Der Fall Collini - Ferdinand von Schirach

  • Ungekürzte Lesung
    Gelesen von Burghart Klaußner


    Kurzbeschreibung:
    Vierunddreißig Jahre hat der Italiener Fabrizio Collini als Werkzeugmacher bei Mercedes-Benz gearbeitet. Unauffällig und unbescholten. Und dann ermordet er in einem Berliner Luxushotel einen alten Mann. Grundlos, wie es scheint. Der junge Anwalt Caspar Leinen bekommt die Pflichtverteidigung in diesem Fall zugewiesen. Was für ihn zunächst wie eine vielversprechende Karrierechance aussieht, wird zu einem Alptraum, als er erfährt, wer das Mordopfer ist: Der Tote, ein angesehener deutscher Industrieller, ist der Großvater seines besten Freundes. In Leinens Erinnerung ein freundlicher, warmherziger Mensch. Wieder und wieder versucht er die Tat zu verstehen. Vergeblich, denn Collini gesteht zwar den Mord, aber zu seinem Motiv schweigt er. Und so muss Leinen einen Mann verteidigen, der nicht verteidigt werden will. Ein zunächst aussichtsloses Unterfangen, aber schließlich stößt er auf eine Spur, die weit hinausgeht über den Fall Collini und Leinen mitten hineinführt in ein erschreckendes Kapitel deutscher Justizgeschichte...


    Über den Autor:
    Ferdinand von Schirach, geboren 1964 in München, arbeitet seit 1994 als Anwalt und Strafverteidiger in Berlin. Zu seinen Mandanten gehörten das frühere Politbüro-Mitglied Günter Schabowski, der ehemalige BND-Spion Norbert Juretzko, Industrielle, Prominente und Angehörige der Unterwelt.Burghart Klaußner, geboren 1949 in Berlin, absolvierte seine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt- Seminar in Berlin. Es folgten Engagements an verschiedenen Bühnen. Er war in zahlreichen Fernseh- und Kinofilmen zu sehen, so u. a. Good Bye, Lenin!, Die fetten Jahre sind vorbei und Requiem. 2005 wurde er mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. 2006 erhielt er den Goldenen Leoparden in Locarno als bester männlicher Darsteller in Der Mann von der Botschaft.


    Über den Sprecher:
    Burghart Klaußner ist im Kino, im Fernsehen und auf der Bühne gleichermaßen präsent. Nach seiner Ausbildung an der Berliner Max-Reinhardt-Schule war an zahlreichen Theatern in Deutschland und der Schweiz engagiert. 1999 wurde er mit der »Goldenen Maske« des Schauspielhauses Zürich ausgezeichnet. Neben renommierten Fernsehspielen wie »Engholm«, »Die Staatskanzlei« oder »Kinderspiele« wirkte er seit 1995 als Kriminaldirektor Heimeran in der ARD-Fernsehserie »Adelheid und ihre Mörder« mit. Klaußner war darüber hinaus in vielen Kinofilmen zu sehen, wie »Das Superweib« »Rossini«, »23«, »Crazy« und »Goodbye Lenin«.


    Mein Eindruck:
    Der Fall Collini erinnert im ersten Moment aufgrund des strukturellen Aufbaus des Falles, des Tathergangs und der gerichtlichen Vorgänge an Ferdinand von Shirachs Kurzgeschichten.
    Zum Roman wird es dazu, dass der Verteidiger diesmal als fiktionaler Charakter aufgebaut ist, also nicht Ferdinand von Shirach selbst entspricht.


    Streckenweise wurde ich vom Ton und Atmosphäre aber auch an Der Vorleser von Bernhard Schlink erinnert.


    Für das Hörbuch spricht die Wahl des Sprechers. Burghard Klaußners Stimme hat die notwendige Ruhe und Abgeklärtheit, die auch für den Autor kennzeichnend ist.

    In der ersten Hälfte ist das Hörbuch ziemlich interessant, später vermisse ich Tiefe im geschichtlichen Kontext. Das haben andere Autoren schon besser gemacht. Hinzu kommt, dass der Leser die Aufklärung schon rasch vorausahnen kann.


    Das abrupte Ende dann ist fast schon ein literarisches Armutszeugnis. Es wirkt, als hätte der Autor plötzlich keine Lust mehr gehabt.


    Aufgrund der guten ersten Hälfte kommt das Hörbuch aber noch auf 6 von 10 Punkten.

