Titel: Der gute Stalin
OT: Choroschi Stalin
Autor: Viktor Jerofejew
Übersetzt aus dem Russischen von: Beate Rausch
Verlag: Berliner Taschenbuch Verlag
Erschienen: Januar 2006
Seitenzahl: 362
ISBN-10: 3833303360
ISBN-13: 978-3833303364
Preis: 9.90 EUR
Viktor Jerofejew wurde 1947 in Moskau geboren. Viele bezeichnen ihn als einen der führenden russischen Autoren.
Dieses Buch ist als Roman ausgewiesen, ist aber wohl in der Hauptsache ein autobiographischer Roman. Der Autor erzählt sein Leben als Sohn eines sowjetischen Diplomaten. Der Vater war Berater Stalins und später dann auch Botschafter im westlichen Ausland.
Es ist nicht ersichtlich was jetzt Dichtung und was tatsächlich Erlebtes ist. Aber das ist für das Verständnis dieses Buches auch eher marginal. Jerofejew beschreibt sein sicher nicht alltägliches Leben aus der Sicht des Kindes, er springt in der Regel nicht der Zeit voraus so das man als Leser immer mit dem Autor in der erzählerischen Gegenwart bleibt. Nur ab und an erfährt man, was aus dem oder der in späteren Jahren geworden ist.
Was in diesem Buch ein wenig fehlt, ist die wirklich kritische Auseinandersetzung mit dem sowjetischen Diktator Stalin. Auch wenn aus der Sicht des Kindes erzählt, so hätte man sich als Leser eine kritischere Reflektion gewünscht. Hier hätte das Denken des Kindes eventuell ein wenig relativiert werden sollen. Mag sein, dass das Kind für Stalin durchaus Sympathien empfunden hat – hier wäre dann aber eine spätere Einschätzung und Sichtweise nicht schlecht gewesen.
Der Autor bezichtigt sich des „politischen Mordes“ an seinem Vater. Obwohl er diesen Vater mit Zuneigung beschreibt, steht er dessen politischen Auffassungen und Handlungen in der Rückschau doch kritisch gegenüber. Der Begriff „politischer Mord“ ist als Metapher für die politische Loslösung vom eigenen Vater gemeint. Erst durch diese Loslösung wurde der Erzähler ein freier Mensch – wenigstens will er sich so verstanden wissen.
„Der gute Stalin“ ist ein interessantes Buch welches einen kleinen Einblick in das politische Leben der Sowjetunion gewährt ohne dabei aber irgendwelche sensationellen Enthüllungen zu präsentieren. Auch das Leben der Diplomaten der ehemaligen Sowjetunion wird nicht erschöpfend beschrieben, auch hier wird nur das geschildert, was aus der Sicht eines Kindes eben relevant ist.
Ein interessantes und lesenswertes Buch – kein Buch aber das neue Erkenntnisse bringt. Eine Mischung aus autobiographischen und Entwicklungsroman. Kein Buch, welches den Leser mit staunend offenem Mund zurücklässt, ein Buch aber das sicher etwas zum Verständnis des sowjetischen Lebens beiträgt.