Gott bewahre - John Niven

  • OT: The Second Coming


    Kurzbeschreibung:
    Gott ist stinksauer. Nachdem Er sich im Himmel eine einwöchige Auszeit für einen Angelurlaub gegönnt hat, kehrt Er nach etwa vierhundertfünfzig Jahren (ein Tag im Himmel entspricht 57 Erdenjahren) wieder zurück an Seinen Schreibtisch und muss mitansehen, wie die Erde in der Zwischenzeit den Bach runtergegangen ist. Umweltsünden, Kriege, moralischer Verfall, kirchliche Hassprediger, skrupellose Kommerzialisierung - die Menschen sind auf dem besten Weg, sich selbst zu zerstören. Und so bleibt Gott nichts anderes übrig, als Seinen Sohn Jesus Christus, dem es im Himmel blendend geht und der mit Jimi Hendrix Gitarre spielt und Joints raucht, wieder auf die Erde zu schicken, um Gutes zu tun und das einzig wahre Gebot SEID LIEB zu predigen. Widerwillig landet Jesus in New York und versucht zunächst erfolglos als Sänger und Gitarrist in einer Rockband Gehör zu finden. Derweil schart er seine ersten Jünger um sich - Drogenabhängige, Gescheiterte, Obdachlose, denen er zu helfen versucht. Als seine Mission, die Massen zu erreichen, zu scheitern droht, greift er zum letzten Mittel: Er nimmt an einer Castingshow teil. Damit beginnt eine denkwürdige Odyssee quer durch Amerika.


    Über den Autor:
    John Niven, geboren in Ayrshire im Südwesten Schottlands, spielte in den Achtzigern Gitarre bei der Indieband „The Wishing Stones“, studierte dann Englische Literatur in Glasgow und arbeitete schließlich in den Neunzigern als A&R-Manager einer Plattenfirma, bevor er sich 2002 dem Schreiben zuwandte. 2006 erschien sein erstes Buch, die halbfiktionale Novelle „Music from the big pink“ über Bob Dylan und „The Band“ in Woodstock; 2008 landete er mit dem Roman „Kill Your Friends“ – einer rabenschwarzen Satire auf die Musikindustrie – einen internationalen Bestseller. John Niven schreibt außerdem Drehbücher und arbeitet bereits an einem neuen Roman. Er lebt derzeit in Buckinghamshire, England.


    Über den Sprecher:
    Gerd Köster ist ein Allroundtalent. Er war Frontmann der legendären Band „Schröder Roadshow” und ist der einzige lebende Künstler, der Tom Waits ins Kölsche übertragen konnte, ohne ihn zu parodieren („The Piano has been drinking”). Zusammen mit Frank Hocker ist er „Köster & Hocker”. Gerd Köster überzeugt aber auch als Theaterschauspieler und Sprecher von Hörbüchern. Er hat u.a. den letzten drei Bänden der erfolgreichen „Bartimäus”-Abenteuer von Jonathan Stroud seine unverwechselbare Stimme geliehen.


    Meine Rezension:
    "Gott bewahre" polarisiert - sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Nivens Geschichte von einem kiffenden, mit Jimi Hendrix Gitarre spielenden Jesus, der von seinem Vater wieder auf die Erde geschickt wird, um den Menschen das einzig wahre Gebot ("Seid lieb!") in Erinnerung zu rufen, mag den ein oder anderen Christen verstören oder sogar erzürnen. Die Kritik an der Kirche und dem, was die Menschen aus der Religion gemacht haben bzw. was im Namen der Religion geschehen ist, ist offensiv und nimmt kein Blatt vor den Mund. Die Sprache in der dies geschieht, mag dem ein oder anderen zu fäkal- und fluchlastig sein, doch letztlich ist sie konsequent in Stil und Passung. Zwar ist Niven richtig frech, doch nicht unbedingt respektlos, seine Kritik ist durchdacht und regt vielmehr zum Nachdenken an - und das nicht nur über den Glauben, sondern auch über die Medien (insbesondere die inzwischen inflationären Castingshows), den Konsum generell und unseren Umgang mit Menschen. Die leichten Längen im Mittelteil werden durch den messerscharfen Humor aufgewogen, so dass "Gott bewahre" ein rundum gelungenes Hörvergnügen bietet.


    Dazu trägt Sprecher Gerd Köster nicht unerheblich bei, denn er liest das Hörbuch so pointiert und gibt den einzelnen Figuren durch kleine Nuancen so natürlich ihre eigene Persönlichkeit, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzuhören. Tolle Sprecherleistung!


    Von mir deshalb dicke 9 Punkte!


    Meine Rezension bezieht sich auf die ungekürzte Version von Audible, die ich gehört habe.