  • Ich kenne das Hörbuch nicht, habe aber das Buch gelesen und war sehr enttäuscht.
    Nach dem sehr starken "Verbrechen" und der schon etwas durchwachsenen "Schuld" schiebt Schirach einen insgesamt schwachen Roman nach.
    Erzählerisch bleibt er seinem nüchternen, sachlichen Stil treu und weiß damit durchaus zu überzeugen.
    Auf inhaltlicher/dramaturgischer Ebene ist "Der Fall Collini" aber ein richtiger Reinfall für mich.
    Wenn sich ein Autor eines Themas annimmt, das schon auf alle möglichen und unmöglichen Arten bearbeitet wurde, erwarte ich in gewisser Weise etwas Neues, eine andere Herangehensweise, einen neuen Blickwinkel ...
    Schirach liefert nichts dergleichen ab.
    Statt dessen bekommt der Leser eine in meinen Augen recht belanglose (sofern man das in diesem Zusammenhang überhaupt so sagen darf) Geschichte serviert, an deren Ende ich mich nur irritiert gefragt habe: "Echt jetzt?!"
    Nein, das war nix.

  • Ich habe das Hörbuch ( noch ) nicht gehört - werde das aber bald nachholen.
    Aber eben habe ich das Buch zugeklappt, es hat mich sehr berührt, auch, oder gerade weil, die Geschichte keine Neue war, ich natürlich bald ahnte, was der Grund für den Mord war.
    Ich bekomme jetzt noch fast Gänsehaut.
    Was für ein trauriges Leben - und von daher war das Ende für mich absolut nachvollziehbar und keinesfalls abrupt. Nein, es war die logische Konsequenz des Ganzen.

  • Ich habe das Hörbuch am Wochenende während einer langen Autofahrt gehört.


    Ich kenne keine Kurzgeschichten von Herrn Schirach.


    Diese Geschichte hat mich auch sehr berührt, gefallen hat mir der große Mann - mit den lange behüteten Gefühlen.


    Gefallen hat mir der Aufbau - die Kindheit von Caspar - sein Eindruck vom Opa des Freundes - und dann sein Herangehen an den Fall inclusive Showdown.


    Vermutet hatte ich auch, was so ungefähr hinter der Tat stecken könnte, aber die Details haben mich dann überrascht, für mich waren die Tatsachen neu. Das Gerichtsverfahren und die Treffen mit dem alten Anwalt machten die Geschichte dann rund. Einzig die Schwester seines Freunde fand ich verzichtbar.


    Für mich eine beeindruckende Geschichte gelesen von einem glänzenden Sprecher - 8 von 10 Punkten.


    Das Ende war für mich konsequent - gehofft hatte ich auf ein anderes ... - aber es passt.

    Binchen
    :write
    Kein Lesen ist der Mühe wert, wenn es nicht unterhält. (William Somerset Maugham) ;-)

  • Ich habe das Hörbuch zwischenzeitlich gehört.
    Aus irgendeinem Grund hat mich der eigentlich grossartige Sprecher Burghart Klaußner hier jedoch nicht von Anfang an fesseln können. Ich kann nicht einmal genau sagen, woran das lag. Erst so ab Mitte der 2 CD war ich ( wieder ) total fasziniert von der Geschichte. Und die 3 CD hat mich quasi überwältigt. Obwohl ich die Story ja schon vom Buch kannte ( und da war ich von der ersten Seite an gefesselt ) gab es für mich diese Diskrepanz am Anfang.
    Nichts desto trotz wurde ich sehr gut unterhalten und die Geschichte hat bei mir wieder für die eine oder andere Gänsehaut gesorgt.


    Kleine Abstriche gibt es von mir wie gesagt für den Sprecher in der ersten Hälfte des Hörbuches und von daher bekommt das Hörbuch von mir "nur" 9 von 10 Punkten.

  • ich habe das Hörbuch durch Zufall in der Bücherei entdeckt und habe es gleich mitgenommen.....
    Ich habe mir allerdings dieses Mal nicht den Klappentext durchgelesen (was ich sonst immer mache), habe sie einfach in den CD-Player und habe mich von der Geschichte und was da kommt überraschen lassen.....
    Mir hat das Hörbuch super gefallen, auch die Stimme von Burghard Klaußner passte für mich zu der nüchtern und sachlich erzählten Geschichte.....
    Ich fand das Ende allerdings auch etwas zu plötzlich, hatte auch das Gefühl, dem Autor ist nichts mehr zur Abrundung dieser Geschichte eingefallen....
    Trotzdem gibt es von mir 10 Punkte

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Streckenweise wurde ich vom Ton und Atmosphäre aber auch an Der Vorleser von Bernhard Schlink erinnert.


    Ich frag mich ob vielleicht die juristische Denk- und Schreibweise hier ihren Einfluss zeigt. Beide Autoren haben ja in der Hinsicht eine sehr ähnliche Geschichte.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich