Der Inhalt:
Die Welt im Jahre 2032. Die Vereinigten Staaten sind im Niedergang begriffen. Andere Mächte kontrollieren nun das Geschehen. Das ehemalige Territorium der USA ist zersplittert in japanisch fremdkontrollierte Reststaaten, unabhängige Separatstaaten und dem von einem neuen Mexiko annektierten Südwesten. Europa , Australien und Kanada wurden der Interessensphäre eines islamischen Weltimperiums einverleibt. Die Bevölkerung der US-Reststaaten lähmt sich selbst durch den Konsum einer Wunderdroge, "Flashback", mit der man Erlebtes beliebig oft neu erleben kann. So verbringt eine Mehrheit der US-Amerikaner in der Vergangenheit, statt sich um die Probleme der Gegenwart zu kümmern. Einer dieser Suchtopfer ist der ehemalige Polizeibeamte Nick Bottom, der sich nach dem tödlichen Autounfall seiner Frau Dara in die vergangene Idylle seiner Ehe zurückgezogen hat. Bottom wird nun von einem einflussreichen japanischen Oligarchen aus seinen "Flashback"-Träumen gerissen um den fünf Jahre zurück liegenden Mord an dessen Sohn aufzuklären. Im Verlaufe der Ermittlungen muss Nick erkennen, dass er selbst zu einer Schlüsselfigur in einer weltumspannenden Intrige geworden ist.
Meine Meinung:
Es ist mein zweiter Simmons. "Terror" hat mich gefesselt und begeistert. Erst später erfuhr ich, dass Simmons eigentlich in der Science Fiction zu Hause ist. Da ich der Science Fiction, die in fremden Galaxien spielt, nicht so viel abgewinnen kann, im Gegenteil dazu aber ein begeisterter Leser gesellschaftlicher Szenarien bin, die das Hier und Jetzt in eine wie auch immer geartete Zukunft fortführen, schien "Flashback" wie geschaffen für mich zu sein. Die Lektüre gestaltete sich dann aber zunächst als sehr zäh. Das düstere Szenario, die allesamt unsympathischen Charaktere - mit Ausname von Bottoms Schwiegervater Leonhard vielleicht - die öde kriminalistische Komponente (ich mag eigentlich keine klassischen Krimis) machten es mir schwierig in die Handlung hineinzukommen. Ich war nahe dran, das Buch beiseite zu legen, als Simmons beginnt zu offenbaren, dass das Szenario, das er beschreibt, Ausdruck seiner rechtskonservativen politischen Geisteshaltung ist. Die Sozialgesetze unter Obama haben den wirtschaftlichen Niedergang verursacht, die Abrüstung, die im START-Abkommen vereinbart wurde hat den USA die außenpolitische Handlungsfähigkeit geraubt und die multikulturelle Toleranz Westeuropas und Kanadas resultierten zwangsläufig in einer islamistischen Übernahme. Das sind nur die drei zentralen handlungsrelevanten Thesen, die er vehement vertritt. Verglichen mit Simmons offenbart sich Thilo Sarrazin als Waisenknabe. Waffenstarrende Action rettet zumindest die Handlung, die über die ausschweifende Sozialismus-Kritik Simmons zwischenzeitlich fast vollständig zum Erliegen gekommen war. Im letzten Drittel gelang es mir jedoch wieder von dem politischen Hintergrund zu abstrahieren und in eine spannungsgeladene turbultene Handlung einzutauchen. Hier hatte Simmons offenbar alles gesagt, was ihm auf dem Herzen lag und er konzentriert sich wieder auf das Schriftstellerische. Und das gelingt dann doch noch mit Bravour. Das Ende bekommt dann sogar noch mit einem genialen Störfaktor daher, der letztlich dafür sorgte, dass ich "Flashback" durchaus empfehlen kann. Aber nur wer politisch eher rechts angesiedelt, sehr tolerant oder politisch gänzlich uninteressiert ist, wird seine ungeminderte Freude haben.
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