld verdienen. Dafür ist ihm erst mal relativ alles recht, obwohl er sehr ehrgeizig ist und was er macht auch versucht nachdrücklich durch zu ziehen. Also jobbt er als Türsteher oder eröffnet ein Reisebüro. Bis er in der Tattooszene landet und sich an einem Tattoostudio beteiligt, obwohl er zunächst gar nicht selbst tätowiert ist. Nach einem Jahr zusehen legt er dann selbst Hand an, merkt aber schnell, dass das Leben als Tätowierer kein Zuckerschlecken ist. Zum Glück muss er sich nicht mehr mit Schutzgelderpressung durch Rockerclubs rum ärgern, aber als Tätowierer steht man mit einem Bein in der Hölle, denn man ist einfach sehr nah dran an Alkohol, Rock`n`Roll, Sex und Drogen. Trotz seiner schwierigen Kindheit, aber aufgrund seines dennoch starken Charakters ist es ihm gelungen, da nicht allzu viel drin zu versumpfen und seinen eigenen Weg zielgerichtet zu verfolgen.
Und der Erfolg gibt ihm Recht. Er betreibt eines der erfolgreichsten Tattoo-Studios Deutschlands, tritt regelmäßig im Fernsehen auf (und als ich das Buch in die Hand nehme denke ich noch:“Den kennste doch!!“), tätowiert Prominente wie Sarah Connor, Mieze oder Jörn Schlönvoigt und wurde von Ami James höchstpersönlich nach Miami eingeladen um diesen zu tätowieren.
Aber wir erfahren nicht nur Geschichten aus dem Leben von Daniel Krause, sondern auch einiges aus dem Leben seiner Kunden. Dabei geht er ganz vorsichtig mit ihnen um, erzählt keine peinlichen Geschichten, obwohl er ja noch nicht mal Namen nennt, und stellt sie nicht öffentlich zur Schau. Dabei sind einige die uns zum Lachen bringen, einige die schockieren, aber auch welche, die so traurig schön sind, dass mir die Tränen kamen. Wir lernen, dass Tätowierungen auf ganz besondere Art und Weise verbinden können. Zum einen laden sie zur Kommunikation ein, zum anderen helfen sie aber Schicksale nicht nur zu teilen, sondern auch zu verarbeiten. Besonders wenn es um eine Erinnerung an einen geliebten Menschen geht. Vielen Menschen helfen Tätowierungen aber auch zu sich selbst zu finden, oder Probleme zu verarbeiten, die dadurch erst sichtbar werden. Daniel hat für alle ein offenes Ohr und muss manchmal sogar als Psychiater agieren.
Wir erfahren viel über Männer und Frauen, über skurrile (wie z.B. eine Waschmaschine), hässliche, aber auch schöne Tätowierungen, über außergewöhnliche Persönlichkeiten (wie z.B. den Porno Opa), aber vor allem lernen wir einen sehr interessanten Menschen kennen: Daniel Krause, der viele Erinnerungen und Stationen seines Lebens auf seinem Sammelbein verewigt hat. Ein Mensch, der aufgrund seines Aussehens oft mit Vorurteilen zu kämpfen hat und ungewollt in Schubladen gesteckt wird, in die er nicht rein passt. Der esoterische Vegetarier, der ein gutes Herz hat und plaudert wie ihm die Schnauze gewachsen ist, hat ein Buch geschrieben, das ich nur jedem, der ein bisschen was vom Leben wissen will, egal ob tätowiert oder nicht, ans Herz legen kann.
FAZIT:
Wer mehr erfahren möchte über den „Krauseismus“ und mal ein echt schlaues (schlau! Nicht klugscheißend) Buch lesen möchte, das aufgrund seiner Schreibe, die richtig schön frei Schnauze ist, näher am Leser dran ist als der ahnt (Gefühlsausbrüche möglich) der ist bei Tattoo Krause genau richtig!!