  • audible ungekürzt: 10 Std. 38 Min.
    Sprecher: Gerd Köster :anbet


    Link zu "Gott bewahre" bei audible mit Hörprobe und Trailer (Interview mit Autor John Niven)


    Meine Meinung:
    Wer hat sich nicht schon einmal überlegt, wie es wohl ausgehen würde, wenn Jesus uns noch einmal besuchen käme? Würden wir auf seine Botschaft hören? Würden wir ihn erkennen? Würden wir ihm folgen? Würden wir...


    John Niven hat aus diesem Gedankenspielchen eine lustige, respektlose, nachdenklich machende und unterhaltsame Geschichte gemacht. Und wie sollte es auch anders sein, Jesus kommt bei seinem zweiten Besuch auf der Erde nach New York und versucht die Menschen auf das einzige Gebot, das sein Dad seinen Schützlingen damals gegeben hatte, aufmerksam zu machen und sie auf den rechten Weg zurückzuführen: "Seid lieb"


    Gott ist immer noch sauer auf Moses, der in seinem Geltungswahn dieser schlichten Botschaft damals noch neun weitere Gebote hinzugedichtet hat. Außerdem ist Jesus´ Papa erstaunt und ziemlich angepisst darüber, was für wahnsinnige Blüten das Verhalten der Menschen in den letzten tausend Jahren getrieben hat. Drogen sind verboten. Im Christentum gibt es unzählige Splittergruppen, von denen eine jede ein Buch mit Geschichten anders auslegt und sich darüber bekriegt. Statt einander zu helfen, unterdrücken, betrügen und vernichten die Menschen einander. Haben diese armseligen Kreaturen noch eine Chance verdient oder sollte er seine Arbeit einstampfen und von vorne beginnen? Nach einem Besuch bei Satan in der Hölle, der sich über einen "Konjunktureinbruch" in Sachen "menschliche Schlechtigkeit" derzeit keine Sorgen zu machen braucht, entscheidet sich Gott trotzdem für die zweite Chance und sein Sohn soll es wieder einmal richten.


    Doch Jesus hat es nicht leicht. Sein Lebensinhalt ist die Rockmusik und er versucht mit seinen Kumpels Morgan und Chris in New York ein Bein auf den Boden zu bekommen. Doch keiner will seine Botschaft hören. Und so lebt Jesus im Kleinen ein gerechtes Leben vor. Er kümmert sich um die Ausgestoßenen der Gesellschaft, um ein altes Pennerpaar, um die Exdrogensüchtige Becky mit ihren beiden Jungs, um den durchgeknallten Vietnamveteranen Bob, um den aidskranken Schwulen Pete und viele andere. Niven zeigt den alltäglichen und nicht nur amerikanischen Wahnsinn auf, der sich zum Beispiel darin äußert, dass ein Lebensmittelmarkt täglich viele Kilogramm Nahrungsmittel in den Müllcontainer entsorgt, während daneben von der Gesellschaft weggeworfene Menschen um ihr Überleben kämpfen.


    Die auch in Deutschland mittlerweile allgegenwärtigen Castingshows vergleicht Niven mit Arena-Gladiatorenkämpfen in denen oftmals gestörte Leute grausamen Juroren und einem abgestumpften Publikum "zum Fraß" vorgeworfen werden. Doch genau so eine Castingshow beschert Jesus die Plattform auf die er gewartet hat, um den Menschen seine "Seid lieb"-Botschaft zu überbringen. Mit Exzessen, Übertreibungen, Stimmungsmache, Fäkalsprache und Polemisierungen wird in diesem Buch nicht gespart, trotzdem machen Nivens Worte den Leser nicht aggressiv. Sie stimmen vielmehr nachdenklich, bewegen einen dazu, gewohnte Dinge und eingefahrene Denkmuster zu hinterfragen.


    Natürlich kann soviel Gutartigkeit nicht ungestraft bleiben. Wer aus der schützenden Anonymität der Menge ausbricht, macht sich angreifbar und wird angefeindet. So auch Jesus, der mittlerweile mit seinen "Anhängern" in Texas in einer Art Kommune lebt, in der alle ihren Platz haben, egal wie anders sie sind, solange sie einander nur respektieren. Vielleicht hätte er sich nicht gerade Texas aussuchen sollte, aber er wäre nicht der Sohn seines Vaters, wenn sein Ende nicht gewisse Auswirkungen hätte. Und so schließt das Buch mit einem himmlischen Lachflash, als Gott bemerkt, was eine "bekehrte" Frau da um ihren Hals trägt. Nicht ein Kreuz, sondern ein Symbol der

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."