Anonymous

  • Und ich armer Tor dachte, Emmerich könne nur Weltuntergangskino für sensationshungrige Zombies!


    Falsch, gestern wurde ich eines besseren belehrt. Der Film ist eine Wucht; man kann die Bilder riechen, die Schauspieler geben alles - genial die beiden Cecils, Vanessa Redgrave als Queen Elizabeth und Rhys Ivans als Edward de Vere, der Graf, der den halben Analphabeten Shakespeare unsterblich gemacht hat.


    Aber über all den authentischen Darstellern stand für mich Sebastian Armesto als Ben Jonson, der Mann, den sich de Vere zuerst als Strohmann ausgesucht hatte. Die Darstellung der Zerrissenheit des mittelmäßigen Schreiberlings, der auf einen Dichtergott trifft, kann in Bildern kaum besser umgesetzt werden.


    Es ist Shakespeare in Shakespeare , das Werk des größten Dichters eingebettet in einen Plot, den Shakespeare kaum besser hätte inszenieren können.


    Lieber Roland,
    du brauchst nicht mehr billige Untergangsszenarios mit pathetischer Patriotensülze zusammenzupuzzlen - bitte mach nur noch Historienkino, dann wirst auch du unsterblich!

  • Ich war den gestern auch im Kino anschauen und ich kam genauso überwältigt da raus wie du.


    Ich liebe ja Shakespeare und ich liebe die Theorien um ihn und die Theorie, dass Edward de Vere die Stücke verfasste ist meine liebstee Theorie, insofern war das Stück ein Muss.


    Schon der 'Prolog' von Derec Jacobi war einfach nur super, genau wie in Heinrich V. von Brannagh. Da läuft es mir immer eiskalt den Rücken runter.


    Die Kulissen waren genial...so stell ich mir das elisabethanische London vor, das wirkte so, als wären die tatsächlich in derbZeit zurück gereist und waren vor Ort. Dazu das ganze in grau getönt, gemütlich. So muss London sein.


    Die Charaktere waren durchweg perfekt. Es gibt ein Buch, dass diese Theorie beschreibt und so hab ich mich Edward vorgstellt. Und auch Will ist super getroffen - wenn ich ihn auch nicht sehr sympathisch fand. Selbst Marlowe war klasse getroffen, von Elisabeth brauchen wir gar nicht reden. Jonson, den ich ehrlich gesagt gar nicht kannte, fand ich große Klasse.


    Lord Cecil wurde einfach göttlich dargestellt, Thewlis (?) hat das super gemacht, fast hätte ich ihn nicht erkannt.


    Was toll war, war das gleichzeitig fast alle Stücke kurz angerissen wurden und auf der Globebühne gespielt wurden und die Paralellen zu de Vere oder den Menschen in seiner Umgebung so deutlich machten und somit die These stützen.


    Für mich der beste Film den ich seit langem gesehen habe, vielleicht sogar der Beste überhaupt. Jedenfalls eine großartige Hommage an einen der größten Dichter der Weltgeschichte...wer auch immer er war.

  • Liebe Cathrine,


    empfinde alles ebenso wie du. Meine Lieblingsverfilmung ist auch von Branagh, und zwar Viel Lärm um nichts aus dem Jahre 1993.


    Außerirdisch die Wortgefechte zwischen Benedikt (Branagh) und Beatrice, einer phantastisch aufgelegten Emma Thompson. Allein die Besetzung spricht für sich. Neben den oben genannten sind auch die anderen STARS ausgesprochen spielfreudig. Die Schauspieler muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:


    Keanu Reeves: Don Juan
    Kate Beckinsale: Hero
    Denzel Washington: Don Pedro von Aragon


    und die beste Nebenrolle geht an den kauzig-komischen
    Michael Keaton in der Rolle des Holzapfels (Dogberry).


    Großes Kino

  • Ohhhhh jaaaa, hab mir den erst am Samstagabend angesehen, um mich mal auf Anonymus einzuschwören. Und war das gut...hab das Stück auch mal im Globe erleben dürfen, es ist einfach toll und das obwohl ich ja die Tragödien lieber mag.

