Seine Toten kann man sich nicht aussuchen- Janine Binder

  • Zu den vielen schönen Rezensionen hier noch meine Zeitungsrezension (nur der Schluss ist ein wenig abgeändert):


    Das Buch zeichnet ein gutes Bild der Polizeiarbeit und schafft es, diese von einer anderen Seite zu zeigen und Verständnis für die Frauen und Männer in Uniform zu bekommen. Die Einstiegsgeschichte «Worauf uns niemand vorbereitet» zeigt die Abgründe auf, die sich bei Einsätzen auftun können. Momente, die in der Ausbildung nicht vermittelt werden können. Dazu kommt, dass Janine Binder, wie sie sagt, nicht zu den sogenannten Glückskindern gehört. So werden diejenigen Kollegen genannt, die kaum bis nie einen Einsatz mit Leichen haben. Sie war oft die erste am Einsatzort und wurde spätestens nach der Polizeischule sehr schnell erwachsen. Sie bekam Dinge zu sehen und zu hören, die man eher abgebrühten Kriminalbeamten überlassen möchte.
    Es ist beinahe erleichternd, dass es sich in diesem Buch um Kurzgeschichten handelt, zu zerstörend sind sie manchmal. Die Geschichten erzählen eine Realität fernab von Fernsehserien und Spielfilmen. Sie zeigen, dass in jeder Polizeiuniform ein Mensch steckt, dem der eine oder andere Einsatz nahe geht.


    Der vielleicht mit schlechter Laune vor Ihnen stehende Polizist, der einen Bussenzettel schreibt, ist vielleicht in Gedanken noch bei seinem letzten Einsatz, bei der er einem Menschen leider nicht mehr helfen konnte. So wie Janine Binder, die aus ihrem eigenen Alltag schildert, wie schwierig es ist, nach solchen Situationen zum normalen Dienst zurückzukehren.
    Aber auch lustige Situationen hat die Polizistin erlebt, wie einen Einsatz auf der Autobahn mit einer Schafherde. Wie sie und ihre Kollegin die vierhundert Schafe zurück zur Weide brachten, muss ein herrliches Bild gewesen sein. (Mehr sei dazu nicht verraten.)

  • Hier bin ich noch eine positive Rückmeldung schuldig.


    Ohne das Forum, wäre ich so schnell oder vielleicht gar nicht auf das Buch aufmerksam geworden. Nachdem mir vor ein paar Jahren das Buch " Die erste Leiche vergisst man nicht" in dem Polizisten von ihren Erlebnissen berichten sehr gut gefallen hat, wollte ich natürlich auch dieses lesen und bin nicht enttäuscht worden.


    Ich fand das Buch sehr interessant und auch toll geschrieben.
    Spannende und traurige Geschichten aus dem Alltag einer Polizistin, die mit dem Thema sehr offen umgeht. Ich habe auch nicht das Gefühl gehabt, das hier irgendwo geschönt oder geprahlt wurde, sich die Autorin mit etwas profilieren oder hervortun wollte.
    Kleine Macken und Fehler zeigt sie bei sich und anderen menschlich auf, nimmt sich selber dabei auch nicht zu ernst, lässt einen an ihrem Werdegang und den Anfängen teilhaben.
    Vielen Dank für die reellen Fälle und Beschreibungen, ich habe mich spannend unterhalten und finde die Aufteilung der einzelnen Kapitel gut gewählt.

  • Zum Inhalt brauche ich hier nichts mehr zu erläutern, da er schon des öfteren geschildert wurde.


    Wenn ich die Autorin nicht gekannt hätte, hätte ich dieses Buch wohl nicht gelesen, da dies normalerweise nicht mein Genre ist.


