Paule ist ein Glücksgriff - Kirsten Boie (ab ca. 6 J.)

  • erstmals erschienen 1985



    Mit Papa ist meistens alles in Ordnung. Mit Mama auch, findet Paule. Bloß mit ihm irgendwie nicht. Das stört aber vor allem die anderen. Und dann ist Paule genervt. Warum müssen sie dauernd davon anfangen, daß er adoptiert ist? Und, schlimmer, warum soll er beim Krippenspiel immer den Kaspar spielen, obwohl er viel lieber den Engel Gabriel spielen möchte? Bloß weil er schwarz ist? Das findet Paul einfach unmöglich.


    In zehn Kapiteln, die man als Einzelgeschichten lesen kann, die aber zusammen auch eine schöne runde Geschichte ergeben, erzählt Boie, wie ein Adoptivkind damit umgeht, daß es ‚anders’ ist. Paul ist ein lebhafter Siebenjähriger, der sehr aufmerksam beobachtet, sich aber auch nicht scheut, seinen Kommentar abzugeben, wenn er den Eindruck hat, daß manche Dinge eben mal gesagt werden müssen. Hilft sprechen nicht, handelt Paul. Das Ergebnis ist immer erschütternd, vor allem für die seltsamen Überzeugungen Erwachsener.


    Boies Debütroman für Kinder liest sich auch 26 Jahre nach dem ersten Erscheinen frisch und originell. Der Besuch von Kusine Janne, Pauls Wunsch nach einem Hund und einem kleinen Bruder, der ganz normale Rassismus, die Situation, wenn vermeintliche Nettigkeiten Erwachsener einfach nur peinlich sind oder auch der Nachmittag, an dem Paul und sein bester Freund Andreas einen Afrikaner ‚adoptieren’, Boie findet einen unverwechselbaren Ton für ihre Geschichten aus dem Blickwinkel eines kleinen Jungen. Sie erzählt mit jenem echten Humor, der aufklärt, ohne auch nur einmal belehrend zu wirken. Sie macht es einer leicht, auch einmal über sich selbst zu lachen.
    Zugleich ist Boie äußerst einfallsreich, wenn es darum geht, die Handlung hin - und herzuwenden. Es geht immer anders aus, als man erwartet hat. Auch für Paul. Aber auch kleine Schwestern lassen sich wohl ertragen.


    Ein Buch für die Schatzkiste, ganz klar.



    Verlinkt habe ich die neueste Ausgabe vom letzten Jahr mit den neuen Illustrationen von Silke Brix





    edit: Buchtitel korrigiert. Schön, daß es niemandem aufgefallen ist.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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