  • Auch mir hat "Anonymus" ausgesprochen gut gefallen. Die verschachtelte Rückblendentechnik fand ich sehr geschickt. Zwar wurde ordentlich geschichtsgeklittert, aber was historisch korrektes habe ich auch gar nicht erwartet. Und die Idee rund um Shakespears Autorenschaft ist originell behandelt.
    Phantastisch waren auch Kostüme, Ausstattung und die Darstellung des alten Londons. Ein Fest fürs Auge.

  • Ich habe mir diesen Film auch angeschaut und bin restlos begeistert. Erst war ich ja skeptisch wegen Emmerich, aber ich bin eines besseren belehrt worden. Mein absoluter Liebling war Rhys Ifans als Edward de Vere, absolut spitze. Ich kann jedem, der sich für Shakespeare interessiert, raten, sich diesen Film anzuschauen!

  • Gestern kam die DVD raus und heute hab ich mir den Film dann noch mal angeschaut.....Was für ein Meisterwerk. Ich freue mich schon auf London, der Besuch im Globe ist ein Muss. Ich war da zwar schonmal, aber das ist ewig her. Jetzt mit diesen Eindrücken...


    Was ich toll finde ist, dass der ganze Film als Theaterstück gedacht ist. Die Idee fand ich schon von Brannagh bei Heinrich V. so genial. Das man am Ende das Publikum sieht, wie es geht, dass ist so eine geniale Atmophäre. Und das ist so shakespearean, sich vorzustellen das alles findet auf einer Bühne statt und dennoch ist alles so real. Toll.


    Die Zeitsprünge nimmt man beim zweiten gucken gar nicht mehr wahr..oder sie verwirren einen nicht.


    Doch definitiv der beste Film aller Zeiten für mich. Das der bei den Oscars nicht bedacht wurde (oder nur mit einem) kann ich echt nicht nachvollziehen.

  • Ich freue mich sehr, dass ich auf diesen Thread gestoßen bin, weil ich mich schon gefragt habe, wann dieser unglaublich tolle Film endlich rauskommt. Danke! :freude


    Ich wollte noch anmerken, dass ich "Henry V." von Branagh einfach toll finde. Ich finde den Regisseur/Schauspieler einfach genial - egal was er macht, es wird toll!


    Und Salonlöwin, ich muss dich leider enttäusche, ich fand Anonymous einfach herrlich. Ein wirklich rundum gelungener Film. Aber Geschmäcker sind halt verschieden. ;-)

  • Also überladen von den Kostümen her finde ich überhaupt nicht oder zumindest finde ich das jetzt nicht überladener als wie bei Elisabeth I + II.. Ich empfinde das als realistisch, genau wie das Set...was die Handlungsstränge angeht, gebe ich dir schon Recht, das ist zum Teil verwirrend, weil da ja auch ohne Vorwarnung ein Zeitsprung stattfindet und es keine Zeitangaben gibt, an denen man sich orientieren kann.
    Da ich mich schon länger mit dieser Epoche beschäftige, kann ich dennoch ganz gut folgen, wer nun wer ist. Ich denke ohne diese Kenntnisse wäre der Film schon komplizierter. Aber auch so, muss man den Film mit viel Konzentration ansehen, sonst ist man auf verlorenem Posten.


    Man hat da im Grunde genommen zwei Theorien in einen Film gepackt. Es geht ja nicht nur um die Urheberschaft der Stücke, sondern auch um die Theorie, dass Edward de Vere der Sohn von Elisabeth ist und dann auch noch nen Sohn mit ihr hat. Dazu dann noch die ganze politische Seite um die Cecils und die Thronfolge und der ungeklärte Tod von Kit Marlowe. Das ist schon mächtig viel Stoff, für so wenig Spielzeit. Hätte man fast 3 Filme draus machen können. (Hätte ich auch nix dagegen.)

