In den Augen der Anderen - Jodi Picoult

  • Zum Inhalt:


    Jacob Hunt leidet unter dem Asperger-Sydrom, einer autistischen Störung. Deswegen mag er die Farbe Orange nicht und braucht eine gewisse Routine. Alles was von der Norm abweicht, macht ihn unsicher und aggressiv. Doch Jacob hat eine Leidenschaft: Die Kriminaltechnik. Jeden Tag um 16.30 Uhr schaut er sich die Serie „Crime-Busters“ an und vermerkt seine Beobachtungen fein säuberlich in einem Notizheft.


    Doch dann wird seine Erzieherin Jess tot aufgefunden und alle Beweise sprechen gegen ihn. Schlimmer noch: Er muss sich vor Gericht verantworten. Zusammen mit dem Anwalt Oliver Bond nimmt seine Mutter Emma den Kampf auf. Denn es geht darum Jacob vor dem Gefängnis zu bewahren – und um die Rechte von Menschen, die anders sind.


    Meine Meinung:


    Thema: Die Geschichte um den autistischen Jacob ist in einem spannenden Gewand verpackt. Bis zur letzten CD wird die Spannung auf einem hohen Level gehalten, weil man nicht weiß, wer nun der Mörder von Jess ist. Man kann immer wieder miträtseln und ist dann doch vom Ende überrascht.


    Charaktere: Der Hauptcharakter Jacob erlaubt einen tiefen Einblick in die Denkensweise eines Autisten und ist liebevoll gestaltet. Auch sein Bruder und seine Mutter sind starke und dominante Charaktere. Gerade die Mutter, die alles für ihr Kind tun würde und die sich wie eine Löwin vor ihn stellt und ihn verteidigt. Ich fand alle Charaktere authentisch und überzeugend. Jeder hat seine Rolle gespielt.


    Stimme: Die Stimmen der Synchronsprecher waren überaus angenehm. Die sanfte Stimme der Mutter, die raue, schroffe Stimme des Detectivs oder die ähnlichen Stimmen der beiden Brüder. Ich konnte mir durch die Stimmen die Charaktere bildlich vorstellen.
    Was ich auch besonders toll fand waren die Perspektivenwechsel. So hat man sich immer wieder in die Lage der verschiedenen Charaktere hineinversetzen können und konnte deutlich erkennen wie Jacob in den verschiedenen Blickwinkeln wahrgenommen wurde.


    Gefühl: Das Gefühl war hier auf einem hohen Level, da es um ein berührendes Schicksal ging. Die Grenzgänger der Gesellschaft sozusagen. Nur weil Jacob durch sein Syndrom anders wahrgenommen wird, ist er für das Gericht und die Staatsanwältin der perfekte Mörder.


    Alles in Allen eine spannende Geschichte auf der Suche nach dem wahren Mörder mit einem berührendem Schicksal. Es geht um Eifersucht, Liebe, Familie und die Gesellschaft, die Leute, die anders sind nur zu gerne ausgrenzt.
    Bewertung: 5/5 Sterne

  • 6 CDs
    399 Minuten
    gekürzte Lesung
    Sprecher: Nicolás Artajo, Maximilian Artajo, Irina Scholz, Philipp Schepmann, Rolf Berg
    Hörprobe beim Verlag *klick*


    Zur Autorin (von Amazon)
    Jodi Picoult, geboren 1967 auf Long Island, lebt nach ihrem Studium in Princeton und Harvard zusammen mit ihrem Mann und drei Kindern in Hanover, New Hampshire. 1992 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. 2003 wurde sie für ihre Werke mit dem National England Book Award ausgezeichnet. Sie gehört zu den erfolgreichsten amerikanischen Erzählerinnen weltweit ihr Roman "Beim Leben meiner Schwester" wurde in Hollywood verfilmt. "Das Herz ihrer Tochter" stand wie all ihre letzten Romane in den USA auf Platz 1 der Bestsellerliste.


    Sprecher
    Die verschiedenen Figuren dieser bewegenden Geschichte werden von unterschiedlichen Sprechern dargestellt:
    Nicolás Artajo spricht die Rolle des unter dem Asperger-Syndrom leidenden Jacob
    Maximilian Artajo liest den Part des Bruders Theo
    Irina Scholz verkörpert die Mutter Emma
    Philipp Schepmann spricht den Anwalt Oliver
    Rolf Berg interpretiert die Figur des Detective Rich


    Kurzbeschreibung (vom Verlag)
    »Mein Sohn ist anders. Aber er ist kein Mörder.«


    Jacob Hunt hasst die Farbe Orange. Und er hasst es, wenn sein gewohnter Tagesablauf gestört wird. Routinen sind für ihn lebenswichtig, denn er leidet unter dem Asperger-Syndrom, einer autistischen Störung. Deshalb kocht Emma, seine Mutter, montags nur grüne Speisen und dienstags rote. Und längst hat sie Jacobs Besessenheit für Kriminaltechnik akzeptiert. Doch dann wird seine Erzieherin Jess erschlagen aufgefunden, und Jacob wird des Mordes an der jungen Frau verdächtigt.
    Die mühsam erkämpfte ‚Normalität’ in Emmas kleiner Familie bricht zusammen. Jacob muss sich sich vor Gericht verantworten. Alle Beweise sprechen gegen ihn. Doch Emma nimmt den Kampf auf. Denn es geht darum, ihren Sohn vor dem Gefängnis zu bewahren – und um die Rechte von Menschen, die anders sind.


