Gegen alle Zeit von Tom Finnek

  • Kurzbeschreibung


    Ein stinkender Keller voll Schlafender, ein fluchender Mann mit Dreispitz und Holzbein - Henry Ingram traut seinen Augen nicht, als er nach einem heftigen Rausch zu sich kommt. Nur langsam begreift er das Unglaubliche: Er wurde um dreihundert Jahre in der Zeit zurückversetzt, mitten hinein ins London des 18. Jahrhunderts, ein London der Kleinganoven und Diebe. Als er mit der resoluten Hure Edgworth Bess den Räuberhauptmann Jack Sheppard aus dem Gefängnis befreit, wird er schließlich selbst zum gejagten Gesetzesbrecher, und ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt ...



    Zum Autor:


    Tom Finnek, 1965 in Westfalen geboren, lebt als Filmjournalist und Schriftsteller in Berlin. Als Autor (unter dem Namen Mani Beckmann) beschäftigt er sich schon länger mit historischen Stoffen, insbesondere zum Münsterland. Für ihn ist London mit seiner langen, wechselhaften Geschichte genauso faszinierend wie Berlin.
    Tom Finnek ist verheiratet und hat zwei kleine Söhne, auf die er sehr stolz ist.
    Weitere Informationen: www.tomfinnek.de






    In seinem zweiten Roman erzählt Tom Finnek den Alptraum des Schauspielers Henry Ingram. Statt nach der Premierefeier mit einem Kater im 21. Jahrhundert aufzuwachen, wacht er im 18. Jahrhundert mitten unter Gaunern und Huren auf. Als würde das nicht schon reichen, trifft er dort auf die Figuren aus seinem Premierestück "Bettleroper". Nach und nach lernt er alle Beteiligten kennen, bis hin zum Dichter und Komponisten.
    Gleich nach seinem Erwachen muss er zusammen mit dem Gauner Blueskin, der resoluten Hure Edgworth Bess und einigen anderen, den Räuberhauptmann Jack Sheppard aus Newgate befreien. Und ehe er es sich versieht, wird er selbst zum Gejagten und muss um sein Leben fürchten ...


    Der zweite Roman knüpft an den ersten Roman "Unter der Asche" an. Die beiden Bücher sind sehr gut getrennt zu lesen und der Leser erkennt, wenn er den ersten Band kennt, einige Personen bzw. Ereignisse wieder.


    Die Geschichte wird aus verschiedenen Sichtweisen geschrieben, so dass der Leser einmal Henry begleitet oder die Hure Bess oder gar Blueskin. So erhält man einen umfassenden Überblick über das Geschehen.


    Der Schreibstil ist flüssig und spannend. Man ist von der ersten Seite an gefesselt, die Seiten fliegen nur so dahin. Man taucht regelrecht ein in das London des 18. Jahrhundert und die Welt der Gauner und Huren.


    "Atempausen" erhält der Leser nur dann, wenn die Sichtweise sich ändert. Diese Änderungen werden durch eigene Kapitel eingeläutet, bei denen zuerst ganzseitige schöne Illustrationen zu sehen sind. Diese und die Überschriften lassen erahnen, wen man als nächstes begleiten wird.


    Natürlich gibt es im vorderen Klappendeckel einen Schnitt zu London und im hinteren eine Karte mit den wichtigsten Punkten der Geschichte. So kann man sich zum einen London im 18. Jahrhundert gut vorstellen und die Wege der einzelnen Protagonisten gut nachverfolgen.


    Im Epilog findet sich versteckt ein Nachwort mit einem Hinweis drauf, was Fiction ist und was tatsächlich belegbar so stattgefunden hat. Sehr interessant und aufschlussreich.


    Fazit: Ein wunderbarer historischer Roman von Tom Finnek, den man nur empfehlen kann und bei dem ich schon sehnsüchtig auf den nächsten Band warte.

  • Danke für die schöne Rezi. Das Buch werde ich mir nicht entgehen lassen, auch wenn ich es nicht so mit Zeitreisen und dergleichen habe.
    Warum war das notwendig? Man hätte diese Geschichte doch auch ohne eine solche Rahmenhandlung erzählen können.
    Das Cover gefällt mir wieder sehr gut, wie schon beim Vorgängerroman. Es hebt sich sehr wohltuend von den oft "schrillen" Covern seichterer historischer Romane ab.

  • Was wissen wir übers Zeitreisen? Eigentlich nichts, ausser das es sie nicht geben kann, völlig unmöglich sind und nicht als Fiktion und Hirngespinste darstellen. Aber haben Zeitreisen nicht auch etwas unglaublich reizvolles an sich? Wer ist nicht schon mal Tagträumen nachgehangen oder hat Nachts davon geträumt in einer anderen Zeitepoche zu Leben? Sind wir doch ehrlich, alle von uns haben diese verlockenden Gedankenspiele schon mehrfach vergnüglich durchgespielt und sind dem "Was wäre wenn..." erlegen.


    Einem unserer Hauptfiguren in diesem Roman passiert dieses Zeitreisen und er wird nicht ganz zufällig ins Jahr 1724 katapultiert. Henry Ingram wacht ganz benommen von einer durchzechten Nacht in finsterer Gesellschaft auf. Ungläubig und zugleich fasziniert betrachtet er das vergangene London und nimmt die neue Realität nach und nach zur Kenntnis. Aber wohin soll Henry gehen? Wie findet er sich in dieser merkwürdigen Zeit zurecht? Und vor allem: Wie schafft er es in die Gegenwart, die ja eigentlich die Zukunft ist, zurückzukehren? Liegt der Schlüssel zur Rückkehr etwa in der bekannten Bettleroper in der er tags zuvor die Hauptrolle des Captain Macheath gespielt hat? Bald ist er von den wirklichen Hauptfiguren der Oper umgeben und spielt im surrealen Theater mit... es beginnt der reine Irrsinn und ist zum verrückt werden...