  • Wir haben den Film heute auch endlich gesehen und fanden ihn auch toll.
    Ich bin ja nun eigentlich keine Anhängerin irgendwelcher Shakespeare-Verschwörungstheorien, aber diese war für mich sehr überzeugend dargestellt (wenn sie mich auch trotzdem nicht von meinem Wunsch, Shakespeare solle doch trotzdem einfach Shakespeare gewesen sein, abgebracht hat). Am Anfang waren die vielen politischen Charaktere für mich ein wenig verwirrend, immerhin sahen sie alle gleich aus. Durch mein Vorwissen konnte ich Marlowe und dann Jonson (durch die Einleitung) gut erkennen, aber bis zur Mitte des Films habe ich mich gefragt, wer denn bitte dieser Essex ist.


    Ich habe übrigens auch hart mit meinem Freund diskutiert, weil ich den Will Shakespeare aus dem Film durchaus sympathisch finde. Er ist halt irgendwie der Jack Sparrow des Films (betrunken, ein wenig tapsig, versucht, gerissen zu sein, kommt mit allem irgendwie durch).


    Ich bin auch sehr stolz auf mich, den Inhalt jedes der angesprochenen Stücke zu kennen... Leider habe ich nicht alle Anspielungen erkannt (zum Beispiel das "Eine Mutter, die ihren Sohn umbringt - schreib doch darüber ein Stück!" oder das Zitat vom Sprecher am Ende des Films).


    Letztendlich hat er mir sehr gut gefallen und ich bin froh, ihn ausgeliehen zu haben (wenn ich mir die DVD nicht sogar eher hätte kaufen sollen).

  • Zitat

    Original von Dori
    Ich bin auch sehr stolz auf mich, den Inhalt jedes der angesprochenen Stücke zu kennen... Leider habe ich nicht alle Anspielungen erkannt (zum Beispiel das "Eine Mutter, die ihren Sohn umbringt - schreib doch darüber ein Stück!" oder das Zitat vom Sprecher am Ende des Films).


    Das ist keine Anspielung auf eines der Stücke, sondern hat was mit der Thematik de Films zutun. Edwards Frau teilt ihm mit, dass sein Sohn (Sommerset) geköpft wird und zwar von seiner Mutter (Queen Elisabeth, die im übrigen auch die Mutter von Edward ist). Und da Edward ja nun mal Tragödien schreibt und seine Frau wie alle Cecils dem Theater abschwört, ist es nahe liegend, dass sie ihm sagt er solle darüber schreiben.


    Und welches Zitat am Ende meinst du?

  • Ich fand William super dargestellt. Irgendwie hab ich mir den immer so vorgestellt. Es gibt ja einige Romane wo er der Protagonist ist und irgendwie war er da auch so. Freut mich jedenfalls, dass dir der Film gefallen hat. Ich bin nach wie vor hin und weg von dem Film. :wave

  • Ich kann die Begeisterung hier ueberhaupt nicht nachvollziehen. Fand den Film einfach nur langweilig und obendrein verwirrend.


    Wieso da ein Vergleich mit den Shakespeareverfilmungen von Branagh kommt, ist mich auch unverstaendlich. Die finde ich naemlich durchaus sehr gut gelungen. Fuer mich war "Much Ado About Nothing" DER Einstieg zu Shakespeare ueberhaupt und hat mich voll ueberzeugen koennen.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Kennst du Henry V. von Brannagh?


    Derek Jacobi, der den Prolog auf der Bühne spricht, spricht den Prolog auch in Henry V., stößt dann eine Tür auf und man ist dann im Film / Stück. Und genauso verhält es sich am Ende beider Filme. Jacobi spricht den Epilog und man sieht das Publikum aus dem Theater gehen. Man gewinnt also den Eindruck ein Stück zu sehen und keinen Film.
    Und genau das hat Shakespeare mit seinen Worten ja versucht zu erschaffen. Das die Menschen vergessen, dass sie im Theater sind, sondern mitten drin im Geschehen, in der Schlacht ect. Zumindest interpretiere ich die Intention beider Filme so.


    Ansonsten ist da nichts zu vergleichen, denn Brannagh verfilmt ja die Stücke, während Anonymous eine Theorie um Shakespeare wieder gibt.