ZitatOriginal von MaryRead
Ich war übrigens von Jeans Reaktion auf Shelbys Coming-out zuerst ziemlich enttäuscht. Mensch, die Frau war doch ihre Freundin... die war doch normal... wieso konnte die nicht positiv reagieren? Wieso hat sie sich nicht schon längst was gedacht? Aber da sind wir wieder bei der damaligen Zeit... selbst für eine so selbstständige junge Frau wie Jean war Frauenliebe neu und fremd. Ihre erste Reaktion ist absolut nachvollziehbar. Umso schöner, dass sie dann ziemlich schnell die Kurve gekriegt hat.
Nein, aber gar nicht. Das ist überhaupt nicht enttäuschend. Das ist ECHT! Das ist eine richtig aus dem Leben gegriffene Situation. Erschrick jetzt nicht, ich versichere noch mal, daß ich das Buch mag und empfehle.
Aber literarisch gesehen ist es an vielen Stellen nicht reif. Dreher hat den Teig angerührt, aber das Ding hat es nie in den Ofen geschafft und ist deshalb als Ganzes nicht durchgebacken. Jean, komplex, ganz differenziert in ihren Reaktionen, gehört zu den ausgeformten Gestalten. Sie ist, literarisch gesprochen 'reif' (für den Druck). Jean ist wunderbare Figur. Rund, authentisch. Sie ist gelungen, fertig modelliert. Und eben deshalb hat sie das Recht zu zweifeln. Sie ist eine richtig literarische Figur. Jeder Ton stimmt. Sie darf das, nein, sie MUSS das. Aus genau den Gründen, die du oben genannt hast.
Drehers Buch ist tatsächlich kein reiner Unterhaltungsroman mehr. Er hat das Zeug zu DEM grossen Lesbenroman. Wenn sie nur noch ein bißchen weitergerührt hätte. Aber sie ist zu früh aus der Küche gerannt.
<seufz>
magali (die Anspruchsvolle)