Kurzbeschreibung bei amazon
Brich alle Regeln. Mach Worte zu Waffen. Riskier dein Leben für die
Liebe. Er liebt die Freiheit, die Frauen und das geschliffene Wort.
Ende des 12. Jahrhunderts beginnt ein Mann, das Heilige Römische Reich
Deutscher Nation zu prägen: Walther von der Vogelweide raubt dem
Minnesang die Keuschheit, spottet über Fürsten und klagt selbst Kaiser
und Papst mit spitzer Zunge an, obwohl in dieser gefährlichen Zeit jeder
ketzerische Gedanke den Tod bedeuten kann. Immer wieder kreuzt dabei
eine ungewöhnliche Frau seine Wege: Die Ärztin Judith ist manchmal seine
Gegnerin, manchmal seine Verbündete – und wie er immer entschlossen,
die Welt zu verändern. Spannend, emotional, hautnah: Das deutsche
Mittelalter-Epos!
Geschichtlicher Hintergrund
Als der Stauferkaiser Heinrich VI(Sohn des Friedrich I Barbarossa)im Jahre 1197 starb, war sein Sohn Friedrich erst drei Jahre alt. Die Staufer wählten Heinrichs Bruder Philipp von Schwaben zum deutschen König, er sollte regieren, bis sein Neffe Friedrich alt genug wäre, das Erbe seines Vaters anzutreten. Die Welfen erhoben dagegen Otto IV zum Gegenkönig, dieser war als Sohn Heinrichs des Löwen und Mathildes von England gleichzeitig der Neffe des englischen Königs Richard Löwenherz. Der kriegerische Konflikt zwischen den Staufern und den Welfen erstreckte sich über gut anderthalb Jahrzehnte, während der designierte Thronerbe Friedrich auf Sizilien, der Heimat seiner Mutter Konstanze, heranwuchs.
Inhalt und Aufbau des Romans
Dieser sehr komplexe Roman ist in sieben Hauptteile gegliedert, die sich auf insgesamt 46 Kapitel verteilen und deckt die Jahre 1192 bis 1212 ab. Passend zum Titel des Buchs und der Hauptfigur Walther von der Vogelweide sind die Hauptteile teilweise als "Gesänge /Lieder " überschrieben:
Prolog: Aufgesang 1192, I. Werbelied 1194 - 1195, II. Wechsellied 1195 - 1197, III. Wahl 1197 - 1198, IV. Krieg 1199, V. Tagelied 1202 - 1203, VI. Fall 1207 - 1208, VII. Frauenlied 1209 - 1212
Dem eigentlichen Romantext ist glücklicherweise ein umfangreiches Personenverzeichnis (Dramatis personae) vorangestellt.
Der Protagonist des Romans ist der Meistersinger Walther von der Vogelweide (ca 1170 - ca 1230), über dessen Leben man wenig Fakten findet, jedoch vieles aus seinen überlieferten Liedern erschließen kann. Walther war wesentlich mehr als ein Minnesänger. Im Minnesang führte er "deftigere" Varianten ein, indem er im Gegensatz zu seinen Kollegen nicht nur über die unerfüllte Liebe zu gesellschaftlich hochgestellten Damen sang, sondern auch über die erfüllte Liebe. Sein Repertoire beschränkte sich allerdings nicht auf Liebes- und Frühlingslieder, vielmehr zog er durch das ganze deutsche Reich von einem Hof zum nächsten und gab politische Lieder zum Besten. Dabei fiel er wegen seiner scharfen Beobachtungsgabe ebenso wie durch sein freches Mundwerk auf, denn er scheute sich nicht, die Kirche, den Papst und diverse Adelige anzuprangern und zu verspotten. Im vorliegenden Roman nutzt er seine Wortgewalt - seiner Meinung nach können Worte wie Waffen sein - um auf die an der Königswahl beteiligten Adeligen und damit indirekt auf die politische Lage im Reich Einfluss zu nehmen.
Als zweite Hauptfigur ist Walther die fiktive jüdische Ärztin Judith gegenübergestellt. Sie ist zwar eine von der Autorin erfundene Figur, die Umstände ihres Lebens und ihrer Ausbildung zur Magistra (Ärztin) an der berühmten Medizinschule von Salerno sind jedoch wirklichkeitsgetreu wiedergegeben. Judith bleibt im Herzen immer eine gläubige Jüdin, sie praktiziert aber als (vermeintlich christliche) Magistra Jutta von Köln unter den Christen und steigt dabei zur Leibärztin und Vertrauten der Königin Irene, Gemahlin des Philipp von Schwaben auf. Ihr zum Christentum konvertierter und mit einer Christin verheirateter Onkel Stefan ist ein reicher Kölner Kaufmann, der Judiths Beziehungen immer wieder ausnutzen will, um auf die politische Entwicklung im Land Einfluss zu nehmen und der Kaufmannschaft den größtmöglichen Profit zu sichern. Auch Philipp und Irene scheuen nicht davor zurück, Judith als "Spionin" ins gegnerische Lager des ihr verhassten Otto IV zu schicken. Walther und Judith begegnen einander bei ihren Reisen immer wieder. Obwohl sie eine beständige Liebe miteinander verbindet, ist ihre Beziehung dennoch auch sehr konfliktbeladen, da Judith eine starke Persönlichkeit ist, der Lügen und Vorteilsstreben zuwider sind und die ihren aufrechten Charakter für nichts und niemanden verbiegen lässt.
Sowohl Walther als auch Judith ziehen - teilweise gemeinsam, oft auch getrennt - unermüdlich durch das riesige Deutsche Reich und geraten in lebensgefährliche Situationen...
Landkarten des Deutschen Reichs und des Kirchenstaats um 1200 im vorderen und hinteren Einband des Buchs erlauben es dem Leser, den Wegen der Protagonisten zu folgen. Im Anschluss an den Roman erläutert die Autorin in einem Nachwort kurz die weitere Entwicklung der politischen Lage nach 1212 und ergänzt eine sehr ausführliche Bibliographie zur Thematik und den wichtigsten Figuren des Romans.
Fazit
"Das Spiel der Nachtigall" ist ein ausgezeichnet recherchierter und sehr anspruchsvoller Roman über eine faszinierende Epoche der deutschen Geschichte. Größtenteils wird diese Geschichte sehr spannend und bei glaubwürdiger Ausgestaltung der Charaktere erzählt. Manchmal gerieten mir die Abschnitte über die Intrigen und "Spionageaufträge" etwas zu ausführlich und erforderten für mich als Nicht-Historiker zusätzliche Recherchen. Wer sich für die deutsche Geschichte des Mittelalters interessiert und sich damit ein bisschen auskennt, sollte sich diesen Roman nicht entgehen lassen. 9 Punkte