Die Frage, was denn ein „Weihnachtsbuch“ eigentlich ausmacht, stelle ich mir schon länger. Immer wieder mal schreibe ich in Rezis, das sei für mich ein richtiges Weihnachtsbuch, um dann festzustellen, daß des öfteren Bücher als „Weihnachtsbücher“ bezeichnet und empfohlen werden, denen ich dieses Prädikat aufs Heftigste absprechen würde.
So geschehen kürzlich beispielsweise bei Amy Silvers „All I want for Christmas“, das auch bei Amazon.co.uk entsprechend positive Rezis hat (die mich ursprünglich zum Kauf verleitet haben). Ich persönlich war von diesem Buch als Weihnachtsbuch ziemlich enttäuscht, funktioniert es für mich als solches überhaupt nicht. * (Hätte das Buch als „Zieldatum“ etwa den Sommerurlaub gehabt, hätte ich es vermutlich ziemlich gut beurteilt. So war es für mich eine Themenverfehlung.)
Wenn aber die zeitliche Verortung zu den Weihnachtsfeiertagen (zumindest für mich) nicht reicht, einem Buch das Prädikat „Weihnachtsbuch“ zuzusprechen - was dann braucht es dafür?
Je mehr ich darüber nachdenke, zählen für mich folgende Eigenschaften zwingend dazu. Vielleicht nicht immer alle, aber doch jeweils etliche gemeinsam:
- Handlungszeit Advent und Weihnachten, oder - wie etwa bei „The Christmas Clock“ - das Finale zu Weihnachten;
- Eine gewisse „melancholische Traurigkeit“ (mir fällt kein besserer bzw. passenderer Ausdruck ein) sollte stimmungsmäßig über eine bestimmte Zeit vorherrschen. Musikalisch findet man diese Stimmung sehr schön im Weihnachtskonzert** von Corelli (op. 6 Nr. sowie dem von Torelli (Concerto No. 4, op. 8 Nr. 6);
- Eines oder mehrere „magische“ oder „mit wissenschaftlichen Methoden nicht zu erklärende“ Ereignisse sollten vorkommen;
- Eine gewisse „Irrealität“ sollte vorhanden sein, für die realen Dinge habe ich die Tageszeitung und Sachbücher;
- Inhaltlich sollten Themen wie z. B. Familie, Verlust-Wiederfinden, Nachhause kommen, Vergebung, sich um andere Menschen kümmern (Aufstellung ließe sich vermutlich noch ergänzen) eine Rolle spielen;
- Schön ist es natürlich, wenn auf Weihnachten als Fest der Geburt Jesu Bezug genommen wird;
- Eine gewisse Portion Kitsch und Klischee ist in diesem Zusammenhang auch nicht verkehrt;
- Am Ende natürlich ein wie auch immer geartetes Happy End.
Mit mehr Nachdenkzeit würden mir vermutlich noch mehr Punkte einfallen, diese sollen hier erst mal reichen.
Jetzt würde mich interessieren: was braucht es für euch, damit ihr ein Buch als „Weihnachtsbuch“ bezeichnen würdet? Ich habe bewußt keine Umfrage mit vorgegebenen Antworten angehängt, um die möglichen Antworten nicht einzuschränken bzw. nicht vorzugeben. Und nun bin ich gespannt, ob ich allein auf weiter Flur bin, einer (wie ich kürzlich in ähnlichem Zusammenhang schrieb) aussterbenden Spezies angehöre oder doch mehr, als ich derzeit vermute, die Sache ähnlich sehen wie ich.
Anmerkungen:
* In meiner Rezi habe ich das Buch im Hinblick auf Weihnachten (bzw. seine Intention als „Weihnachtsbuch“ reduziert auf: „Weihnachten wurde reduziert auf Feiertage, Geschenke auspacken, viel Essen und vor allem Alkohol trinken.“ Zudem legten die Protas ständig wert darauf, daß sie Atheisten seien. Wozu dann Weihnachten?
** = Musik bzw. die Wirkung der Musik auf den Zuhörer ist sehr subjektiv. Andere empfinden das möglicherweise ganz anders.