Die Sache mit dem Seelenfrieden

  • An die Autoren, hallo! :-)


    Wie sieht es bei euch mit dem Seelenfrieden aus? Da kann es ja krasse Unterschiede geben: der Autor mit nem Millionenseller ist vielleicht trotzdem nicht zufrieden, weil er vom Feuilleton nicht wahrgenommen oder verrissen wird oder er eigentlich gerne ein anderes Genre schreiben möchte, wohingegen der unveröffentlichte Schreiber sich glücklich fühlt, weil er eine Geschichte abgeschlossen hat - und ihm das reicht, weil er es sich selbst bewiesen hat.


    Und sicherlich kann sich das alles verschieben. Der Unveröffentlichte will veröffentlicht werden und wenns nicht gelingt, wankt sein Seelenfrieden, der Millionenseller-Schreiber findet sich damit ab und erfreut sich an den Presseartikeln in der Bild. :-)


    Wo aber steht ihr mit eurem Seelenfrieden? Wann erreicht ihr ihn? (Oder denkt, ihn dort zu erreichen?)


    Ich musste vor Jahren mit aller Macht veröffentlicht werden. Die Möglichkeit, nie veröffentlicht zu werden, machte mich unglücklich. Doch durch meinen besten Schreibfreund änderte ich meine Einstellung. Er ist noch nicht veröffentlicht, auch wenn er unglaublich schreibt, und wenn er es nie wird, ist es für ihn auch in Ordnung. Alleine zu schreiben macht ihn glücklich.


    Diese Einstellung nahm mir den Druck und als ich mich wieder nur am Schreiben erfreute, klappte es plötzlich mit der Veröffentlichung. :-)


    Aber in welcher Situation seht ihr euch seelenbefriedigt?


    Wäre schön, gewährt der ein oder andere Einblicke in seine Gefühlswelt!


    Grüße
    Quiddy

  • Das Schreiben hat für mich nicht das Geringste mit meinem Seelenfrieden zu tun.


    Seelenfrieden erreiche ich, wenn es am späten Nachmittag dunkel wird, wenn ich im Wohnzimmer sitze, eine Katze neben mir auf dem Sofa, mein Strickzeug in der Hand, der Kaminofen knistert leise vor sich hin, in den Fenstern stehen Kerzen und im Schaukelstuhl sitzt mein Mann mit seinem Laptop auf den Knien und schmunzelt über etwas, das ein achtzehnjähriger Bub in Pakistan in einem der Geek-Foren geschrieben hat, die mein Mann so surft. Auf dem Tisch stehen zwei Tassen mit dampfend heißer Schokolade mit Zimt.


    Da könnten noch so viele Millionenverträge winken. Gegen den Seelenfrieden eines gemütlichen Abends zuhause ist die Schreiberei überhaupt nichts.

  • Das glaube ich gerne, Corinna!


    Aber bei mir ist es eben anders.


    Auch wenn ich mittlerweile in einer glücklichen Beziehung bin, so ist die Kunst das, woraus ich mir den Seelenfrieden ziehe. Womöglich auch, weil ich tausendfach in der Liebe enttäuscht wurde und mir meinen Seelenfrieden davon nicht abhängig machen will.


    Ich schreibe, und wenn ich das geschrieben hab, was mir mein Herz vorgibt, dann bin ich glücklich - und meine Freundin und alle anderen Menschen in meinem Leben profitieren davon.

  • Wobei ich zugegebenermaßen damit alleine da stehe...


    Daher grenze ich die Frage gerne ein: Innerhalb des Schreibbereichs - ab wann erreicht ihr da euren Seelenfrieden? Oder womöglich nie?

  • Na ja, ich fürchte den Seelenfrieden, den du meinst, wird ein Autor nie finden.
    Es sind schon viele Spitzenautoren, Millionseller, daran zerbrochen, dass sie es nicht schafften, DEN perfekten Roman zu schreiben.


    Kein Autor wird und darf jemals mit sich zufrieden sein. Vorallem, da sich die Veröffentlichungszyklen dank ebook rasant verkürzen.