    Aber Janine Binder hat es geschafft mich von der ersten Seite an zu fesseln. In kurzen Episoden schildert sie - angefangen von der persönlichen Beichte, wie sie Polizistin geworden bist - viele Einsätze, Aktionen, Erlebnisse, Grausamkeiten des Lebens, psychologische Hilfe, die sie leisten muss, Ängste, aber auch Schmunzeleien vor. Der Wechsel zwischen alltäglichen Einsätzen und den spektakulären, den angenehmen, grausamen und traurigen war gut gewählt, so dass auch in mir viele Emotionen hoch kamen, die zum Teil wirklich sehr heftig waren, da es ja realistische Einsätze sind. Für mich ist es weder über- noch untertrieben, sondern einfach nur menschlich geschrieben.


    Natürlich ist das Buch nur ein Querschnitt aus dem Leben einer Polizistin. Aber er hat mir persönlich einmal mehr aufgezeigt, was es bedeutet: Polizist zu sein. Dafür danke ich ihr und allen Polizisten auf der Welt und „Hut ab“ für das, was sie täglich leisten.


    Ein flüssiger Schreibstil, der niemals Langeweile aufkommen läßt, die Wahl der Episoden und deren Reihenfolge sowie das Schlusswort. Hier passt alles zusammen. Ich würde jederzeit wieder ein Buch von Janine Binder lesen wollen und warte nun auf mehr von ihr.

    :lesend Sven Koch - Dünensturm

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    Hörbuch: Jean-Luc Bannalec - Bretonische Idylle

    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 321

  • Ich habe das Buch bereits im Dezember gelesen, bereits kurz nach dem Büchereulentreffen bestellt, nachdem mich die vorgelesene Geschichte "Ich hoffe, es geht Dir jetzt besser..." so gepackt hatte, dass ich schlucken musste.


    Ja, auch ich mag keine Kurzgeschichten. Bis auf diese. :grin


    Die Mischung macht es, es ist alles drin, die ganze Gefühlspalette wurde berührt. Innerhalb von 2 Tagen hatte ich das Buch durch, es lag aber immer noch auf meinem Schreibtisch, weil ich es erst mal sacken lassen musste.


    Jane, Du hast ein Händchen dafür, aus Deinem Alltag zu erzählen, als wäre man dabei. Du hast es geschafft, mich zu amüsieren, mich zu Tränen zu rühren, mich wütend zu machen und mich wieder zu entspannen. Mein Respekt vor Dir als Autorin und vor allem als Polizistin ist mit diesen Kurzgeschichten (noch mehr) gewachsen. Und vor allem der Respekt vor den Polizisten, die sich den A... aufreißen, die immer bereit sind, zu helfen, das hast Du mir sehr gut ins Bewusstsein gerufen.


    Danke für die Einblicke in den Alltag, der wohl nie alltäglich sein wird.


    Volle Punktzahl. :anbet

  • Ich habe das Buch - mit kleinen Verdauungspausen - an einem Tag ausgelesen und das, obwohl ich Kurzgeschichten eigentlich gar nicht so gern mag.
    Es ließ mich den Alltag einer Polizistin gut kennen lernen und meinen Respekt noch größer werden. Manches war sehr traurig, manches wiederum brachte mich zum Schmunzeln, manchmal war ich einfach nur entsetzt.
    Ich habe 10 Punkte gegeben und würde mich über "mehr" freuen.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • WOW!

    Schon lange hatte mich kein Buch so gepackt wie dieses hier.
    Ich habe in jeder freien Minute gelesen (sogar in den Verhandlungssaal hatte ich das Buch mit :grin ) und ich habe auf einer Wegstrecke zweimal erst im allerletzten Moment gemerkt, dass ich jetzt umsteigen muss, weil ich so vertieft war in das Buch.


    Schreiben, ja das kann sie!
    Die Geschichten sind sehr gut ausgewählt. Natürlich haben mir einige besser gefallen als andere, aber der rote Faden, der sich durch die Geschichten zieht, wird immer sehr deutlich.
    Die Geschichten sind spannend, tragisch, witzig, berührend, emotional, eklig, traurig. Und die Autorin kann genau diese Gefühle richtig einfangen und transportieren. Sie lässt einem vom Sofa aus ein bisschen Polizist sein ... so ein ganz kleines Bisschen natürlich nur. ;-)


    Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und ich kann mir vorstellen, dass es bei meinen Jahreshighlights 2012 sehr weit oben sein wird. :-]
    Ich freue mich schon auf das nächste Buch. :wave

  • Schon das Vorwort ist sehr speziell, man wird eingeladen einer Polizistin über die Schulter zu schauen und sie zu begleiten.