    Der taumelnde Henry gelangt rasch ins Gefolge des berüchtigten Räuberhauptmanns Jack Sheppard und ehe er sichs versieht wird er selbst zum gesuchten Gauner. Von nun an sind Diebe und Huren seine Vertrauenspersonen und er muss sich vor dem berühmten Generaldiebesfänger Jonathan Wild und seinen allgegenwärtigen Spitzeln in acht nehmen. Ein an sich absurder Albtraum nimmt seinen Lauf und ist wie eine kuriose Ansammlung von Gegensätzen und Wiedersprüchen.


    Tom Finnek hat dem Volk gut aufs Maul geschaut und erneut spielen die einfachen Menschen die ums tägliche überleben kämpfen die Hauptrollen. Er beschreibt atmosphärisch dicht ein London wie es im Jahr 1724 war und erweckt es zu neuem Leben. Dreckig und laut wie eh und je, mit vielen Gin-Shops und verruchten Kneipen, Bettlerjungen und Huren die Passanten auflauern. Man fühlt sich als Leser in diese unwirkliche Welt zurückversetzt und folgt staunend und atemlos dem Geschehen. Dieser Roman ist wie ein langes Gedicht auf das Strassenleben von London und ein echtes Bravourstück!


    Der Autor Tom Finnek präsentiert uns nach "Unter der Asche" erneut einen genial konzipierten Roman der von vorne bis hinten gut durchdacht ist. Die Erzählung verlangt nach Aufmerksamkeit, ist teilweise widersprüchlich aber bereitet einen ungeheuren Lesespass. Man erkennt schnell die Zusammenhänge, fühlt sich aber trotz des Wissens des 21. Jahrhunderts zwischendurch dumm und hilflos wie ein kleines Kind kann und kann die Gesamtstory erst am Schluss durchschauen.


    Aber ich habe nun genug geschwafelt und es ist jetzt Zeit, dass ich mich zurückziehe. Die Schauspieler bereiten sich vor anzufangen. Spielt die Ouvertüre!

  • Ich muss vorweg sagen, ich liebe Zeitreiseromane. :-) Das erste Buch von Tom Finnek fand ich schon klasse, aber dieses steht ihm in nichts nach.


    Henry Ingram ist Schauspieler und spielt bei der Bettleroper mit. Zufällig gelangt er in das Jahr 1724. Erst denkt er an einen bösen Streich von seinen Kollegen, bis er merkt, dass er tatsächlich im alten London gelandet ist. Er muss sich in der Zeit erst einmal zurecht finden. Dann trifft er zufällig auf die realen Hauptfiguren der Bettleroper und schon ist er mitten drin unter Ganoven, Dieben und Huren. Er hilft mit Jack aus dem Gefängnis zu befreien und wird jetzt selbst als Gesetzesbrecher gesucht und eine spannende Jagd beginnt. Vor allem eine Frage macht ihm schwer zu schaffen, wie kommt er wieder zurück in die Zukunft ?


    Die Geschichte hat mich gleich in ihren Bann gezogen. Obwohl ich die Bettleroper nicht kannte, konnte ich dem Geschehen ohne Mühe folgen.

    Ein spannender Zeitreiseroman im alten London. Bitte mehr davon.

  • Unter zunächst im Dunklen bleibenden Umständen gelangt Henry Ingram fast 300 Jahre zurück in die Vergangenheit, entdeckt ein für ihn völlig fremdes und zugleich vertrautes London und erlebt ein unglaubliches Abenteuer.


    Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist „The Beggar`s Opera“, des Bettler`s Oper, sowohl in der heutigen Zeit (Henry spielte eine Hauptrolle in dem Stück) als auch in der Vergangenheit, in welcher Henry die „echten“ Protagonisten kennenlernt und, zumindest in groben Zügen, deren Inhalt bzw. Entstehung erlebt.


    Atmosphäre und Zustände im London des 18. Jahrhunderts schienen mir überaus authentisch geschildert, Dreck und Gestank nahmen mir beim Lesen fast den Atem ;-).


    Ich fand es total genial wie Tom Finnek ein raffiniertes und intelligentes Verwirrspiel mit Zeiten, Personen und Perspektiven entwickelt. Je länger ich das Gelesene auf mich einwirken lasse, desto mehr steigt meine Bewunderung. Es gibt so viele liebevolle Details und augenzwinkernde Bezüge zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu entdecken, dass man das Buch vielleicht ein zweites Mal lesen sollte um auch nicht die kleinste Kleinigkeit zu versäumen.


    Nach leichten Einstiegsschwierigkeiten entwickelte sich diese Geschichte für mich zu einem absoluten Lesevergnügen! Danke dafür!

  • Über den Inhalt wurde bereits alles geschrieben, deshalb gleich meine Meinung.


    Das Buch hat mich begeistert. Tom Finnek hat das alte London und die damaligen Lebensumstände so bildhaft beschrieben, ich fühlte mich direkt hineinversetzt. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite mit überraschenden Wendungen. Die Entwicklung der einzelnen Charakter, Blueskin und Bess, die doch nicht so böse waren wie gedacht hat mir sehr gut gefallen.


    Ein 100% Lesevergnügen und bestimmt nicht das letzte Buch von diesem Autor. 10 Punkte.