    Als newfie schreibst du ohnehin immer dem Trend hinterher und wirst ihn nicht einholen. Also wieder Frust....etc
    Versuchst du einen eigenen Trend zu erschreiben, will dich keiner...Frust


    Wie du es machst, es ist von sehr vielen Zufällen abhängig und einer gehörigen Portion Erfahrung :rolleyes :chen
    Und die ist der beste Lehrmeister :knuddel1


    Durchhalten und weitermachen :wave


    euer hef

  • Hier nur drei Beispiele für "Seelenfrieden"


    Hemingway hat sich mit 54 erschossen, da ihm nichts mehr einfiel


    Simenon hat sich nach jedem Krimi für Wochen in einem Bordell verkrochen, damit ihn keine schlechte Rezi erreicht


    Doyle überlegte, ob er sich das Leben nehmen solle. Er ließ aber doch besser Homes sterben


    Bukowsky verfiel nach jedem Roman in Komasaufen etc. etc.


    Also der Beruf des Schreibens ist zum Seelenfrieden kontraproduktiv


    euer hef

  • Zitat

    Original von hef
    Kein Autor wird und darf jemals mit sich zufrieden sein.


    Trauriges Schicksal. Wenn man den Beitrag ernst nimmt, könnte man auf die Idee kommen, die meisten Autoren sind latent depressiv. ;-)

  • Zitat

    Original von Idgie


    Trauriges Schicksal. Wenn man den Beitrag ernst nimmt, könnte man auf die Idee kommen, die meisten Autoren sind latent depressiv. ;-)


    Falsche Interpretation :nono


    Sie sind latent unzufrieden mit sich und ihrer Schreibe :peitsch


    euer hef


    edit: jetzt kann ich auch statistisch antworten....von meinen Schülern (wenn ich 100 % ansetze) haben 1/4 durchgehalten und teilweise auch schon veröffentlicht.
    1/4 hat sich sein Seelenheil doch lieber in der Freizeitschreibe gesucht, die Hälfte hat es ganz drangegeben

  • Seelenfrieden? Seelenheil?
    Heieiei, mächtig große Worte hier ...


    Über diese Begriffe werd ich vielleicht mal am Ende meines Lebens nachdenken und ganz sicher nicht im alleinigen Zusammenhang mit dem Schreiben.


    Mir tut's das derweil mal mit banalen Begriffen wie "Zufriedenheit" oder "Glück".


    Ich bin durchaus manchmal zufrieden mit einer Szene oder einem Manuskript.
    Ich bin glücklich, wenn ich mitbekomme, dass ein Leser eine gute Zeit mit einem Buch von mir hatte. Ich bin auch glücklich über gute Rezis.


    Genauso glücklich bin ich aber, wenn ich mit einem Hund spiele oder morgens neben dem Mr. aufwache. Wenn ich an meine jüngst zurückliegende Reise denke (und die vielen Momente des Glücks und der Zufriedenheit in dieser Zeit) oder an die kommende. Wenn ich von einem Eulentreffen nach Hause fahre ...
    (Liste fast unendlich verlängerbar)


    Ich find's immer bedenklich, das Lebensglück von einem Beruf (und sei's auch Berufung und Lebensleidenschaft wie das Schreiben) oder von einem einzelnen Menschen abhängig zu machen. Da kann man ziemlich leicht auf die Schnauze fallen. Muss ja auch nicht sein, das Leben besteht ja nun doch aus wesentlich mehr.


    Ich nehme meine Arbeit sehr ernst, und auch das Autorendasein - finde aber durchaus, dass ich mich in dieser Eigenschaft als Autor nicht allzu wichtig nehmen sollte.
    Bin ich nämlich nicht.


    Zitat

    Original von hef
    Also der Beruf des Schreibens ist zum Seelenfrieden kontraproduktiv


    Ich finde das doch immer recht gewagt, hier einen kausalen Zusammenhang zusammenzubasteln. Genauso gut könnte man sagen, wer eh schon Probleme mit der Realität und dem Leben hat, neigt eher dazu, Schriftsteller zu werden.
    Oder Schauspieler, die übrigens eine höhere Suizidrate haben als Schriftsteller.


    Zu Suizidraten einzelner Berufsgruppen gab's übrigens an der Uni Würzburg eine interessante Meta-Analyse, online als pdf einsehbar: klick!


