Das Schweigen des Sammlers - Jaume Cabré

  • Über den Autor:


    Jaume Cabré, geboren 1947 in Barcelona, gehört zu den von Kritik und Publikum heute am meisten geschätzten katalanischen Autoren. Der Roman Die Stimmen des Flusses wurde mit dem Preis der spanischen Kritik ausgezeichnet.



    Inhalt:


    von amazon:


    "An jenem Tag verstand ich, daß ich von dem gleichen Dämon besessen war wie mein Vater. Das Kribbeln im Bauch, das Jucken in den Fingern, der trockene Mund …" Der Antiquitätenladen des Vaters in Barcelona ist eine wahre Schatzkammer, doch die Faszination des jungen Adrià gehört allein einer wertvollen Geige aus dem 18. Jahrhundert mit einem bezaubernden Klang, die erste aus den Händen des berühmten Geigenbauers Lorenzo Storioni aus Cremona. Heimlich tauscht der Musikschüler Adrià sie eines Tages mit seiner eigenen Geige aus, um sie stolz seinem besten Freund Bernat zu zeigen. Als er die Storioni zurücklegen möchte, sind seine Geige und sein Vater verschwunden, der Antiquitätenhändler wurde kaltblütig ermordet. In Adrià keimen Schuldgefühle auf. Viele Jahre danach – Adrià ist inzwischen Gelehrter und Sammler – sucht er das Rätsel um die Herkunft der Storioni zu lösen und so den wahren Grund für den Mord herauszufinden. Doch er ahnt nicht, daß die Vergangenheit des Musikinstruments eine Geschichte von Familiengeheimnissen und dunklen Mordfällen, von Haß und Intrigen, Liebe und Verrat birgt. Der Schatten dieser Ereignisse ragt über viele Jahrhunderte europäischer Geschichte bis in Adriàs unmittelbare Gegenwart und droht ihm alles zu nehmen – auch seine große Liebe Sara.



    Meine Meinung:


    Das Schweigen des Sammlers ist für mich ohne jeden Zweifel ein großes literarisches Werk, das mich als Leser zeitweise mit all seiner Tragik sehr schlucken ließ und mir zum Teil ziemlich an die Nieren ging.
    Die Geschichten (denn es sind ja weit mehr als nur eine) verknüpft der Autor miteinander, indem er häufig und unvermittelt die Zeit und die Erzählperspektive wechselt. Daran musste ich mich gewöhnen, aber nach ungefähr einem Drittel des Romans wurde das Buch dann wirklich richtig fesselnd und ich wollte unbedingt weiter mit Adrià durch sein Leben 'reisen', um endlich herauszufinden, wie denn nun alles zusammenhängt und wer zu wem welche Verbindung hat.
    Ich musste das Buch trotzdem recht oft aus der Hand legen, um das Geschilderte zu 'verdauen', denn es geht in diesem Buch so sehr um Leid, Verrat, Egoismus und verpasste Chancen, dass es teilweise etwas zuviel wurde.
    Das ändert aber nichts daran, dass ich Jaume Cabrés Roman für ein sehr wichtiges Buch halte, von dem ich froh bin, es gelesen zu haben.


    Ich vergebe 9 von 10 Punkten.

    :fruehstueck


    Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher.

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  • Jaume Cabre schreibt wie in seinem brillianten Vorgänger Die Stimmen des Flusses wieder in verschiedenen Zeitebenen, welche die komplexe Geschichte verknüpfen und zeigen, dass das Böse im Menschen, menschliche Abgründe ubd Vorgänge sich in der Geschichte ständig wiederholen. Mittelpunkt bildet eine Geige, die Adria seinem Vater entwendet und damit Geschehnisse ins Rollen bringt, die er niemals erwartet hätte. Das Stilmittel des Autors teilweise in einem Abschnitt oder gar innerhalb eines Satzes in unterschiedliche Zeiten zu gelangen (14. Jh. bis heute) ist zunächst gewöhnungsbedürftig, sorgt aber für das Besondere im Buch. Wer ein anspruchsvolles, spannende Buch mit besondeem Stil sucht, liegt hier genau richtig.

