Hörbuch
Laufzeit 288 Minuten
Aus dem Französischen von Roseli und Saskia Bontjes van Beek
Kurzbeschreibung:
Als ihr jugendlicher Liebhaber die 19-jährige Edmée heiratet, sieht sich die erfahrene Léa mit dem Schmerz der Trennung konfrontiert. Wunderbar direkt und mit psychologischer Raffinesse erzählt Colette von der Liebesverstrickung eines Paares und den Empfindungen einer faszinierenden Frau, für die die Trennung von jenem »schönen Dämon« zum Abschied von der Jugend und verführerischen Ausstrahlung ihrer Weiblichkeit wird.
Über die Autorin:
Sidonie-Gabrielle Colette (1873-1954) galt in Deutschland lange als Unterhaltungsautorin, deren Bücher von Eltern und ihren pubertierenden Kindern wegen der "frivolen" Stellen geschätzt wurden. In Frankreich dagegen wurde Colette bereits zu Lebzeiten als Schriftstellerin anerkannt und zur ersten weiblichen Präsidentin der Académie Goncourt berufen. Marcel Proust nannte sie "das menschlichste Herz in der modernen französischen Literatur".
Mein Eindruck:
Cheri beschreibt die Beziehung einer älteren Frau, eine erfahrene Kurtisane, mit einem jüngeren Mann, Anfang bis Mitte 20, im Paris Anfang des 20.Jahrhunderts. Es handelt sich aber keineswegs um eine romantische Liebesgeschichte, jedenfalls nicht nur. Eigentlich behandelt es stattdessen das Ende der Beziehung.
Colettes Buch von 1920 wirkt auch heute noch modern. Das liegt zum einen durch den unerbittlich ehrlichen Blick von Lea auf sich selbst, ihren jüngeren Freund und die Gesellschaft. Sie sieht alle Schwächen Cheris. Lea ist durch diese Gnadenlosigkeit eine beeindruckende Figur, sie wirkt auch nicht immer sympathisch, aber dadurch umso realistischer. Gegen Moralapostel, insbesondere ihres eigenen Geschlechts, teilt sie unbarmherzig aus.
Zum anderen ist das Buch wegen des Einsatzes der Bewusstseinsströme bemerkenswert. Das liest sich wie eine weibliche Version von Marcel Proust.
Die Gedankengänge Leas werden nur in der Mitte unterbrochen, als aus Cheris Perspektive erzählt wird. Das ist geschickt in eine Klammer gepackt.
Diese Erzählform kommt der Hörbuchversion entgegen.
4 CDs, gelesen von Hannelore Elsner, die ganz sicher die richtige Wahl ist, um der Haupotfigur Lea noch mehr Profil zu verleihen. Eigentlich kann man sich keine andere, adäquate Sprecherin für diesen Roman vorstellen.
Das Hörbuch ist ziemlich gelungen, einzig der Einsatz des Pathos war etwas hoch dosiert. Jetzt interessiert mich auch die Verfilmung durch Stephen Frears. Ein weiteres Hörbuch eines Romans von Colette habe ich mir auch bereits bestellt.