Das Haus der Madame Rose - Tatiana de Rosnay

  • Berlin Verlag, 2011
    Übersetzt von Gaby Wurster


    Kurzbeschreibung:
    Paris 1868. Das mehrstöckige Haus in der Rue Childebert wurde bereits geräumt. Viele Gebäude in der Nachbarschaft sind schon abgerissen. Die Witwe Rose Bazelet hat sich im Keller ihres Hauses verschanzt, sie wird es nicht verlassen. Nur ein paar ehemalige Nachbarn wissen Bescheid. Allein zurückgelassen, hält sie Zwiesprache mit ihrem verstorbenen Mann Armand und lässt ihr Leben Revue passieren: ihre Hochzeit und den Einzug in das Haus, die Geburten der Kinder, die Todesfälle, Momente des Glücks und der Trauer und schließlich ein Geheimnis ...
    Tatiana de Rosnay beschreibt in ihrem neuen Roman den einsamen Kampf einer Frau gegen die Obrigkeit, und wieder stecken Häuser und Wände voller Erinnerungen und Geheimnisse.


    Über die Autorin:
    Tatiana de Rosnay wuchs in Paris und Boston auf und verbrachte einige Jahre in England. Seit 1984 lebt sie wieder in Paris. Sie ist die Autorin des Weltbestsellers Sarahs Schlüssel, der unter der Regie von Gilles Paquet-Brenner verfilmt wurde. 2009 erschien der Roman Bumerang (Bloomsbury Berlin) und Das Geheimnis der Wände (BvT).


    Mein Eindruck:
    Der Roman nutzt ein reales historisches Ereignis in Paris des 19.Jahrhunderts. Die Modernisierung Paris mit dabei verbundener Enteignung vieler Bewohner von Häusern und Geschäften. Das betrifft auch die im Titel erwähnte Madame Rose, eine Witwe um die 60, die durch das Vermieten lebt. Sie hängt an dem Haus, das Generationen lang von der Familie ihres verstorbenen Mannes bewohnt wurden.


    Das Buch ist durch seinen Stil und Intention auch ein Fall für die Rubrik Belletristik, die ich dann auch für diese Rezension gewählt habe.


    Der gut gewählte Stil ist zugänglich zu lesen, nutzt neben einer Ebene der Gegenwart auch Briefe, die Madame Rose an ihren toten Mann schreibt und dadurch Rückblicke gestattet. Diese werden natürlich nicht abgeschickt sondern dienen eher der Erinnerung. Durch diese Form, die auch halbe Seiten des 240 Seiten umfassenden Buches freilassen, ist das Buch schnell durchgelesen.


    Trotz der Gefälligkeit der Geschichte packt sie den Leser dann doch. Da konsequent aus der Sicht der Protagonistin geschildert wurde, ist man dicht bei der Figur. Nicht immer ist sie nur liebenswürdig, so gesteht sie z.B., ihre Tochter nicht so geliebt zu haben wie ihren Sohn.


    Mit der Blumenverkäuferin Alexandrine verbindet sie eine Freundschaft. Diese Figur bleibt ein wenig in der Schwebe, die Beziehungen zwischen den beiden Frauen wird mehr behauptet als logisch gezeigt. Aber das stört nicht sehr, genauso wenig wie das im Klappentext angedeutete alte Geheimnis, das unbedingt noch in das Buch gequetscht werden musste, ohne die Geschichte im wesentlichen zu bereichern.


    Die Handlung ist klug gestaltet. Diese Konstellation der Ereignisse um die Hausenteignung könnte auch in der Gegenwart vorkommen. Das wirkt sich auch auf die Lesart aus.
    Es gibt auch einige kleine, aber originelle Einfälle, die die Geschichte bereichern. Zum Beispiel, wie Madame Rose zum Lesen wichtiger Bücher ihrer Zeit kam: Madame Bovary von Flaubert, Gedichte von Baudelaire und als schließlich die soziale Situation auch sie betrifft, Emile Zola, den sozialkritischsten Schriftsteller des 19.Jahrhunderts.


    Auch die Buchgestaltung des Verlages ist gelungen, durch Coverbild und der lesefreundlichen Einteilung.