  • Adrià Ardevols Faszination gehört der Sprache, der Kultur und der kostbaren Geige seines Vater, einer echten Storioni namens „Vial“.
    Heimlich tauscht er sie eines Tages gegen seine Übungsgeige aus um sie seinem besten Freund Bernat, ebenfalls ein passionierter Geiger, vorzuführen.
    Als er die Storioni später zurücklegen möchte, sind der Geigenkasten mit Adriàs Geige und der Vater verschwunden.
    Adrià plagen Schuldgefühle als er erfährt, dass sein Vater brutal ermordet wurde, denn in ihm keimt der Verdacht, dass das nur wegen der Geige geschah.
    Viele Jahre später versucht Adrià als Gelehrter und Sammler das Geheimnis von „Vial“ und deren Herkunft zu ergründen und stößt dabei auf eine dunkle Vergangenheit, zu der auch Adriàs Vater seinen Teil beigetragen hatte.
    Es fällt mir sehr schwer meine Meinung zu Jaume Cabrés neuestem Werk „Das Schweigen des Sammlers“ zu formulieren, da es mich einerseits begeisterte, andererseits aber schon fast in den Wahnsinn trieb.
    Cabrés Bücher erfordern zunächst einmal aufmerksames Lesen, da er, besonders in diesem Buch hier, die Perspektiven ohne Ankündigung wechselt, oftmals in einem einzigen Satz, so dass der Leser nicht mehr weiß von wem nun die Rede ist.
    „Das Schweigen des Sammlers“ umfasst dazu in seiner Fülle mehrere Jahrhunderte (angefangen im 14.) und erstreckt sich bis in die Gegenwart. Das erschwert zusätzlich das Lesen, denn so viele Geschichten und Facetten es enthält, so viele Protagonisten treten auf den Plan und trotz eines übersichtlichen Charakterverzeichnisses weiß man nicht immer gleich wer nun wer ist und was er mit Adrià und seiner Geige zu tun hat.
    Besonders am Anfang ist die Geschichte sehr verwirrend und beinahe hätte ich nach 100 Seiten aufgegeben, da viel vermeintlich unnötiges erzählt wird und Cabré oft sehr ausschweifend wird.
    Deswegen würde ich dieses Buch schon einmal nicht als Einstieg in Cabrés Werke empfehlen, denn wenn man den verwirrenden und scheinbar chaotischen Schreibstil des Autors nicht kennt, kann man in diesem Buch verloren gehen.
    Ich habe aber trotzdem weitergelesen, da Cabrés Erzählstil mich wieder gefangen genommen hat und die Geschichte auch mehr und mehr Fahrt aufnahm.
    Dennoch ist in dem Buch so viel Stoff enthalten, dass ich durchaus der Meinung war, das man ¼ hätte wegkürzen können. Diese Meinung habe ich am Ende hin revidiert, da diese Unmengen an Stoff durchaus seine Berechtigung und seinen Sinn hatten.
    Denn trotz der Verwirrung, der ärgerlichen Handlungssprünge und der Unmengen an Stoff hat mich „Das Schweigen des Sammlers“ dennoch in seinen Bann gezogen und emotional sehr berührt. Heikle Themen wie Auschwitz und die Judenverfolgung kommen zu Sprache und Cabré schildert schonungslos und berührend von diesen Grausamkeiten ohne jeglichen Kitsch.
    Eigentlich ist „Das Schweigen des Sammlers“ ein ungerechtes Buch und man würde sich einiges anders wünschen. Dann würde aber die Glaubwürdigkeit abhanden kommen und das wäre für mich schlimmer.
    Die Personen sind so facettenreich und tiefgründig wie die Handlung selbst. Man kann sie nicht wirklich in irgendwelche Schubladen stecken.
    Letztendlich kann ich nun aber auch nicht sagen, dass mir dieses Buch bisher am besten von Jaume Cabré gefallen hat, da mich „Die Stimmen des Flusses“ thematisch doch mehr ansprach.
    Dieses Buch fand ich aber anspruchsvoller, facettenreicher und berührender, wobei ich beide Bücher zum Vergleich natürlich noch einmal lesen muss und werde, denn eines wird hier auch klar, so genau und aufmerksam man das Buch auch liest, alle Details und Zusammenhänge kann man einfach nicht erfassen und deswegen passt Cabrés Ausdruck für dieses Buch auch ganz gut, nämlich, dass es „unvollendet“ ist.
    Somit bleibt wieder viel Raum für Spekulation und ein teils unbefriedigter Leser, der sich nun die Zähne ausbeißen darf ;-)


    10 von 10 Punkten!

  • Ich fand das Buch faszinierend, verstörend, erschreckend, nervend, spannend, alles auf einmal, alles in einem Buch. Da wird die Inquisition, Francos Faschismus, Ausschwitz und die Verstrickungen in diese Früchte des Bösen genauso behandelt wie die Frage nach der großen Liebe, nach Freundschaft und Treue, nach Reue und Buße.


    Das Buch ist wegen der Perspektiv- und Zeitwechsel nicht leicht zu lesen, aber eine echte Berreicherung.