Günter Saalmann: Zu keinem ein Wort
Kinderbuchverlag Berlin. 1993. 198 Seiten
ISBN-13: 978-3358020838. 8,99€
Klappentext:
Sommer 1989. Noch scheint alles in Ruhe zu verharren. Doch es brodelt unter der Kruste. Dann wird Kordula, Tochter eines polnischen Nachbarn, überfallen; ein Hakenkreuz in ihre Haut geschnitten. Die Staatssicherheit vertuscht, wo sie vorgibt, zu ermitteln. Unschuldige werden verhört, diffamiert und ausspioniert, während die Neonazis immer dreister werden. Diese Geschichte beruht auf einem authentischen Fall. Deutlich wird: Der verordnete Antifaschismus in der DDR konnte nicht funktionieren. Die beängstigende Gewaltbereitschaft rechtsradikaler Jugendlicher ist kein unerklärliches Phänomen!
Der Autor (ich hoffe, es ist der richtige Herr Saalmann)
Geboren 1936 in Waldbröl im Oberbergischen, durch den Krieg nach Sachsen verschlagen. Nach dem Abitur drei Jahre Studium der Slavistik/Russistik in Leipzig, exmatrikuliert 1958, Arbeit als Straßenbahnschaffner, Materialverbrauchsnormhilfssachbearbeiter. Facharbeiterbrief in Abendkursen als Gebrauchswerber: Schaufen-sterdekoration, Schriftenmalerei. Die Schriftstellerei begann mit der Verfertigung von Schlager- und Liedtexten für den Eigenbedarf der Tanzmusikformation, in der der künftige Autor Posaune spielte. Berufsmusikerprüfung 1962, von da an auch Jazzmusik. Ab 1973 Studium am Literaturinstitut "Johannes R. Becher" in Leipzig. Abschluß 1976. Danach freiberuflicher Schriftsteller, Lyrik, Prosa, Funkdramatik vorwiegend für Kinder, außerdem ab 1978 zusammen mit dem Jazzgitarristen Helmut "Joe" Sachse Auftritte in einem musikalisch-literarischen Programm "Po(e)saunenstunde". In den Tagen der Wende einer der Wortführer im Chemnitzer Neuen Forum.
Quelle: Webseite des Autors
Inhalt:
Kordula, genannt die Kordel, ist nicht zu Schule gekommen. Alfred, Löffel, Reinhard und Hanno, die 1989 gemeinsam die 11. Klasse einer Oberschule in der damaligen DDR besuchen, hören die wildesten Gerüchte, warum Kordula ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Über den waren Grund herrscht kollektives Schweigen. Erst Tage später vertraut Kordula sich Alfred an: nach einer Schülerfete ist sie auf dem Heimweg überfallen worden; die Täter schnitten ihr ein Hakenkreuz in Brust und Hals. Der Sommer 1989 ist eine unruhige Zeit kurz vor den ersten Montagsdemonstrationen gegen die DDR-Regierung. Alfred und seine Clique reden über Liebe, über ihre Zukunftspläne; sie experimentieren mit Alkohol und ihren Mopeds.
Mehrere Mitschüler sind schon mit den Eltern in den Westen geflüchtet. Den Urlaub in Ungarn zu verbringen, macht inzwischen einen unzuverlässigen Eindruck; denn "es hauen so viele (aus Ungarn in den Westen) ab". Hanno hatte sich schon in der 9. Klasse zur Armee verpflichtet und bereut diese Entscheidung, weil er nun doch lieber studieren würde. Reinhard wird wegen eines "anonymen Hetzartikels" abgeführt, in dem er dargestellt hatte, dass es in der DDR wieder Nazis gibt. Auch Alfred gerät in Schwierigkeiten wegen eines kritischen Deutschaufsatzes. Die Jugendlichen gelangen zu dem Eindruck, dass die Staatssicherheit sich intensiv um Schüler-Streiche kümmert und nur ungern gegen die Täter ermittelt, die Kordula misshandelt haben. Dass es eine Reihe von "Glatzen" im Ort gibt, wird auf die Hygiene reduziert: sie müssen im Freibad Bademützen tragen. "Es täte so gut, wenn wir alle mal reden könnten", schreibt Kordula schließlich an Alfred.
Fazit:
Günter Saalmann beschreibt treffend das Lebensgefühl einer Schulklasse in Ostdeutschland im Jahr 1989, ein Jahr vor dem Schulabschluss. Die Sprache der damaligen Zeit, das "DDR-Sprech", das die Realität auf altertümliche Art hinter Floskeln verbarg, hat er lebensnah eingefangen. Sein Jugendbuch ist ein interessantes Zeitdokument für alle, die sich für die Entstehung rechtsradikaler Tendenzen in der ehemaligen DDR interessieren. Nicht zu verwechseln mit dem identischen Titel von Lutz van Dijk, der die Geschichte der Cilly Peiser erzählt.