    Meine Meinung
    "In den Augen der Anderen" ist das neuste Buch von Jodi Picoult in Deutschland und behandelt diesmal das Schicksal eines 18-Jährigen mit dem Asperger-Syndrom.


    Die Grundstruktur ähnelt ihren letzten Büchern sehr stark. Die gesamte Handlung wird durch die Augen von fünf Hauptfiguren erzählt, aus ihrer jeweiligen subjektiven Perspektive. Jacob Hunt ist zwar gerade volljährig geworden, aber nicht in der Lage alleine zu wohnen aufgrund der Auswirkungen des Asperger-Syndroms auf sein Verhalten. Seine Mutter Emma ist alleinerziehend, die Ehe mit Jacobs Vater zerbrach unter der Belastung. Jacobs drei Jahre jüngerer Bruder Theo fühlt sich als ob er der Ältere wäre, der seit seine Bedürfnisse seit seiner Geburt zurückstecken muss und wird viel allein gelassen. Oliver Bond ist Jacobs Anwalt, relativ neu in seinem Beruf, ab und zu unsicher und auch unerfahren. Rich Matson ist der ermittelnde Polizist, dessen Methoden gelegentlich etwas fragwürdig erscheinen.


    Die Darstellung von Jacob's Asperger Syndrom scheint etwas überspitzt, als ob Jodi Picoult alle nur möglichen Symptome in Jacob vereinigen wollte, andererseits gibt es sicherlich auch Fälle, in denen es auch bei 18-Jährigen noch so heftig ausgeprägt ist. Emma nervte mich recht schnell, vielleicht weil sie den mehr oder minder (vermeintlich) alleinverantwortlichen Übermüttern der letzten Bücher so sehr glich. Andererseits wollte ich nicht in ihrer Haut stecken, schon gar nicht in den USA, wo sich die Rechnungen für Jacobs Therapien und Medikamente anhäufen. Sehr gelungen fand ich Jacobs Überlegungen zu seiner Erkrankung, von der er nicht nicht geheilt werden wolle - denn er wisse ja nicht, was dann von ihm übrig bleibe.


    Die drastischen Kürzungen sind anfangs nur spürbar, weil die Handlung stark gerafft wirkt, was anfang nicht so sehr störend ist. Auf der dritten CD kommt es leider zu deutlichen Sprüngen in der Handlung.

    In der zweiten Hälfte hatte ich das Gefühl, die Figuren würden nicht an Tiefe gewinnen, Theo z.B. sogar eher an Profil verlieren. Aus Jacobs und Theos Perspektive hätte ich gerne mehr erfahren, dafür war mir persönlich der Anteil von Emma Gedanken zu hoch, weil zu vorhersehbar.


    Die Darstellung des Alltaglebens der kleinen Familie wirkte auf mich sehr realistisch, auch weil geschickt die Gedanken jedes Einzelnen hörbar werden, mit der gut passenden Stimme der verschiedenen Sprecher. Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob es bei der ungekürzten Fassung anders ist, jedoch habe ich hier immer wieder das Gefühl, eine (immer stärker konstruiert wirkende) Krimi-Handlung stünde im Vordergrund und nicht wie sonst bei Jodi Picoults Büchern das kranke Kind und dessen Familie. Wie schon von Nessi erwähnt, hätte der Fall erheblich schneller gelöst werden können, wenn nur früher die entsprechenden und meiner Meinung nach grundlegenden Fragen gestellt worden wären. Außerdem bleibt mir manches zu oberflächlich, geht zu schnell, habe mir völlig unbescheiden gewünscht, dass die möglichen 6x80 Minuten mehr ausgereizt worden wären, dann wären es nochmal ca. 80 Minuten mehr gewesen.


    Die Sprecher sind allesamt sehr passend ausgewählt und lesen hervorrragend, außer der Sprecherin von Jacobs Mutter, die gelegentlich Worte verschluckt und zu abgehackt, scheinbar unkonzentriert liest.


    Fazit
    Ein interessanter Einblick in das Leben einer Familie mit einem Sohn, der das Asperger Syndrom hat, sehr gut gelesen von fast allen Sprechern. Die Kürzungen sind an einigen Stellen sehr deutlich ausgefallen, andererseits hat das Hörbuch keinerlei Längen und die im Buch vorhandene Impfdiskussion fiel den Kürzungen komplett zum Opfer.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")