    Und dieses permanente Zitieren von suizidalen weltberühmten Schriftstellern (Frauen wurden hier mal wieder unter den Tisch fallen gelassen, oder? Sylvia Plath? Virginia Woolf? Hallo, schon mal gehört?!) gehört m.E. in die Klamottenkiste. Da wird an herausragenden Einzelfällen ein Mythos zusammengekleistert, der ja nun wirklich mit unser aller Realität sehr, sehr wenig bis gar nix zu tun hat.


    Oder zumindest mit meiner nicht, auch wenn ich weiß Gott nicht immer Little Mrs Sunshine bin.



    Zitat

    Original von hef
    Kein Autor wird und darf jemals mit sich zufrieden sein.


    Also, ich darf das - finde ich. :-]
    Ich bin das auch, so ab und zu.
    Tut mir leid, wenn ich diesen Deinen Grundsatz jetzt hiermit falsifiziere. :lache


    Ich bin heute immer noch sehr zufrieden mit der Szene, die ich gestern geschrieben hab.


    Aber kommt natürlich drauf an, wie man für sich "zufrieden mit dem Text" definiert. Ich bin zufrieden, wenn ich für mich das Gefühl habe, ich habe alles gegeben, alles in das Buch reingesteckt, was zum Zeitpunkt X des Drucks für mich möglich war.


    Ob das gereicht hat, dass daraus ein "gutes" (ja nun, je nach Definition, gelle?) Buch geworden ist, das müssen andere beurteilen.
    Und da sagen die einen so, die anderen so ... :grin




    Zitat

    Original von Alexandermerow
    Mein Ziel (Weltherrschaft) habe ich noch nicht erreicht. Daher geht es mir noch immer sehr schlecht und ich bin voller Hass und Neid :grin Und jetzt muss ich auch noch meine Wohnung renovieren.... :cry


    :lache


    Wohnung renovieren erdet! :zwinker
    Viel Spaß beim Werkeln! :wave

  • Danke Nicole,


    du sprichst mir aus der Seele. Es gibt Menschen, die sind nie zufrieden und werden diesen Zustand auch nie erreichen. Jeder hat seine eigene Messlatte, die es zu erreichen gilt. Einige wollen immer den Weltrekord, andere geben sich mit einem Heimsieg zufrieden. Ich bin dafür die Latte erst einmal niedrig anzusetzen, damit ich eine Chance habe, sie auch zu überwinden. Danach kann man immer noch höhere Ziele anstreben.
    Wie schrecklich wäre es, wenn man nie diesen Zustand von Glück erreicht!
    Wenn ein Schriftsteller, Autor etc. nie mit seiner Arbeit zufrieden ist, kann er dann dieses Werk jemals einem Verlag anbieten? Wohl nicht. Wenn Hef nie zufrieden mit seinen Werken gewesen wäre, frage ich mich, warum er es überhaupt so weit geschafft hat? :-]


    Gruß

    Fay
    Ein Roman ist wie der Bogen einer Geige und ihr Resonanzkörper wie die Seele des Lesers. (Stendhal)

  • Wenn ein Schriftsteller, Autor etc. nie mit seiner Arbeit zufrieden ist, kann er dann dieses Werk jemals einem Verlag anbieten? Wohl nicht. Wenn Hef nie zufrieden mit seinen Werken gewesen wäre, frage ich mich, warum er es überhaupt so weit geschafft hat?



    Weil hef nie zufrieden ist....er ist ein Perfektionist :bonk :chen :chen


    euer hef

  • Zitat

    Original von Fay
    Danke Nicole,


    du sprichst mir aus der Seele. Es gibt Menschen, die sind nie zufrieden und werden diesen Zustand auch nie erreichen. Jeder hat seine eigene Messlatte, die es zu erreichen gilt. Einige wollen immer den Weltrekord, andere geben sich mit einem Heimsieg zufrieden. Ich bin dafür die Latte erst einmal niedrig anzusetzen, damit ich eine Chance habe, sie auch zu überwinden. Danach kann man immer noch höhere Ziele anstreben.
    Wie schrecklich wäre es, wenn man nie diesen Zustand von Glück erreicht!
    Wenn ein Schriftsteller, Autor etc. nie mit seiner Arbeit zufrieden ist, kann er dann dieses Werk jemals einem Verlag anbieten? Wohl nicht. Wenn Hef nie zufrieden mit seinen Werken gewesen wäre, frage ich mich, warum er es überhaupt so weit geschafft hat? :-]


    Gruß


    Huhu Fay,


    das mit der Messlatte ist so eine Sache ...
    Ich hab die für mich bei keinem meiner Bücher je erreicht; manchmal hat nicht viel dazu gefehlt, manchmal hab ich heute noch Bauchgrummeln, weil ich für mich das Gefühl habe, ich hätte das Buch an einzelnen Stellen oder insgesamt wesentlich besser hinkriegen müssen.
    Und die Messlatte verschiebt sich tatsächlich (und verflixterweise :lache ) mit jedem neuen Buch ein bisschen mehr.
    Aber man wächst auch mit der Herausforderung und entwickelt sich mit jedem Buch weiter ...


