Fräulein Smillas Gespür für Schnee - Peter Hoeg

  • Fräulein Smillas Geschichte ist äußerst spannend, deswegen ist man geneigt, durch das Geschehen zu rasen. Leider ist es nicht nur ein Thriller, sondern eine höchst verschachtelt zusammengebaute Betrachtung über die menschliche Maßlosigkeit.



    Erklärt werden die Zusammenhänge, die die reine Krimihandlung betreffen, durchaus verständlich, auf den letzten ca. 50 Seiten des Romans, einmal in den Gesprächen zwischen Smilla und Føjl auf dem Schiff und schließlich zwischen Tørk und Smilla auf dem Eis.


    Ohne viel vorauszunehmen:
    Viele Jahre vor Beginn der Romanhandlung ist im Eis in Grönland ein Meteorit entdeckt worden. Menschen, die in die Nähe des Meteoriten kamen, starben. Schließlich fand ein Wissenschaftler heraus, daß die Todesursache ein eigentlich in Grönland normal vorkommender Parasit von Meerestieren war, der sich möglicherweise unter Einfluß von irgendetwas in oder an dem Meteoriten so verändert hat, daß er nun jede Lebensform von Tieren und Menschen befällt.
    Tørk, der Gegner Smillas, will den Meteoriten bergen. Da so ein Unternehmen mehr Geld kostet, als man legal bekommen kann, finanziert er es mit der Herstellung und dem Verkauf von Heroin. Die Gefahr, die von dem Parasiten ausgeht, der ja alles befällt, ist ihm völlig gleichgültig.
    Ob der Meteorit ‚lebt’ wird nicht gesagt. Er ist ja nicht vollständig erforscht worden bisher.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ magali


    Danke! Langsam steigt die Erinnerung auch in mir wieder auf.


    Faszinierend ist: Entweder man liebt das Buch - oder man hasst es. Mir ist noch keine andere Meinung als diese beide Extreme darüber zu Ohren gekommen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • magali : Dankeee!
    So kurz und prägnant formuliert kommt es einem dann gar nicht mehr so kompliziert vor. Das ganze mit dem Heroin war nur, um die Bergung des Meteoriten zu finanzieren... und man erfährt gar nicht, wieso dieser Palarwurm mutiert ist?

  • @patschn


    es bestehen natürlich noch weitere Zusammenhänge, die sich aus dem bloßen Knochengerüst ergeben, das ich da geliefert habe.
    Wie gesagt, es ist geschickt ineinander gebaut.


    Daß nichts weiter über den Wurm erzählt wird, also, wie genau er wurde, was er ist, liegt daran, daß das nicht im Mittelpunkt steht. Es ist kein Biologie - Thriller.
    Es geht vielmehr um die Frage, wie sich Menschen verhalten, wenn ihnen aufgeht, daß sie etwas gefunden habe, das es nie zuvor gab.
    Was ist ihnen wichtig?
    Die Gefahr für andere?
    Der eigene Ruhm?
    Und natürlich um die Frage, warum sie das tun, was sie tun.
    Das gilt für jede, ich wiederhole jede, einzelne Person in diesem Buch, selbst die Nebenfiguren.
    Es geht um den Menschen, unter extremen Bedingungen. Um den alten Grundkonflikt Gut/Böse.
    Es gibt keine Unschuldigen.
    Deswegen ist das Buch auch rundum unangenehm. Kein gemütliches Schaudern, sondern eine Warnung.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

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  • Es ist schon einige Zeit her, dass ich das Buch gelesen habe.


    Ich erinnere mich an einen sehr schönen spannenden Krimi. Mit einer interessanten Protagonistin, die endluich einmal das herkömmliche Schema sprengte.


    Allerdings: den Schluss fand ich bescheuert. Dadurch verlor das Buch meiner Meinung nach sehr.

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde

  • Tja, und ich bin über die ersten 50 Seiten nicht weg gekommen... ich fand es extrem langweilig und diese "harte" Art der Protagonistin ist absolut nicht meine Art. Die Ausdrücke waren überhaupt nicht mein Ding...

