Die letzte Nacht des Jahres - Gerdur Kristný (12-15 J.)

  • Die Geschichte ist schnell erzählt: Die jugendliche Heldin zieht mit ihren Eltern in eine größere Wohnung, hat damit aber ein Problem. Nicht nur, dass die Aussicht ihres Zimmers ein alter Friedhof ist, nein, ihr Vater schleppt auch noch einen alten Sessel an, der eindeutig eine finstere Vergangenheit verbirgt. Hinzu kommt, dass der Typ aus ihrem alten Viertel, mit dem sie „gegangen ist“, bereits eine neue Freundin hat und sie sich in der neuen Klasse fremdfühlt.
    Dramatisch wird die Situation, als ihr Vater schwer erkrankt und die Heldin überzeugt ist, dass der Sessel dahintersteckt. Sölvi, ein Junge, den sie in den Straßen Reykjaviks kennenlernt, hilft ihr, das Geheimnis zu lüften.


    „eine großartige Gothic Novel, die uns in die dunklen Straßen Reykjaviks entführt und den kalten Hauch des Nordens spüren lässt. Schauerlich und spannend.“
    Sagt zumindest der Klappentext. Ich würde eher sagen: ein kindisches Schauergeschichtchen.
    Und genau da liegt mein Problem: ist dieses Buch einfach kindgerecht und kommt mir deshalb so schlicht vor? Darf ich meine Erwachsenenmaßstäbe überhaupt an ein Kinderbuch anlegen?


    Zugegeben, ich hatte Probleme mit der Heldin, ein braves Mädchen, das (mit 14!) Angst vor Friedhöfen hat und ausschließlich klassische Querflötenmusik hört, zum Glück ist das nicht meine Tochter. Aber abgesehen von dieser Abneigung, auch die Geschichte selbst war ziemlich mau.


    Das Kind lebt in einer heilen Welt, die anfänglichen Sorgen um die neue Klasse lösen sich völlig konfliktfrei einfach so in Luft aus. Hier haben sich alle lieb, die Heldin den Flötenlehrer, die Klassenkameradinnen die Heldin und die Mama den Papa.


    In diese heile Welt bricht jetzt also das Böse in Gestalt eines Sessels ein, aber auch das ist seltsam oberflächlich. Die spanische Grippe hat irgendwas damit zu tun, ein dunkler Fremder kam einst mit dem Schiff (wie sollte man bitte 1918 anders nach Island gekommen sein :pille), Gespenster tauchen auf. Das ist ungefähr so nachvollziehbar wie die deutsche Bildungspolitik und noch unspannender.


    Und dann die Sprache. Die Autorin bemüht gerne und oft Metaphern, die bestenfalls platt, schlimmstenfalls unpassend sind. Die Sprache ist schlicht, der Wortschatz überschaubar, wobei ich in diesem speziellen Punkt nicht weiß, inwieweit das der Übersetzung geschuldet ist.


    Vielleicht bin ich ja einfach zu anspruchsvoll, aber insgesamt fand ich dieses Buch mehr als bescheiden

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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