Zoo City - Lauren Beukes

  • Klappentext:
    Zinzi December has a Sloth on her back, a dirty 419 scam habit, and a talent for finding lost things. But when a little old lady turns up dead and the cops confiscate her last paycheck, she's forced to take on her least favourite kind of job - missing persons.


    Inhalt:
    Zinzi December ist eine Animalled. Heißt: Sie hat einen ständigen tierischen Begleiter, in ihrem Fall Sloth, das Faultier. Animalled wird man, indem man eine schwere Sünde begeht, Zinzi tötete ihren Bruder. Zuvor allein, war Sloth da, sobald ihr Bruder starb. In Zinzis Welt erkennt man also Gewalttätige und Verbrechter an ihrem tierischen Begleiter. Zinzis Welt, das ist ein Distrikt in Johannsburg, der umgangssprachlich Zoo-City heißt, denn hier leben die Animalled, auch Zoos genannt, oder korrekter Aposymbioten, mehr oder weniger fernab der normalen Bevölkerung. Von den anderen für ihre von allen durch das Tier erkennbare Sünde gemieden, haben sie sich hier ihr Reich geschaffen. Das Leben ist auch für die Animalled nicht einfach, haben sie doch ebenfalls ihre Sünde immer vor Augen, aber man schlägt sich halt durch... So auch Zinzi, die halblegal Menschen um ihr Geld bringt. Nebenher nutzt sie ihre Gabe, die alle Animalled als Nebeneffekt bekommen - seit Sloth kann sie verlorene Dinge finden. Man bemerke: Dinge, keine Menschen! Als allerdings eine ihrer Klienten ermotdet wird und sich für sie eine Chance eröffnet, viel Geld zu verdienen, lässt sie ihre Prinzipien hinter sich und macht sich auf die Suche nach einer vermissten Person: einem jungen Afro-Pop-Starlet...


    Meine Meinung:
    Ich ging ohne große Erwartungen an das Buch. Es war mir mehrfach auf Fantasy-Buch-Blogs wegen des Covers ins Auge gesprungen, aber Urban Fantasy ist eben Urban Fantasy und folgt oftmals ähnlichen Grundzügen. Hier war das nicht so der Fall, das Buch hat mich überrascht.


    Da ist zum einen der Schauplatz, Johannesburg in Südafrika. Ist eben mal Afrika und nicht London oder eine x-beliebige amerikanische Großstadt. Das hat mir gefallen, das Flair ist ein anderes und das wird auch gut transportiert. Man merkt es an den Namen, an den eingestreuten Ausdrücken auf Xhosa (ich denke mal das ist es, man darf mich gerne korrigieren), den Erwähnungen anderer afrikanischer Länder und den politischen Spannungen der Vergangenheit und der Gegenwart des Buches, sowie auch an der Handlung (afrikanische Märkte, Heilkundige und Wahrsager...).


    Zum anderen ist da die außergewöhnliche Idee der Aposymbioten, der Animalled. Irgendwie Philipp Pullman, oder ;-)? In dem Buch wird auch fleißig spekuliert, was es denn mit dem Tier an der Seite so auf sich hat - Seelensplitter, ein Magischer Geistbegleiter (Familiar), ein Totemtier... die Mitmenschen der Animalled und auch die Animalled selber wissen es nicht, die Erscheinung der Tierbegleiter wird auf eine Art Seuche, die AAF (Acquired Aposymbiotic Familiarism), zurückgeführt. Auch Pullman wird in dem Buch explizit erwähnt, als fiktiver Aufsatz des Themas "Steering by the Golden Compass: Pullman's fantasy in the context of teh ontological shift." :grin Auch in Zoo City hat die räumliche Trennung von Mensch und Tier Schmerzen zur Folge, ist die Distanz zu groß, dann machen die Menschen etwas durch, was sich "Hell's Undertow" nennt, der Sog der Hölle. Also nicht ganz neu die Idee (Pulman), aber doch mal was anderes als der übliche Urban Fantasy Einheitsbrei. Witzig auch, dass es hier eben nicht um die Symbiose von Mensch und mächtigem sexy-Wolf oder machtvollem Adler oder sowas ging, sondern dass man sich eben nicht aussuchen kann, welcher Tier man bekommt - sei es Faultier, Schmetterling oder Pudel. Das Tier spiegelt den Menschen wieder und das Faultier Sloth sagt auch bestimmt was über Zinzi aus, wenn man genau hinsieht ;-).