  • Die gegensätzlichen Meinungen hier sind ein Anlass für mich, das Buch nochmal zu lesen. Ich fand es damals ziemlich toll, sehr eigen, mutig. Allerdings meine ich mich zu erinnern, dass ich den zweiten Teil des Buches viel schwächer fand als den ersten, auch wenn ich meine, dass für mich keine nennenswerten Fragen zurück blieben. Ach, ich muss es halt nochmal lesen, hilft wohl nix. :)

  • Ich habe mich damals gefragt, warum der Autor eine Frau als Hauptperson wählte. Das ist mir völlig schleierhaft.
    Wenn ich ein Buch schreiben würde, würde ich niemals aus der Sicht eines Mannes schreiben. Smilla war sehr unweiblich. Vielleicht war das gewollt, aber der Sinn erschloss sich mir auch nicht.
    Als einziges haben mir die Beschreibungen über das Eis gefallen. Ich lese gerne so etwas, ich mag auch Romane, die im ewigen Eis spielen. Das ist für mich abenteuerlich, da ich Kälte, Winter und Schnee real furchtbar finde.


    Btw: ich mochte das Buch auch nicht. Sowas von Unspannend. Wenn der Roman und das Thema an so vielen Lesern vorbei geht, erscheint mir irgendwas verkehrt.

  • Zitat

    Original von Darcy
    Ich habe mich damals gefragt, warum der Autor eine Frau als Hauptperson wählte. Das ist mir völlig schleierhaft.
    Wenn ich ein Buch schreiben würde, würde ich niemals aus der Sicht eines Mannes schreiben. Smilla war sehr unweiblich. Vielleicht war das gewollt, aber der Sinn erschloss sich mir auch nicht.


    Mir hat die Frauenfigur damals total gut gefallen, gerade weil sie so eigen ist. Ich meinte auch, dass das sehr gewollt war; es sollte ja eben gerade keine Frau mit den typischen weiblichen Verhaltens- und Denkmustern beschrieben werden. (Darum war ich auch so schockiert, als ich entdeckte, wer als Hauptdarstellerin für den Film ausgesucht wurde. *g*)


    Ich finde es im übrigen sehr reizvoll, Geschichten aus Männersicht zu schreiben. :grin

  • Ich muß das unbedingt mal wieder lesen, in der SZ- Reihe hab ich es übersprungen, nach dem Motto kenne ich schon. Mir hatte es eigentlich gut gefallen, ich hätte mir sonst die anderen zwei die ich vom selben Autor habe doch nicht gekauft. Nachdem das hier so kontrovers betrachtet wird, muß ich meine Erinnerung prüfen.

  • Hallo,


    bei mir liegt dieses Buch sage und schreibe 8 Jahre auf dem SUB und wenn ich hier die Kommentare lese, wird es vermutlich noch länger dort bleiben - eigentlich schade. Ist nur gut, daß es noch genügend andere Bücher gibt.


    ciao Richie


    P.S.: Habe den Film angefangen zu schauen und abgebrochen

  • Wer nur den Film kennt, weiß nichts über dieses Buch. Der Film beschränkt sich auf die vordergründige kriminalistische handlung. Das Buch ist auch ein Pladoyer für die Inuit, die unter der Krone Dänemarks leben müssen. Also nicht nur menschliche Schwächen sondern auch politische Probleme werden im buch dargestellt. Mir hat es damals sehr gut gefallen, auch wenn ich mich erst an Smilla selbst gewöhnen musste.

  • Ich bleibe auch jetzt noch dabei, das Buch ist eines der schlechtesten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe. Sprachlich, wie auch von der Handlung her, konnte es mich weder begeistern noch fesseln.
    Es war einfach ein Buch, das man nicht gelesen haben muß....



    *konnt ich mir jetzt nicht verkneifen*

  • Peter Høeg - Fräulein Smillas Gespür für Schnee


    Klappentext:


    Im Kopenhagener Hafenviertel stürzt ein Junge vom Dach eines Lagerhauses. Todesursache laut Polizeibericht: Ein Unfall. Smilla Jaspersen, die im selben Haus wohnt wie der Junge, sieht das anders und stellt ihre eigenen Nachforschungen an.


