Vom "Abbürsten" der Weltliteratur

  • Mit seinem ersten Roman Buddenbrooks sicherte er sich einen Platz in der Weltliteratur und kassierte später den Nobelpreis. Ein Kritiker schrieb unmittelbar nach der Veröffentlichung: In den zwei dicken Bänden … werden uns die wertlosen Geschichten wertloser Menschen in wertlosem Gerede vorgeführt. Thomas Mann kann kein deutsch, seine Muttersprache versagt ihm für die einfachsten Ausdrücke…


    Prousts Suche nach der verlorenen Zeit wurde von einem Verleger abgelehnt, weil er sich die Frage stellte: Wieso braucht jemand dreißig Seiten, um zu beschreiben, wie jemand einschläft.


    Flauberts Jahrhundertwerk Madame Bovary wurde mit folgendem Kommentar zurückgeschickt: Sie haben ihren Roman unter einem Haufen Details begraben, die ... vollkommen überflüssig sind.


    Melvilles Moby Dick wurde abgelehnt, weil der Verleger nicht glaubte, dass es sich für den Jugendbuchmarkt geeignet hätte.


    Die Liste ließ sich endlos fortführen. Ja, verdammt noch mal, gibt es keine objektive Kritik in der Wortkunst? Zumindest ganz oben, auf dem Zauberberg der Weltliteratur, müssten die größten Werke für alle sichtbar in Glanz und Gloria erstrahlen. Oder, geht es den Allergrößten auch nicht besser als mir?

  • Interessanter Beitrag.
    Ich denke, Kritik ist niemals objektiv, kann niemals objektiv sein - da sie sich genaugenommen nach dem rein subjektiven Empfinden richtet.


    Mal schauen was es zu Kai Beisswenger zu sagen gibt. Sein Buch liegt ziemlich weit oben auf meinem SUB. Bin da sehr gespannt.... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • beisswenger: Ich glaube dieses Problem ist nicht nur der Wortkunst bekannt. Denken wir an alle Musiker, Maler (die erst nach ihrem Ableben ordentlich an Wert gewinnen, wie es scheint)- ja eben an alle Künste. Und das ist ja auch die Eigenart der Kunst: Sie begegnet jedem auf eine eigene Weise und spricht die Menschen und ihre Gefühle individuell und basierend auf ihren Erfahrungen an.

  • Vous avez raison, Monsieur François-Marie Arouet,
    mais, so abe isch vielleischt Rechtfertigunk für böse Kritik von lui, ne pas?


    Michelangelo,
    du hast gut reden, deine Werke können wir immer noch bewundern - nicht nur im Petersdom!

  • Literaturkritik ist eben keine empirische Wissenschaft. Die Qualität von Literatur kann man nicht wiegen/ zählen/ messen. Die Wirkung entfaltet ein Text immer im Zusammenklang mit dem Leser, auf den er trifft. Wie stark diese Wirkung ist, hängt deswegen mindestens so stark vom Leser, dessen Hintergrund und aktueller Situation ab wie vom Text selbst. Selbst so banale Dinge wie das Umfeld im Moment des Lesens können entscheidend sein - natürlich wirkt der gleiche Text anders, wenn ich ihn mit einem Glas Rotwein im Lesesessel anschaue oder eingeklemmt mit anderen Fahrgästen in einer U-Bahn.


    Also - meine Meinung: Nein, es gibt keine objektive Kritik.