    Vampire, Werwölfe und Co sucht man vergeblich und statt schlüpfiger Sexszenen findet man hier eher Gewalt. Es sticht aus der Masse hervor. Es ist düster, man liest oft es sei "noir" und auf jeden Fall ist Zinzis Welt kein sehr schöner, freundlicher Ort. Die Protagonistin des Romans ist eben eine Ausgestoßene der Gesellschaft, muss sich über Wasser halten, ihre noch dunklere Vergangenheit bewältigen und das merkt man dem Buch schon an. Friede-Freude-Eierkuchen sieht anders aus.


    Zeitlich gesehen spielt das Buch in der Jetzt-Zeit, höchstens in der nahen Zukunft. Konkrete Zeitangaben zu der Hauptstory sind mir keine aufgefallen, aber die Einschübe (Pseudo-Amazon-Rezensionen, Filmkritiken, Zeitungsartikel) sind bis Sommer 2010 datiert und die Ereignisse können nicht viel später sein.


    Die Geschichte selber, okay. Mehr-oder-Weniger-Detektivin versucht verschwundenen Teenager zu finden. Nichts großartig Neues ;-) Die Erklärung für das Verschwinden ist wieder was anderes, hier merkt man wieder, dass das Buch in Südafrika und damit einem ungewohnten Kulturkreis spielt, mehr will ich dazu nicht sagen.


    Die Umsetzung fand ich solide. Es ist der zweite Roman der Autorin, sie schreibt flüssig, spannend, und abwechslungsreich. So wechselt der Text zwischen normaler Erzählung (die aber einen Großteil ausmacht) auch schon mal zu Mails oder Chat mit eingestreuten Zeitungsartikeln oder Aufsätzen.


    Mir hat das Buch vor allem wegen seiner verrückten Idee der Animalled gefallen, wegen der Umsetzung und dem Setting in Afrika. Die Story war okay, aber nicht viel mehr, gegen Ende dann wieder besser, aber vor allem hat es mir Spaß gemacht im Buch immer mehr und immer neue Aspekte der Animalled und ihrer Umgebung kennenzulernen und zu entdecken. Zinzi ist wirklich sympatisch, ebenso wie Sloth; obwohl sie verbittert und hart ist, hat sie dennoch ihren Stolz. Die Charaktere sind gut gezeichnet, nicht schwarz und weiß (sowieso stehen sie ja als Animalled erst mal eher auf der schwarzen Seite), sonden detailliert und lebensnah.


    Auf vielen Blog liest man, es sei die beste Urban Fantasy seit Jahren, das ist für mich nicht ganz so, da mir das Setting Südafrika einfach zu fremd bleibt. Ich kann mich schlechter einfühlen als in bekannten Gebieten. Dennoch habe ich mich sehr über die Abwechslung gefreut, die Figuren sehr genossen. Die Geschichte als solche war für mich gutes Mittelmaß mit einigen unvorhergesehenen Twists. Das Buch ist aber sehr vielschichtig. Auch die politische Lage spielt eine Rolle, der Bürgerkrieg in Ruanda, dazu auch Drogen, Internetmissbrauch und vieles mehr. Es ist ein politisches Buch, liest sich wie ein Thriller mit (wenigen) Fantasyelementen, ist also meiner Meinung nach auch für Leser geeignet, die es nicht gern allzu fantasy-lastig mögen.


    Trotz der nicht so tollen Story als solche konnte mich das Buch überzeugen und weil es so hervorstach, gebe ich im hervorstechende 9 Punkte.


    Es ist als Standalone gut zu lesen, die Autorin hat aber in einem Interview eine Idee für eine Fortsetzung erwähnt.


    Von mir also 9 Punkte. Und man denkt gar nicht, wie süß ein Faultier sein kann :grin

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

    Dieser Beitrag wurde bereits 7 Mal editiert, zuletzt von Zimööönchen ()

  • Zoo City ist Anfang 2015 auf deutsch erschienen.


    Die Rezension von Zimööönchen trifft ziemlich exakt meine eigene Einschätzung: tolle Einbindung der Pullman'schen Idee in unbekanntes Terrain (obwohl Johannisburg in erster Linie als Großstadt daherkommt), ein paar afrikanische Zutaten (Muti-Magie), und ein solider Krimi mit nicht ganz überzeugender Auflösung (aber spannend).
    Lobend erwähnen möchte ich noch das sehr fantasievolle Spam-Betrugsgeschäft :-)


    Ach ja: die deutsche Ausgabe hat das schönere Cover :anbet

    Ein Buch zu öffnen, meint auch zu verreisen.
    Heißt mehr noch: sich auf Neuland vorzuwagen.
    Ob seine Worte brechen oder tragen,
    muss sich beim Lesen Satz für Satz erweisen.

    (Robert Gernhardt)