    Meine Meinung:


    Der Klappentext lässt einen vermuten, dass es sich hiermit um einen "normalen" Krimi handelt. Doch dem ist nicht so. Es geht nicht nur alleine um die Aufklärung des Todes des kleinen Jungen, sondern auch um den Grönland-Dänemark-Konflikt, diversen Grönlandexpeditionen, Schnee/ Eis, etc., das alles in die Handlung miteingebaut wird. Und genau das war das Problem. Durch diese verschiedenen Themen bin ich teilweise sehr durcheinander gekommen und hat mir dann auch die Spannung genommen. Und dann kam noch dazu, dass Høeg verschiedene Zeitsprünge machte. Ich fand das Leben und die Kindheit von Smilla sehr interessant, aber insgesamt war mir das zu viel "Nebenhandlung". Wie man so schön sagt: "Weniger ist oft mehr".
    Zum Schluss hin kamen dann auch noch verschiedene Science-Fiction-Elemente vor und das ist nun leider gar nicht meine Welt.
    Allerdings gibt es auch positive Punkte wie die Atmosphäre, die Høeg geschaffen hatte und Smilla war mir zwar nicht sehr sympathisch, aber ein sehr interessanter Charakter. Den Stil Høegs mochte ich insgesamt ganz gerne.
    Durch meine falschen Erwartungen an den Roman kann ich nur 4 von 10 Punkten geben.

  • Bahaaaa, ich mag dieses Buch [b[überhaupt[/b] nicht! Keine Ahnung wieso, aber ich finde da einfach nicht rein.

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


  • Hallo TheAlice!

    Zitat

    aber ich finde da einfach nicht rein.


    Das verstehe ich nicht,
    was heisst "nicht rein" in Bezug auf ein Buch?
    Würde mich interessieren. Das Buch SuBt bei mir noch. :-)

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Ich habe es komplett gelesen und es hat mir gefallen. Einige Sätze in diesem Buch finde ich einfach völlig genial. Die Atmosphäre, welche dieses Werk kreiert, muß man dem Autor als große Leistung attestieren. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich überrascht, daß es zu diesem Buch hier so viele negative Kommentare gibt. Die hätte ich eher bei Hoeg´s "Die Frau und der Affe" erwartet. Da wären sie zumindest meiner Meinung nach angebracht :grin


    Abgesehen davon kann man sich den Film auch durchaus anschauen, auch wenn er natürlich nicht an das Buch heranreicht. Aber allein schon wegen Julia Ormond... :heisseliebe

  • Hm, nachdem der Thread hochgeholt wurde, habe ich ihn mir mal komplett durchgelesen. Das Buch hat meine Frau vor längerer Zeit abgebrochen, mit ähnlichen Begründungen, wie sie hier zu lesen sind.


    Ich habe vor einiger Zeit den Film aufgenommen (aber noch nicht gesehen), eigentlich nur, weil - wenn ich mich recht entsinne - in der Beschreibung das Wort "Inuit" vorkam; das hat mein Interesse geweckt.


    Viele gute Meinungen zum Buch gibt es hier ja nicht; aber ausgerechnet magalis Kommentare haben mich nun dazu gebracht, das Buch aus dem Regal zu holen. Aus meinem SuB ist in den letzten Wochen zwar eher ein ZuB geworden, und einige Leserunden stehen auch noch an. Also Zeit habe ich genau genommen keine dafür. Allerdings das:

    Zitat

    magali
    Es geht um den Menschen, unter extremen Bedingungen. Um den alten Grundkonflikt Gut/Böse.
    Es gibt keine Unschuldigen.

    ist dann wieder mehr als aktuell. Mal sehen vielleicht findet sich doch noch eine "Zeitlücke" fürs Einschieben des Buches.


    Was mir nur nicht ganz klar geworden ist: ist der Film sehr anders als das Buch? Kann / sollte man den vor der Lektüre sehen? (Dann wüßte ich ggf. schon mal die wesentlichen Züge der Handlung und könnte mich auf den "Rest" konzentrieren. Auf große Spannung lege ich in Büchern ohnehin nicht so sehr den Wert.)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")