Rico, Oskar und der Diebstahlstein - Andreas Steinhöfel (ab 10 J.)

  • Rico und Oskar könnten eigentlich höchst zufrieden sein: Oskar ist mit seinem seltsamen Vater Lars nun auch in der Dieffe 93 eingezogen und so können die Freunde zusammen mit Ricos Hund Porsche viel Zeit verbringen. Als Ricos Mutter auch noch mit ihrem Lover nach Sri Lanka fährt und Rico deshalb so lange bei seinem Freund einziehen kann, könnte das Glück perfekt sein..
    Doch die Schwierigkeiten beginnen, als sich Oskar mit seinem depressiven Vater in die Wolle kriegt. Als sie dann auch noch den alten Motzkopf Fitzke tot im Treppenhaus finden, wird’s abenteuerlich. Testamentarisch hat der nämlich festgelegt, dass im Falle seines Ablebens Rico sich um seine umfangreiche Steinesammlung kümmern soll. Was nicht so einfach ist, denn ein Einbrecher klaut ausgerechnet das wertvollste Stück, den Kalbstein, angeblich das Ergebnis von Fitzkes einzigem erfolgreichen Steinezüchtungsversuch.
    Eine Spur führt an die Ostsee, und so machen sich Oskar, Rico und Porsche auf eine abenteuerliche Fahrt nach Zingst, um den Stein zurückzuholen.


    Was sich zunächst wie eine ganz gewöhnliche Kinderkrimi-Geschichte anhört, ist, wie schon die beiden Vorgängerbände, ein wunderbares Buch über Freundschaft, das Anderssein und Verantwortung. Denn Steinhöfels Helden sind einfach anders: Rico, tiefbegabt und intellektuell schnell überfordert, stellt sich voller Selbstbewusstsein den Herausforderungen des Lebens, während sein Freund Oskar dank seiner Intelligenz zwar sämtliche praktischen Probleme schnell und unkonventionell löst, im Grunde aber eine zutiefst verängstigter kleiner Junge ist.
    Aber beide sind sie Kinder und Steinhöfel gelingt es ganz großartig, diesen Kinderkosmos darzustellen. Da sind Dinge, die sie nicht verstehen, etwa, warum ein Mehrtürer-Tod nichts mit Autounfällen zu tun hat, und andere, bei denen sie einen beneidenswerten Durchblick haben, z.B., warum ein einsamer alter Mann Steine sammelt. Trotz junger Jahre vom Leben schon beträchtlich gebeutelt, strotzen sie vor Lebensfreude und wetzen mit ihrer kindlichen Unbedarftheit so manche Scharte der Erwachsenen aus. Vor allem aber haben sie ihre Freundschaft, in der es zwar wie im richtigen Leben manchmal richtig fies zu gehen kann, die aber im Großen und Ganzen ein wunderbares Geschenk ist.


    Steinhöfel traut dabei seinen jungen Lesern so allerhand zu, er nimmt kein Blatt vor den Mund. Das Buch steckt voller Ironie, aber auch schwarzem Humor, der auch vor den „Behinderungen“ der Protagonisten nicht halt macht.
    Alleine Ricos blöde Tussi-Mutter ging mir mal wieder auf die Nerven, lässt die doch ihren einzigen Sohn bei einem depressiven Typen, der schon mit seinem eigenen Kind überfordert ist, nur um mit ihrem neuen Lover „Knutschurlaub“ in Sri Lanka zu machen. An diese Schnepfe werde ich mich wohl nie gewöhnen.


    Ach ja: die Schössow-Illustrationen sind mal wieder grandios!

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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