    Und ich muss sagen es ist ihr sehr gut gelungen, mich als Leser auf eine interessante Reise in ihre Welt mitzunehmen. Die Fälle werden nicht nur an Hand der Fakten geschildert, sondern sie gibt auch sehr viel persönliches preis. Zum Glück begleite ich sie nur mit Hilfe des Buches, real möchte ich auf keinen Fall tauschen. Viele Fälle gehen einen schon sehr unter die Haut, andere machen eine wütend oder traurig, aber es gibt dann halt auch die heiteren Fälle ( Schafe mag ich unwahrscheinlich gern :-] )


    Auf jeden Fall ist es ein lesenswertes Buch und von mir gibt es
    10 Eulenpunkte.

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)

  • Mir geht es wie vielen meiner Vorredner(innen): Ich hätte dieses Buch aus eigenem Antrieb nie gelesen. Die Cover- und Titelgestaltung hätten mich gar nicht angesprochen.


    Da es als WB zur Verfügung gestellt wurde und BJ mir bei den Eulen zwangsläufig aufgefallen ist, war ich neugierig (ohne die Erwartung ein interessantes Leseerlebnis zu erfahren, ich wollte eigentlich nur meine Vorurteile bestätigt sehen).


    Tja, das ist misslungen :grin Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich habe es, obwohl ich eigentlich überhaupt keine Zeit hatte, in zwei Tagen durchgelesen und anschließend meinem Mann empfohlen. Kommt in die Sammlung der Bücher, die ich gerne mal verschenke, da es vermutlich niemand im Regal stehen hat und trotzdem gut ist.


    @BJ: Mir wurde klar, warum Du manchmal einen etwas :gruebelschärferen :gruebel Ton an den Tag legst. Ist schon okay, bei einem Job der ständig Zweifel an der Menschheit schürt.


    Von mir gibt es 10 Punkte.

  • Viel zu lange verbrachte dieser besondere Titel zunaechst auf meiner Bestellliste und dann auf dem SUB. Doch in dieser Zeit hatte ich durchaus schon die Gelegenheit genutzt die junge Autorin naeher kennen zu lernen. Die Interviews in Radio und TV, die ich mir per Laptop anschaute, zeugten von einer engagierten Polizisten und Schriftstellerin, die beide Jobs mit viel Engagement verrichtet. Und das ganze wurde mit einer sympathischen Stimme erzaehlt.


    Genau diese Stimme fand ich dann auch von der ersten Seite an wieder. BJ schreibt wie sie erzaehlt - ehrlich, engagiert, direkt und sehr menschlich. Das kommt den Episoden aus ihrem Arbeitsleben sehr zugegen.


    Es ist aber keine sehr "literarische" Stimme. Ich glaub ich koennte BJ noch stundenlang weiter in Interviews oder noch besser in persoenlichen Gespraechen zuhoeren. Beim Lesen beruehrte sie mich nicht ganz so stark. Stellenweise fand ich die Stimme auch ein wenig zu belehrend, da muss ich in der Hinsicht auch Voltaire recht geben.


    Ich denke, so manche Geschichte hat ihr groesste Wirkung, wenn sie nicht mit einem Wink mit dem Zaunpfahl einher kommt sondern den Leser selber Schluesse ziehen laesst. Und die sind in vielen Faellen eben nicht leicht zu ziehen, weil die Situation viel zu komplex fuer einfache Schuldzuweisungen ist.


    Fazit: "Seine Toten kann man sich nicht aussuchen" ist fuer mich ein sehr gutes Beispiel, wo ein Buch weit abseits dessen, was man sonst so in seinen Lieblingsgenres liest, einen besonderen Eindruck machen kann. Und der wird bleiben, auch wenn der Schreibstil fuer mich nicht 100% ueberzeugend ist.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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