    Auf meinem Autoren-Konto finden sich Bücher, die kommerzielle Total-Flops waren, aber von ihren Lesern heiß und innig geliebt werden. Und ein sehr erfolgreiches Buch, für das ich immer noch zum Teil sehr, sehr harsche Kritik einstecken muss.


    Was ist nun wichtiger? Was macht mich zufriedener?


    Für mich haben sich über die Zeit verschiedene Aspekte von Zufriedenheit herauskristallisiert, und ich hab gelernt, dass ich nicht immer in jeder Hinsicht komplett zufrieden sein kann. Manchmal in der einen, manchmal in der anderen, und unterm Strich kommt dann doch immer sowas wie Zufriedenheit bei raus, insgesamt mit meiner Arbeit und für jedes Buch in einer ganz eigenen Färbung.


    Trotz aller Selbstzweifel und dem Gefühl, ich hätt's besser machen müssen, und sei's nur in Winzigkeiten - aber von denen darf ich mich nicht auffressen lassen.


    Für mich macht's die Mischung aus Selbstzweifel und Zufriedenheit; das ist der Motor, der die Kreativität am Laufen hält.



    @ rienchen


    :lache

  • Zitat

    Original von Nicole
    das mit der Messlatte ist so eine Sache ...


    Oja, bei manchen Autoren liegt die Messlatte nur minimal höher als eine Teppichkante. Und selbst darüber kann man noch stolpern.


    Zitat

    Auf meinem Autoren-Konto finden sich Bücher, die kommerzielle Total-Flops waren, aber von ihren Lesern heiß und innig geliebt werden. Und ein sehr erfolgreiches Buch, für das ich immer noch zum Teil sehr, sehr harsche Kritik einstecken muss.
    Was ist nun wichtiger? Was macht mich zufriedener?


    Das finde ich, zumindest aus Autorensicht, wirklich interessant. Um es mal zu überspitzen: Freu ich mich, wenn meine Cora-Heftchen am Kiosk gehen wie geschnitten Brot, aber jeder. der halbwegs was von Literatur versteht, findet das unterirdisch? Oder ist es besser, wenn mein Lyrikband, der sich 500 mal verkauft, glänzende Kritiken bekommt?
    Kann man die Sache gar mit einem Bäcker vergleichen: ist der zufriedener, wenn er viel billigen Kuchen verkauft, oder weniger hochwertige Torte, die dafür in der ganzen Stadt gelobt wird?


    Ach ja, spitze Bemerkungen zu hefs Seelenheil verkneif ich mir jetzt mal, ich will hier ja nicht als schriftstellermordender Forumsbösewicht in die Annalen eingehen :grin

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle



    Ach ja, spitze Bemerkungen zu hefs Seelenheil verkneif ich mir jetzt mal, ich will hier ja nicht als schriftstellermordender Forumsbösewicht in die Annalen eingehen :grin


    Nicht? :grin
    Vielleicht läuft hier ja mal ein Casting für diesen Job..... :rofl

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Ach ja, spitze Bemerkungen zu hefs Seelenheil verkneif ich mir jetzt mal, ich will hier ja nicht als schriftstellermordender Forumsbösewicht in die Annalen eingehen :grin


    *kicher* Vielleicht ist es wahrscheinlicher, dass deine Antwort hef zu einer neuen Romanfiguren inspiriert. :rofl

  • Zitat

    Original von Idgie


    *kicher* Vielleicht ist es wahrscheinlicher, dass deine Antwort hef zu einer neuen Romanfiguren inspiriert. :rofl



    Ja, macht nur so weiter :write schreibe mit...
    Nur gibt's den "Tod eines Kritikers" leider schon. Ich lasse mir was anderes einfallen :wave


    euer hef